Schwanger mit 35 plus

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Geschrieben von Sume76 am 24.08.2014, 20:39 Uhr

Wieso kann man sein Kind nicht einfach annehmen so wie es ist ?

Ich hab jetzt gar nicht alle Beiträge gelesen und habe eigentlich keine Lust nochmal was dazu zu sagen, muss aber jetzt doch mal meine Erfahrung schreiben.

Ich selbst habe drei gesunde Kinder und bin sehr dankbar. Gerade auch deshalb weil ich beruflich jahrelang tagtäglich mit schwerstmehrfachbehinderten Kindern gearbeitet habe - und ich spreche nicht von Trisomie 21. Nebenbei habe ich auch noch einen geistigbehinderten Cousin der mittlerweile 45 Jahre alt ist.

In meiner Arbeit habe ich auch ganz viel aus den Familien mitbekommen, weil gerade die Eltern oft großes Redebedürfnis hatten. Zudem gab es bei uns regelmäßig Angebote für Geschwisterkinder, die ich mitgestaltet habe.

Ich kann nur sagen, dass die Argumentationen hier teilweise äußerst naiv sind. Es ist ja total legitim keine zusätzlichen Untersuchungen machen zu lassen, um sich eine Entscheidung zu ersparen - habe ich auch so gemacht. Ich hätte nicht über Leben und Tod entscheiden wollen, weil ich denke, dass ich ein Leben mit einem behinderten Kind eher meistern würde als mein Leben mit der Entscheidung für Abtreibung.

Ich kann aber alle Eltern verstehen, die das anders sehen. Denn täglich habe ich erlebt, dass Familien am Limit waren. Die Pflege eines schwerstbehindertes Kind, vielleicht bettlägrig oder in der Beweglichkeit sehr eingeschränkt geht nicht nur an die Psyche, sondern auch an die körperliche Gesundheit. Das Kind muss gelagert werden, transportiert werden, gewaschen werden usw. Ich habe fast täglich Eltern gesehen die vollkommen am Ende waren mit ihren körperlichen Kräften, aber auch nervlich, wenn der medizinische Dienst mal wieder ein Hilfsmittel nicht genehmigt hat oder das Kind auf Grund eines eigentlich banalen Infekts mal wieder auf die Intensivstation musste.

Ich habe Geschwisterkinder erlebt, die sich vollkommen vernachlässigt gefühlt haben, viele, die ich kenne waren in psychologischer Behandlung und es gab auch wirklich einen Suizidfall in meiner Zeit in dieser Einrichtung.
Ich selbst habe nach 5 Jahren, als ich selbst schwanger war, einen Antrag auf Versetzung gestellt, weil ich körperlich und psychisch einfach das Gefühl hatte, es geht nicht mehr.

UND: Vier schwerstbehinderte Kinder, die ich kannte sind in den 5 Jahren verstorben und ALLE Eltern haben ihr Kind geliebt, aber ALLE haben auch zugegeben, dass sie nach einiger Zeit auch wieder aufatmen konnten.

Was mich nach diesen Erfahrungen extrem nervt, sind Menschen die als einzige Form offensichtlich nur die Trisomie 21 kennen und meinen dann urteilen zu können. Nimmt man die Gesamtheit aller Menschen mit Behinderung, ist der Anteil von Menschen mit Down-Syndrom doch verschwindend gering.

Ich persönlich habe den höchsten Respekt vor Eltern die sich für ein Leben mit einem schwerstbehinderten Kind entscheiden. Ich habe aber auch Verständnis für Eltern, die ehrlich zugeben, dass sie solch ein Leben nicht stemmen können.

Jede Behinderteneinrichtung hat einen Tag der offenen Tür! Einfach mal hingehen. Oder es gibt die sogenannten familienentlastenden Dienste. Die kümmern sich stundenweise um behinderte Kinder, dass die Eltern mal entlastet werden und Zeit mit Geschwisterkindern verbringen können. Da kann jeder mitmachen. So kommt man dann auch in Kontakt mit den unterschiedlichsten Familien - und kann sich ein breitgefächertes Bild machen.

Nicht nur gut reden - gut machen ist gefragt!

Mehr sag ich nicht, war eh schon genug!
LG Sanne

 
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