Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Mama Heike am 17.09.2006, 22:59 Uhr

@RR- wegen Trotz auf dem Weg

Hallo,

hab leider erst heute Zeit zu antworten.

Du fragst, wie du deinem Sohn beibringen kannst, dass du nicht immer das machen kannst, was er will? Das ist eine berechtigte Frage!

Im Moment ist dein Sohn im Trotzalter. Typisch für dieses Alter ist, das die Kinder doch tatsächlich noch glauben, sie müssten gar nichts! Bei deinem Beispiel war er der Meinung, er muss nicht den Weg laufen, dein Sohn wollte von dir getragen werden.

Ich habe kein Problem mit der Meinung unserer Kinder, sie müssen gar nichts tun. Ganz im Gegenteil, davon kann man nur lernen! Ich bin nämlich auch der Meinung, dass ich nichts MUSS, außer sterben natürlich :-)))

Und auch dich zwingt keiner von A nach B zu gehen, wenn du nicht WILLST. Und auch dein Sohn kommt bereitwillig mit, wenn er will. Du musst ihn also lediglich UMSTIMMEN, bis wieder Willenseinklang herrscht, denn tragen kommt für dich nicht in Frage und nach Hause „prügeln“ oder „gängeln“ ist auch nicht dein Ding.

Was kannst du also tun, damit er den Weg von A nach B läuft/fährt? Du kannst auf Furcht setzen, auf Bestechung oder auf Liebe.

1. Bei FURCHT machst du Folgendes: Nachdem du dich bei ihm erkundigt hast, was das Problem ist und er trotzdem nicht laufen will, sagst du: „Wenn du jetzt nicht kommst, geh ich alleine!“ Du ignorierst sein Verhalten völlig und schaust ihn nicht mehr an (ansonsten würde vermutlich dein Herz bluten). Dein erst mürrisches Kind wird durch deine Ignoranz wütend auf dich sein und dich in dem Moment hassen. Aber du siehst es ja nicht, weil du ihn nicht anschaust. (Vielleicht hältst du es ja auch aus, aber dein Posting sagt was anderes.)

Irgendwann wird er begreifen, dass du es ernst meinst und du nur DANN wieder seine „liebe“ Mama bist, wenn er hinterhergetrottet kommt. Du könntest ihm auch Angst machen: „Wenn du nicht kommst, spiel ich nachher nicht mit dir.“ Was bleibt, ist ein trauriges Kind auf dem Weg von A nach B und ein Klos in deinem Hals. Dazu erkaufst du dir leider den Widerholungszwang. Dein Sohn wird also noch öfter deine Liebe auf diese Art testen müssen, denn es beschleichen ihn Zweifel an deiner bedingungslosen Liebe. Du hast ja gerade deine Liebe an eine Bedingung geknüpft.:-((

2. Bei BESTECHUNG lockst du dein Kind: „Wenn du jetzt kommst, essen wir nachher dein Eis.“ Oder „Komm, beeilen wir uns, dann spielen wir noch was Schönes.“ Dein Sohn will dann auch den Weg gehen, aber vermutlich wird er schnell durchschauen, dass für ihn was rauszuschlagen geht und er wird das bald gnadenlos ausnutzen, bis dir doch eine Tages der Knoten platzt und du ärgerlich wirst und wieder bei "null" anlangst.

3. Mit LIEBE kann man auch erreichen, dass er freiwillig von A nach B geht (du ihm also NICHT seinen Willen lässt und ihn NICHT nach Hause trägst). Das ist aber etwas umständlich, denn du musst dir etwas ausdenken, was zu deinem Sohn passt.
Nachdenken kannst du nur, wenn du nicht ärgerlich bist und dich nicht von Zeitdruck verrückt machen lässt.
Bei deinem Beispiel hast du 5 min. gewartet und 15 min. länger gebraucht als üblich, weil du deinen Sohn nach Hause schieben musstest. Du hast (ganz pragmatisch gesehen) 20 Minuten Zeit, dir was auszudenken. 20 Minuten! Das kann man doch hinkriegen oder?

Ich könnte mir die Situation so vorstellen: Zu allererst schaust du, was er denn für ein Problem hat. Mit Mitgefühl kannst du schon einiges abfangen und vielleicht reicht schon aus, wenn du ihm zuhörst. Ist er schon total stinkig, wirst du kaum zu ihm durchdringen. Er braucht also eine „Auszeit“, um sich zu beruhigen. (Dass hast du auch gemacht, nämlich fünf Minuten gewartet.)

Für das Ergebnis der „Auszeit“ ist ausschlaggebend, ob du dem kleinen „Dampfkessel“ zusätzlich einheizt oder ob du es schaffst, die Temperatur abzusenken.

Du heizt dem „Dampfkessel“ ein, wenn du ungeduldig bist und auf der Lauer liegst: „Nun komm doch endlich.“ „Los doch jetzt, ich warte nicht mehr länger.“ Zu ziehst damit das Drama in die Länge.

Die "Temperatur" regelst du nach unten, wenn du zum Beispiel sagst: „Wir ruhen uns mal aus, meine Beine sind auch müde.“ Mit ein bisschen Glück gibt es eine Bank in der Nähe und du schleppst ihn meinetwegen dorthin. Ich würde ihn nur nicht nach Hause schleppen (außer er ist krank), nur weil er das WILL.
Schließlich hat er gezeigt, dass er schon lange den Weg bewältigt. Würdest du ihn schleppen, wäre das Verwöhnen. Du läufst dann Gefahr, dass er öfter diese Ansprüche stellt.

Wenn ihr also eure „Auszeit“ von der Hektik des Tages habt, kannst du dir in Ruhe was ausdenken. Vielleicht ziehst du deine Schuhe aus und machst Fußkreisen. Schließlich hast du mal gelesen, dass man dadurch größere Schritte machen kann. Dein Sohn wird neugierig und macht es dir nach. Und das man größere Schritte machen kann, muss natürlich ausprobiert werden!
Man kann auch ein Spiel anfangen: „Ich bin schon so erschöpft, wie viele Schritte werden es wohl bis nach Hause sein?“ Im Schwatzen und Raten seit ihr schneller auf dem Heimweg, als du denkst und mit ein bißchen Glück brauchst du auch nicht bis 7854 zu zählen, weil dein Sohn längst die Lust an dem Spiel verloren hat und Fahrrad fährt.

Wenn Oma keine Geduld hat, kann sie auch schon vorgehen. Aber ihr habt sie schneller ein, als du glaubst, wenn du nur den richtigen EINFALL hattest. (Und das ist vom Kind abhängig.) Dann könnt ihr euch sogar noch beeilen, weil ihr euch ausgeruht habt und braucht am Ende die gleiche Zeit wie immer.

Dein Kind hat durch dein Verhalten glücklich und zufrieden den Heimweg bewältigt, dein Herz blutet nicht und dein Sohn hat NICHT seinen Willen bekommen, denn er geht freiwillig von A nach B. Er hat auch keinen Zweifel an deiner Liebe, denn du hast ihn in seinem Dilemma ernst genommen. Das stärkt seine Selbstvertrauen, denn er fühlt sich emotional sicher bei dir.

Wie dem auch sei: Es gibt immer MEHRERE Lösungen, damit dein Kind tut, was du für richtig hälst! Die Wahl liegt immer und ausschließlich nur bei DIR, denn es ist dein Kind.

Noch ein genereller Tipp: Wie oft hetzen wir auf unseren Wege, egal wohin es geht. Unsere Ratslosigkeit und Ungeduld übertragen sich auf die Kinder. Sie haben aber nicht die „innere“ Vernunft wie wir, warum sie hetzen sollten. Sie verlangen vor "Erschöpfung" eine Auszeit und weigern sich, mit zu machen. Aber die Auszeit ist eigentlich für uns gedacht, denn wir MÜSSEN nicht durchs Leben hetzen, wenn wir es nicht wollen. Mich zwingt jedenfalls keiner dazu, ich bin ein freier Mensch. Ich muss gar nichts. Wie mein Kind auch!

Und noch eins: Laß dir nie von irgendeinem Experten oder sonstwem einreden, dass bei deiner Erziehung dein Herz bluten und dein Sohn dich HASSEN muss, wie überzeugend, wissenschaftlich oder plausibel ein Argument auch klingen mag. Und wie sehr er dich in dem Moment hasst, siehst du an seinem wütenden und tobenden Blick. Und seine Augen sind dann nur auf DICH gerichtet.

Es gibt nicht einen einzigen Grund, warum ein Kind DEN Menschen hassen muss, den es am meisten liebt. Wie Kinder das aushalten, ist mir ein Rätsel.

Liebe Grüße
Heike

 
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