zurück| Geschrieben von Winterkind09 am 09.05.2018, 9:42 Uhr |
Ausdruck von Überforderung?
Hallo, mal eine Frage an die Erzieher:
ein Kind (2,5 Jahre) geht seit sechs Monaten problemlos in den Kindergarten (Krippe). Dort passiert wiederholt (seit etwa drei Wochen) an einzelne Tagen folgendes: Kind reisst mitten aus Spielsituation die Arme hoch, überstreckt sich und fällt nach hinten.
Das Kind ist nicht bewusstlos, weint, lässt sich die Beule kühlen und ist dann wieder normal. Bisher hatte es Glück und hat nur Beulen bekommen, wenn es irgendwo draufgefallen ist.
Ist euch so etwas schon begegnet? Kann das eine Übersprungshandlung aus Überforderung/Müdigkeit sein? Die Erzieher haben öfter mal berichtet, dass das Kind an einigen Tagen sehr müde, bzw. auch schlapp und lustlos war- das waren allerdings andere Tage, wo das komische Verhalten nicht auftrat.
Das Kind hat ältere Geschwister, Zuhause sind viel Lärm, Besuchskinder, Unruhe und häufiger auch mal Streit unter den Geschwistern an der Tagesordnung. Das Kind hat motorische Einschränkungen und kann noch nicht wirklich Sprechen (ausser "nein" und "da das"). Allerdings kann es sehr gut mit seinen Einschränkungen umgehen, spielt sehr schön, ist eigentlich sehr kommunikativ, sehr aufmerksam, zeigt mit Händen etc. was es will...
Für mich klingt es nicht nach Überforderung, weil die Gruppe recht überschaubar ist und das Kind an solche Situationen gewöhnt sein sollte.
Wie sollen die Erzieher damit umgehen? Es kann doch nicht dauernd jemand am Kind bleiben und das Kind nicht mehr auf bestimmte Dinge lassen ist doch auch ungünstig? Habt ihr schon ähnliche Situationen gehabt und könnt berichten?
Lg Winterkind
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Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von cube am 09.05.2018, 10:55 Uhr
Du schreibst etwas von motorische Einschränkungen und sprachliche Verzögerung. Ist das Kind generell mal untersuch/getestet worden, warum sowohl Motorik als auch Sprache so hinterher hängen? Denn diese Ursache könnte dann natürlich auch Erklärung für das "Umkippen" sein.
Was passiert an Förderung bzgl. Motorik und Sprache?
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Winterkind09 am 09.05.2018, 11:19 Uhr
Ehrlich gesagt hat das Kind einen hypoxischen Hirnschaden. Ab und zu gibt es Untersuchungen und einen Entwicklungstest, allerdings läuft das immer auf Sparflamme ab, an Therapien gibt es gerade nur Physiotherapie, sprachlich sollte noch abgewartet werden... Da tut sich aber nicht wirklich etwas. Das Kind erhält ganz normale Anreize zum Sprechen: Bücher anschauen, Fragen so stellen, dass er antworten müsste. Es werden auch Übungen für die Mundmotorik gemacht.
Der Kindergarten meinte, dass das Verhalten Ausdruck von Überforderung sein könnte, ich finde aber dass es nicht zum Kind passt. Deswegen frage ich auch nach euren Erfahrungen.
Lg
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von IngeA am 09.05.2018, 11:25 Uhr
Ich würde das Kind eher einem Neurologen vorstellen um auszuschließen dass es sich um epileptische Anfälle handelt, gerade wenn das Kind einen hypoxischen Hirnschaden hat.
LG Inge
Vielleicht eher Überreizung!
Antwort von Bonnie am 09.05.2018, 11:40 Uhr
Ich könnte mir schon vorstellen, dass es eine Art kurzer Erregungszustand ist, weil Dein Sohn durch all den Lärm und die 1000 auf ihn einstürmenden Situationen überreizt ist. Schon "gesunde" Kinder reagieren ja im Kiga manchmal aufgedreht. Ich weiß nichts über den Befund Deines Sohns, aber vielleicht gibt's beim Hirnstoffwechsel so eine Art Kurzschluss in manchen Situationen.
Wie man das letztlich nennt oder deutet, scheint mir aber gar nicht so wichtig zu sein. Das hilft ihm ja nicht weiter. Ich würde es vielleicht mal mit einem Neurologen besprechen und ansonsten nicht überbewerten.
LG
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von cube am 09.05.2018, 11:47 Uhr
Bei einem hypoxischen Hirnschaden (vermutlich bei der Geburt oder noch im Mutterleib verursacht?) treten unter anderem auch schnelle oder plötzlich einsetzenden Müdigkeit auf, häufiges Gähnen und zielverfehlte Bewegungen.
Beides trifft auch deine Beschreibung des Kindes zu.
Darüber hinaus ist es gerade bei einer solchen Schädigung im Kleinkindalter extrem wichtig, intensiv zu therapieren. Da sich as Gehirn noch im "Aufbau" befindet bzgl. der neuronalen Verbindungen, besteht eben durchaus die Chance, das andere Areale die Funktion der zerstörten übernehmen können.
Alles, was jetzt nicht an Therapie und spezieller Förderung geboten wird, wird dafür sorgen, dass die Schädigungen nicht doch mehr oder weniger kompensiert werden können. Und so, wie du es schreibst, ist die Schädigung nicht extrem - also es könnte durchaus jetzt! etwas bewirken.
Und ja: Wenn diese Diagnose gesichert ist, würde das Kind permanente Betreuung und Förderung benötigen. Ein normaler KiGa ist doch damit überfordert/kann das gar nicht leisten - und dem Kind wird die Chance auf ein vielleicht doch noch halbwegs normales Leben genommen.
Re: ?
Antwort von cube am 09.05.2018, 11:52 Uhr
Das Kind hat einen hypoxischen Hirnschaden. Das ist kein Kurzschluß im Hirn - da sind Hirnareale geschädigt bzw. zerstört. Kommt auf das Ausmaß und den Ort der Schädigung an, welche Symptome da überwiegend auftreten.
Das ist keine Entwicklungsverzögerung, bei der man mal abwartet, ob sich nicht doch etwas von selbst tut. Das wird es nämlich nicht.
Neurologe ist definitiv wichtig- aber "nicht überbewerten" ist in dem Fall wohl eher fehl am Platz.
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Winterkind09 am 09.05.2018, 12:31 Uhr
Danke, ich habe bald einen Termin mit den Ärzten, da kann ich dann nochmals genauer nachhaken, denn ich habe gerade sehr viele Fragen. Das Kind hat so viele Baustellen und regelmäßig kommt etwas neues dazu...
Erst war es "gesund", dann kam raus dass die Motorik betroffen ist, das Wachstum ist gestört, die Sprache ist betroffen... Irgendwie ist dann doch mehr Hinmasse betroffen als gedacht. Dann gibt es noch davon unabhängige Baustellen.
Warscheinlich müssen wir jetzt doch noch andere Therapien anfangen, dabei haben wir die Termine bewusst knapp gehalten um nicht zu überfordern, weil das Kind bei allem sehr gut mitmacht. Unser Kinderarzt meinte letztes, der Kindergarten sei die beste Förderung überhaupt. Ich sehe aber, das mein Kind schon eine gewisse Belastung für die Erzieher darstellt- der Kindergarten ist toll und die Betreuung wirklich sehr gut, deswegen will ich auch dass die Erzieher nicht überlastet werden.
Lg Winterkind
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von cube am 09.05.2018, 13:02 Uhr
Ja, bei einem Kleinkind kann man eben erst sehen, welche Areale geschädigt sind, wenn es denn eigentlich schon xy können müsste. Bei einem Erwachsenen ist das einfacher: man weiß, was er vorher alles konnte und kann recht schnell feststellen, was nach dem zB Unfall nicht mehr geht. Bei einem Kind ist das ein fließender Prozess.
ich denke auch, daß der KiGa grundsätzlich gut für dein? Kind ist - zumal seine Einschränkungen ja nicht extremer Natur zu sein scheinen.
Aber vielleicht solltet ihr mal über einen I-Helfer für das Kind nachdenken? Der könnte das Kind speziell unterstützen/fördern und so dann auch die "normalen" Erzieher entlasten.
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Philo am 09.05.2018, 13:28 Uhr
Hallo,
ich bin Erzieherin und Heilpädagogin und würde die Eltern damit erstmal an einen Kinderarzt verweisen. Ich glaube, dass das kein pädagogisches sondern evtl. ein neurologisches "Problem" sein kann.
Ist Epilepsie (Absencen etc.) abgeklärt?
LG, Philo
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Philo am 09.05.2018, 13:32 Uhr
Hallo,
ist ein Integrationsplatz eine Möglichkeit bei euch im Kindergarten?
Dann hätte Dein Kind seinen Kindergartenplatz und zusätzlich Förderung während der Kindergartenzeit. Du sparst Dir die Fahrerei und Dein Kind hat zusätzliche Förderung.
Wenn es in eurem KiGa noch keine Integration gibt, besteht die Möglichkeit zur Einzelintegration. Da würde ein bis zweimal wöchentlich eine Heilpädagogin mit evtl. anderen Therapeuten in den Kindergarten. Frühförderstellen sind dazu kompetente Ansprechpartner.
Soll es die Förderung ab September beginnen, muss man sich jetzt um einen Platz kümmern.
LG, Philo
Re: Sie schrieb doch schon, das eine hypoxische Hirnschädigung
Antwort von cube am 09.05.2018, 13:55 Uhr
vorliegt.
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Winterkind09 am 09.05.2018, 13:56 Uhr
Wir hatten ein SchlafEEG, mehr wurde nicht gemacht. Warscheinlich müssen wir doch nochmal genauer schauen.
I- Kraft war bei mir auch schon Thema, allerdings meinte der Kita es ginge erstmal ohne.
Lg
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von VerenaSch am 09.05.2018, 20:59 Uhr
Das ist sehr abhängig vom Bundesland. Ich würde auch zum I-Platz raten, mir aber bzgl. Förderung insbesondere im Sinne von Therapie nicht zu viel erhoffen.
Bei uns würde beispielsweise einfach nur der Betreuungsschlüssel etwas günstiger. Aber das Kind würde keine spezielle Förderung bekommen. Die evtl. zusätzlich Erzieherin dürfte sogar in anderen Gruppen eingesetzt werden.
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Philo am 09.05.2018, 21:06 Uhr
Bei meinem Arbeitgeber sind 3-5 "I"-Kinder pro Einrichtung und meine Kollegin und ich arbeiten zusammen 39 Stunden (Vollzeitstelle aufgeteilt auf 2 Teilzeit-Kräfte) mit und für diese I-Kinder.
Dazu gehören aber auch pädagogische Angebote für alle Kinder (z.B. Faustlos), die zu einem sozialen Miteinander mit gehandicapten Kindern führen.
Ach ja, Bundesland Bayern, Arbeitgeber: Landeshauptstadt München.
LG, Philo
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Philo am 09.05.2018, 21:08 Uhr
der KiGa kann das vielleicht ohne zusätzliche Kraft stemmen, aber Deinem Kind entgehen dadurch Fördermöglichkeiten. Es geht mit einer (qualifizierten) I-Kraft (i.d.R. eine Heilpädagogin) nicht nur drum, dass da jemand noch mit dabei ist, sondern dass eine gezielte Therapie koordiniert und durchgeführt wird.
LG, Philo
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Himbeere90 am 10.05.2018, 19:30 Uhr
Warum wird denn noch keine Logopädie gemacht? Ich sage das nur, weil wir am Anfang auch auf starken Widerstand gestosen sind, als wir mit meiner Tochter mit 1,5 Jahren Logo beginnen wollten. "Das bringt doch nichts usw" wurde und gesagt und wird uns auch heute noch gesagt, sie ist 4!!
Man kann viele verschiedene mundmotorische Übungen machen, wir haben im Moment große Erfolge mit der Assoziationsmethode. Da ist jedes Kind anders, aber jetzt ist die Chance zu fördern.
Man kann auch einen Antrag auf Einzelintegration stellen. Da ist dann zwar keine Förderung in dem Sinne dabei, aber wir sehen den Kindergarten getrennt von den Therapien, obwohl dort auch viel angeboten wird.
Je nach Bundesland sind das aber zb nur 10 Stunden in der Woche, Niedersachsen! Egal wie viel dein Kind bräuchte.
Re: Ausdruck von Überforderung?
Antwort von Winterkind09 am 10.05.2018, 22:11 Uhr
Hallo Himbeere,
wir wurden mit einigen Tipps, Übungen etc. und der Aussicht auf eine neue Testung nach einigen Monaten vertröstet. Irgendwie dachten wohl Logopädin und SPZ dass der große Sprung bei der Sprache noch schnell kommt...
Das Problem liegt auch daran, dass hier in der "Pampa" kaum Logopäden zu finden sind, die schon mit kleinen Kindern arbeiten- und oder spezielle Therapieformen anbieten- was für uns ein echtes Problem ist. Deswegen hatte ich mich auch zum Abwarten überreden lassen. Wir müssen aber etwas tun und wenn es ein Training in GUK ist.
Mit dem Kindergarten muss ich auch nochmal reden, Sprachförderung müsste dort eigentlich möglich sein.
Lg Winterkind
