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Geschrieben von Sylvia1 am 31.01.2009, 21:02 Uhr

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Hallo Potter,

mit einem schlechten Abi (oder sogar nur Fach-Abi) kannst du aber trotzdem studieren. Natürlich nicht alle Studiengänge, aber einige schon. Du kannst auf diese Weise einen (Fach-)Hochschulabschluss erwerben und stehst sehr viel besser da als mit einem simplen Realschulabschluss, und sei er noch so gut.

Die bester Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist und bleibt nun mal ein Studium. Natürlich gibt es auch arbeitslose Akademiker (es gibt ja bekanntlich nichts, was es nicht gibt), aber die Quote ist doch deutlich geringer als bei den Nicht-Akademikern. Natürlich sollte man auch bei der Wahl seines Studiums etwas auswählen, was einem nicht nur persönlich entgegen kommt, sondern was auch gebraucht wird von der Wirtschaft und keine brotlose Kunst ist.

Das, was ich über meine eigene Erfahrung in der Schule geschrieben habe, ist genau so gewesen und ist auch heute noch so. Ich habe auch regelmäßigen Kontakt zu ehemaligen Schülern meiner Schule (jetzige Azubis) und auch den anderen Gymnasien hier und es scheint auch heute noch hier so zu sein. Und von anderen Bekannten höre ich es ähnlich. Einsen und Zweien sind die Ausnahme am Gymnasium. Das heißt nicht, dass sie nicht vorkommen (bei meiner Tochter kommen sie ja auch vor, sogar ausschließlich bis jetzt - noch, schaun wir mal, wie es in paar Jahren aussieht). Normal sind Dreien und Vieren. Natürlich sind Fünfen und Sechsen kein erstrebenswerter Zustand, aber zumindest Fünfer sind absolut an der Tagesordnung. Und mir ist auch bekannt, dass man in der Oberstufe nicht alles abwählen kann, was einem nicht liegt, aber ein wenig nach seinen Interessen und Neigungen kann man sich seine Abi-Fächer schon zusammenstellen. Mathe und Deutsch und eine Fremdsprache sind natürlich Grundbildung und daher ist das auch gut, dass man das nicht abwählen kann.

Übrigens bilde ich auch seit ca. 13 Jahren aus (Kaufleute für Bürokommunikation) und ich bekomme alle 4 Monate neue Azubis im Abteilungsumlauf. Ich habe also in den vergangenen Jahren schon einige persönlich kennengelernt, bessere und schlechtere, 16jährige mit "nur" Realschulabschluss (und der war sicher sehr gut, denn sonst wären sie gar nicht erst eingestellt worden) und 25jährige, die nach erfolgreicher Erstausbildung und einigen Jahren Berufserfahrung als ausgelernter Friseur, Kinderpflegerin ... oder sonstwas sich entschlossen haben, eine zweite Ausbildung zu machen, weil sie da langfristig bessere Chancen für sich sehen (Hut ab vor einer solchen Entscheidung).

Ich kann es nicht bestätigen, dass gute Realschüler bessere Azubis sind als schlechte Abiturienten. Bei uns ist es erst mal so, dass welche mit "nur" sehr gutem Realschulabschluss nur in sehr geringer Menge (vielleicht 10 - 20 % eines Azubijahrganges) überhaupt erst mal eingestellt werden. Insofern ist die Wahrscheinlichkeit für einen guten Realschulabsolventen hier schon deutlich geringer als für einen mittelprächtigen Abiturienten, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Die meisten Azubis zumindest im kaufmännischen Bereich haben schon Fachabi oder Abi und einige studieren auch berufsbegleitend parallel zur Ausbildung. Das ist sowieso der Trend und dahin wird die Entwicklung auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter gehen, dass sehr viele Berufe, die man früher, zu unserer Zeit noch, mit einer "normalen" Ausbildung mit Realschulabschluss problemlos erlernen und erfolgreich meistern konnte, in Zukunft nur noch mit Studienabsolventen besetzt werden können, da viele Zusammenhänge in der Arbeitswelt immer komplexer werden und das Niveau steigt.

Viel mehr habe ich die Erfahrung gemacht, dass bei den Azubis, die nur Realschulabschluss haben und demzufolge noch sehr jung sind, noch sehr viel fehlt an persönlicher Entwicklung. Oft ist es schwierig, sie im Betrieb einzusetzen, weil die ganzen Arbeitsvorgänge mittlerweile hochkomplex und technisiert sind und sehr viel an Wissen und Verständnis für wirtschaftiche Vorgänge voraussetzen. Und da haben die Abiturienten einfach einen Wissensvorsprung. Allein aus diesem Grunde machen sich die 2 - 3 Jahre längere Schulezeit schon mehr als bezahlt, egal wie das Abschlusszeugnis notenmäßig aussieht. Diejenigen Azubis, die nur 10 Jahre die Schule besucht haben, haben sehr häufig Probleme in der freien Formulierung von Texten bzw. tun sich da unheimlich schwer mit, was in dieser Berufsgruppe schon sehr wichtig ist, wo man Briefe usw. frei formulieren muss. Da haben die Abiturienten einen entscheidenden Vorteil, denn das Schreiben wird anscheinend in der Oberstufe vertieft und die Abiturienten haben auch weniger Probleme, den Fachbericht, den sie gegen Ende der Zeit im Betrieb schreiben müssen, zu formulieren und zu erstellen. Sie sind es einfach gewöhnt und haben es gelernt, schriftliche Arbeiten zu erstellen.

Natürlich kann man nach der Realschule mit einem guten Abschluss (den man ja auch erst mal haben muss, denn auch dort wird einem ja nichts geschenkt) weiter machen. Und das ist auch gut so, dass man das kann! Ich kann jeden Realschulabsolventen, die die Möglichkeit dazu hat, nur dazu ermutigen, es zu tun. Aber Tatsache ist leider auch, dass die wenigsten, die das Potential dazu hätten, es tatsächlich machen. Warum? Weil man mit einem guten Realschulabschluss ja eben gerade doch einen Ausbildungsplatz findet, vielleicht sogar im Wunschberuf. Und weil man dann, nach der 10. Klasse in einem Alter ist, wo man sich (verständlicherweise) gerne von zuhause lösen möchte (vielleicht sogar Stress zuhause hat). Dann lockt natürlich eher das "schnelle Geld", welches man in der Ausbildung bzw. danach bekommt, als die Aussicht, noch 3 weitere Jahre zur Schule zu gehen und danach noch 3 oder 5 Jahre oder noch länger zu studieren, bevor erst mal die "erste eigene Asche" reinkommt. Ist man erst mal einige Jahre im Beruf und dort etabliert, und ein richtiges eigenes Einkommen gewöhnt, dann fällt es wesentlich schwerer, sich nochmal dazu zu entschließen, einen Schulabschluss nachzuholen.

In Deutschland machen nur ca. 1/3 eines jeden Jahrganges Abitur, in anderen europäischen Ländern sind es bis zu 70 % der Schüler eines Jahrganges, die Abitur machen. Ich bin überzeugt, wir könnten die Quote hier in D. auch noch deutlich steigern, wenn mehr Schüler und Eltern darum kämpfen würden und nicht so viele zu früh aufgeben würden, es sich nicht zutrauen (oder ihren Kindern nicht zutrauen) würden oder sich von relativ schlechten Noten, die überhaupt nicht dramatisch schlimm sind, entmutigen lassen. Es muss sicher nicht jeder das Abi mit 1,0 machen - aber es könnten schon deutlich mehr Schüler überhaupt Abi machen und damit bessere Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten und auch mehr Optionen später im Leben haben, als es tatsächlich tun. Man kann ja auch - vorausgesetzt, man hat den entsprechenden Schulabschluss - auch nach erfolgreicher betrieblicher Ausbildung und auch nach einigen Jahren Berufserfahrung nach der Ausbildung noch studieren gehen, in Vollzeit oder berufsbegleitend. Ich kenne für beide Varianten mehrere Leute, die das gemacht haben, und das war immer von Erfolg gekrönt, weil man im späteren Alter oft ganz anders motiviert ist als nach oder in der Schulzeit. Ohne Abi oder zumindest Fachabi geht aber auch das nicht.

Eine gute Ausbildung macht sich immer bezahlt. Daher ist es doch wohl mehr als legitim, wenn ich möchte (und alles dafür tun werde), dass meine Tochter mit dem bestmöglichen Abschluss eines Tages die Schule verläßt - egal, wann das sein wird. Wenn sie vierzig ist, fragt sie keiner mehr, mit wievielen Jahren sie Abi gemacht hat und welche Umwege dazu notwendig waren. Schließlich möchte ich, dass sie irgendwann mal sehr gut von ihrem eigenen Gehalt leben kann, evtl. auch von einem Teilzeitgehalt sehr gut leben kann, nicht Gefahr läuft, aufgrund niedriger Qualifikation ihre Arbeit zu verlieren (und wenn sie die Arbeit doch mal verliert, aufgrund ihrer guten Qualitfikationen schnell was Neues findet und am besten noch unter mehreren Optionen wählen kann) und sich vor allem niemals finanziell von irgendwem oder irgendwas abhängig machen muss.

Letzten Endes kann man sein Kind nicht gegen alle Unwägbarkeiten des Leben absichern, die passieren können. Aber man kann schon dafür sorgen, dass die Startchancen und späteren Optionen im Beruf so gut wie möglich sind und dass nicht aus Bequemlichkeit oder Entmutigung der Weg des geringsten Widerstandes gegangen wird. Langfristig gesehen, macht sich eine gute Ausbildung immer bezahlt.

Schöne Grüße
Sylvia

 
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