1. Schuljahr - Elternforum

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Geschrieben von Schniesenase am 26.12.2018, 12:53 Uhr

Nasse Hosen und Körperhygiene

Ich habe nicht alles gelesen, was andere geschrieben haben, aber bei dem, was Du schreibst, habe ich das Gefühl, dass Ihr Euch als Familie mit dem Thema Klo/Ausscheidungen in einem Teufelskreis befindet, der erst verlassen werden kann, wenn neuer Input von außen kommt. Das ist das Problem bei Teufelskreisen. Man ist Teil davon und kann aus eigener Kraft nicht raus. Der passende Impuls von außen ist nötig.

Auffallend finde ich, wie liebevoll und zugewandt Du eigentlich damit umgehen möchtest, aber nicht bemerkst, wie der psychische Druck auf die Kinder entsteht, den Du/Ihr unbeabsichtigt ausübt. Beispiele:

"Unser Sohn war mit 3 Jahren 1 Sommer lang tagsüber trocken. Dann machte er sich plötzlich wieder in die Hose. Wir haben fast alles versucht ohne Erfolg. Erst Anfang Jahr als er 6 wurde wurde das dann plötzlich besser und es hat ein paar Monate lang gut geklappt die Hosen waren meistens trocken. Seit August diesen Jahres ging das dann wieder los und hält bis jetzt an."

Beim Trockenwerden ist es wie mit vielen anderen Entwicklungen der Kinder: Es klappt schon mal, und dann klappt es wieder nicht. Es gibt rasante Fortschritte und auch heftige Rückschritte. Das ist normal. Entwicklung geht nicht graduell, sondern im Zickzack. Wenn er im Sommer (leicht bekleidet, oft unten ohne, wenn es warm ist) mit 3 schon mal gut trocken (und sauber?) war, heißt das nicht, dass von da an keine Winden mehr nötig gewesen wären. Dasselbe gilt für Eure Tochter. Mal klappt es, mal nicht, sie darf entscheiden, ob sie Windeln haben möchte oder nicht, sie muss sich dafür nicht erklären. Hier könnt Ihr die Kurve noch kriegen, beim Sohn hat sich in der Beziehung zu Euch in Bezug aufs Klogehen bereits eine Störung manifestiert. Man muss nicht "alles versuchen", einfach annehmen, wo sie gerade sind und kein großes Thema draus machen. Höschenwindeln lösen das Problem, weil sie wie Unterhosen verwendbar sind. Auch Euer Sohn kann sie anziehen. Es gibt sie in seiner Größe. Ehrlich gesagt, würde ich sogar noch weiter gehen und für bestimmte Anlässe darauf bestehen, dass er sie anzieht, denn ich würde die ewigen nassen Hosen nicht tolerieren wollen - einfach weil das sehr unschön ist, gegenüber Fremden, in der Wäsche stinkt es und macht viel mehr Wäsche. Da wäre meine persönliche Grenze erreicht. Nicht, weil er trocken und sauber werden soll, sondern weil es FÜR MICH eine Zumutung ist. Insofern wäre mein Hinweis, dass Ihr ihn unterstützt, indem er Windeln tragen darf, damit auch vor unangenehmen Situationen bewahrt, ansonsten aber ihm überlasst, wie er mit seinen Ausscheidungen umgeht. Vielleicht noch einmal die Apputztechnik zeigen.

Wenn er nachts noch einnässt, ist das ein Zeichen dafür, dass eine Entwicklungsverzögerung vorliegt. Hier fehlt ein Hormon, das nachts produziert wird, damit der Urin konzentrierter wird und so die Blase nicht so schnell voll. Man kann hier medikamentös helfen, wenn es nötig ist. Früher oder später klappt auch das von selbst.

"Ich habe das Gefühl je mehr wir auf das Thema eingehen desto schlimmer wird es, egal ob in negativer oder positiver Richtung. "
Du erkennst es selbst. Wenn Ihr das Thema ruhen lasst, kann er selbstbestimmt werden. Einziger Maßstab sind Eure eigenen Grenzen. Also Windeln an - und das ist FEIN SO, KEIN VORWURF, er darf frei von (Ab-Wertung)! Windeln tragen. So übergebt Ihr ihm die Kontrolle.

Insgesamt zeigt es doch, dass dieses Thema bei Euch ein Machtkampf geworden ist. Mit aller Macht will er bestimmen, selbst bestimmen, wenigstens hier selbstbestimmt sein. Das passiert Kindern manchmal, wenn sie sich gegenüber den Eltern als minderwertig, ohne Mitbestimmung, ohne genügend Selbstwirksamkeitserfahrungen sehen. Du kannst nur selbst beurteilen, wie stark Ihr Kontrolle über den Jungen ausübt. Wie viel Freirau hat er? Könnte was dran sein? Essen und Ausscheidungen sind die zwei Möglichkeiten für Kinder mit wenig Selbstbestimmungsrecht in der Familie, um sich demonstrativ gegen die Übermacht der Eltern abzugrenzen.

Bezüglich des Poabputzens: Wanne nur mit sauberem Po. Das wäre die Vorgabe für mich. Ansonsten badet nur die Schwester. Würde ich jetzt finden. Und ich würde mich auch bereit erklären, ihm noch ganz freundlich den Po abzuputzen, wenn er Bescheid sagt. Meine Tochter ist 7 und macht das seit ca. 1/2 Jahr selbst. Vorher mochte sie es auch noch nicht. Und auch heute fragt sie manchmal, ob ich das ausnahmsweise noch mal machen kann.

Zur Tochter:
"Dann haben wir versucht die Windel wegzulassen und es ging aber fast jedes Mal in die Hose. Nur wenn sie gerade Lust hatte, ist sie zur Toilette. Und natürlich genau immer dann wenn es ungünstig war (unterwegs!)"
Also Windel an und selbst bestimmen lassen. Es ist auch ein Unterschied, ob ich das Kind für gelungenes Pipi auf dem Klo überschwänglich lobe oder mich einfach mit ihm freue. Bei Euch habe ich das Gefühl, die Kinder müssen auf der Hut sein, schnelle Entwicklungsschritte zu machen (die bringen fast immer noch mal Rückschritte mit sich), weil Ihr sie dann sofort da abholt im Sinne von "Das kannst du jetzt ja, also fordern wir es auch ein." Das meint Ihr vielleicht gar nicht bewusst so, kann aber wirklich so rüberkommen.

Und daran hier sieht man, wie der Druck funktioniert:
"Wenn ich sie frage ob Sie lieber eine Unterhose anziehen möchte wie ein großes Mädchen oder lieber die Windel dann entscheidet sich für die Windel und sagt sie möchte Baby sein."
Implizit sagst Du ihr damit: "Ich hätte gern ein großes Mädchen, und du bist das nur, wenn du jetzt Unterhosen anziehst UND sie trocken bleiben." Das ist sehr viel Druck. Darauf reagiert die Kleine adequat damit, dass sie ihre Möglichkeiten richtig einschätzt und folgert, dass sie das nicht kann. Weil das aber mit Deiner Erwartungshaltung dann beschämend wäre, ENTSCHEIDET sie vorsichtshalber, noch ein Bany sein zu wollen. Ich finde das klassisch!

Lass igr die Windel, leg, das Thema für Dich ad acta, und freue Dich mit ihr, wenn sie Dich zur Teilnahme an kleinen Erfolgen einlädt, ganz ohne daraus neue Erwartungshaltungen zu generieren.

"Ich bin ja immer neidisch auf die Eltern die ihren Kindern keine Windeln mehr kaufen müssen. Dabei geht es mir weniger um das Geld als darum dass meine Kinder es eigentlich könnten und aber keinen Bock drauf haben weil es so ja bequemer ist.
Beim großen habe ich manchmal das Gefühl dass er die Windel nachts eigentlich gar nicht braucht und dann morgens wenn er aufwacht und eigentlich zur Toilette muss das Pipi einfach in die Windel laufen lässt.
Vielleicht sollte ich das mal eine Nacht lang kontrollieren wann die Windel voll wird."
Das sagt es eigentlich: Du findest, Deine Kinder sind nicht gut genug, was das anbetrifft. Du beneidest andere Eltern um ihre früher trockenen Kinder. Es ist nicht ihr, sondern Dein Thema. Klär das mal mit Dir selbst, es könnte Euch alle entlasten. Und das meine ich ganz freundlich; wir haben alle solche Themen. Sie behindern dann unsere Kinder in der Entwicklung und geben ihnen das Gefühl, minderwertig zu sein. Das ist nie gut.

Früher oder später WOLLEN sie trocken werden. So lange Druck ist, gehen sie in den Gegendruck, um ihre Selbstachtung zu erhalten. Erst wenn Du und Dein Mann den Druck wegnehmt, können sie "selbst wollen".

Das Thema verfolgt Euch seit 7 Jahren! Welch eine Belastung! Dann kappe doch mal die Kontrolleine, mit der Ihr es hinter Euch her zieht!

Ich würde das mit fachkundiger Hilfe tun.

Ein toller Buchtipp, der einen anderen Blick auf solche Situationen öffnet, ist Jesper Juul: "Das kompetente Kind". Dieses Buch nehme ich immer mal wieder vor, weil ich auch dazu neige, zu viel kontrollieren zu wollen. ;-)

Good Luck!

 
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