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Geschrieben von krummenau am 03.09.2015, 11:21 Uhr

nochmal an Constanze

Liebe Constanze,

sieh das vielleicht mal so: Dein Sohn scheint schon ein Rudeltier und kein Einzelgänger zu sein, das sieht man daran, daß ihm die Peergroup wichtig ist. Ihm ist bloß sein Peergrouprudel wichtiger als sein Familienrudel. Du empfindest das vielleicht als eine Art "Angriff", das erscheint aber durchaus altersgemäß, denn die Pubertät steht an. Manche igeln sich dann den ganzen Nachmittag in ihrem Zimmer ein, andere sind ständig mit ihrem außerfamiliären Rudel unterwegs. Und wer die eine Sorte hat, hätte vielleicht gerne die andere...
Er will dominieren, schreibst Du, auch da sind Wölfe, Menschen und Hunde gar nicht so verschieden. Es gibt nun mal geborene Alphatierchen und Menschen, die diese Position generell anstreben. Ob es ihm gelingt, wieder an die Spitze seines neuen Klassenrudels zu kommen, muß sich zeigen, es scheint aber in ihm zu stecken, das zu versuchen. Ich habe zwei Söhne, die das noch nie angestrebt haben und ich habe das auch noch nie angestrebt. Ich kenne aber andere, denen das ganz wichtig ist, immer und überall eine Führungsposition enzunehmen, vom Kindergartenkind bis hin ins Erwachsenenalter, in allen Altersgruppen.
Da ihm jetzt gerade die Peergroup wichtig ist, finde ich es von ihm kein asosiales Verhalten, wenn er den Kumpel dem innerfamiliären Geburtstagsessen für seinen Bruder vorzieht. Das ist vermutlich ein ganz normaler Ablösungsprozeß, nur siehst Du das vermutlich als "die Familie ist mir weniger wert als meine Freunde." Nimm das nicht persönlich! Ich glaube, Ihr knallt ganz besonders aneinander, weil er eben "Wolf" und Du "Hund" bist. Ihr habt andere Prioritäten und es fällt sicher schwer, den anderen zu verstehen und sich in ihn hineinzuversetzen, in beide Richtungen. Familiäre Pflichttermine würde ich in seinem Fall auf ein Minimum herunterschrauben.
Wichtig finde ich zwar auf jeden Fall, daß Ihr seine Hochbegabung im Blick behaltet, aber ich habe mich sehr an dem Satz gestört "...mit Fachleuten, die berücksichtigen, wie Hochbegabte halt ticken". Vielleicht war das auch nur sehr salopp ausgedrückt und nicht so gemeint, wie es bei mir ankam.
Ich habe hier auch eine knapp 11jährigen hochbegabten Sohn daheim, der mir auch schon viel Kopfzerbrechen gemacht und mir viel "Arbeit" abverlangt hat und das wohl weiterhin tun wird. Er tickt aber völlig anders als Dein Sohn, weshalb ich Dir auch wenig konkrete hilfreiche Ratschläge geben kann, wie das Zusammenleben mit Deinem Sohn für Euch leichter wird, weil es diese Art Probleme bei uns noch nicht gab. Hochbegabung, per Definition ein IQ über 130, ist nur EINE Komponente einer komplexen Persönlichkeit. Hochbegabte mögen ähnliche Formen des Denkens oder des Verarbeitens von Informationen haben, die man vielleicht berücksichtigen muß, wenn sie mit schulischen Lernstoff konfrontiert werden. Sie haben aber noch ganz viele andere Persönlichkeitsmerkmale, da gibt es den Schüchternen genauso wie das Alphatierchen, den zufrieden vor sich hinpruddelnden (laßt mich in Ruhe, dann laß ich Euch in Ruhe), den angepaßten genauso wie den ständig meuternden, den, der dauernd input auf allen Kanälen braucht, und den, der nach der Schule nur seine Ruhe haben will, den Partylöwen und den Einzelgänger, den hochsensiblen, überempathischen genauso wie den, der es mit dem Sozialen so gar nicht hat. Undundund. DEN Hochbegabten, der so tickt wie Hochbegabte ticken, gibt es nicht und mit dem Focus alleine auf die Hochbegabung löst man auch die Probleme nicht, höchsten zum Teil, wenn man z.B. das schulische Umfeld optimal anpaßt. Aber nicht den Rest an Problemen, so man welche hat. Nicht alle Hochbegabten gehen mit Bergen von Problemen durchs Leben. Manche fallen nie auf.
Richte also Deine Aufmerksamkeit nicht alleine bzw. zu sehr auf den IQ. Das ist nur ein (kleiner, wenn auch wichtiger) Teil von ihm.
Wir haben z.B. im Bekanntenkreis zwei hochbegabte Kinder (Geschwisterkinder), die altersmäßig gut zu meinem passen würden, aber sie verstehen sich überhaupt nicht, da ist keine gemeinsame Linie, die ticken völlig anders.
Meinen Sohn hatte ich übrigens lange im Verdacht, er sei Asperger Autist. Tests im SPZ haben das nicht bestätigt, es wurde aber auch nicht bis zur Grenze diagnostiziert. Dennoch habe ich ihn in kritischen Situationen behandelt, als wäre er Autist, und das hat wunderbar gewirkt. Inzwischen hat sich diese Seite von ihm ziemlich ausgewachsen. Und so gehe ich immer an seine gerade aktuellste Baustelle, die ich zu behandeln versuche. Daß er hochbegabt ist, die einzige Diagnose, die er hatm, steht bei mir dabei völlig im Hintergrund, da es wenigstens schulisch mittlerweile paßt. Da mußte allerdings viel passend gemacht werden, und das lag wirklich an der HB.
Ich hoffe, meine Überlegungen, auch wenn sie ein bißchen wirr geworden sind, nützen Dir was im Umgang mit Deinem Sohn.

LG von Silke

 
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