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Geschrieben von Jorinde17 am 19.12.2021, 18:51 Uhr

Kind mit Entwicklungsvorsprung

Hallo,

vorab muss man dazu natürlich sagen, dass Erzieherinnen nicht dafür ausgebildet sind, den Entwicklungsstand eines Kindes fachmännisch einzuschätzen. Natürlich haben Sie Vergleichsmöglichkeiten und machen bestimmte Beobachtungen, und darüber dürfen sie dann auch sprechen. Aber trotz allem ist ihre Einschätzung immer laienhaft, weil sie keine Entwicklungsexperten sind.

Im Kiga-Alter ist die Spannbreite der Entwicklung bei Kindern zudem so extrem unterschiedlich, wie später nie mehr. Es gibt Kinder, die mit 5 Jahren schreiben und im Zahlenraum bis 30 rechnen können. Und es gibt Kinder, die noch mit 3 Jahren erst wenig sprechen können. Bei einem vierjährigen Kind finde ich es zu früh, über die vorzeitige Einschulung zu reden.

Natürlich gibt es tatsächlich Kinder, die dauerhaft (bis ins Schulalter hinein) weiter sind als andere. Und zwar in bestimmten Bereichen. In anderen dafür wiederum nicht. Zum Beispiel gibt es Kinder, die kognitiv (was ihre geistigen Leistungen angeht) sehr weit sind, die aber die Sozialkompetenz haben, die zu ihrem Alter passt, die also nicht so ausgereift ist wie bei einem Kind, das bereits älter ist. Ein Jahr macht hier oft sehr viel aus.

Mein Sohn wurde mit fünfdreiviertel Jahren eingeschult, und das Kind einer Freundin von mir sogar mit gerade erst 5 Jahren. Wir haben uns beide ausführlich mit dem Thema befasst (leider erst nach der Einschulung, sonst hätten wir es uns anders überlegt) und zwar in der Theorie und zwangsläufig auch in der Praxis. Was ich heute weiß, damals aber nicht wusste:

- Statistisch gesehen bleiben vorzeitig eingeschulte Kinder im Notenschnitt knapp unter dem Durchschnitt altersgerecht eingeschulter Kinder, und zwar während der gesamten ersten vier Grundschuljahre. Das war bei uns zwar nicht so, ist aber trotzdem in der Mehrheit der Fälle so.

- Kinder, die vorzeitig eingeschult werden, somatisieren viel häufiger als andere, das heißt, sie neigen noch mehr zu körperlichen Störungen wie häufigen Bauch- oder Kopfweh. Die haben sowieso schon 60 Prozent aller Schüler, und bei den Früheingeschulten ist die Quote noch höher.

Auch mein eigener Sohn hatte jahrelang Kopfweh, teilweise alle zwei Tage. Und das, obwohl er gute Noten hatte und beliebt war in der Klasse. Der Schulalltag mit dem unausgesprochenen Leistungsdruck, das Zurechtkommenmüssen mit den Lehrern, aber auch das sich durchsetzen müssen in der Rangordnung der Klassengruppe, der ständige Lärmpegel - all das schlaucht jedes Kind, und die jüngeren offenbar noch mehr. Unser Kinderarzt ging aus seiner Erfahrung sogar so weit zu sagen: “Die vorzeitig Eingeschulten somatisieren alle.”

Der Sohn meiner Freundin dagegen hatte eher Probleme mit seinem unreifen Sozialverhalten. Er zeigte fantastische Leistungen (konnte vor der Einschulung kleine Aufsätze schreiben, rechnete im Zahlenraum bis 100, wo andere kaum bis 20 zählen konnten), war aber in seinem Verhalten so wenig sozial kompatibel, dass es zeitweise die Auflage fester, wöchentlicher Gespräche bei der Lehrerin sowie einer Erziehungsberatung gab.

Mein Fazit: Die vorzeitige Einschulung ist immer riskant, die zeitgerechte Einschulung dagegen nie. Die vorzeitige Einschulung klappt nur gut, wenn das Kind in allen Bereichen: kognitiv, aber auch emotional, sozial und was die Kontaktfreude, Kommunikationsfähigkeit und Ablösungsfähigkeit von der Mutter angeht, weit entwickelt und sehr fit ist. Ist das Kind nur im Leistungsbereich (Schreiben, Lesen, Rechnen) weiter, reicht das nicht.

Mein Sohn ist inzwischen 16. Und ich muss sagen: Bis heute hat hinkt er trotz sehr guter Noten (hier hat er seinen Level seit den ersten, auffallenden Leistungen im Kiga tatsächlich durchgehend gehalten) und großer Kontaktfreude in manchen Bereichen hinterher. Man merkte einfach immer wieder über all die Jahre, dass die anderen trotz allem reifer und auch körperlich weiter entwickelt und einfach anders aufgestellt waren. Er hat das nie ganz aufgeholt, und er hat darunter auch stetig etwas gelitten, bis heute.

Mein Fazit ist eher: Ich würd’s nicht wieder machen.

LG

 
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