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von Leena  am 09.08.2015, 9:34 Uhr

Inkonsequent

Meine Tochter hat ihr erstes Schülerpraktikum hier im kirchlichen Kindergarten gemacht, und sie sagt ganz klar, wenn die Bezahlung anders wäre, würde sie gerne Erzieherin werden - unter diesen Bedingungen aber definitiv nicht. (Das zweite Praktikum hat sie dann in einer Werbe- und Eventagentur gemacht - da fand sie die Arbeitsbedingungen absolut familienunfreundlich, wenn man regelmäßig damit rechnen muss, dass der Chef abends um 10 h anruft und sagt, los, schwingen Sie sich an den Rechner, ich brauch bis morgen früh das und das und das!, und jede Menge andere Beispiele in diese Richtung.)

Nein, ganz im Ernst, ich finde das Verhalten, sich erst zu den bekannten Konditionen einstellen zu lassen und dann langfristig zu streiken tatsächlich ähnlich konsequent wie Frauen, die einen Mann heiraten, der klar sagt, er will keine Kinder, und die sich dann den Rest ihrer Ehe darüber beschweren, dass er immer noch keine Kinder will. Wobei ich glaube, dass Ehemann da potentiell noch eher umdenken als Arbeitgeber.

"Die Anforderungen waren damals nicht annähernd so hoch wie heute."

Ähm, ja. Aber jetzt nenn mir mal bitte ein paar Berufe, bei denen das anders ist! Als ich im Finanzamt angefangen habe, musste der Bearbeiter im Bezirk wirklich nur die eingehenden Steuererklärungen bearbeiten und die eingehende Post, soweit er dafür zuständig war. Für die Datenerfassung gab es Personal. Für die "veranlagungsbegleitenden Tätigkeiten" gab es Personal. Und die Anzahl der "Steuersignale" war noch überschaubar, man "kannte" großteils seine "Leute". Und heute? Die Datenerfassung wurde längst abgeschafft (was an und für sich durchaus Vorteile hat, Fehlerreduzierung etc.). Ein Großteil der Buchungen, die früher von der Finanzkasse gemacht wurden, läuft heute im Bezirk. Der Anteil der "veranlagungsbegleitenden Tätigkeiten", für die es früher Zusatzkräfte gab, läuft heute im Veranlagungsbezirk selbst. D.h. pro "Signal" ist es wesentlich mehr Arbeit. Und noch dazu hat man ungefähr 3 Mal soviele "Steuersignale" wie vor rund 20 Jahren. Die Anforderungen sind bei uns also definitiv auch "damals nicht annähernd so hoch wie heute". Und, möchtest Du raten, wie es finanziell aussieht..? Die Gehaltserhöhungen, wie es in den letzten 20 Jahren gab, reichen doch nicht einmal für den Inflationsausgleich aus. Man verdient also faktisch weniger bei definitiv mehr und umfangreicherer Arbeit. Und ich glaube nicht, dass das nur für Erzieher und Finanzbeamte gilt.

Ich kann verstehen, dass die zuständigen Gewerkschaften bei Erziehern für bessere Arbeitsbedingungen kämpft. Wobei dann immer noch die Frage wäre, muss das mehr Geld für den einzelnen Beschäftigten sein, und könnten es auch bessere Arbeitsbedingungen an sich sein - egal. Aber ich verstehe nicht, dass man diesen Kampf durch langfristige Arbeitsniederlegungen führt. Zumal diese Streiks die betroffenen Kinder und ihre Eltern trifft. Sehr viel mehr als den Bürgermeister vor Ort und die anderen Mitarbeiter der zuständigen Kommunalverwaltung. Zumal der einzelne Bürgermeister gar nicht mit der einzelnen Erzieherin oder der Einrichtung die Arbeitsbedingungen separat verhandelt. D.h. der Bürgermeister kann sich auch nicht einfach hinstellen und sagen, okay, ich zahle jetzt mal allen Erziehern 10% mehr. Mal ganz abgesehen davon, dass das Geld für so eine Gehaltserhöhung tatsächlich nicht da ist.

Ich finde, die gewählten Mittel dieses Arbeitskampfes falsch.

(Dass Erzieherinnen gut bezahlt gewesen wären, war vor 20 Jahren übrigens auch nicht der Fall, oder? Ja, die Arbeitsbedingungen waren andere. Aber das gilt nicht nur für Erzieher.)

 
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