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Geschrieben von eleanamami am 08.10.2010, 14:51 Uhr

Vera und wie die lernstanderhebungebn noch so heißen....

sind nichts anderes als Instrumente für die folgende Selektion...Lasst euch doch nichts anderes einreden...sie überprüfen weder die LEhrer und deren Unterrichtsqualität noch ist es ein geeignetes Diagnosemittel, um Kindern zu helfen.

Wer lesen mag......( Vorsicht lang)


"Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit möchten wir uns zum Thema „Lernstandserhebungen“ äußern. Eines sei vorweg gesagt: Wir haben nicht die Absicht, den Vergleich als solchen dogmatisch abzulehnen. Bei jeder Note und jedem Zeugnis wird ein Vergleich des einzelnen Kindes mit „den Anderen“ praktiziert – ist also aus der Schule kaum wegzudenken.
Allerdings haben wir Bedenken gegen den groß angelegten, flächendeckenden Vergleich, der im Moment mit dem Projekt „Lernstandserhebungen“ durchgeführt wird. Um diese Bedenken auszuführen, müssen wir ein wenig ausholen:

1.) Über Kinder
„Es gibt kein Entwicklungsmerkmal, welches bei allen gleichaltrigen Kindern gleich ausgeprägt ist.“ (Largo 2009, S. 22)
In der Grundschule treffen sich alle Kinder. Jedes von ihnen soll wahrgenommen werden. Jedes von ihnen verdient es, dass wir dem Kind gerecht werden. Aber was ist gerecht? Wie sollen wir allen Kindern gleichzeitig gerecht werden?
Kinder sind schon im Säuglingsalter verschieden! Sie werden Zeit ihres Lebens nur noch verschiedener. Sie haben völlig unterschiedliche familiäre Voraussetzungen, unterschiedliche Vorlieben und Interessen und unterschiedliche Leistungsvermögen und Entwicklungsstände.
Allen Kindern eine Aufgabe zu geben wird weithin als eine Möglichkeit betrachtet, gerechte Bewertung zu erzielen. Das sehen wir nicht so.


Gerecht ist eben nicht automatisch, wenn jede/r dasselbe bekommt! Da nicht alle gleich sind, benötigen auch nicht alle das Gleiche. Gerecht ist, wenn jede/r erhält, was er/sie gerade braucht!

Eine Erhebung, die alle Kinder an einem Maßstab misst, ist immer ein bisschen, wie die Aufgabe auf dem eben zitierten Bild. Sie wird nie allen Kindern 100%ig gerecht.
In der Grundschulpädagogik ist der Anspruch „Die Kinder dort abholen, wo sie stehen“ einer der allerwichtigsten. Es handelt sich dabei nicht um eine „Modewelle“ sondern um eine tiefe Verantwortung gegenüber der nachfolgenden Generation: Die Schule soll dafür sorgen, dass jedes Kind von dort, wo es gerade steht, weiter kommen kann. Die Schule sollte eine Instanz in dem Leben des Kindes sein, die es auf dem Weg ins Leben gemäß der vorhandenen Fähigkeiten weiter bringt. Und dies soll nicht nur bei den schnellen und geförderten Kindern gelingen, sondern bei allen Kindern!
Dieser Anspruch ist mit Standardisierung nicht vereinbar. Es geht darum jedem Kind gerecht zu werden, nicht darum, jedes Kind über ein und denselben Kamm zu scheren!

Wir finden, dass die Schule nicht dazu da ist, aus der großen bunten Truppe Kinder ein- und dasselbe Kind zu formen! Das Ziel ist nicht die homogene Gruppe, in der alle dasselbe wissen, dasselbe denken und dasselbe können. Das (glücklicherweise imaginäre) Bild eine Klasse, von der man das Gefühl hat, es säßen 20 Klone in ihr, jagt uns Angst ein, wie geht es Ihnen?

2.) Schule
Schule (und vor Allem die Grundschule) hat heute die Hauptaufgabe, mit der eben beschriebenen Heterogenität umzugehen. Das wollen wir kurz verdeutlichen:
Die Fähigkeiten von 7-jährigen Kindern umfassen bei einer einzigen Aufgabe einen Entwicklungsstand von mindestens drei Jahren (ebd. S. 19)! Es gibt also 7-jährige, die schon so weit sind, wie 8-9 jährige und andere, die erst so weit sind, wie 5-6 jährige Kinder. Bis die Kinder 13 Jahre alt sind, umfasst der Entwicklungsunterschied bereits 6 Jahre. „Hinzu kommt, dass die Jungen als Gruppe im Mittel um eineinhalb Jahre in ihrer Entwicklung hinter den Mädchen zurückliegen“ (ebd. S. 19).
Und das beschreibt nur die Fähigkeiten bei einer Aufgabe bzw. einem Anforderungsbereich. Jedes Kind hat wieder unterschiedliche Fähigkeiten in den unterschiedlichen Bereichen des Lebens. Jedes Kind ist in den spezifischen Ausprägungen von Neigungen, Interessen und Entwicklungsständen einzigartig. Es sei angemerkt, dass wir dabei von der Norm sprechen und nicht von der Abweichung. Das bedeutet, die Leistungsspanne kann je nach Klassenzusammensetzung noch viel breiter sein.

Warum das so ist, ist an vielen Stellen in der Literatur belegt (z.B. in dem bereits zitierten Buch von Remo Largo) und soll hier nicht zum Thema gemacht werden. Fest steht, dass die Grundschule damit umgehen muss. Heterogenität in diesem Ausmaß kann weder ignoriert noch weggeredet werden.

Aber wie sollen wir damit umgehen?
Wir möchten mit einigen Gegenfragen deutlich machen, wie wir nicht damit umgehen können:
Welche Aufgaben sollen denn nun allen Kindern gestellt werden? Auf welches Kind hin, soll eine Lernstandserhebung, die alle Kinder messen soll konzipiert werden?
Auf das Mittelfeld? So, dass die eine Hälfte der Kinder versagt und die anderen sich langweilen? Das wäre eine weniger glückliche Lösung, finden Sie nicht?
Kinder, die lernen, dass sie „in Wirklichkeit“ Versager sind, sind diejenigen Kinder, um die sich unsere Gesellschaft wirklich Sorgen machen muss. Kein (Grund)Schulunterricht darf solch ein Selbstkonzept vermitteln!

Oder soll der Test, der ja „Mindestanforderungen“ abfragen soll, auf den Mindeststand konzipiert werden? So, dass in einer durchschnittlichen Klasse alle Kinder den Test bestehen? Worin bestünde dann der Sinn der Erhebung?!
Diese Frage beschäftigt uns in Punkt 3:

3.) Sozialer Vergleich
„Vergleichsarbeiten“ heißen ähnliche Projekte in einem anderen Bundesland. Wir finden das Wort äußerst treffend – auch für die hessischen „Lernstandserhebungen“.
Denn einmal anders herum gefragt: Warum sollen denn alle Kinder denselben Test schreiben?
Welche Folgen hat es, wenn ein Mini-„Zentralabitur“ schon nach dem dritten Schuljahr geschrieben wird? Welchem anderen Zweck als dem, der Vergleichbarkeit soll das dienen?
- Soll es den SchülerInnen helfen? Wenn ja, fragen wir uns wobei ihnen das helfen soll.
- Den LehrerInnen? Abgesehen von dem unheimlichen Mehraufwand und der Belastungen auf der einen Seite, hätten sie eine Rückmeldung über ihre Klasse. Eine Rückmeldung, die wache LehrerInnen, die eine lebendige Verbindung zu ihren Schülerinnen und Schülern unterhalten ohnehin haben, sagen wir.
- Also den Behörden und der Forschung? Zu welchem Zweck wollen diese denn den breiten Vergleich? Inwiefern bereichert er das System Schule? Abgesehen von der geringen Validität und der daraus resultierenden geringen Nutzbarkeit der Daten fragt man sich, warum immer jede/r mit jede/m verglichen werden muss?
Warum, so fragen wir uns, wird so viel Wert auf die soziale Bezugsnorm gelegt? Warum müssen die Kinder so dringend an den anderen Kindern gemessen werden?

Stellen Sie sich eine Klasse vor, in der sich zufällig überdurchschnittlich viele sehr intelligente, fleißige und schnelle Kinder befinden. Was ist mit dem Rest? Mit den „normalen“, die in einer anderen Klasse 2en und 3en im Zeugnis hätten? Sollen sie nun 3en und 4en bekommen? „Natürlich nicht“ werden Sie antworten und Sie haben recht. Denn die Kinder sind doch unabhängig von den MitschülerInnen zu bewerten, oder nicht? Es geht bei Bewertung doch um jedes einzelne Kind unabhängig von den anderen Kindern.
Dafür benötigt man eine individuelle Bezugsnorm. Einen Test, der das Kind sozusagen an sich selber misst und nicht an den anderen. Dazu gibt es Möglichkeiten und Verfahren (Bewertung nach Zielen und Fortschritt) – sie werden nur nicht angewandt. Kaum in Klassenarbeiten und erst recht nicht in „Vergleichsarbeiten“.
Wir wollen die Grundfrage noch einmal stellen: Worin liegt die große Bereicherung für die Schule? Warum soll eine Gesellschaft für diesen Vergleich aufkommen?
Wir wissen es nicht, aber wir haben Sorgen, wofür der Vergleich genutzt werden wird, die wir etwas näher beschreiben wollen:








5.) Selektion
Wir beobachten einige fragwürdige Entwicklungen, seit dem „Pisa-Schock“: Das Abitur wurde vorverlegt und der Selektions- und Leistungsdruck auf Lehrer und SchülerInnen wurde erhöht.
In einem System, dass eindrucksvoll bescheinigt bekommen hat, es selektiere zu früh und zu endgültig, ist sozialer Vergleich und Druck kein adäquates Mittel um voranzukommen!

Sozialer Vergleich in diesem Ausmaß und in dieser Alterststufe selektiert alle diejenigen aus, die zu weit von der Mitte abweichen. Wer zu weit zurückbleibt hat Pech gehabt. Der ist zu langsam. Diese Kinder werden ausgesondert und mit speziellen Maßnahmen beschult. Diese Praktik wollen wir nicht vorantreiben.
[Diejenigen, die viel zu langsam sind, nennt man „krank“ und setzt sie entweder unter Medikamente oder in eine gesonderte „Behandlung“.]
Wir empfinden diese Praxis als falsch. Wir wollen unsere Kinder so nicht behandeln – wir wollen sie sogar davor schützen.

Lernstandserhebungen gehen unserer Meinung nach genau einen Schritt in diese Richtung: Die Zahlen werden genutzt, um Kinder, LehrerInnen und Klassen in ein Ranking zu bringen und zu bewerten. Dass dies Entwicklungen bremst und hemmt, anstatt sie voranzubringen hat Stähling deutlich gemacht.

Stellen Sie sich vor, eine Schule käme auf die Idee, alle ihre Kinder zu messen um anschließend Elternhäuseretiketten zu verteilen. Da gingen Schulmitarbeiter von Haus zu Haus, klingelten an der Tür und würden eine Rückmeldung überbringen, die in etwa so lautet: „Guten Tag, Ihr Kind ist nicht gut in unserer Schule! 80% der anderen Kinder sind besser, als Ihr Kind. Über die näheren Umstände und Lernwege des Kindes wollen wir gar nichts erfahren, das können wir auch gar nicht, weil wir das nicht messen, aber wir wollten nur Bescheid sagen, dass es nicht gut bestellt ist, um die Leistungen ihres Kindes!“

Glauben Sie, das würde zur „Qualitätsentwicklung“ der Elternhäuser und der Erziehungsstile beitragen? Denken Sie, es sei Mittel zur Selbsthilfe und würde uns von allen Unterschieden befreien, Bildung unters Volk bringen und mündige, denkende, das Leben liebende kleine Menschen hervorbringen?
Wir auch nicht!
Warum also, so fragen wir, soll diese Praktik auf Schulen bezogen funktionieren und motivierte, zusammenarbeitende, nach vorne blickende Kollegien hervorbringen, die fest hinter ihren Kindern stehen?"




LG

 
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