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Geschrieben von Strudelteigteilchen am 15.09.2011, 11:00 Uhr

da bin ich scheinbar total altmodisch

Mein Vater hat auch viel (zu viel?) gearbeitet. Wenn er mal zum Abendessen da war, dann haben wir uns sehr gefreut - allerdings gab es Abendessen recht spät, damit er überhaupt eine Chance hatte, rechtzeitig da zu sein. Er hat uns nie gewickelt, nie in der Kindergarten gebracht, war bei keiner Einschulung, bei keinem Kindergeburtstag (also bei diesen unsäglichen Geburtstagsfeiern mit den Klassenkameraden), bei sehr wenigen Elternabenden.

Aber wir Kinder haben unseren Vater angebetet und bewundert - Mama lief so nebenher, die war ja eh da. Und heute habe ich zu meinem Vater ein deutlich besseres Verhältnis als zu meiner Mutter.

Meine Mutter und ihre Geschwister wurden ihrem Vater vom Kindermädchen abends vorgeführt. Da standen dann alle - im Schlafanzug - in Reih und Glied, und der Vater marschierte an seinen Kindern vorbei - fragte den einen nach einer Lateinvokabel, lobte die andere für ihre Handarbeitsnote, ließ sich von einem dritten Kind die sauberen Fingernägel vorführen - ließ sich von jedem einen Kuß auf die Wange geben, und dann wurde die Truppe vom Kindermädchen Richtung Bett verfrachtet. DAS ist altmodisch.

Im Grunde hat das natürlich den Streß für die Väter gesenkt. Es war eben klar, daß die Ansprüche zu Hause sich auf das Lohntüten-Abliefern und Ohrfeigen-Verteilen beschränkten. Da war so ein Väterleben überschaubar und man konnte sich auf die Ansprüche im Job konzentrieren. Heutzutage ist das anders - da hat nicht nur der Chef Ansprüche, sondern auch die Frau. Und sowohl Chef als auch Frau sind der festen Überzeugung, daß die eigenen Ansprüche höhere Priorität haben.

Ich habe gerade die Berlin-Trilogie von Gabriele Beyerlein gelesen um zu schauen, ob das eine geeignete Lektüre für KindGroß ist (ist es, nebenbei, sie verschlingt gerade den ersten Teil). Das hat mir durchaus mal wieder vor Augen geführt, welches Familien- und Frauenbild noch vor 100 Jahren herrschte - und wie schnell und viel sich da inzwischen geändert hat. Und in dem Zusammenhang sehe ich die Burn-Out-Geschichten inzwischen nicht so sehr als Symptom der reinen Arbeitsbelastung, sondern vor allem als Symptom der veränderten Ansprüche und der (psychischen!!!) Belastung, die entsteht, wenn man so wahnsinnig viele Wahlmöglichkeiten und Optionen hat und wenn so viele Erwartungen von so vielen verschiedenen Seiten an einen herangetragen werden.

Was nicht heißt, daß ich diese Wahlmöglichkeiten wieder einschränken möchte. Aber wir müssen eben lernen, damit umzugehen. Druck von außen, der einen zwingen will, bestimmte Entscheidungen so oder so zu treffen, ist da IMHO nicht hilfreich.

 
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