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Geschrieben von Hexhex am 31.12.2008, 11:47 Uhr

Nicht unnötig problematisieren, meine war in diesem Alter genauso... (Achtung, lang)

Hallo,

für viele zurückhaltende und schüchterne Kinder ist es ja ganz typisch, dass sie sich nur woanders so verhalten. Dort aber, wo sie sich sicher fühlen, sind sie entspannt und geben sich natürlich und durchaus auch frech und selbstbewusst. Das ist kein Widerspruch in meinen Augen, ich kenne einige Kinder, die so sind - unter anderem meine eigene Tochter (inzwischen 9).

Sie war in den Spielgruppen und später im Kiga extrem still. Obwohl sie recht gern hinging, sprach sie nie von sich aus mit den Erzieherinnen und antwortete auch nur knapp. Das galt auch für andere Erwachsene. Auch gegenüber den anderen Kindern im Kiga war sie zurückhaltend und recht scheu. Zu Hause und bei ihren engsten Nachbarsfreundinnen war und ist sie aber völlig anders: Relativ frech, selbstbewusst, übernimmt gern die Leitung und ist auch manchmal arg ungnädig gegenüber ihren Spielgefährten, wenn die nicht so wollen wie sie möchte - also generell ganz das Gegenteil von unsicher. Zum Teil ist das sicher auch eine Kompensation für ihre Zurückhaltung woanders.

Ich finde es immer ein wenig ärmlich, wenn Erzieherinnen ein zurückhaltendes Kind problematisieren - und sich die armen Mütter (wie es Dir nun auch passiert ist) darauf einlassen und plötzlich ebenfalls ein Problem wittern, wo gar keines ist. In unserem ersten Kiga war das auch so, die Erzieherinnen konnten so gar nicht verstehen, warum ein Kind denn bei ihnen so schüchtern ist ("Du brauchst doch hier keine Angst zu haben!"). So etwas hilft einem stillen Kind null. Es ist so, wie es ist, und es kann nicht auf Aufforderung anders sein. Es spürt nur: Ich bin offenbar nicht in Ordnung, so wie ich bin. Die Großen und sogar meine eigene Mama möchten mich anders haben als ich bin. Im zweiten Kiga (nach Umzug) war es ganz anders: Die Erzieherinnen haben jedes Kind spüren lassen, dass es prima ist, genau so, wie es ist. Sie haben schüchternen Kindern außerdem kleine Aufgaben übertragen, die sie z.T. zusammen mit einem weiteren Kind erledigen konnten, so dass etwas Kontakt zustande kam und das Selbstbewusstsein gefördert wurde.

Ich habe zu Erwachsenen, die meine Tochter "zu schüchtern" fanden und hier gern ein Problem konstruieren wollten, immer gesagt: "Sie ist genau richtig, so wie sie ist. Manche Kinder sind Draufgänger, manche sind schüchtern, und das ist auch gut so." Meine Tochter hat das auch gehört, das war mir wichtig. Ich habe sie nie aufgefordert, doch mehr mit den Erzieherinnen oder anderen Kindern zu reden, denn so einer Aufforderung kann ein Kind nicht nachkommen. Mein Mann und ich haben ihr immer gezeigt, dass wir sie Klasse finden, exakt wie sie ist. Wir haben sie aber auch für jeden kleinen Schritt, den sie gewagt hat, sehr gelobt.

Das Ergebnis: Sie ist heute 9 und längst nicht mehr so zurückhaltend. Sie steht zu ihrer Schüchternheit, auch in der Schule. Sie hat wenige, aber sehr gute Freundinnen. Sie ist bei den Lehrern beliebt, meldet sich inzwischen auch viel von sich aus, ist ausgesprochen fröhlich und geht gern zur Schule. Sie ist noch nie - weder im Kiga noch in der Schule - je untergebuttert worden, nur weil sie zurückhaltend ist. Gerade weil sie spürte, dass ihre Veranlagung okay ist für uns, hat sie immer ein ruhiges Selbstbewusstsein ausgestrahlt, und das spüren andere Kinder. Selbstwertgefühl und Schüchternheit schließen sich nämlich keineswegs aus.

Und noch eine letzte Beruhigung: Kluge Untersuchungen haben längst ergeben, dass schüchterne und zurückhaltende Menschen es beruflich später genauso weit bringen, wie die selbstbewussten Draufgänger, sie ist also keinerlei Nachteil in dieser Hinsicht.

Langer Rede kurzer Sinn: Das Wichtigste ist, dass Du Deine Tochter akzeptierst, so wie sie ist. Verteidige ihre Veranlagung auch in ihrem Beisein gegenüber anderen, erläre, dass Du ihre Eigenschaften gut und in Ordnung findest. Sage (für sie hörbar), dass sie mit der Zeit schon das tun wird, was sie gern tun möchte. Dass es aber okay ist, wenn sie anfangs die anderen lieber beobachtet, statt gleich mitzumachen und Kontakt zu knüpfen. Frage die Erzieherinnen freundlich, aber ruhig offensiv und entschieden, was sie tun werden, um Deine Kleine gut zu integrieren und aus ihrem Schneckenhaus zu locken. Es ist Aufgabe der Erzieherinnen, auch ein zurückhaltendes Kind einzugliedern - statt sich quengelnd an die Mutter zu wenden und anzudeuten, mit dem Kind stimme wohl etwas nicht.

Grüßle,

B.

 
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