Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Mama Heike am 24.08.2006, 23:58 Uhr

@mamaselio - Strafe als Hilfe

Liebe Christiane,

wenn Dein Kind geboren ist, wird es für viele Jahre von dir abhängig sein. Es muss lernen zu gehen, zu sprechen, zu denken. Unter der Abhängigkeit (ich muss erst noch viel lernen) „leidet“ Elio erstmal gar nicht.
Elio liebt dich von ganzem Herzen und schaut zu dir herauf: So wie du bist, möchte ich auch mal werden! (Zur Info: Dieses riesengroße Vertrauen wird erst in der Autoritätskrise ab ca. 9./10. Lebenjahr verstandesgemäß abgeklopft.) Im Moment kannst du dir also sicher sein: Elio denkt nicht im Traum daran, deine Autorität anzuzweifeln. Er vertraut dir, denn du stillst den Hungern, den Durst und schaffst körperliches und seelisches Wohlbehagen, es geht ihm gut bei dir. Du tust also das Richtige, jeden Tag aus Neue.

Wenn euer Vertrauensverhältnis nicht durch Erziehung gelitten hat, tust du aus der Sicht des Kindes auch dann das Richtige, wenn du etwas verbietest oder anordnest. Ein Kind hat damit nicht das geringste Problem, wenn es dir vertraut. Es empfindet es eben NICHT als Machtlosigkeit. Es möchte lernen, wie du zu sein.

Zu dir gehören auch die „Regeln“ der Erwachsenenwelt. Die will Elio natürlich auch lernen (also kein Klebstoff auf Möbel und keine Blumenerde in den Mund und keine nassen Sitzmöbel.) Zum Lernen braucht er Hilfen.

Die 1. Hilfe ist dein Vorbild.
Wenn du ihm die Regeln der Erwachsenenwelt vorbildlich vorleben, kann er sich daran orientieren und sie nachahmen. Da klappt schon so vieles von ganz alleine, was man im Alltag einfach übersieht. Du kannst also jeden Tag darauf vertrauen, dass er das meiste von ganz alleine lernt, ohne dass du extra darauf hinweisen musst.

Wenn mein Kind im Alltag „loslegt“, vertraue ich erstmal darauf, dass es keinen „Unsinn“ anstellt, aber ich weiß, was ich nicht tollerieren würde. Wenn es dann dazu kommt (Wenn z. Bsp. mein Kind voller Entdeckungslust die Blumentöpfe beräumt), dann gebe ich ihm die 2. Hilfe zum Lernen, nämlich eine klare Orientierung, ein Hinweis, was besser zu machen ist. Ich werde also klar stellen: „Die Pflanzen brauchen die Erde, wir nehmen sie ihnen nicht weg.“ Ich habe diese Regel entschieden, weil ich sie richtig finde. Es ist aber meine Entscheidung, denn in anderen Familien darf gebuddelt werden.

Da dir Elio vertraut, will er deine Regeln auch lernen und deine Entscheidungen gern befolgen. Er wird also nie ausflippen, nur weil du ganz normal die Regel erklärst und deine Ansage machst: „Die Sitzmöbel müssen aber trocken bleiben.“ Du bist die Autorität für ihn und du hast es so entschieden. Es ist also überhaupt nichts negatives dabei, die Autorität für sein Kind zu sein, auch wenn manchen dieses Wort bereits unbehaglich ist.

Nur weil Elio dir vertraut und er lernen will, heißt dass natürlich noch lange nicht, dass er die neue Regel sofort befolgen wird. Vielleicht ist er neugierig oder erfasst noch nicht ganz den Sinnn oder wie auch immer.

Falls mein Kind sich also wieder am Blumentopf zu schaffen macht, braucht es von mir eine weitere Hilfe. Mit dieser Hilfe soll es sich an die Regel erinnert und sich diese Regel gut einprägen. Ich werde deshalb mein Kind bestrafen.
Weil ich mein Kind über alles liebe, werde ich so mild wie möglich sein und nur so streng wie nötig. Ich werde es so bestrafen, dass es sich an die Regel erinnert und sich die Regel gut einprägt.

Die eigentliche Aufgabe einer Strafe ist und war immer eine HILFE zum Lernen.

Wenn wir beim Zuschnellfahren erwischt werden, kann das teuer werden. Diese Strafe hat den Zweck, uns daran zu erinnern, dass Geschwindigkeitsbegrenzung einzuhalten sind und wir werden uns (hoffentlich) gut einprägen, dass wir zukünftig nicht mehr schneller Fahren als erlaubt (weil wir unser Geld nicht gern aus dem Fenster werfen). Auch diese Strafe ist als Hilfe gedacht. Sie erfüllt leider nur bei wenigen Schnellfahrern ihre eigentliche Aufgabe, weil das Strafmaß nicht stimmt, viele lernen gar nichts.

Wenn du Strafe als Hilfe verstehst, dann ist es doch gar nicht mehr so schlimm, Elio zu bestrafen! Er soll sich ja nur erinnern und sich etwas dauerhaft einprägen, nicht mehr und nicht weniger. Ganz im Gegenteil, würdest du ihn nicht bestrafen, würdest du ihm die Möglichkeit nehmen zu lernen. Wenn du immer deine Ansage nur wiederholst, kann er nur eins lernen, dass du nervst.

Deshalb zögere ich die Bestrafung eben nicht hinaus, weil ich sonst dem Kind eine Hilfe verwehren würde. Die Frage ist natürlich die, wie bestrafe ich das Kind, damit es auch etwas lernt? Das Strafmaß richtet sich ausschließlich nach dem Kind.

Meine kleine Maus (22 Monate) würde folgendermaßen bestrafen: Ich würde in die Hocke gehen und ihr Händchen in meine Hände nehmen. Ich schaue sie dabei an. „Deine Hände haben die Blumenerde genommen. Leg deine Händchen auf den Rücken.“ Sie nimmt dann ihre Hände auf den Rücken und schaut mich ruhig an. Ich wiederhole die Regel und wackel dabei wichtig mit dem Zeigefinger: „Die Pflanzen brauchen die Erde, wir nehmen sie ihnen nicht weg.“ Wir gucken beide nochmal betroffen auf das Schlachtfeld. Dann kommt der erlösende Spruch: „So, nun lass uns mal den Besen holen.“ Wir machen gemeinsam sauber und die Sache ist erledigt.

Das Strafmaß muss einer Mutter nicht Angst machen, du brauchst nur so streng wie nötig und so mild wie möglich zu sein. Wenn du zu lasch bist, dauert es eben länger, ehe die „Regel“ sitzt. Mit der Wasserspritze könntest du auch so verfahren, dass du sie dir nur kurz geben läßt, dann schaust du mit wichtiger Miene: „Die Möbel müssen aber trocken bleiben.“ Dann läßt du Elio nochmal wiederholen und dann gibst du ihm fröhlich die Spritze zurück. Fertig.

Wenn du soft bist, schadet das Elio gar nichts. Deine Aufgabe in der Erziehung ist, Elio nicht die Hilfen zu verwähren, die er zum Lernen braucht.

Du musst als Mama kein Buhmann sein und dein Kind muss sich nicht machtlos fühlen, nur weil du es bestrafst. Die Strafe soll nur eine wirksame Hilfe sein und für Elio kein Leid bringen, wie du es in deiner Kindheit erfahren musstest. Und du bist es jetzt, die festlegt, welches Verhalten du nicht akzeptieren willst. Also nur Mut!


Ich weiß, dass ich deine eigentliche Frage, warum ich keine Konsequenzen/Strafen androhe, immer noch nicht beantwortet habe. Aber mir waren diese Vor-Gedanken sehr wichtig. Übrigens schätze ich sehr an dir, dass du so ehrlich zu dir selbst bist.

Liebe Grüße
Heike

 
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