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Geschrieben von und am 05.07.2018, 17:36 Uhr

Kunstgeschichte/Architektur schön und gut.... (Achtung, mit Anekdote)

... aber das interessiert ein Kind wohl eher nicht. Wobei ich jetzt den Artikel nicht gelesen hab und nicht weiß, wie alt der Schüler ist.

Was ich aber weiß, ist, dass besichtigende Touristen in einer Moschee denselben Dresscode einzuhalten haben wie die dortigen Rechtgläubigen, sprich es dürfen keine nackten Arme und Beine zu sehen sein. Ab einem gewissen Alter zumindest, also wenn die Person als alt und erwachsen genug angesehen wird, dass man in kurze Kleidung Unkeuschheit und Gotteslästerung reininterpretieren kann.

Bei mir war genau das erlebterweise bereits im Alter von zarten 9 Jahren der Fall. Ich war mit meinen Eltern und meiner kleinen Schwester in einem südostasiatischen Land - ich weiß nicht mehr, war es Malaysia oder Singapur? - und wir, kulturbewusst und architekturinteressiert wie wir waren, besuchten als Touristen eine große, wahrscheinlich berühmte Moschee. Dort drängten mich irgendwelche Türsteher oder Sittenwächter übergriffigerweise dazu, mir bei 40° im Schatten so einen komischen schwarzen Kaftan überzuziehen, weil ich in meinen kurzen Kinderhorts und im T-Shirt offenbar die dort ansässige Gottheit und deren Anhänger beleidigte. Und das mit meinen grade mal 9 Jahren und nullkommanull Anzeichen von weiblichen Rundungen, also weit von Geschlechtsreife und Erwachsensein entfernt. Meine Eltern blieben unbehelligt, hatten sie sich doch in weiser Voraussicht und Kenntnis der Landessitten bereits ganzkörperbedeckt gekleidet, hatten jedoch nicht damit gerechnet, dass ich mit meinen 9 Jahren ebenfalls schon unter den Dresscode fiel. Meine 3-jährige Schwester mit ihren Babyshorts blieb ebenfalls unbehelligt, sie war ja schließlich noch ein Kind. Ich offenbar nicht. Zu mir sagte man, ich sei ja schon eine "young lady", ich müsse mich bedecken, wie es sich geziemt, weil man mir sonst keinen Einlass gewähren könne. Auf den Moscheebesuch zu verzichten, kam für meine Eltern überhaupt nicht in die Tüte, auf meine persönlichen Befindlichkeiten wurde da keine Rücksicht genommen, schließlich ging es ja hier um Kultur und Architektur. Und so wurde ich mehr als mir lieb war mit Moscheekultur beglückt - und ich hasste es. Ich hasste diesen bescheuerten schwarzen Lappen, den man mir aufgezwungen hatte, über den ich stolperte, weil er mir viel zu lang war, unter dem ich schwitzte und mich gedemütigt fühlte, weil ich mich unter ihm zu verstecken hatte wie eine Aussätzige, nur weil meine nackten Arme und Beine für anstößig befunden wurden. Was stimmte nicht mit meinen Armen und Beinen? Warum durfte meine Schwester so rumlaufen wie sie war, ich hingegen nicht? Diese Abartigkeit, dass bereits 9-jährige Mädchen als vollwertige erwachsene Frau angesehen wurden, begriff ich damals natürlich noch nicht. Wohl spürte ich aber instinktiv, dass hier ein abartiger Gedanke dahinter stand, der mich zutiefst abstieß. Und was ich durchaus begriff, war, dass diese bekloppte Moschee mich in meiner persönlichen Freiheit einschränkte, mich nicht so gekleidet herumlaufen ließ wie ich es wollte, mich zu einer Außenseiterin in meiner eigenen Familie machte, mich zu einer "young lady" machte, die ich nicht sein wollte, mich zu einer erwachsenen Frau machte, obwohl ich noch ein Kind war ( - für mich als Tomboy mit Peter-Pan-Syndrom gleich doppelt schlimm.) Mir, einem Kind, wurde mit diesem Stück Stoff eine tonnenschwere Last aufs Gemüt gelegt, die ich nicht tragen wollte und gegen die ich rebellierte - selbstverständlich nur innerlich. Ich hasste diesen Ort, ich hasste diese Kluft, ich hasste die Menschen dort, denen meine normale Erscheinung ein Dorn im Auge war und ich hasste in diesem Augenblick meine Eltern dafür, dass sie mich nicht vor alledem beschützten, sondern mich zwangen, mich dem auszusetzen. Alles in allem fühlte ich mich nur noch angewidert und seelisch vergewaltigt. Aber was zählen schon die Gefühle eines 9-Jährigen Kindes, wenn es doch um Kultur und Architektur geht.

Ach so, kulturell und architektonisch gesehen war der Moscheebesuch natürlich vollkommen fürn Arsch, weil ich mich an nichts erinnere als den Zwang zur Verhüllung und die damit verbundenen negativen Gefühle.

 
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