Rund ums Kleinkind - Forum

Rund ums Kleinkind - Forum

Fotogalerie

Redaktion

 

Geschrieben von sandra+emilia am 17.09.2003, 13:45 Uhr

Durchschlafen - bin am Ende und ratlos!??

hallihallo,

ich kann gut verstehen, wie fertig du bist, kann mich aber den kinderquälertipps meiner vorschreiberinnen nicht anschliessen (c:

emilia ist 16 monate alt und schläft nicht durch, allerdings bin ich relativ fit (ausser nach gnadenlosen zahnungsnächten...), weil ich nicht aufstehen muss. wir haben uns zwei grosse matratzen auf den boden gelegt, so dass wir quasi ein riesen-familienbett haben, und ich werd gar nicht richtig wach nachts, dreh mich einfach nur zu emilia um, wir stillen und schlafen weiter.

und was sich vielleicht für dich blöd anhört, aber versuch doch mal, nicht gegen dein baby ankämpfen zu wollen, es verhält sich nun mal wie ein "normales" baby, und wenn du das einfach akzeptierst und versuchst, die situation für dich bequemer zu machen, geht es bestimmt besser!
denn nachts aufstehen musst du ja nun wirklich nicht...

das gerede von "machtkampf" usw. meiner vorschreiberinnen ist - sorry - schwachsinn und mag vielleicht das schlechte gewissen wegen schreien-lassen beruhigen, aber weiter nichts.
denn wer ernsthaft glaubt, ein baby wolle mit seinem bedürfnis nach gestillt werden und nächtlicher nähe zu den eltern einen machtkampf austragen, ist wirklich zu bedauern.

ich kopier dir noch einen text rein, den ich sehr gut finde, und einen kommentar von dr. posth zum thema:

Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen

Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling

Schlafen, Alleinsein, Finsternis

Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute-Nacht-Geschichte, Gute-Nacht-Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.).

Schlafen - Loslassen

Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach?

Zwei Arten von guten Schläfern - die echten und die resignativen

Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen.

Die Entwicklung des Babys und das
Schlafproblem

Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen?

Das Schlafparadoxon

Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern.

Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen.




Individueller Schlafbedarf

Jedes Kind braucht - wie übrigens erwachsene Menschen auch - eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27).

Behinderung der Selbstregulation

Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern - in guter Absicht - in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl- und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit.

In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können.

Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen

Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen.
Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten.

Jedes Kind kann schlafen lernen

Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewußt zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit.

Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, läßt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan.

Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen


und hier noch zwei antworten von dr. posth:

"ich kann es nur immer wiederholen. Ja, es kann Schaden verursachen, sein gut 1-jähriges Kind abends beim Einschlafen schreien zu lassen. Die Ferber-Methode ist ein Konditionierungskonzept, daß auf tiefenpsychologische Effekte keine Rücksichten nimmt. D.h. das Kind wird aus Gründen seines angeborenen Anpassungsbedürnisses den unerwünschten Verhaltenswiderstand beim Weggehen der Eltern mit der Zeit aufgeben, wobei ihm immer längere "Karenzen" zugemutet werden. Darauf beruht die Methode. (So bringt man übrigens auch Hunde dazu, über Hindernisse zu springen, die sie normalerweise mieden). Ich hoffe, der Vergleich war jetzt nicht zu böse. Trotzdem: der individuelle Leidensaspekt des Konditionierungsopfers wird von den Durchführenden unterdrückt. Beim Kind führt das zu innerer Verunsicherung, Ängsten und im tiefenpsych. Sinn zu Verdrängungen (Unterbewußtsein). Je belasteter das Unterbewußtsein ist, desto größer ist die spätere Neigung zu Verhaltensauffälligkeiten oder psychischen Störungen. Ich kann davon nur abraten. Viele Grüße"



"Liebe X, hier wird ein heißes Eisen angerührt. Schauen wir statt in "kulturelle" Wunschvorstellungen in die Natur eines Säuglings. Der kleine Säugling ist auf Grund seiner Bewußtseinsstruktur noch nicht in der Lage, Lernprozesse im eigentlichen Sinne durchzuführen, dafür läßt er sich allerdings schnell an Dinge gewöhnen (naturgewollt). Was wir Eltern unseren Kindern jedoch angewöhnen sollten, sind gute Erfahrungen mit unserer Zuverlässigkeit und mit der umfassenden Sicherstellung ihres Wohlergehens durch uns (Bezugspersonen). Das gilt für Tage wie für Nächte! Einen Säugling durch ein gesteigertes Schreipensum an Schlaf zu gewöhnen, ist die schreckliche Ignoranz von uns Erwachsenen, die wir zuweilen unseren kleinen Kindern hinsichtlich ihrer innersten seelischen Empfindungen zumuten (häufig sogar mit einem pseudopsychologischen Deckmäntelchen, wie im Fall des besagten Buches). Prof. Ferber (USA) bemüht eine psychologische Richtung, die getrost als überholt gelten darf ("Behaviorismus"). Frühestens ab 1 Jahr, d.h. mit dem frühkindlichen Erwerb des Wissens um beständige Existenz einer Person und eines Dinges außerhalb seines unmittelbaren Blick- u. Aktionsradius (sog. Objektpermanenz) könnte ein solches Programm erfolgreich werden lassen, was nicht heißt, daß es dadurch menschlicher und empfehlenswert würde. Ich verstehe aber auch die elterliche Not, die häufig dahinter steckt, eine solche Maßnahme in Erwägung zu ziehen.
Dennoch: Säuglinge, die danach verlangen und es brauchen (ca. 90%), benötigen die elterliche Zuwendung und Versorgung, sowie den Trost auch des nachts. Sorry für soviel Text, aber an den vielen Zwischenantworten sehe ich, und aus meiner Praxis weiß ich, wie sehr das Thema unter den Nägeln brennt"


So, das war’s erst mal...

liebe grüsse,
sandra

 
Unten die bisherigen Antworten. Sie befinden sich in dem Beitrag mit dem grünen Pfeil.
Die letzten 10 Beiträge in Rund ums Kleinkind - Forum
Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.