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Geschrieben von Daffy am 28.05.2018, 14:25 Uhr

Es geht nicht nur um den Lebensunterhalt

Schäfer werden nicht reich und machen ihre Arbeit sicher nicht, weil sie nichts besser Bezahltes finden (gilt für die meisten Bauern genauso - gerade Biobauern haben ein Wolfsproblem). Du willst doch sehen, dass Deine Arbeit Früchte trägt; die Vorstellung, dass man morgens zum Ort eines Massakers kommt, ist grausig.

Der scheue Wolf, der die Rehpopulation unter Kontrolle hält und nicht über Zäune geht, ist ein grüner Traum, der nichts mit der Realität zu tun hat.

"Carl Wilhelm Kuhlmann, der Schäfer, ist noch einer der wenigen, der mit seinen insgesamt 800 Tieren bei Wind und Wetter in traditioneller Hütehaltung durch die Landschaft südlich von Munster zieht.
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Seit 2009 erlebt Kuhlmann Angriffe auf seine Tiere „sogar dann, wenn ich bei der Herde stehe“. Mitte Juli seien die Wölfe sogar am helllichten Tag auf seinen Hof gekommen und hätten dort drei Zuchtböcke gerissen.
Am meisten ärgere ihn aber, dass er von Beamten und Politikern wie eine Mischung aus nervigem Kind und Bittsteller behandelt werde.
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Weil sich die Schäfer der Region von der Politik im Stich gelassen fühlten, „haben manche schon aufgegeben“, brummt Kuhlmann, „andere haben sich illegal bewaffnet, um sich und die Herden verteidigen zu können“. Selbstjustiz im wilden Norden. Schon macht unter Wolfsgegnern die Devise von den „drei S“ die Runde: „Schießen, schaufeln, schweigen“.

Erst vor wenigen Tagen wurde im Ammerland wieder ein erschossener Wolf entdeckt, mindestens der vierte Abschuss in Niedersachsen seit dem Jahr 2000. Insgesamt 26 solcher illegaler Tötungen hat der NABU bundesweit bisher gezählt. „Das sind keine Einzelfälle mehr. Offenbar gibt es Menschen, die gezielt Jagd auf Wölfe machen.“ klagt Holger Buschmann, NABU-Vorsitzender in Niedersachsen.

Eine Schusswaffe besitzt Kuhlmann zwar nicht. Aber seinen robusten Wacholderknüppel trägt er immer bei sich. Vor 26 Jahren hat der Diplomagrarwissenschaftler den Beruf des Schäfers gewählt, um dem Stress der Städte zu entfliehen, „aber jetzt bin ich immer angespannt, wenn ich draußen bei der Herde bin.“
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Wölfe attackieren seit Neuestem die Schafherden, die seit Jahrhunderten für den Deichschutz im Raum Cuxhaven eingesetzt werden. Die Erdwälle sind mit Gras bepflanzt. Die Graswurzeln halten das Erdreich auf den Wällen. Die Schafe halten das Gras kurz und somit die Wurzeln intakt. Ohne Schafe keine Deiche. Ohne Deiche kein Flutschutz. Ohne Küstenschutz keine Besiedelung, keine Bewirtschaftung, kein Tourismus.

„Wenn das mit den Wölfen hier so weitergeht, bricht die Deichsicherheit zusammen“, sagt Torsten Heitsch vom Hadelner Deich- und Uferbauverband in Otterndorf
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Kay Krogmann ist der beauftragte Schäfer des Hadelner Deichverbandes. Aber wie lange Krogmann sich diesen Job noch leisten kann, ist unklar. „Wenn das auch im nächsten Jahr so weitergeht, dann werfe ich das Handtuch“, sagt der 37-Jährige, „der finanzielle, aber vor allem der psychische Druck sind einfach zu groß
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Das „Wolfsbüro“ der Naturschutzbehörde empfiehlt Krogmann und seinen Kollegen routinemäßig sogenannte „wolfsabweisende Schutzzäune“ oder den Einsatz von ausgebildeten Herdenschutzhunden. Diese riesigen Hunde, die es gegen ein Wolfsrudel aufnehmen sollen, könnten auf dem im Sommer täglich von 2000 Touristen besuchten Altenburger Deich wegen ihrer Aggressivität gegenüber fremden Menschen jedoch nur hinter sicheren Zäunen eingesetzt werden.

Aber die Einzäunung der Deiche ist in diesem Abschnitt verboten. Und selbst wenn das Verbot gekippt würde: Ein Schutzzaun allein für Krogmanns Schafe würde etwa 150.000 Euro kosten. Maximal 30.000 Euro davon würde das Umweltministerium in Hannover übernehmen. Für Schäfer Krogmann, der sich nach einem Monat mit in der Saison 30 Arbeitstagen zu jeweils bis zu 16 Stunden genau 1000 Euro netto aus der Kasse nimmt, ist der Rest von 120.000 Euro eine unvorstellbar hohe Summe.
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Schon so zahle er wegen der Wölfe ständig drauf, rechnet der Schäfer vor: 5500 Euro Entschädigung habe ihm das Land bisher bezahlt, den Fleischpreis der gerissenen Schafe. „Die tatsächlichen Verluste waren aber über 20.000 Euro“, so Krogmann: für die Stallhaltung verletzter Tiere, für die Zufütterung, für Fehlgeburten bei trächtigen Schafen. Diesen Herbst werde er seine Tiere erstmals im Stall unterbringen und bis zum Frühling nicht mehr auf die Weide lassen."

Soviel zu den staatlichen Zuschüssen und Entschädigungen.
Auch spannend:

"Die Hoffnung der Behörden war, dass sich die Wölfe wieder an das Wild halten, wenn sie Schafe hinter gesicherten Zäunen nicht mehr erlegen können. Doch Rehe interessieren die Lamstedter Wölfe nur am Rande. Sie jagen jetzt ausgewachsene Rinder. Fast im Wochentakt.

„Wölfe sind hochintelligente Tiere“, sagt Kück. „Sie lernen extrem schnell und passen ihr Verhalten immer wieder an die Lage an“, hat Kück* beobachtet, „zuerst haben sie begonnen, Kälber zu reißen, dann hat das Rudel Jungrinder in die hier zahlreichen, vollgelaufenen Wassergräben getrieben, wo sie im Schlamm feststeckten. Jetzt haben sie gelernt, wie sie selbst ausgewachsene Kühe durch Kehlbisse ersticken können. Im vergangenen November habe ich an den Biss-Spuren festgestellt, dass unsere Jungwölfe diese Technik erstmals ausprobiert haben. Inzwischen haben sie sie perfektioniert.“

*pensionierter Projektingenieur, langjähriger Naturschützer, passionierter Jäger und seit fünf Jahren ehrenamtlicher Wolfsberater des Landes Niedersachsen. Kück und seine 130 Kolleginnen und Kollegen rücken nach jedem Nutztierriss aus, sichern DNA, fotografieren Biss-Spuren und vermessen Pfoten-Abdrücke, sogenannte Trittsiegel. Nur wenn der Wolf als Verursacher zweifelsfrei feststeht, haben die Tierhalter Anspruch auf Entschädigung.

https://www.welt.de/politik/deutschland/plus169642711/Das-gruene-Maerchen-vom-guten-Wolf.html

 
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