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von Leena  am 22.07.2015, 20:46 Uhr

@ Leena

Natürlich darfst Du fragen! Möchtest Du die Lang- oder die Kurzversion..? ;-)

Für die Langversion empfehle ich z.B. den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.3.2014 (III B 74/13), in dem der sich damit auseinander gesetzt hat, ob das Existenzminimum von Kindern ausreichend steuerlich berücksichtigt wird (ach so - Ergebnis: ja, wird es). Begründung - s. langer Text mit vielen Berechnungen. Z.B. hier: http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=29911&pos=4&anz=79

Was die Kurzversion betrifft:

Es gibt ein BVerfG Urteil von 1994, wonach der Gesetzgeber die steuerliche Entlastung für Kinder aller Altersstufen quasi "pauschal" regeln darf (aus Vereinfachungs- und verwaltungsökonomischen Gründen). Dazu werden quasi die Bedarfe (hach ja, ich liebe das Wort! *grins*) aller Kinder aller Altersstufen berechnet und daraus ein Durchschnittssatz gebildet, und zwar bezogen auf den "Mehrbedarf", der der Familie durch ein Kind entsteht. Dabei werden die verschiedenen Bedarfe unterschiedlich gewichtet, um alle Altersgruppen angmessen zu berücksichtigen. Im Prinzip wird also ausgerechnet, was ein Kind bis zum 18. Geburtstag für durchschnittlichen Mehrbedarf verursacht, und diese Kosten werden dann gleichermaßen auf 18 Jahre verteilt. Außerdem geht man davon aus, dass man je nach Altersgruppe unterschiedliche Kosten hat, d.h. bei kleinen Kindern eher Betreuungskosten, bei älteren eher Ausbildungskosten wie z.B. eben Schulsachen und Beförderungskosten zur Schule. Es gibt da herrliche Berechnungen dazu, wie sich das kindliche Existenzminimum etc. zusammensetzt - und weshalb die Regelung "Schulbedarf etc. durch Kindergeld/-freibetrag abgegolten" vom BFH und BVerfG als verfassungsgemäß angesehen wird.

Ob es nun "gerecht" ist oder eine "starke Ungleichbehandlung"... nun ja, das ist ein komplett anderes Thema.

Es gibt sehr viele verschiedene Fälle, und wirklich "gerecht" könnte man das Thema nicht lösen. Wir haben hier Lehrmittelfreiheit und meine Kinder können zu Fuß zur Schule gehen, so gesehen haben wir hier in diesem Bereich vergleichsweise weniger Kosten. Dafür sind hier die 12 m²-Mehrbedarf beim Wohnung für ein Kind ziemlich teuer und die Lebenshaltungskosten auch relativ. Was ja auch in eine individuelle Berechnung einfließen müsste... Wenn man wirklich für jedes Kind "gerecht" rechnen wollte - wäre man pro Kind gefühlt 6 Wochen nur mit Rechnen beschäftigt, und zwar jedes Jahr neu, und wenn man dann die Verwaltungskosten vom Kindergeld abziehen müsste, bliebe nichts mehr übrig.

Es gibt eben den Grundsatz, dass der Gesetzgeber in gewissen Bereichen "pauschalieren" darf, in gewissen Grenzen, versteht sich. Und solange die Rechnung quasi im Großen und Ganzen stimmt, gibt es dann eben keine "Einzelfallbetrachtung", sondern Schulbedarf für Kinder ist generell mit dem Kindergeld/-freibetrag abgegolten. Zumal man ja für ein Baby genauso viel Kindergeld bzw. denselben Kinderfreibetrag bekommt wie für einen 18-jährigen Abiturienten, obwohl die Kosten doch sehr unterschiedlich sind. So gesehen gleicht es sich auch pro Kind über den Gesamtzeitraum des Kindergeldbezugs in gewisser Weise aus.

Zumal es legal extrem schwierig werden dürfte, wenn der Bund beim Kindergeld etc. Subventionen der Länder und Kommunen anrechnen wollte - und auch wieder extrem aufwendig. Vielleicht wäre es gerechter - aber es wäre so extrem aufwendig, dass definitiv alle hinterher schlechter dastünden. Und damit wäre Dir schließlich auch nicht geholfen, oder? ;-)

Ich finde es - subjektiv - übrigens viel ungerechter, dass das Existenzminimum oder eigentlich eher der "Mehrbedarf" einer Familie pro Kind umso höher ist, je höher das Einkommen der Eltern ist. D.h. ein durchaus gutverdienendes Elternpaar bekommt steuerlich mehr Entlastung für ihr Kind als ein Elternpaar am Rande des Existenzminimums, und zwar durch den Kinderfreibetrag, der dann (unter Anrechnung des Kindergeldes) gewährt wird. Und der sich eben "mehr" auswirkt dann. Allerdings ist das bei der Mehrbedarfstheorie logisch und stringend, muss ich zugeben - auch wenn ich's unsozial finde.

 
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