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Geschrieben von Elisabeth mit Fumi & Temi am 09.01.2006, 12:29 Uhr

Zwischenfrage

Ich habe zwei Kinder, und würde auch mein Leben für jedes einzelne der Kinder geben. Und wenn jemand einem meiner Kinder etwas antun würde, würde ich wahrscheinlich zunächst mal genauso denken wie Du.

Ich denke nicht, daß ich mit absoluter Sicherheit weiß, wie ich in so einer Situation wirklich reagieren würde. Aber ich schätze mich so ein, daß ich nach einer Zeit der unbändigen Wut und des absoluten Hasses mich irgendwann wieder halbwegs einkriegen würde - und ich behaupte mal, daß Du das auch tun würdest. Wenn alle Menschen ihre Rache- und Haßgefühle, die sie in so einer Situation unweigerlich haben, ausgelebt hätten, sähe es auf der Welt ganz anders aus.

Noch etwas:
Nach dem Tsunami haben Untersuchungen gezeigt, daß man mit "Schicksalsschlägen" leichter leben kann, wenn man sie als "Schicksal" oder "Werk einer unbekannten höheren Macht" erlebt. Daher finde ich diese heutzutage weit verbreitet Suche nach einem Schuldigen, nach einem Warum, im Grunde sehr schädlich. Wir sind es gewohnt, daß Irgendjemand immer schuld ist. Wenn ein Haus brennt, akzeptiert doch keiner mehr die "Verkettung unglücklicher Umstände", man sucht die eine Vorschrift, die nicht beachtet wurde, die eine sträfliche Unachtsamkeit, die jemand begangen hat - und man vergißt, daß täglich Dinge geschehen, die unter anderen Umständen auch zu Katastrophen geführt hätten. Wir erlassen Vorschriften und schließen Versicherungen ab und gehen davon aus, daß wir dann gegen alles gewappnet sind, daß wir ein Recht darauf haben, daß unser Leben Katastrphenfrei verläuft. Aber haben wir das?

In Asien sind Hunderttausende von Menschen beim Tsunami ums Leben gekommen. Und die, die wir in unserer "Zivilisation" so belächeln, die ungebildeten, die nicht wissen, daß es da draußen im Weltall keinen Gott gibt, die keine Ahnung davon haben, daß Allah und Shiva und Buddha längst tot sind - die kommen mit den Folgen dieser Katastrphe am besten klar. Weil sie nicht ständig mit dem "Warum?", mit dem "WER hat WAS falsch gemacht?", mit dem "wie hätte ich das verhindern können?" hadern. Diese Menschen legen ihre Trauer, ihre Wut und ihre Hilflosigkeit vor die Füße ihres Gottes und entledigen sich so eines Teils der Last, die so ein Schicksal immer bedeutet.

Rache ist doch nichts anderes als Hilflosigkeit. Evtl. fühlst Du Dich schuldig, nicht genug auf Dein Kind aufgepaßt zu haben. Du fühlst Dich hilflos, weil Du Dich quälst mit dem Gedanken, wie Du das hättest verhindern können. Und diesen Gefühlsstau willst Du abbauen - und würdest im Ernstfall wahrscheinlich feststellen, daß der Täter qualvoll von Dir ermordet wurde, daß es Dir aber immer noch nicht besser geht.

Ich kann verstehen, daß Du meinst, daß zu fühlen. Ich würde es ähnlich fühlen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, daß ich es nicht tun würde, weil ich im Grunde meines Hirns genau das, was ich oben alles schrieb, weiß.

 
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