Die Angst der Schlampen...

Der Gag ist ja, dass ich vor 15 Jahren definitiv in der Nicht-Schlampen-Fraktion gewesen wäre. Ich fühlte mich angekommen (wer sucht, wird möglicherweise Postings von mir finden, wo das so drinsteht) - in genau der unten beschriebenen Version. Ich wollte keinen anderen, ich hatte den Mann für's Leben gefunden, es war alles das, was man unter "so soll es bleiben, bis dass der Tod uns scheidet" versteht. Wenn es das nicht gewesen wäre, dann hätte ich nicht geheiratet - schon gar nicht kirchlich.

Tja, die Ewigkeit dauerte 10 Jahre und endete nicht mit dem Tod.

Bin ich desillusioniert? Nein! Ich kann mir vorstellen, dass ich mich nochmal "bis dass der Tod uns scheidet" verliebe. Ich glaube immer noch an die grosse Liebe. Ich hatte sie, und ich kann sie auch wieder haben. Da ich mich stark verändert habe, nicht mehr mit dem Ex. Aber zu dem Topf, der ich jetzt bin, gibt es auch irgendwo den einen oder anderen Deckel. Und wenn nicht - oder wenn ich ihm nicht über den Weg laufe - dann ist es auch okay.

Im Grunde kann ich sehr entspannt sein. Ich war angekommen - been there, done that. Jetzt bin ich grad mal unangekommen - been there, too, done that, too. Beide Zustände sind toll. Anders toll, aber toll.

Ich verstehe, dass Angekommen-Sein (in der Form, die offen ist für Veränderungen, bitteschön) reizvoll ist. Aber ich glaube, dass es viel spannender und schöner ist, wenn man den Reiz des Nicht-Angekommen-Seins auch kennt und aner-kennt, wenn die Alternative eine echte Option ist. Denn dann ist der potentielle Verlust keine Bedrohung, und erst dann kann man absolut sicher sein, dass es keine Notlösung ist, die halten muss, weil Halbangekommen immer noch besser ist als Unangekommen.

Ich glaube nicht, dass die Qualität der Liebe zwangsläufig in direkter Relation zur tatsächlichen Dauer der Beziehung steht. Ich glaube, dass eine grosse Liebe nach 10 Jahren enden kann, und dass eine halbgare Liebe 50 Jahre halten kann. Man lernt, Klippen zu umschiffen und durch Stürme zu navigieren, ja, aber das hat ja mehr mit dem Handwerk der Ehe zu tun als mit dem Gefühl der Liebe.

Ich gönne allen Angekommenen das Angekommen-Sein. Ich möchte aber doch bitte, dass das Nicht-Angekommen-Sein nicht als Zustand zweiter Klasse angesehen wird. Es ist ein Zustand, der für viele - vorübergehend oder dauerhaft - der Zustand der Wahl ist, und diese Menschen sind nicht böse oder abartig und auch nicht defizitär.