Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Makira am 09.01.2007, 8:06 Uhr

Gefühle (@Makira)

Hallo Johanna,

nein, ich habe dich nicht ignoriert - obwohl es dir so vorkommen mußte. Dein Beitrag hat mich sehr an mich erinnert und ich habe erst heute wieder Zeit (wenn auch nicht viel), um auf deine Seite zu schauen.

Habe eben gerade dein Posting gelesen und danke dir für deine Worte und für die vielen Gedanken und dein Mitgefühl.

Heute Abend war dies Verbot vorbei und wir sagten ihr, sie dürfe eine halbe Stunde ihre Lieblingsserie schauen.

Wir dachten, sie freut sich. Nö. Sie setzte eine Sauermiene auf
--> die hätte man verstehen können. Sie wurde daran erinnert, dass sie 3 Tage kein TV hatte und das ärgerte sie. Vielleicht wurden noch Kommentare abgelassen, die ihre Gefühle kontrollieren (Jetzt freu dich doch, was ziehst du so ein Gesicht?") Als hätten Kinder nicht das Recht, ihre Gefühle auszuleben... passiert jedenfalls oft, und Kinder spüren bald, dass sie "eigentlich" sich nicht traurig fühlen "sollten".. Man hätte sagen können. "Anscheinend bist du sauer darüber". Vielleicht hätte sie das schon zu einem normalen, ruhigen Gespräch eingeladen.

Es war nicht ganz so. Meine innerliche Reaktion „Warum freut sie sich nicht?“ habe ich nicht ausgesprochen. Ich habe sie gefragt: “Bist du jetzt sauer?“ Und sie hat mir geantwortet. Sie sagte:“ Ja, Stinksauer, weil die Serie so kurz ist und ich viel länger schauen möchte. Außerdem will ich noch vor dem Fernseher zu Abend essen.“
Meine Antwort war dann, das wir heute die eine Serie schauen, weil es schon halb sieben ist und es dann auch Bettzeit wäre. Ehrlich – wir sind nicht so kompromisslos, wie es sich vielleicht gelesen hat und bieten eigentlich immer eine Möglichkeit zum Zusammenkommen. Die Reaktion von ihr war „Ich hasse euch, lasst mich doch in Ruhe.“

Meine Reaktion war dann: „Komm, Kleine, lass uns mal gemeinsam überlegen, was wir jetzt tun können. Sie schrie mich nur an „Gar nix, lasst mich Fernsehen gucken, so lange ich will!“

Also bitte, das geht einfach nicht. Ein Kind sollte abends nicht stundenlang (1-2) TV schauen dürfen. Sie findet dann kein Ende. Der Grund des Fernsehverbotes war, dass sie mit mir zusammen (wir schauen immer mit ihr zusammen) einen Film sah. Es war Freitag, Papa war nicht da und wir schauten uns schön zusammengekuschelt einen wunderbaren Film an. Nach dem Film machte ich aus (es war schon fast 22 Uhr – und das geht auch in Ordnung, kann man mal machen). Aber sie kriegt nicht genug, schreit mich total an, sie wolle noch mehr schauen, ich wäre gemein usw. usw.
Bitte, was hättest du an dieser Stelle getan? Wahrscheinlich genau das gleiche wie ich: ihr freundlich gesagt, es ist schon spät , morgen ist auch noch ein Tag, komm, der film war sooo schön, wir unterhalten uns im Bett noch ein bisschen darüber (machen wir im übrigen jeden Abend: im Bett lesen und vorlesen, erzählen, den Tag Revue passieren lassen, kuscheln, ein schöner Ausklang eben). Was machst du, wenn dein Kind dich dann immer noch anschreit und beschimpft?
Wir bieten ihr immer Möglichkeiten und Kompromisse an, eben weil wir sie als Persönlichkeit respektieren. Und wir hören immer wieder, dass wir dem Kind viel zu viel Freiraum und Mitbestimmung geben.
Ich bin total verwirrt.

Da flippte sie aus, schrie mich an "Gemeine Mama" usw. Ich sagte ihr ganz ruhig, leise und freundlich, daß es dann eben heute kein Fernsehen gäbe, wenn das Fernsehen solch einen Streit verursacht.
--> meiner Ansicht nach total falsch und willkürlich. Nicht das Fernsehen verursacht den Streit, sondern du bzw. ihr bzw. eure unterschiedlichen Prioritäten oder Wünsche oder Erwartungen kollidieren. Da muss man eine Lösung finden, nicht eine diktieren. Kein Wunder, dass sie sich unverstanden fühlt. Sie wird überhaupt nicht ernst genommen und spürt genau, dass mit der Erklärung was nicht stimmt. Stimmt auch nicht, weil der Fernseher als neutrales Objekt überhaupt nicht schuldig sein KANN. Es ist, was die Menschen daraus machen. Die Erklärung ist völlig willkürlich. Hier hätte ich wenigstens die Wahrheit gesagt: Es gibt kein Fernsehen, weil ich sauer bin, dass du dich nicht mit einer Sendung zufrieden gibst und ich dich zwingen will, dies zu akzeptieren, indem ich dir androhe, dass es sonst gar nichts gibt. Vielleicht wäre dir dann die Sinnlosigkeit von solchen Erziehungsmaßnahmen bewusst geworden... So offen mag man das doch nicht aussprechen.

Doch, wir haben sie ernst genommen. Und wir zwingen nicht, sondern setzen Grenzen. Und ich habe ihr erklärt, dass sie kein TV mehr schauen darf, weil sie sich mit einer Sendung um diese Uhrzeit nicht zufrieden gibt.

Nachfolgend hatten wir ca 1 Std. lang ein tobendes Kind. Nicht untertrieben.
--> da wäre ich hingegangen. Sie hat euch gebraucht.

Wir sind hingegangen. Ich habe nur nicht alles im Detail niedergeschrieben. Wir haben ihr angeboten, darüber zu reden, nicht nur einmal. Es war nicht möglich. Sie schrie nur, wir sollen sie in Ruhe lassen.

Sie brüllte viele Nettigkeiten in unsere Richtung, auch das wir "ihr Leben zerstören mit Fernsehverbot", wir sie nicht liebhaben, daß sie uns egal wäre usw, usw.
--> spätestens da hätte man zu ihr gehen sollen und ihr erklären, dass das nicht stimmt. Ich wäre wahrscheinlich hin und hätte mich für alles entschuldigt und ihr versichert, dass ich sie liebe und dass ich so was nie wieder machen will...

Ich habe ihr erklärt (auch mein Mann), dass sie uns nicht egal ist und wir sie lieben. Aber wie wäre es für das Kind, wenn ich sagen würde,“Tut mir leid. Ich hab alles falsch gemacht und mache das nie wieder?“ Ok, wenn ich das gedacht hätte und es wäre eine andere Situation – vielleicht. Aber nicht in dieser. Ich habe mich schon oft bei ihr entschuldigt und Fehler zugegeben.

Sie kam sogar zu mir, stellte sich vor mich und schrie mich an, daß ich wohl nix mehr mit ihr zu tun haben will. Ich sagte ihr nur kurz (und leise), daß ich gerne mit ihr rede, wenn sie ruhig und normal mit mir rede.
--> das ist gemein. Wenn du aufgebracht bist fällt es dir TOTAL schwer – hast du *selbst* gesagt, ruhig und normal zu sein, und jetzt willst du das total üben, bis es in "Fleisch und Blut" übergegangen bist. Erst zeigst du ihr, wie man Leute anschreit, dann verlangst du *von einem Tag auf den anderen*, dass sie gefälligst damit aufhört und lässt sie mit dieser Forderung auch noch total alleine, obwohl du weißt, dass das mega-schwer ist, sich so was abzugewöhnen.

Ja, und ich will es MIR in Fleisch und Blut übergehen lassen, dass ich nicht mehr laut werde. Nicht ihr. Aber ich möchte auch von ihr, dass sie lernt, in einem entsprechenden Ton zu reden. Sie darf toben, sie darf wütend, traurig und zornig sein, sie darf das auch ausleben, aber sie darf ihre Wut nicht an mir auslassen. Sie darf zu mir kommen, ich tröste sie, ich halte sie im Arm – wenn sie es

Dann ging ich einfach aus dem Zimmer.
--> noch mal allein gelassen. Mit dieser Forderung und allen kindlichen Gefühlen. Ich wäre nicht aus dem Zimmer gegangen. Jetzt hast du quasi gefordert, dass sie ruhig und normal ist und hast ihr gar nicht Mal Zeit gelassen, dies zu werden. Ein Baby, wenn es schreit und man will, dass es ruhig und normal wird, schaukelt man und überschüttet man mit Küsschen und Liebe. Wieso nicht auch ein großes Kind? versuch es Mal – sie werden von jetzt auf gleich ruhig..

Was sollte ich tun, wenn ich es versucht hatte, sie es aber nicht zulässt? Wenn sie die Tür vor meiner Nase zuschlägt und „Arschloch“ brüllt? Mein gott, so herzlos bin ich nicht.

du hättest hingehen können und ihren Gefühlen einen Namen geben können. "Du bist anscheinend richtig wütend".

Auch das habe ich gemacht: „Du bist jetzt ziemlich sauer, oder?“ Ihre Antwort war gebrüllt „Stinksauer – und jetzt lasst mich in Ruhe.“

Wir richteten das Abendessen, sagten ihr Bescheid, daß es nun Essenzeit ist und wir Hunger haben und wir jetzt mit dem Essen beginnen.
--> hier hättest du sagen können, dass ihr gerne mit ihr essen würdet und ihr daher gerne wartet, bis sie kommt. Oder dass ihr sie später begleitet, wenn sie alleine essen will. Oder dass sie später im Wohnzimmer essen kann, mit einem von euch in der Nähe. Dass ihr bereit wäret, eine Lösung zu finden und sie anzuhören wie ein gleichwertiger Mensch. und dass ihr jetzt sofort noch vor dem Essen reden könnte, wenn sie will.

Wir haben gesagt ,dass wir uns jetzt zum essen hinsetzen und uns freuen würden, wenn sie auch käme, damit wir reden können. Insgesamt sind wir 3 oder 4 mal zu ihr hin und haben sie gebeten, ja gebeten, doch bitte mit uns zu essen. Gebrüllte Antwort: „Das könnt ihr vergessen!“ Dann haben wir eben alleine gegessen. Als sie dann später kam, haben wir zusammen gegessen.
Und als sie fragte, ob wir über sie gelacht haben, da sagte ich ihr, dass ich lachen musste, weil Papa laut gepupst hatte und ihm das sehr peinlich war. Da musste sie dann auch lachen.

Mit Sachlage (war wohl blöd ausgedrückt) meinte ich, dass wir ein Gespräch führten. Sorry, aber ich wollte keine Romane schreiben, weil ich denke, das liest dann keiner. Also – ich fragte sie: „Du bist jetzt sehr wütend auf uns, nicht wahr? Wütend und traurig und kannst wahrscheinlich nicht verstehen, warum wir uns so verhalten?“ Sie nickte und fragte,warum wir sie heute kein Fernsehen mehr schauen lassen. Dann erklärten wir es ihr und fragten sie, ob sie das verstehe. Sie sagte dann „Okay, können wir es vielleicht morgen noch mal probieren.“ Klar können wir das.


***Sachlich bleiben,***
Wieso?? Bleib lieber bei den Gefühlen. Die zeigen immer ganz genau, wo's lang geht. Sowohl bei dir als auch bei deiner Tochter.

Mit „Sachlich bleiben“ meinte ich, keine langen, auschweifenden lauten Reden führen. Das hat nichts mit der Verbalisierung von Gefühlen zu tun. Ich habe auch nicht vor, meine guten Gefühle unter Verschluss zu halten, sondern nur, mein aufbrausendes Temperament in den Griff zu bekommen.

***Taten sprechen lassen (kommt sie nicht zum essen, wird ohne sie gegessen).***
Es gibt sooo viele Möglichkeiten, den Alltag zu meistern. Ihr könntet auch Mal zu ihr kommen. Wird sicher lustig und das nächste Mal kommt sie zu euch. Oder sie kommt halt nicht – aber egal, smile :-) Nächstes Mal kommt sie. Dein Mann hat auch die Freiheit, nicht zu kommen, oder? Darf er dann irgendwas nicht machen, wenn er nicht kommt? 


Da muß ich dir wiedersprechen. So ist das Leben nicht. Das Leben existiert zu einem Teil aus Regeln, an die man sich halten muß. Steht das Essen auf dem Tisch, wird gegessen. Wer nicht zum essen erscheint, weil er keine Lust hat oder bockig ist, der isst eben nicht mit. Sorry, wo soll das hinführen, wenn ich den Sonntagsbraten ins Zimmer meiner tochter schleppe oder wir alle nichts essen, bis das Kind Hunger verspürt?
Nebenbei – Hin und wieder veranstalten wir ein „Schweineessen“. Da wird dann was gekocht, was mit den Fingern gegessen werden kann und wir setzen uns alle auf eine große Tischdecke auf den Boden. Gelegentlich sind auch Freundinnen von ihr dabei und wir haben alle einen Heidenspaß.

Konsequent liebevoll! Du hast Recht – das gefällt mir viel besser. Aber auch hier: Konsequenz muß auch sein, ganz einfach, um ihr eine Verlässlichkeit zu bieten, in der Hinsicht, das es eben Dinge gibt, über die nicht verhandelt und nicht diskutiert wird (Zähneputzen, Schule gehen, an der Ampel warten, usw.).

Wir diskutieren und verhandeln gerne und oft. Freunde von uns sagen, sogar viel zu gerne und viel zu oft. Aber es gibt Dinge, die sind, wie sie sind und da gibt’s nix zu diskutieren.

Dein Beispiel, wie das Kind sich fühlt aus der Sicht des Kindes, fand ich klasse. Ich habe es genauso empfunden.
Aber bitte, spiele genau solch eine Situation mal durch mit einem Kleinkind, dass an der Supermarktkasse nach dem Schokoladenriegel verlangt, der direkt vor seiner Nase im Regal liegt. Die Mutter wird es nicht gestatten und das Kind bekommt einen Wutanfall. Ich glaube, die Gefühlswelt des Kindes wird ähnlich sein.


Und Nein, du hast mich nicht fertig gemacht – nur zum Nachdenken angeregt.

Und das werde ich auch weiterhin tun.

LG
Makira

 
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