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Geschrieben von weekend am 17.09.2020, 11:19 Uhr

Lässt sich in den ersten Wochen nach der Geburt der Rest des Lebens beeinflussen

Gesagt ist glaube ich alles, aber ich persönlich empfinde den Ton hier manchmal etwas vorwurfsvoll. Ich habe auch ein Kind, das die ersten 4 Monate (rückblickend betrachtet) gehungert hat, daher mal meine Erfahrung.

Ich hatte einen problemlosen Kaiserschnitt, als sich die Schlumpfine auch unter Presswehen nicht ins Becken drehen wollte. Raus kam mein 97er-Perzentil in Sachen Größe, Kopfumfang und Gewicht. Dann kam das Stillen, wir haben über 4 Wochen gebraucht, um das Geburtsgewicht wiederzubekommen, und dann war sie die Stillzeit über gewichtsmäßig extrem weit unten (30er-Perzentil bei größenmäßig 97-er Perzentil). Gestillt habe ich tagsüber stündlich, nur nachts hat sie halbwegs geschlafen (was wohl rückblickend Teil des Problems war). Ich habe damals zu Kinderarzt und Hebamme gesagt, dass ich doch bestimmt zu wenig Milch habe, aber die haben abgewiegelt.

Dann kam das Zufüttern, das Kind hat vom ersten Brei an jeden Becher leergefuttert und erst bei Einführung des 3. Breis mal die Stillfrequenz parallel etwas runtergefahren und ist gewichtsmäßig kräftig nach oben geschossen, streckenweise 90er-Perzentil (was bei ihrer Größe nie ein Problem war, aber eben schon gut proper). Habe dann später die Kinderärztin darauf angesprochen, und ja, dann hatte ich wohl doch zu wenig Milch, war ihre schulterzuckende Antwort. Ich habe mich sehr geärgert, dass ich nicht auf mein Gefühl gehört habe, aber wer macht das schon beim ersten Kind, wenn Arzt und Hebamme was anderes sagen?!

Ich kann mir Eure Verunsicherung vorstellen und kann über die Hebamme nur den Kopf schütteln. Deine Frau hat wahnsinnig viel geleistet und alles für Euer Kind getan, was in ihrer Macht stand. Darauf kann sie stolz sein.

Man soll ein Kind nicht hungern lassen, weder mit einem Monat noch mit drei Jahren. Aber es ist natürlich auch die Aufgabe, dem Kind ein gutes Gefühl für den Hunger mitzugeben. Ich hatte auch bei der Schlumpfine das Gefühl, dass sie kein Gefühl für ihren Hunger hatte nach der Anfangszeit und daher eben auch jeden Brei reingeschaufelt hat, den es gab. Da ich selbst übergewichtig bin, war ich da von Anfang an sehr bedacht darauf, dass sie sich auf ihren Hunger verlassen kann (und hoffe auch heute noch jeden Tag, dass die Anfangszeit nichts zerstört hat).

Bei uns gibt es aktuell (2 Jahre und 4 Monate alt, war aber mit 18 Monaten auch so) 4-6 Mahlzeiten für sie (je nach Zählweise und Wochentag) - unter der Woche früh (wenn sie möchte) Milch (was ich dann hier als eine Mahlzeit zähle), dann in der Kita Frühstück, Mittag und Vesper, da gibt es manchmal nur Obst, dann gibt es daheim nochmal was, und manchmal ist sie davon ausreichend satt, dann gibt es nichts, und dann Abendessen. Am Wochenende morgens gleich Milch wenn sie will, dann Frühstück, Mittagessen für sie (wobei sie das manchmal ausfallen lässt, wenn das Frühstück etwas später war und sie viel gegessen hat), dann Vesper (oder Mittag, wenn sie vor dem Mittagsschlaf nicht nochmal was gegessen hat), dann Abendessen.

Häufig wird ihr die Zeit zum Abendessen ganz schön lang, dann bekommt sie einen Gemüsebecher zur Überbrückung vor dem Abendessen (so bekomme ich am zuverlässigsten Gemüse in sie rein ;-)).

Sie ist immer noch groß und nun auch kein Leichtgewicht, aber sie liegt BMI-technisch im 50er-Perzentil (auf die Gewichtsperzentile brauche ich bei ihrer Größe nicht zu gucken), also alles perfekt. Und sie hat ein ganz gutes Gefühl für Hunger. Wenn sie zwischendurch wirklich nochmal etwas essen will, bekommt sie die Wahl zwischen Gemüse und Dinkelwaffel (mag sie beides ganz gern), da merkt man dann ganz schnell, ob sie wirklich Hunger hat oder doch gerade nur aus Langeweile o.ä. essen will.

Es ist sicher kein guter Weg, dem Kind bei jeder Träne ein Fläschchen in den Mund zu schieben (ich übertreibe bewusst). Und vermutlich muss Eure Tochter nun wirklich erstmal lernen, auf ihr Hungergefühl zu hören. Ich würde an Eurer Stelle konsequent feste Mahlzeiten einführen mit positiver Tischkultur (Ihr sitzt mit am Tisch/esst mit). Ihr müsst jetzt ggf. erstmal viel Geschrei aushalten, wenn in ihrem Kopf "Essen als (einziger) Trost" drin ist. Nehmt sie auf den Arm, gebt Ihr ggf. Schnuller und Kuscheltier, kuschelt, lenkt sie ggf. ab, wenn sie schreit. Ihr bekommt schnell ein Gefühl dafür, ob Euer Kind wirklich Hunger hat (wenn sie z.B. bei der letzten Mahlzeit wenig gegessen hat), oder ob es etwas anderes ist. Und dann müsst Ihr ihr Weinen aushalten, bis sie gelernt hat, dass es auch einen anderen Weg gibt, um getröstet zu werden.

Und ich würde ihr kein Obst anbieten, wenn sie weint (und sie wirklich Hunger haben könnte), sondern Gemüse. Wenn sich "Möhre und Gurke essen tröstet mich" bei ihr verankert, wäre das auch nicht so dramatisch. ;-)

Vielleicht kannst Du ja mal noch beschreiben, wie aktuell der Essens-Tagesplan ausschaut? Vielleicht gibt es dann noch konkrete Tipps. Und was sagt denn der Kinderarzt zum Gewicht? Wäre es denkbar, dass es andere Ursachen (Stoffwechselstörung o.ä.) für den vielen Hunger gibt?

Wenn Ihr sehr verunsichert seid, holt Euch Hilfe. Die ersten Wochen mögen den Weg zu einem gesunden Essverhalten etwas erschwert haben, aber versaut fürs ganze Leben ist es sicher nicht. Ihr müsst nur Euren Weg finden und den liebevoll, aber konsequent durchsetzen. Wie gut kann sich Eure Tochter denn schon mitteilen? Könnte man mit ihr schon "besprechen", warum sie weint? Ich habe das Glück einer sehr früh sehr kommunikativen Tochter und frage die Schlumpfine dann auch, warum sie weint, ggf. mache ich ihr dann "Vorschläge" (mögliche Gründe). Erfahrungsgemäß tut ihr dann meistens irgendwas weh, wenn ich das "vorschlage" (d.h. im Endeffekt häufig, dass sie eigentlich gar nicht weiß, warum sie weint). Insofern würde ich "Hunger" nicht oder nur sehr selten thematisieren/vorschlagen.

Tastet Euch langsam ran. Besprecht einen Weg, zieht den mal zwei Wochen durch, etwas variieren kann man dann ja immer noch. Und der Rest des Lebens ist sicher nicht beeinflusst, wenn Ihr es jetzt in die richtigen Bahnen lenkt.

(Sorry, ist etwas länger geworden ... ;-))

 
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