Kaiserschnitt vs. normale Geburt

Wahnsinn, wie viel Halbwahrheiten hier kursieren.

Erstens ist die Rate von Wunschkaiserschnitten sehr gering. Wie hoch? 1,5% oder so? Wie viele davon sind aufgrund traumatischer Erfahrungen davor? Jeder hat seine Gründe. Als Frau versuchen schon genug Leute, über unseren Körper zu bestimmen. Ist es nicht as gute Recht von jeder einzelnen Frau, selbst über ihren Körper zu bestimmen?

Mit Kosten zu kommen, ist doch lächerlich. Ich hatte eine Laparoskopie, die nicht unbedingt notwendig gewesen wäre - 3D Ultraschall hätte es auch getan. Warum dann die OP? Weils die Kasse zahlt, während ich sonst 500€ hätte zahlen müssen für den Ultraschall. Sollten die Typ 2 Diabetiker ihr Zeug auch selber zahlen müssen? COPDler? restliche Beispiele wurden ja auch genannt. Wir haben in unserem Gesundheitssystem größere Probleme als die paar geplanten KS.

Jemand meinte, dass "ein Baby kein Tumor ist und nicht wie einer behandelt werden sollte". Was ist das denn bitte für ein Argument? Was soll damit denn ausgesagt werden?

Übrigens sind die Organe schon sehr früh fertig entwickelt, mit Ausnahme des Surfactant in der Lunge. Aber das spielt in der späten Woche auch keine wirkliche Rolle mehr. Fehlende Immunabwehr ist genauso falsch. Es gibt dazu einige heiß diskutierte Aspekte, aber als "fehlend" kann man das jetzt wirklich nicht bezeichnen. Der Asthma-Aspekt wurde ja schon vorher angesprochen.

Im Übrigen wird ja so wahnsinnig gerne mit der "Mutter Natur" argumentiert. "Mutter Natur", das ist das Recht des Stärkeren, Darwinismus. Es ist für die Arterhaltung absolut ok und verschmerzbar, wenn 20% der Frauen bei der Geburt sterben würden. Geburt ist nicht etwas, das jeder weibliche Körper automatisch kann und dazu gemacht werden. Das ist ein sehr gefährlicher Irrglaube.

Ich persönlich werde auch (wenn die Umstände es erlauben) eine natürliche Geburt versuchen, auch bei BEL.
Aber ich finde es sehr schwierig, wie viel Halbwahrheiten verbreitet werden. Die Liste könnte jetzt noch ewig weiter gehen. Ein Punkt, der ja auch oft kam: KS-Kinder kommen öfter auf die Intensivstation. Natürlich tun sie das, da zählen ja auch die Not-KS und medizinisch indizierten KS dazu! Wichtiger Punkt aus der Statistik: Korrelation =/= Kausalität!

Aber abgesehen davon, Meryl, sind die Risiken einer KS-Geburt statistisch ein kleines bisschen höher als das der vaginalen Geburt. Im Übrigen gibt es sehr viele Kliniken (darunter zBauch die Unikliniken in meiner Stadt), die Wunschkaiserschnitte sehr ungern machen und die KS Rate möglichst niedrig halten wollen. Also unterm Strich würde ich, wenn keine starken Gründe dagegen sprechen (und hierzu zählen natürlich auch psychische Aspekte), es immer zuerst mit einer vaginalen Geburt versuchen. Die Geburtsverletzungen heilen idR auch schneller ab als der Bauchschnitt. Der ist nach einer totalen Hysterektomie eigentlich die zweitgröße Bauch-OP, die man als Frau haben kann, sollte also nicht unterschätzt werden. Ein KS ist nicht wirklich die schmerzärmere Variante. (Das Kind kriegt aber übrigens KEINE "Narkosegase" ab, denn die Sectio wird unter lokaler Betäubung gemacht. Außer beim echten Not-KS, und darüber diskutieren wir ja jetzt hoffentlich nicht. Und auch da kriegt man das Kind eigentlich so schnell raus, dass das nicht so relevant ist - v.a. im Vergleich zu einem toten Baby, das man sonst hätte...)

Wichtig ist aber, dass man sich erst Mal mit den richtigen Fakten beschäftigt, wenn man ernsthaft beide Geburtsmöglichkeiten in Erwägung zieht, und dann genau abwägt. Wenn du nach medizinischen Studien suchst, bist du am besten aufgestellt, wenn du PubMed (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/) nach Metastudien zu dem Thema durchsuchst. Vorsicht bei irgendwelchen Internetseiten, die sind oft nicht von Experten geschrieben oder viel zu sehr vereinfacht.

Sorry, sehr langer Beitrag, aber diese Halbwahrheiten sind echt nicht hilfreich