Rund um die Erziehung

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Geschrieben von solelo am 27.09.2007, 17:38 Uhr

Übergänge

Also ich verstehe die ganzen Tipps mit rechtzeitig sagen, dass wir gehen, nicht so recht. Mein Sohn ist jetzt 24 Monate und ich glaube nicht, dass er irgendein Zeitgefühl hat so richtig, mit ner halben Stunde, noch eine Kaffeelänge oder so könnte er gar nichts anfangen. Selbst mit "bald".

Bei so kleinen Kindern ist es besser, man versucht, im "Flow" zu bleiben. Starke Umbrüche sind für sie schwer zu verkraften, es sollte alles "fließen".

Zunächst: Wieso will er nicht nach Hause? Zu Hause sollte ein Ort sein, wo er sich wohl fühlt. Ich bin grundsätzlich gegen erzieherische Maßnahmen vor allem dann, wenn sie sich für die Mutter schlecht anfühlen. Da sagt ihr ihr Instinkt, dass das nicht wirklich das ist, wo es lang geht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass dir das Spaß macht, ihn ins Zimmer zu sperren – wahrscheinlich denkst du aber, dass es so sein muss oder sollte.

Zum Glück muss es nicht so sein! Das weiß auch dein Sohn und deshalb freut er sich selbstverständlich, wenn du woanders kreativer sein musst. Mal am Rande: Niemand darf eingesperrt werden. Wie würdest du dich fühlen? *Mit* deinem Kind partnerschaftlich *zusammenzuleben* ist wirklich einfacher als es zu einem bestimmten Verhalten hin zu erziehen, was vielleicht gar nicht in seiner Natur liegt. Dann bist du bei herum-ziehen, biegen und manipulieren angelangt, was sich für niemanden gut anfühlt. Manche vertragen das gut, manche eben nicht und rebellieren. Dann wird das alles nur zu einem Machtkampf und *zusammen leben* wird schwer.

Elternschaft soll und kann Spaß machen. Genau deshalb haben wir uns auf unsere Kinder gefreut, sie vielleicht gewünscht oder eben jetzt erst lieben gelernt. Es kann von der Natur nicht so angelegt worden sein, dass es keinen Spaß macht. Deshalb: höre auf deinen Bauch! Mir macht Elternschaft nicht immer 100%ig Spaß – aber ich habe das als klares Ziel vor Augen. Es ist nicht mega-leicht, partnerschaftlich mit seinen Kindern umzugehen und sie selbstbestimmt aufwachsen zu lassen, es ist aber im Endeffekt einfacher und schöner, als mit ihnen immerzu kämpfen zu müssen und, um Kämpfe zu vermeiden, diverse Tricks zu benutzen. Ich glaube niemand möchte, dass mit einem Tricks angewandt werden. Kinder auch nicht.

So, und nun zu Herangehensweisen, wenn du irgendwo zu Besuch bist: Ein "Flow" kann nur entstehen, wenn du dich auf die Ebene des Kindes einlässt. Das könnte z.B. so aussehen: Bereite schon Mal alles vor, was du noch machen willst, bevor du gehst – Tasche packen, Absprache mit der Freundin, Schuhe anziehen etc. Dies schon ne halbe Stunde vorher. Alles ist bereit, nur dein Kind noch nicht angezogen, deine Jacke ist dir vielleicht auch noch zu heiß.

Anstatt eine halbe Stunde vorher anzukündigen, dass ihr in einer halben Stunde gehen wollt, setz dich zu ihm runter und spiele diese halbe Stunde *mit ihm*. Nachdem du dich also stundenlang mit deiner Freundin unterhalten hast und er mit seinem Freund Spaß hatte oder wie auch immer, könnt ihr euch wieder *verbinden*. Wenn ihr verbunden seid, klappt alles reibungsloser. Dann kannst du ihn z.B. einfach freudig in den Arm nehmen – dann holst du deine Sachen mit ihm gemeinsam und verabschiedest dich kurz ("Tschüss, dann" – keine ellenlangen Absprachen mehr, die haben bereits vorher stattgefunden).

Da du jetzt schon weißt, dass das mit der Jacke und den Schuhen ein Problem ergibt, vermeide es einfach und nimm die einfach nur mit in die Hand oder in eine Tasche. Dann geht ihr raus. Im Flur oder draußen ist es meistens kalt und für ein Kind viel viel verständlicher, warum es sich jetzt was anziehen soll. Vielleicht verlangt es sogar danach. Vielleicht möchte es auch Mal erfahren, was überhaupt Kälte ist. Das kann man ganz risikoarm und ohne Drama einfach Mal ausprobieren lassen, auch mehrmals - vielleicht verträgt er das ja auch einfach. Wenn ihr im Auto unterwegs seid, sind es eh nur 5 Minuten, die kalt sind, dann würde ich auch eh nichts anziehen, wenn das nur Stress gibt. Wenn nicht, dann zieh halt auf dem Kinderwagen an oder so, wenn ihr diesen "Übergang" im Flow bereits geschafft habt.

Alle Übergänge sind für Kinder, besonders für kleine, schwer. Du kannst ihm liebevoll dabei helfen, oder einen Kampf daraus machen.

Wir sind selten zu Besuch bei jemandem, aber öfter auf dem Spielplatz. Von dort nach Hause zu gehen habe ich noch nie als besonders stressig empfunden. Wenn es Zeit wird, mache ich alles fertig und gehe langsam in Richtung Ausgang. Ich bespreche gar nichts, ich gehe einfach. Ich mache das nicht als Drohung, sondern weil ich einfach eine Art Leitfigur, die "Mama-Ente", bin, die von Baby-Ente einfach gefolgt wird. Ich gehe nicht total schnell und würde ihn auch nicht im Stich lassen und niemals NIEMALS so tun als ob! Was für eine MEssage gebe ich meinem Kind damit?? Ich gehe einfach langsam und warte ab und zu bis er nachkommt. Da wir auch auf dem WEG Spaß haben, ist der Übergang von Spielplatz zu nach Hause nicht gleich= kein Spaß. Das meine ich mit "Flow". Nach Hause gehen bedeutet nicht, ab jetzt wird alles langweilig und doof, sondern, wir können im selben *Gefühl* bleiben, in dem wir eben waren.

Ach ja, was ich noch bemerkt habe: Wenn sie knatschig sind, haben sie oft einfach Hunger. Sie sind aber noch so klein und wissen oft noch nicht, ganz genau, was sie fühlen, wie sie das sagen und ausdrücken können etc. Du willst vielleicht zu Hause essen, aber es gibt ja Snacks, die Appetit anregend sind, z.B. Äpfel oder vielleicht ne Reiswaffel oder so was. Das würde ich ihm einfach geben. Dann kannst du ihn dabei anziehen und dann gehen. Wenn's zusätzlich zu Hause angenehmer zu leben ist, also keine Bestrafungen und so was, dürft das nach Hause gehen kein Problem mehr sein.

Vielleicht kannst du irgendwas damit anfangen. Ich sollte noch sagen, dass diese Herangehensweise nicht unbedingt gleich "klappen" wird. Es ist euch keine Methode, sondern du versuchst einfach selbst, den Übergang für dein Kind leichter zu gestalten. Das kann total unterschiedlich aussehen und weil du deinen Sohn besser kennst, fallen dir vielleicht noch andere Möglichkeiten ein. Bei euch haben sich jetzt schon Muster eingespielt, an die er vielleicht noch festhalten wird, obwohl du jetzt was anderes machst. Versuch es einfach ein paar Mal, bevor du aufgibst.

Grüße
Johanna
www.unerzogen.de

 
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