Baby und Job

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Geschrieben von Lily24 am 12.10.2006, 13:39 Uhr

@Tinai und andere

Hallo zusammen,

ich bin fast dreißig, Akademikerin und (im Moment) "nur" Hausfrau und Mutter. Diese Entscheidung haben mein Mann und ich nach reiflicher Überlegung gemeinsam getroffen. Sie ist richtig für UNSERE Familie und UNSERE Situation und wie alle anderen Lösungen auch kein Patentrezept für alle.

Dass ich zur Zeit zuhause bleibe, hat viele positive Effekte für unsere Familie, aber auch einen für die Gesellschaft an sich: meine Familie lebt von dem (zugegebenermaßen guten) Einkommen meines Mannes und ich gebe einem anderen Menschen die Möglichkeit, mit dem Arbeitsplatz, den ich sonst belegen würde, seine Familie zu finanzieren. Schließlich haben wir nicht mehr die Zeit des Wirtschaftswunders und der Vollbeschäftigung. In meinem Bereich sind die Jobs rar und mehr als hundert Bewerber pro Stelle üblich. Es ist auch ein Stück sozialer Verantwortung, nicht ein Zweiteinkommen für unsere Familie in Anspruch zu nehmen, wenn dafür ein Arbeitsplatz für einen anderen Alleinverdiener fehlt und dieser dementsprechend als Arbeitsloser finanziert werden muss. Die von Dir erwähnten sozialversicherungstechnischen und steuerlichen Vorteile können den Nachteil eines fehlenden Zweiteinkommens für unsere Familie nicht ersetzen. Ich empfinde sie dementsprechend nicht als einen mir ungerecht zuteil werdenden Vorteil, nein. Sie gleichen die Nachteile aus, die mir aus sozialer Verantwortung entstehen. Das Risiko, später nicht mehr oder nur zu wesentlich schlechteren Bedingungen in den Arbeitsmarkt einsteigen zu können, trage ich schließlich ganz alleine (die normalen Lebensrisiken sichern wir selbstverständlich durch sehr hohe Lebens/Berufsunfähigkeitsversicherungen usw. ab).

Auch das Argument, als Hausfrau ließe man sich durch den Mann ein angenehmes Leben finanzieren, kann ich für meine persönliche Siuation zurückweisen. Mein Mann hat einen sehr, sehr stressigen Beruf. Dementsprechend entlaste ich ihn in einem Maße, das ich bei gleichzeitiger Berufstätigkeit einfach nicht leisten könnte. Ich übernehme sehr, sehr viele formelle/organisatorische Aufgaben, ich bin diejenige, die familiäre Verpflichtungen SEINER Mutter gegenüber erfüllt (weil er dafür schlichtweg keine Zeit hat). Das sind alles Arbeiten, die man nicht einfach an einen Angestellten übertragen kann, die aber erledigt werden müssen, zusätzlich zu Haushalt und Kinderbetreuung. Manchmal brauche ich alleine für meine Schwiegermutter fünfzehn Stunden in der Woche - das ist schon fast eine halbe Stelle.
Die Aufgaben, die ich im Moment habe, sind weniger sichtbar als meine früheren beruflichen Erfolge, aber deshalb nicht weniger wertvoll. Ich habe zum Beispiel eine Nichte, die auf der Gesamtschule eigentlich ihren Hauptschulabschluss gemacht hätte, und den nicht einmal besonders gut. Einen Grund für gezielte Nachhilfe hat aber niemand gesehen - außer mir. Ich habe mich regelmäßig, oft und lange mit ihr zusammengesetzt und mit ihr gelernt, ihr bei den Hausaufgaben geholfen, Klassenarbeiten vorbereitet. Es hat funktioniert. Sie kam in die besseren Kurse und macht nächstes Jahr ihren Realschulabschluss und das ist ein Gewinn für die Gesellschaft, den ein schlechter Hauptschulabschluss hätte sie wahrscheinlich geradewegs in die Arbeitslosigkeit geführt.
Alle diese Aufgaben, die ich wahrnehme, sind wichtig, manchmal sogar wichtiger als alle beruflichen Aufgaben, denen ich nahckommen könnte. Denn auf dem Arbeitsmarkt bin ich ersetzbar, sogar austauschbar, in der Familie nicht. Trotzdem werden diese Tätigkeiten gesellschaftlich nicht anerkannt. Wenn mich Leute früher gefragt haben, was ich beruflich mache, hat die Antwort sie in der Regel mehr oder weniger beeindruckt. Wenn man mich heute fragt und erfährt, dass ich (erst einmal) "nur" Hausfrau und Mutter bin, kann das in der Regel niemand verstehen (bei meiner Qualifikation...).
Ja, ich habe eine hohe Qualifikation, viele Fähigkeiten, die ich im Moment dazu nutze, um mich um Menschen zu kümmern - um meine Familie. Wie kann das wertlos sein?

LG,
Lily

 
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