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Geschrieben von Jorinde17 am 27.05.2018, 12:08 Uhr

Mehr Vertrauen ins Kind!

Hallo Menixe,

Deine Tochter ist nicht Du. Und sie ist auch nicht WIE Du. Sie ist ein eigenständiger kleiner Mensch. Achte darauf, Deine früheren Probleme nicht mit ihren zu verwechseln. Sonst prägst Du sie ungewollt darauf, genau so zu sein wie Du. Du übersiehst dabei die vielen Dinge, die bei ihr anders sind als bei Dir damals.

Du schreibst, als Du klein warst, waren schlechte Gefühle unerwünscht. Ich finde, ein klein wenig reagierst Du bei Deiner Tochter auch so, nur auf andere Weise: Du hältst es nur schwer aus, wenn Dein Kind schlechte Gefühle hat. Du möchtest diese Gefühle mit pädagogischen Tricks, mit Reden, Trost und viel Mühe wegmachen. Das ist gar nicht so viel anders als das, was Deine eigenen Eltern gemacht haben. Auch sie hielten schlechte Gefühle beim Kind nicht aus. Was Du machst, ist natürlich liebevoller - sicher. Aber auch Du kannst schwer akzeptieren, dass schlechte Gefühle einfach zum Leben jedes Menschen - auch jedes kleinen Menschen - dazu gehören. Sie sind nicht gefährlich oder schädlich und man muss sie auch nicht schnellstmöglich wegmachen. Das Leben besteht halt zur Hälfte aus guten, zur Hälfte aus negativen Emotionen.

Ich finde, Du unterschätzt Deine Tochter sehr. Du glaubst, sie sei ständig überfordert und fürchtest vermutlich, dies werde ein Dauerproblem sein. Dabei übersiehst Du zum einen das riesige Entwicklungs-Potential, das kleine Kinder haben. Sie verändern sich ständig, machen oft kleine, manchmal auch sehr große und plötzliche Entwicklungsschritte (z. B. bei der Einschulung, da staunt man als Eltern oft nur noch).

Zum anderen könnt Ihr als Eltern viel dazu beitragen, dass Deine Tochter lernt, mit unguten Gefühlen, Überreizung und Ängstlichkeit umzugehen. Denn das kann sie! Auch sensible Kinder lernen mit der Zeit problemlos Strategien, um ihre Veranlagung zu handhaben. Meine eigene Tochter ist auch ein hochsensibles Kind gewesen. Im Kiga machte sie bei Festen auch kaum mit, sondern schaute oft eher zu. Sie hatte auch Angst bei Spielen teilzunehmen oder auf einer Kirmes mit dem Karussell zu fahren (ich musste immer mitfahren - wenn sie überhaupt drauf wollte). Heute sie ist ein selbstbewusster, ich-starker und fröhlicher Teen.

Unser Erfolgsrezept war: Wir sind einfach total gelassen geblieben, als sie klein war. Wir haben ihr gezeigt, dass sie perfekt ist, und zwar genau so, wie sie ist. Wir haben ihre Gefühle nicht kommentiert oder weggeredet. Sondern sie gespiegelt und zum Beispiel gesagt, „Ich sehe, dass du im Moment lieber nur zuschauen willst. Das ist wirklich alles aufregend heute!“, oder: „Ich kann total gut verstehen, dass du jetzt ein bisschen weinen musst, das tut manchmal wirklich gut!“ Denn das Weinen ist ja nichts Schlimmes oder Trauriges, es baut einfach Anspannung ab. Es ist ein Ventil, mit dem Körper Stresshormone auflöst.

Wenn Du die Gefühle Deines Kindes nicht bewertest (schlecht, ungünstig, schade), sondern sie einfach neutral ansiehst und völlig akzeptierst, wird auch Deine Tochter lernen, dass ihre Gefühle in Ordnung sind. Und wenn Du gelassen bleibst und ihren Gefühlen freundlich Worte gibst, wird sie sie sich mit der Zeit selbst immer besser kennenlernen und Strategien entwickeln, auch bei Belastung gut auf sich zu achten. Sie muss nicht dickfellig werden, oder so sein wie andere Kinder. Sie ist doch wirklich absolut gut so, wie sie ist, und das sollte sie auch erleben dürfen. Wenn Du Dich sorgst oder zu sehr auf ihre unguten Gefühle eingehst, um sie aufzulösen, dann spürt Deine Tochter: Mit mir stimmt etwas nicht. So wie ich bin, gefalle ich Mama nicht. Ich sollte lieber so sein, wie diese anderen Kinder. DAS kann ein Grund sein, warum sie wirklich traurig wird.

Rede also nicht eifrig auf sie ein, wenn sie mal überfordert wirkt. Sorge Dich auch nicht, das ist total unnötig. Reagiere selbstverständlich und ruhig. Fordere sie nicht auf, doch mal mitzuspielen. Schau‘ mit ihr zusammen zu. Weise sie auf interessante oder lustige Dinge hin, lacht zusammen, während Ihr alles gemütlich beobachtet. Löse in ihr nicht den Stress aus, mitmachen zu sollen, sich doch eigentlich freuen zu müssen, alles toll zu finden.

Vielleicht noch zur Beruhigung: Ich habe mal eine Studie gelesen, wonach schüchterne und hochsensible Menschen eine absolut genau so hohe Glücks-Chance im Leben haben, wie selbstsichere, stressresistente und dickfellige. Denn Dünnhäutigkeit ist nichts Schlechtes, sondern eine ganz normale und häufige Eigenschaft, die auch viele Vorteile mit sich bringt. Sie ist oft verbunden mit Intelligenz, Empathiefähigkeit, Einfühlungsvermögen, Fantasie und Kreativität (gut fürs Finden unkonventioneller Lösungen im Job), und auch mit Lebensfreude. Weil diese Menschen nämlich weniger oberflächlich sind, sondern echte Tiefe besitzen und damit krisenfester sind. Dies alles natürlich nur, wenn die betreffende Person erleben durfte, das sie genau richtig ist, so wie sie ist.

LG

 
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