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Geschrieben von Schniesenase am 05.07.2022, 0:35 Uhr

Rückmeldung/Füllerführerschein

Hallo FrauvonWunderfiz,

Glückwunsch zum Führerschein! Er hat sich durchgebissen und nicht aufgegeben. Und das ist eine tolle Leistung!

Ich habe in der Schule sowas nicht machen müssen. Meine Schrift war meistens ok, wenn auch nicht herausragend. Als Teen habe ich dann aus reinem Interesse die lateinische Ausgangsschrift noch mal neu gelernt und konnte sie wie gedruckt schreiben. Außerdem hat mich die alte Deutsche Schrift interessiert, die ich dann auch lernte, allein, mit Vorlagen. Man hat mir die Freude daran zum Glück nicht mit so erbsenzählerischen Vorstellungen von Schönschrift vermiest. ;-)

Mein Kind konnte einen Füllerführerschein machen, allerdings war das dann sozusagen eine "Belohnung" für ein bestimmtes Programm an Schreibaufgaben, das die Kinder, die sich dafür entschieden, machen konnten, um diesen Füllerführerschein zu bekommen. Es war weder Pflicht noch ein Wettbewerb, noch musste andauernd alles neu geschrieben werden. Eher war es ein Ansporn, etwas mehr Schreibschrift zu schreiben. Sie ist Linkshänderin. Mit dem Füller zu schreiben, war eh Mist für sie. Sie kann es, auch ganz gut, wenn sie will, aber sie schreibt weiterhin lieber Druckschrift, und das kann sie auch recht schnell (4. Klasse). Ich hatte nicht das Gefühl, dass es eine mühsame Arbeit war.

Ich selbst habe den Füllerführerschein "Füllerpass" genannt, und das war auch damit verbunden, dass Kinder bestimmte Aufgaben (Texte konnte man teilweise auswählen, es gab längere und kürzere) bearbeiten konnten, für die sie einen Stempel im Pass bekamen, wenn sie nach ihrem Vermögen lesbar und sorgfältig geschrieben hatten. Für viele war das ein Ansporn. Nicht alle haben den Füllerpass gemacht. Mussten sie auch nicht. Das waren die, denen das Füllerschreiben eh verhasst war, weil sie damit motorisch gar nicht klarkamen. Für die anderen war das eine nette Extrasache in ihrem Arbeitsplan.

Ich habe ein Problem damit, wenn man schulisch immer alles über einen Kamm bügelt. Sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Die Kinder komplett demotivierend eine mühsame Arbeit wiederholen zu lassen, weil ein paar Fehler darin sind, halte ich für inakzeptabel. Wenn einem das so wichtig ist, kann man sie die Fehlerwörter noch mal richtig drunter schreiben lassen, oder sie lernen diese Wörter in der Lernwörterkartei noch mal von vorne. Aber selbst das finde ich kleinlich. Die Kinder lernen dadurch nicht besser zu schreiben, sie lernen, das Schreiben zu hassen und Wege zu finden, wie sie es vermeiden können. Das machen Menschen, wenn ihnen was unangenehm ist. Warum das in dieser antiquarischen Haltung den Lehreren (und teilweise auch den Eltern) nicht auffällt, ist doch ganz erstaunlich! Man macht, wie man es selbst ertragen hat? De Buur mokt, wat hei kennt? Wat anners mokt hei ni?

Mein Kind jedenfalls hat den Füllerführerschein ohne viel Stress gemacht und bestanden. Es waren auch Fehler in ihren Texten, und sooo lupenrein waren die auch nicht geschrieben. Vermutlich wäre sie bei vielen Lehrerinnen der Art, wie Du sie hier beschreibst, auch hoffnungslos durchgefallen. Und was hätte sie dann "gelernt"? Schreiben ist sch...! Heute schreibt sie Geschichten mit Fortsetzungen, ganze Reihen. Bald wird sie sie veröffentlichen, so akribisch, wie sie daran arbeitet. (Witzalarm!) Wenn sie wüsste, dass alle jetzt erst mal ihre Fehler korrigieren wollten, würde sie sich dieses tolle Hobby, das auch ihre Klassenkameradenen super genießen, weil sie immer spannende Fortsetzungen hören, sicher verkneifen.

Also - im System Schule läuft maches schief, und manche Lehreren haben deutlichen Nachholbedarf, menschlich wie fachdidaktisch und methodisch. Da ist es doch sinnvoll, sich als Eltern nicht zu Solatenen dieses Systems zu machen und den Unsinn, der teilweise verlangt wird, zu Hause auch noch durchzusetzen und zu verstärken.

Die Schule nicht ZU ernst nehmen! Sie ist der Weg zum Wisch, mit dem man in unserem System einen Beruf lernen und ein einigemaßen wirtschaftlich abgesichertes Leben anstreben kann. Mehr nicht! So bedauerlich ich das finde und so froh ich bin, dass Schule auch noch andere Aspekte hat und es darin auch sehr hilfreiche Lebenswelten für viele Kinder gibt, zum Glück!! Viele tolle Menschen machen Schule machen, die für viele Kinder wundervolle Lebensbegleiter sind und mehr tun als ihr Fach zu "unterrichten", was an sich ja schon eine problematische Vorstellung ist. Bei den anderen kann man sich dann ja auf das notwendige Minimum beschränken.

Ergo, wenn die Kinder so einigemaßen durchkommen und akzeptable Noten haben, ist alles doch ok. Wenn sie es nicht schaffen, muss man schauen, woran es liegt und was ihnen dabei Probleme macht. Man muss ihnen helfen. Sie dürfen auch lernen zu entscheiden, dass sie bei bestimmten Sachen einfach nicht mögen, andere aber sehr gern noch viel weiter verfolgen als das die Fächer in der Schule bieten. Eigenverantwortliches Lernen, auch mit den damit zusammenhängenden Konsequenzen, ist der Weg zu mündigen Menschen, die ihre Köpfe vernetzen, um die durchaus gewaltigen Probleme zu lösen, die ihnen als Erwachsene bevorstehen. Da kann man nicht Befehlsempfänger werden und brav Füllerführerscheinaufgaben zum Xten Mal noch mal machen müssen. Da sagt man, ok, ich verzichte, danke, dann nehme ich die schlechte Note. Oder man sagt, ok, ich brauche die gute Note, ich konzentriere mich richtig kräftig, mache mir einen Plan, wie ich das hinbekomme und ziehe das mit geringstmöglichem Zeitaufwand durch.

Die Kernfrage bleibt, und die stelle ich mittlerweile Lehreren immer häufiger: "Was tun Sie, damit das Kind nicht die Freude am Lernen VERLIERT?" Es ist sehr interessant, die Reaktionen der Lehreren zu beobachten, wenn sie diese Frage beantworten müssen.

In diesem Sinne: Schau weiter, was Deinem Kind Freude macht und bestärke es darin! Wo es Probleme hat, da äußere Dein Verständnis und signalisiere Hilfsbereitschaft und die Haltung, dass schlechte Noten nicht das Ende der Welt sind. Dann wird es sicher gehen.

Alles Gute für Euch!

VG Sileick

 
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