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Geschrieben von DK-Ursel am 01.10.2021, 0:56 Uhr

Das ist so einfach nicht

Hej!

ich finde es äußerst problematisch, diese Generation generell zu verruteilen oder auch nur zu be-urteilen.
Wer bin ich denn, das zu tun?
Ich kenne die Zeiten und Lebensumstände doch gar nicht aus eigener Erfahrung?
Natürlich finde ich diesen Teil der dt. Geschichte furchtbar und verurteile die Schuldigen - ich fühle auch seit jungen Jahren eine tiefe Verantwortung dafür zu sorgen, daß so etwas nie, nie, nie mehr passiert.
Und doch:
Wer hier so schnell den Finger auf jemanden richten will, der sollte sich auch mal überlegen, wie wir hier mit manchen Forumsfragen umgehen:
Da trauen sich viele nicht, dem Chef zu sagen,daß er seine Finger bei sich behalten soll, weil dann der Job womöglich weg ist --- und den braucht man nun mal, das Leben muß bezahlt werden.
Da trauen sich viele nicht, dem Chef zu sagen, Überstunden gehen nicht. Oder: ich möchte mehr Lohn. Oder: diese oder jene Arbeit führe ich nicht aus, die steht nicht in meiner Stellenbeschreibung.
Kann man alles ohne Lebensgefahr äußern - aber wer tut das leichten Herzens und ohne Konsequenzen zu fürchten?
Wieviele mischen sich ein, wenn sie Ungerechtigkeit gegenüber Kindern, Älteren, Ausländern -anderen erfahren, sehen, beobachten, selbst wenn Leib und Leben erstmal gar nicht bedroht sind?
Andersrum gefragt:
Wieviele führen dann doch die Arbeit aus, die sie eigentlich gar machen müßten; wie viele halten lieber doch mal den Mund, wieviel schauen doch mal eher weg als sich einzumsichen?
Und wenn da ein Regime ist, aus dem man nicht entkommen kann - auswandern war früher noch ein größerer Schritt als heute - dann verstehe ich manchen kleinen Bürger, der geschwiegen hat.
Ich finde das nicht gut, nein, aber ich kann zumindest aufhören, das nur zu verurteilen.
Verstehe heißt nicht unbedingt, es auch zu billigen oder zu verzeihen.
Ich will keinen Naziverbrecher freisprechen, ich will nur nicht dieses pauschale: Das haben doch alle gewußt! Das empfinde ich als den Hochmut der Nachgeborenen, die einfach nur Glück hatten - mehr nicht.

Abgesehen davon kenne ich Dokumentationen, in denen Menschen aller möglichen Schichten und Zugehörigkeiten, auch Juden, erzählen, wie es damals war - und ja, viele wußten, was passierte oder daß in den östl. Krieggebieten Menschen erschossen wurden, man ahnte, daß es den Juden, die abgeholt wurden, nicht gut ging - aber das Ausmaß der Vernichtung haben sich doch weder die meisten "deutschen" Bürger noch die Juden noch die Alliierten vorgestellt - das war einfach noch nie dagewesen und deshalb völlig außerhalb jeder "Phantasie" oder Vorstellungskraft.
Selbst die Juden sagten da, daß gerade deren Eltern eben meinten, sie seien als gute Deutsche, als Kriegsteilnehmer im 1. Weltkrieg doch nicht in Gefahr - und wenn man sie nun aussonderte, ja, abholte, dann eben in ein Arbeitslager.
Ja, auch dagegen hätte jeder aufstehen müssen - aber s. oben.

Damals waren zudem die Informationsmöglichkeiten deutlich geringer - darauf hat schon jemand hingewiesen - wer da in ländlicher Idylle lebte, hatte nur den Staatssender und das staatsgesteuerte Kino mit der Wochenschau; da kamen die Gasöfen nicht vor.
Und was ganz wichtig ist: Jede Dikatur sorgt zunächst ganz schnell dafür, daß die bestehenden Informationsmöglichkeiten vereinheitlicht werden und Opposition darin nicht verkommt. Die Presse ist staatsgesteuert.
Zudem werden eben Parteien verboten, Vereine nur noch erlaubt, solange sie dem Zield er Dikatur dienen und das ist ein ganz wichtiger Schrtit, um den Menschen Versammlungsmöglichkeiten, Gelegenheit zum Austausch zu nehmen. Wem kann man dann noch trauen, wenn man sich nicht mehr gemeinsam irgendwo ohne offizielles Mandat treffen kann und verdächtig macht, sobald man den Kopf unoffiziell zusammensteckt?
Und wenn da nnochd ie Rechtsstaatlichkeit wegfällt - dann traut sich eben bald keiner mehr, sich zu verweigern...

Abgesehen natürlich von denen, die zwar keine überzeugten Nazis waren, die aber um des persönlichen Karrierekicks in die Partei eintraten. Das waren sicher auch nicht zu wenige.

Nein, es war nicht richtig, viele haben sich schuldig gemacht, aber ich glaube, generell HEUTE zu behaupten, mit unserem Wissensstand, es hätten alle alles gleich gut gewußt, das zeigt, daß man sich mit der Geschichte und den Zeitzeugen noch zu wenig auseinandergestezt hat. Das istauf jeden zu Fall einfach und zu indifferenziert - und ungerecht deshalb!
Man hat sicher mehr geahnt als gewußt - aber man auch mehr gefüchtet als gewußt.
Aber daß alle alles gleichermaßen WU?TEN, das behaupte ich niemals.

Gruß Ursel, DK

 
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