Die Geburt

Die Geburt

Fotogalerie

Redaktion

 

Geschrieben von Siebenstern am 28.04.2021, 11:30 Uhr

Geschichten

Also, ich habe gestern errechneten Entbindungstermin gehabt, es ist unser erstes Kind, Baby ist noch drin. Meine Schwangerschaft war durch Corona vollkommen anders, als ich es mir gewünscht habe.
Also zunächst kann ich nur sagen, daß ich großes Glück mit meiner Frauenärztin habe. Mein Mann durfte bei allen Untersuchungen dabei sein und mir wurde auch frühzeitig in der Schwangerschaft nahegelegt, die Maske abzusetzen, da es durch die niedrigere Sauerstoffsättigung im Blut Probleme geben kann. Auch wenn das Viele nicht wahr haben wollen, das ist wissenschaftlich erwiesen. Von meiner Freundin, die zu einem anderen Arzt geht, habe ich Anderes gehört. Sie musste zu allen Untersuchungen allein kommen und immer Maske tragen! Sie konnte die schönen Momente, wenn man das Herzchen das erste Mal hört etc überhaupt nicht mit ihrem Mann teilen.
Ich muss dazu sagen, ich gehe in Sachsen-Anhalt zum Frauenarzt, wohne aber in Thüringen. In der Corona-Verordnung von Sachsen-Anhalt (und das ist wohl die einzige bundesweit) steht explizit drin, daß eine Schwangerschaft ein gesundheitlicher Grund ist, auf die Maske zu verzichten, in Thüringen leider nicht. Nun ist es aber so, daß mir, wenn ich die Maske länger als etwa 10 min aufhabe, sehr schlecht wird, was dann auch für ca eine Stunde anhält. Darauf hin habe ich mir beim Hausarzt einen Attest besorgt. Man war hier trotzdem nicht bereit, mich komplett zu befreien, aber wenigstens habe ich einen Attest, der mir erlaubt, die Maske abzusetzen, wenn ich merke, es geht nicht mehr. Unterm Strich muss ich sagen, daß ich in meiner Schwangerschaft allein schon wegen der Maske sehr oft angefeindet wurde, das ging wirklich bis hin zu Beleidigungen, was ich mir erlauben würde, mein ungeborenes Kind zu gefährden, weil ich keine Maske trage! Hier in Thüringen war das echt unter aller Würde.
Vermutlich ist das aber nicht das Schlimmste, das kommt noch, aber erstmal weiter: Wir konnten keinen Geburtsvorbereitungskurs machen, das wäre nur online gewesen und mein Mann und ich hatten uns schon so auf einen Präsenskurs für Paare gefreut. Pustekuchen. Ich kann wirklich sagen, daß meine Schwangerschaft sehr einsam war, ich hatte keinerlei Kontakt oder Austausch mit anderen Schwangeren und konnte auch meinem Kind in meinem Bauch längst nicht das bieten, was ich ihr gern gezeigt hätte. Wir hatten kaum andere Geräuschkulissen, wenig fremde Stimmen, keine Gruppengymnastik, und - für mich als regelmäßigen Schwimmbadbesucher sehr bitter- ich konnte nicht einmal mit meinem Baby im Bauch zusammen schwimmen.
Ich habe auch auf Grund der Corona-Gefahr und der Witterungsbedingungen im Winter weniger Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen.
Die Corona-Situation ist ein Punkt, weshalb wir uns für eine Hausgeburt entschieden haben. Ich würde auch wirklich nur das Krankenhaus betreten, wenn es gar nicht anders ginge. Da mussten wir nämlich auch schon einschlägige Erfahrungen machen. Bei geplanter Hausgeburt meldet man sich - für den Fall von Komplikationen trotzdem im nächsten Krankenhaus an. Das Anamnese-Gespräch fand online mit einer Hebamme statt. Zum Geburtsplangespräch sollten wir persönlich kommen. Hier sahen wir uns im Foyer zunächst mit Absperrbändern und einer unfreundlichen Frau, die mit Thermometerpistole bewaffnet war, gegenüber. Die kreischte gleich los und zeigte auf meinen Mann, der darf da aber nicht mit rein. Gut, sage ich, dann machen wir es eben draußen, unter freiem Himmel. Wir haben keinen Grund, hier jemanden zu gefährden, in dem wir auf Station gehen für das Gespräch. Ich hätte das nicht ohne meinen Mann gemacht, immerhin wäre das bei der Geburt die einzige Begleitperson und der einzige „Verteidiger“, was unnötige Interventionen angeht. Wir durften uns dann noch anhören, daß es doch nur der Gnade des Krankenhauses zu verdanken sei, daß mein Mann überhaupt bei der Geburt dabei sein darf! Nach mehreren Telefonaten, einem Arzt, der nicht zu erreichen war und anscheinend unseren Termin vergessen hatte, wurden wir dann doch in die heiligen Hallen vorgelassen. Zumindest ein Stück weiter. Unter Protest der Empfangsdame, das das nicht richtig wäre, wurden wir - ohne Corona-Test eine Etage höher in den Kreissaal gebeten. Also zumindest vor die Tür. Auch nach mehrmaligem Klingeln, öffnete niemand. Ich konnte dann nicht umhin zu meinem Man zu sagen, na, fühlst Du Dich nicht auch wie menschlicher Staub? .... er meinte, ja, eigentlich müssten wir wieder gehen. Das ist hier unter aller Würde, immerhin bist du hochschwanger. Irgendwann kam dann jemand, wieder Fingerzeig: er darf hier nicht mit rein....doch, wir sind angemeldet....“na, wenn das der Chefarzt sieht“....ja, mit dem haben wir Termin.....“na gut“....“gehen Sie mal da rein in das Zimmer“ und entfernt sich.....sorry, da liegt jemand drin.....Schreiende Stimme von weiter hinten....“los, gehn‘se da rein, damit Sie niemand sieht!“..... Geht nicht, da liegt jemand!.....“Waas?“.... Bevor das noch mehr eskalieren konnte, habe ich uns vermeintlich gerettet, in dem ich auf den vorhandenen Balkon gegangen bin und meinte, wissen Sie, wir warten lieber hier, da sind wir an der frischen Luft. Leider gab es auf dem Balkon keine Sitzgelegenheit, es war brütend heiß und ich durfte nun weitere zwanzig Minuten auf einem Betonvorsprung kauern und auf den Arzt warten. Zur Zeitüberbrückung wollte man mich untersuchen, was ich aber abgelehnt habe, da alles bestens ist und ich erst am Tag zuvor beim Arzt war. Irgendwann kam der Herr Doktor, mehr schlecht als recht hat er meine Patientenverfügung unterschrieben, aber wirklich gut angefühlt hat sich das Ganze nicht. Am Schlimmsten ist für mich nun, daß ich, falls ich ärztliche Hilfe benötigen sollte....1. selbst einen Corona-Test machen muss, 2. mein Mann einen Test machen muss, falls etwas positiv sein sollte, darf mein Mann nicht mit rein bzw werde ich nur allein und unter Vollschutz behandelt. 3. es angedacht ist, daß mein Mann nach der Geburt quasi sofort das Krankenhaus verlassen muss. Das sind für mich Dinge, die nicht gehen. Meine Optionen sehen wie folgt aus: ich plane Hausgeburt, um das zu umgehen. Wenn irgend möglich, werde ich 50km weit fahren, um in ein Krankenhaus zu kommen, was den Vater mit einsperrt. Sollte ich hier wirklich her müssen, plane ich - auch mit Kopf unter dem Arm- das Krankenhaus sofort nach der Geburt mit meinem Mann und unserem Baby zusammen zu verlassen. Der irrationale Teil von mir erwägt die Anschaffung von Handschellen, um meinen Mann an mich zu Ketten, damit wir diese so wichtige und unwiederbringliche Zeit zusammen verbringen können. Ich kann nicht verstehen, daß die ganzen Einschränkungen von den Schwangeren und gerade auch von Gebärenden einfach so hingenommen werden. Sorry, aber das Zusammenwachsen einer Familie, eine gute Geburt, die ersten Stunden, Bonding, das ist mir für uns wichtiger als Corona. Meine Erfahrungen haben gezeigt, daß man nur vehement auf bestimmte Dinge, wie Anwesenheit des Partners bestehen muss, dann geht es nämlich doch. Für die Geburt und den „Was-wäre-wenn-Fall“ bleibt ein mulmiges Gefühl und Bedenken, daß ich unter der Geburt doch Kampf- und Verteidigungssituationen ausgesetzt sein könnte, die man in dieser Situation besser meidet. Bitter ist auch, daß die Corona-Maßnahmen jedes Krankenhaus und jeder Arzt anders auslegt. Schwangerschaft, Geburt und die vor Ort bestehenden Einschränkungen gleichen einem Glücksspiel. Diese Tatsache zeigt mir eindeutig, daß es hier keine klare wissenschaftliche Grundlage gibt. Das Ausleben von Grundrechten und eine humane Behandlung sollten kein Glücksspiel sein.

 
Unten die bisherigen Antworten. Sie befinden sich in dem Beitrag mit dem grünen Pfeil.
Die letzten 10 Beiträge im Forum Die Geburt

Anzeige Salus Floradix

Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.