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Geschrieben von JaMe am 08.06.2011, 14:34 Uhr

@Mandana

Hallo

Bitte versteh mich jetzt nicht falsch. Ich möchte deine Probleme im Alltag wirklich nicht bagatelisieren. Aber findest du nicht, dass du in einigen Beispielen Rassismus siehst, wo es ihn eigentlich gar nicht gibt? Ich nehme mal auf deine Beispiele Bezug und erkläre, was ich meine, okay?

- Die Wohnungssache: Dass die Wohnung plötzlich doch nicht mehr frei war, als sie dich gesehen hat, ist wirklich verdächtig. Das stimme ich dir zu. Aber dass die Dame fragt, ob du deutsch sprichst, sehe ich nicht wirklich als Beleidigung / Rassismus an, sondern einfach nur als Nachfrage. Und ankommend auf den Tonfall sogar als höfliche Nachfrage. Natürlich ist es nervig, sich immer wieder rechtfertigen zu müssen, aber es könnte ja durchaus sein, dass du es nicht so gut kannst, wenn du schon sichtbar ausländische Wurzeln hast. Und das meine ich jetzt wirklich nicht beleidigend oder gar rassistisch, sondern ich zeige einfach Tatsachen auf. Meine Eltern haben ebenfalls zwei Mietwohnungen und fragen im Zweifelsfall nach, wie es mit den Deutschkenntnissen aussieht, damit es bei dem Gespräch nicht zu Missverständnissen kommt, die man hätte vermeiden können, wenn man die Sprachverhältnisse vorher klarstellt. Auf diese Weise sind sie auch einmal an eine Asiatin gelangt, die allerdings als Kleinkind von Deutschen adoptiert wurde. Deutsch war ihre Muttersprache, aber das sieht man Leuten ja nicht immer an. Da ist nachfragen doch nichts verwerfliches, findest du nicht? Natürlich macht dabei aber auch immer der Ton die Musik und ich kann ja nun nicht sagen, wie dieser in deinem Fall war.

- Dein Chef: Natürlich ist es auch nervig, immer wieder auf die gleichen Fragen antworten zu müssen, aber auch hier macht der Ton die Musik. Hat dein Chef vielleicht wirklich nur aus ehrlichem Interesse gefragt und es waren einfach nur Fragen, auf die du gereizt reagierst? Ich finde an solchen Fragen nichts schlimmes (wenn sie im richtigen Tonfall gestellt werden). Natürlich treffen sie einen wunden Punkt, aber rassistisch sind sie in meinen Augen nicht, wenn sie nett und freundlich gestellt werden.

Hier mal ein Beispiel aus meinem Leben, denn ich selber habe in meinem Leben sehr viele sehr ähnliche Fragen gestellt. Als ich jünger war zog eine Familie in unsere Nachbarschaft, die aus dem Kosovo geflohen waren. Die Kinder waren allerdings alle in Deutschland geboren und hatten auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Ansehen konnte man denen die Staatsbürgerschaft so wenig wie mir, denn theoretisch könnte ich ja selber auch Holländerin, Dänin, Norwegerin, Französin, Engländerin, Amerikanerin sein. Nur bei diesen Kindern viel es hier in Deutschland halt genauso auf, wie es bei uns Deutschen halt auffallen würde, wenn wir in Afrika oder Asien geboren worden wären und auch eigentlich die entsprechende Staatsbürgerschaft dieses Landes hätten. Die Kinder haben irgendwann auch genervt reagiert, sahen aber ein, warum gefragt wurde und antworteten auf freundliche Fragen mit freundlichen Antworten.

Ich selber habe andersrum allerdings auch viele Fragen über deren Ursprung gestellt. Religiös angelehnte Fragen, denn sie waren Muslime und ich hatte so mal Gelegenheit, Fragen über den Islam zu stellen, die mir schon lange unter den Nägeln brannten. Sprachliche angelehnte Fragen (ich kannte damals nach einer Weile sehr viele albanische Wörter, auch wenn ich daraus nie ganze Sätze bilden konnte). Fragen zur ursprünglichen Herkunft. Ich habe eine ganze Menge über den Kosovo gelernt und konnte so viele Sachverhalte aus den Nachrichten (politisch wie menschlich) sehr viel eher beurteilen, als Leute, die eben nicht nachgefragt hatten bzw die die Chance dazu einfach nicht hatten. Ganz ähnlich geht es mir mit sprachlichen Fragen und Fragen zum Land mit einer australischen Brieffreundin und einem ehemaligen Kollegen aus Kamerun (der schwarz wie die Nacht ist und gerade dadurch richtig attraktiv ist).

Ich finde, Fragen zu stellen ist eine Chance dazu zu lernen und mit Vorurteilen aufzuräumen und keine Absicht, diese Leute abzuwerten. Beim richtigen Tonfall ist sind solche Fragen oft wirklich nur rein tolerantes Interesse und keine rassistische Dummheit. Bricht man sich denn wirklich einen Zacken aus der Krone, wenn man auf freundliche Fragen freundlich antwortet? Auch wenn diese Fragen einen selber vielleicht wirklich inzwischen reizen und nerven. Und wenn man nicht antworten will, kann man ja immer noch freundlich sagen "Seien Sie / Sei nicht böse, aber sowas werde ich dauernd gefragt und ich habe wirklich inzwischen keine
Lust mehr, ständig darauf antworten zu müssen. Vielleicht er kläre ich dir / Ihnen das mal an einem anderen Tag, wenn ich eher dazu aufgelegt bin."

Übrigens, blöde Kommentare bekommt man auch als Deutsche. Ich bin gebürtige Ostfriesin, spreche fließend Plattdeutsch und Hochdeutsch und als ich vor Jahren mal in Bayern in Urlaub war, sagen einer der Rauschebart tragenden Ur-Bayern doch tatsächlich im breitesten Bayrisch und sehr gönnerhaftem Ton zu mir "Ostfriesin bist? Da lernt man Hochdeutsch dann wohl erst in der Schule, was? Gut das das so ist. Sonst könnten wir uns ja jetzt gar nicht miteinander unterhalten, Mädchen." Ich habe ihn nur mitleidig angesehen und gemeint, dass in Ostfriesland scheinbar besserer Hochdeutschunterricht angeboten wird als in Bayern oder dass er vielleicht in den bayrischen Hochdeutschstunden immer gefehlt haben muß (die Tatsache, dass ich mit knapp über 20 sogar das Recht habe, gesiezt zu werden habe ich dann mal unter den Tisch fallen lassen). Und dann bin ich ohne weitere Worte davon gegangen. Er hat zwar noch stinkig vor sich hin gebayert, aber das war mir egal. Hätte er aber freundlich gefragt "Lernen Sie in Ostfriesland Hochdeutsch und Plattdeutsch von Kindheit an oder lernt man Hochdeutsch erst in der Schule?", hätte ich ihm freundlich geantwortet. Wie gesagt, der Ton macht die Musik. Die Frage um Information als solche ist völlig harmlos und in meinen Augen durchaus legitim.

Wie schon gesagt, ich will bestimmt nicht alles bagatelisieren, was du geschrieben hast. Du hast sicherlich unverdient durch Äußerlichkeiten und Nachnamen mehr Probleme als andere, die diesen "Makel" nicht haben. Aber ich finde, du kannst Dinge wie Fragen, wenn sie in ehrlichem, freundlichem Ton gestellt werden, nicht pauschal als rassistisch bzw rassistische Dummheit bezeichnen, nur weil du sie oft hörst und sie vielleicht nachvollziehbar einen wunden Punkt bei dir treffen. Vielleicht solltest du darüber nochmal nachdenken. Denn wenn du bei dieser Einstellung bleibst, dann, so leid es mir tut, bist leider du diejenige, mit den rassistischen Einstellungen. Und das meine ich keinesfalls beleidigend, sondern nur als nüchterne Feststellung.

lg JaMe

 
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