Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Mama Heike am 17.09.2006, 22:59 Uhr

@RR- wegen Trotz auf dem Weg

Hallo,

hab leider erst heute Zeit zu antworten.

Du fragst, wie du deinem Sohn beibringen kannst, dass du nicht immer das machen kannst, was er will? Das ist eine berechtigte Frage!

Im Moment ist dein Sohn im Trotzalter. Typisch für dieses Alter ist, das die Kinder doch tatsächlich noch glauben, sie müssten gar nichts! Bei deinem Beispiel war er der Meinung, er muss nicht den Weg laufen, dein Sohn wollte von dir getragen werden.

Ich habe kein Problem mit der Meinung unserer Kinder, sie müssen gar nichts tun. Ganz im Gegenteil, davon kann man nur lernen! Ich bin nämlich auch der Meinung, dass ich nichts MUSS, außer sterben natürlich :-)))

Und auch dich zwingt keiner von A nach B zu gehen, wenn du nicht WILLST. Und auch dein Sohn kommt bereitwillig mit, wenn er will. Du musst ihn also lediglich UMSTIMMEN, bis wieder Willenseinklang herrscht, denn tragen kommt für dich nicht in Frage und nach Hause „prügeln“ oder „gängeln“ ist auch nicht dein Ding.

Was kannst du also tun, damit er den Weg von A nach B läuft/fährt? Du kannst auf Furcht setzen, auf Bestechung oder auf Liebe.

1. Bei FURCHT machst du Folgendes: Nachdem du dich bei ihm erkundigt hast, was das Problem ist und er trotzdem nicht laufen will, sagst du: „Wenn du jetzt nicht kommst, geh ich alleine!“ Du ignorierst sein Verhalten völlig und schaust ihn nicht mehr an (ansonsten würde vermutlich dein Herz bluten). Dein erst mürrisches Kind wird durch deine Ignoranz wütend auf dich sein und dich in dem Moment hassen. Aber du siehst es ja nicht, weil du ihn nicht anschaust. (Vielleicht hältst du es ja auch aus, aber dein Posting sagt was anderes.)

Irgendwann wird er begreifen, dass du es ernst meinst und du nur DANN wieder seine „liebe“ Mama bist, wenn er hinterhergetrottet kommt. Du könntest ihm auch Angst machen: „Wenn du nicht kommst, spiel ich nachher nicht mit dir.“ Was bleibt, ist ein trauriges Kind auf dem Weg von A nach B und ein Klos in deinem Hals. Dazu erkaufst du dir leider den Widerholungszwang. Dein Sohn wird also noch öfter deine Liebe auf diese Art testen müssen, denn es beschleichen ihn Zweifel an deiner bedingungslosen Liebe. Du hast ja gerade deine Liebe an eine Bedingung geknüpft.:-((

2. Bei BESTECHUNG lockst du dein Kind: „Wenn du jetzt kommst, essen wir nachher dein Eis.“ Oder „Komm, beeilen wir uns, dann spielen wir noch was Schönes.“ Dein Sohn will dann auch den Weg gehen, aber vermutlich wird er schnell durchschauen, dass für ihn was rauszuschlagen geht und er wird das bald gnadenlos ausnutzen, bis dir doch eine Tages der Knoten platzt und du ärgerlich wirst und wieder bei "null" anlangst.

3. Mit LIEBE kann man auch erreichen, dass er freiwillig von A nach B geht (du ihm also NICHT seinen Willen lässt und ihn NICHT nach Hause trägst). Das ist aber etwas umständlich, denn du musst dir etwas ausdenken, was zu deinem Sohn passt.
Nachdenken kannst du nur, wenn du nicht ärgerlich bist und dich nicht von Zeitdruck verrückt machen lässt.
Bei deinem Beispiel hast du 5 min. gewartet und 15 min. länger gebraucht als üblich, weil du deinen Sohn nach Hause schieben musstest. Du hast (ganz pragmatisch gesehen) 20 Minuten Zeit, dir was auszudenken. 20 Minuten! Das kann man doch hinkriegen oder?

Ich könnte mir die Situation so vorstellen: Zu allererst schaust du, was er denn für ein Problem hat. Mit Mitgefühl kannst du schon einiges abfangen und vielleicht reicht schon aus, wenn du ihm zuhörst. Ist er schon total stinkig, wirst du kaum zu ihm durchdringen. Er braucht also eine „Auszeit“, um sich zu beruhigen. (Dass hast du auch gemacht, nämlich fünf Minuten gewartet.)

Für das Ergebnis der „Auszeit“ ist ausschlaggebend, ob du dem kleinen „Dampfkessel“ zusätzlich einheizt oder ob du es schaffst, die Temperatur abzusenken.

Du heizt dem „Dampfkessel“ ein, wenn du ungeduldig bist und auf der Lauer liegst: „Nun komm doch endlich.“ „Los doch jetzt, ich warte nicht mehr länger.“ Zu ziehst damit das Drama in die Länge.

Die "Temperatur" regelst du nach unten, wenn du zum Beispiel sagst: „Wir ruhen uns mal aus, meine Beine sind auch müde.“ Mit ein bisschen Glück gibt es eine Bank in der Nähe und du schleppst ihn meinetwegen dorthin. Ich würde ihn nur nicht nach Hause schleppen (außer er ist krank), nur weil er das WILL.
Schließlich hat er gezeigt, dass er schon lange den Weg bewältigt. Würdest du ihn schleppen, wäre das Verwöhnen. Du läufst dann Gefahr, dass er öfter diese Ansprüche stellt.

Wenn ihr also eure „Auszeit“ von der Hektik des Tages habt, kannst du dir in Ruhe was ausdenken. Vielleicht ziehst du deine Schuhe aus und machst Fußkreisen. Schließlich hast du mal gelesen, dass man dadurch größere Schritte machen kann. Dein Sohn wird neugierig und macht es dir nach. Und das man größere Schritte machen kann, muss natürlich ausprobiert werden!
Man kann auch ein Spiel anfangen: „Ich bin schon so erschöpft, wie viele Schritte werden es wohl bis nach Hause sein?“ Im Schwatzen und Raten seit ihr schneller auf dem Heimweg, als du denkst und mit ein bißchen Glück brauchst du auch nicht bis 7854 zu zählen, weil dein Sohn längst die Lust an dem Spiel verloren hat und Fahrrad fährt.

Wenn Oma keine Geduld hat, kann sie auch schon vorgehen. Aber ihr habt sie schneller ein, als du glaubst, wenn du nur den richtigen EINFALL hattest. (Und das ist vom Kind abhängig.) Dann könnt ihr euch sogar noch beeilen, weil ihr euch ausgeruht habt und braucht am Ende die gleiche Zeit wie immer.

Dein Kind hat durch dein Verhalten glücklich und zufrieden den Heimweg bewältigt, dein Herz blutet nicht und dein Sohn hat NICHT seinen Willen bekommen, denn er geht freiwillig von A nach B. Er hat auch keinen Zweifel an deiner Liebe, denn du hast ihn in seinem Dilemma ernst genommen. Das stärkt seine Selbstvertrauen, denn er fühlt sich emotional sicher bei dir.

Wie dem auch sei: Es gibt immer MEHRERE Lösungen, damit dein Kind tut, was du für richtig hälst! Die Wahl liegt immer und ausschließlich nur bei DIR, denn es ist dein Kind.

Noch ein genereller Tipp: Wie oft hetzen wir auf unseren Wege, egal wohin es geht. Unsere Ratslosigkeit und Ungeduld übertragen sich auf die Kinder. Sie haben aber nicht die „innere“ Vernunft wie wir, warum sie hetzen sollten. Sie verlangen vor "Erschöpfung" eine Auszeit und weigern sich, mit zu machen. Aber die Auszeit ist eigentlich für uns gedacht, denn wir MÜSSEN nicht durchs Leben hetzen, wenn wir es nicht wollen. Mich zwingt jedenfalls keiner dazu, ich bin ein freier Mensch. Ich muss gar nichts. Wie mein Kind auch!

Und noch eins: Laß dir nie von irgendeinem Experten oder sonstwem einreden, dass bei deiner Erziehung dein Herz bluten und dein Sohn dich HASSEN muss, wie überzeugend, wissenschaftlich oder plausibel ein Argument auch klingen mag. Und wie sehr er dich in dem Moment hasst, siehst du an seinem wütenden und tobenden Blick. Und seine Augen sind dann nur auf DICH gerichtet.

Es gibt nicht einen einzigen Grund, warum ein Kind DEN Menschen hassen muss, den es am meisten liebt. Wie Kinder das aushalten, ist mir ein Rätsel.

Liebe Grüße
Heike

 
8 Antworten:

Re: @RR- wegen Trotz auf dem Weg

Antwort von wassermann63 am 18.09.2006, 13:18 Uhr

Hallole,

natürlich ist das Thema Trotz bzw. sogenannte "Allmachtsphantasien" auch in unserem Hause ein Thema. Glücklicherweise ohne Exzesse, aber dennoch ein Thema.

Auch ich bin hin und hergerissen zwischen: o.k., ich lasse ihm seinen Willen (wenn es ohne negative Folgen für ihn oder jemand anderen bleibt) und NEEIN, so geht das nicht (wenn er oder andere zu Schaden kommen könnten). Der dritte Pol besteht dann aus den Fällen, in welchen keiner zu Schaden kommt und ich trotzdem gerne NEEEIN sagen würde (gefütterte saubere Hose versus verkleckerte Bermuda, bei 20C° Außentemperatur).

Für alle drei Typologien gibt es mehr oder weniger richtige Reaktions- und Verhaltensweisen, die man am besten selbst herausfindet.

Eines ist mir hingegen SEEEHR WICHTIG: Ein Nein, das aus Sicherheitsgründen ausgesprochen wird, MUSS EINGEHALTEN werden. Wie ich das hinkriege, steht noch in den STernen, aber irgendwann komm ich drauf ;-)

Ansonsten denke ich mir, dass es nicht schlecht sein kann, ihn schon jetzt darauf vorzubereiten, dass er eben doch einige Dinge tun MUSS, auch wenn er überhaupt keinen Bock dazu hat. Ich denke da mal an diverse Kiga-Regeln, noch viel mehr Schulalltagsregeln und nochmal mehr Regeln des zwischenmenschlichen Miteinanders, des sozialen und gesellschaftlichen und nicht zuletzt beruflichen Lebens. Es wird m.E. recht problematisch für ein Kind, diese Regeln zu akzeptieren bzw. zu befolgen, wenn es nicht von klein auf mit Regeln und gewissen Grenzen bzw. Sicherheitsabständen aufgewachsen ist. Wie gesagt, es gibt viele Dinge, die man tun muss, so oder so, aber man muss.

DAs beste BEispiel bin ich selbst. Bin nämlich auch eine Autoritäts-Verweigerin wo's nur geht und das hat mich und andere schon viel Kraft und Energie gekostet. Und nicht immer war ich in der Lage, neue Regeln selbst zu erfinden, die dann auch von anderen akzeptiert worden sind. Denn nur diese Regeln befolge ich gerne und freiwillig. Aber das geht nunmal nicht immer.

GEnauso wenig funktioniert es immer, unleidliche Sachen schmackhaft zu machen. Klar, man kann umeinandergeschmissenes Spielzeug "spielerisch" aufräumen oder einen "Fertigess-Wettkampf" veranstalten oder sonstiges Hugoles treiben, nur damit die Jugend vernünftig agiert *hüstel*. Auf Dauer wird das leider nicht funktionieren und auch die Phantasie erreicht irgendwann ihre Grenzen ;-(( (Der Füßedreh-Schrittverlängerungstrick ist allerdings super!!).
Mal ganz abgesehen von der Geduld und Zeit, die ja auch nicht immer Goldeselmäßig zur Verfügung stehen...

So, nen passenden Schluss-Satz gibt's nich, weil ich den Großen vom Kiga holen muss (MUSS - wohl gemerkt, obwohl ich viel lieber noch in die Tasten hämmern würde ;-)

LG
JAcky

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danke euch

Antwort von RR am 18.09.2006, 15:55 Uhr

Hallo

hier bin ich wieder. Heute sind wir vom Spielplatz heim wieder an der Stelle vorbei gelaufen. Und da hat mein kleiner Mann mir zum ersten Mal erklärt, warum er weinte damals vor 3 Tagen. Er ist wohl zu schnell gefahren u. hat Angst bekommen (obwohl nicht runtergefallen, angestossen oder sonst was.) u. hat wohl Zorn auf sich selbst bekommen (das konnte er wiederum nicht erklären).

Tja, ihr habt schon gute Tipps gebracht die ich mal ausprobieren werden. Ich danke euch auf jeden Fall u. hoffe, das es beim nächsten Mal besser hinhaut....

viele Grüße

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@wassermann

Antwort von Mama Heike am 18.09.2006, 22:17 Uhr

Hallo Jacky,

du schreibst: „Eines ist mir hingegen SEEEHR WICHTIG: Ein Nein, das aus Sicherheitsgründen ausgesprochen wird, MUSS EINGEHALTEN werden. Wie ich das hinkriege, steht noch in den STernen, aber irgendwann komm ich drauf ;-) „

Ja, das ist sehr wichtig! Wenn du deine Sichtweise änderst, steht die Lösung aber nicht mehr in den Sternen.

Im Moment hast du die Sichtweise: Das Kind soll das „Nein“ einhalten! Du versuchst dann beharrlich, die Kinder daran zu hindern, die verbotenen Dinge zu tun, vermutlich mit Ermahnungen und Konsequenzen.

Meine Sichtweise ist: Das Kind soll so schnell wie möglich den Umgang mit den Dingen bzw. das richtige Verhalten LERNEN! Wie bei dem Beispiel mit dem Hochstuhl! Kinder lernen schnell, wenn sie dabei aktiv etwas erleben. (Noch besser ist, wenn sie dabei selber etwas tun.) Die Erfahrung „Stehen im Stuhl = raus aus dem Stuhl“ reicht zum Lernen völlig aus.

Die Kleine kennt sich eigentlich mit allem aus (auch mit Nadeln, Scheren, Kerzen, Messern...), hat aber auch „sonderbare“ Einfälle. Neulich entdeckte die Kleine den Geschirrspülerdeckel als Sitzplatz. Meinen ersten Hinweis, dass wir nicht auf Deckeln sitzen, hat sie nicht angenommen. Also habe ich mit ihr GELERNT. Sie war stolz, ich war zufrieden und durch den Vorgang haben sich in ihrem kleinen Gehirn ein paar Synapsen mehr vernetzt, als wenn ich sie nur vom Deckel gescheucht hätte. :-))

Im Grunde wird bei uns alles in „netter“ Atmosphäre gelernt, ich habe Strafen und Konsequenzen in Lernhilfen umgewandelt oder bessser gesagt ersetzt. Die meisten Regeln nehmen sich die Kinder automatisch durch uns an. Bei uns geht keiner über Tische und Bänke, ich praktiziere doch keine antiautoritäre Erziehung, ganz im Gegenteil, ich führe mein Kinder ganz bewußt. Ich weiß auch was sich „gehört“ und meine Kinder sind ausnahmslos nett. :-))

Wenn ich sage: „Ich muss gar nichts!“ meine ich das tolle Lebensgefühl. Ich kann mich immer entscheiden, ich habe immer die Wahl, dadurch ist mein Leben NIE ein Last, es kann aber trotzdem "gesellschaftskonform" sein. Das schließt sich nicht aus. :-))

Aber durch das tolle Lebensgefühl ist kein Platz für Meckerei und Hetze. Und das genießen wir alle sehr. Gerade bei meinen Dickköpfen (die Große ist Steinbock, die Kleine Skorpion) muss man sich für den Familienfrieden ein wenig drehen.

Liebe Grüße
Heike

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@mama heike

Antwort von wassermann63 am 19.09.2006, 7:41 Uhr

Hallole,

da hast du jetzt 2 ganz wichtige Aspekte angesprochen, auf die ich gleich eingehen möchte.

1) Wie bringe ich ihn dazu zu lernen, dass er alleine NICHT bis zur STraßenkreuzung fahren darf mit einem seiner fahrbaren Untersätze? Wir wohnen am Ende einer kleinen Stichstraße, die in eine zugegebenermaßen verkehrsberuhigte Wohnstraße führt. Aber leider genau in einer Kurve und eingie der Anwohner bzw. Fremde meinen, sie müssen unbedingt durch die Kurve ins Wohngebiet rasen. Wie kann ich ihn lehren, sich alleine NICHT bis dorthin zu begeben?

Wie hast du das mit dem Spülmaschinendeckel gemacht?

Dann der andere wichtige Aspekt: meine beiden sind Widder, der eine mit Skorpion-Aszendent (der Große), der andere mit Waage-Aszendent. Das sagt dir sicherlich etwas ;-)))

Welches STernzeichen bist du denn?

LG
JAcky

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@wassermann

Antwort von Mama Heike am 19.09.2006, 22:54 Uhr

Hallo Jacky,

das mit den Sternzeichen habe ich dir erzählt, dass nicht etwa der Eindruck entsteht, ich hätte hier zu Hause zwei ganz liebe, stille und sehr sensible Mäuschen. Der Begriff „störrisch wie eine Ziege“ trifft für beide Mädels zu, aber weil ich das obersuper einfühlsame Weichei bin (Krebs, was sonst!) steht einem harmonischen Familienleben nichts im Wege. Ein bisschen Verstand gehört natürlich auch noch dazu. :-))

Heute hatte die Kleine natürlich auch ihre Ausraster wie in jeder Familie, sie ist 22 Monate und sie weiß schon genau, wonach ihr gerade der Sinn steht. Sie wollte heute noch länger am Waschbecken mit der Seife spielen und ich habe das Spiel beendet, weil sie eh schon klatschnass war und wir noch was vor hatten.
Ich hab dann das Spiel in der Art beendet: Die Seife durfte wieder in ihr Bett und das Wasser wollte schlafen. Sie war trotzdem zornig und hat wütend in die Badewanne gebissen! Mein Einfall war also nicht gut GENUG! Für solche Situation ist die goldrichtige Regel: Kein Salz in die Wunde streuen!

Ich habe sie also nicht einfach stehen lassen, sondern bin bei ihr geblieben. „Ich weiß dass du traurig bist.“ Ich brauche mich nicht zu verstellen, mir tat sie wirklich leid. Meine störrische kleine Ziege kann schließlich auch nichts dafür, dass sie so schnell wütend wird. Sie hat kein Auge von mir gelassen, aber der Zorn verpuffte durch mein Mitgefühl innerhalb von Sekunden und sie war nur noch etwas traurig. Darf sie auch sein, denn leider ist nun mal nicht alles möglich. Aber ich lasse sie deswegen nicht alleine stehen und das weiß sie ganz genau. Sie wollte dann auf meinen Arm, hat noch ein bisschen geschluchzt und wir haben dann was anderes gemacht.

Wenn du konsequent verhinderst, Salz in die Wunde zu streuen, akzeptieren die Kinder auch ganz normal ausgesprochene Regeln ohne großes Palaber. Sie sind einfach nicht GEWÖHNT, dass es bei jeder Anweisung erstmal einen Machtkampf gibt. Ganz im Gegenteil, sie werden kompromissbereiter und halten auch aus, auf ihre Wünsche zu verzichten. Auch das wütende Gefühl wird gar nicht angestachelt, wenn es in der Familie nicht die Gewohnheit gibt, um alles „plärren“ zu müssen. Ist schwer vorstellbar, aber es ist so. Da hilft nur eins, selber ausprobieren!

Zur Spülmaschine. Wichtig war, das sie lernt, dass sie viel zu stark, also schon zu SCHWER für den Deckel ist. „Wie groß bist du schon?“ (Kleine Zwerge reißen sofort ihre Arme hoch.) „So groß!“ „Ohhhh *traurig guck*, du bist schon zu groß für den Deckel! Und bist du auch schon stark? Versuch mal, den Deckel zu zu machen. (Der Deckel geht mit einiger Mühe zu und bekommt noch einen ordentlich energischen Rumms, damit er zu schnappt.) Staunende Blicke von mir: Du bist aber stark! Du bist schon viel stärker als der Deckel, der kann dich nicht mehr tragen, ohhhh. Zeig mir noch mal wie groß du bist!

Kinder lieben es, wenn es etwas "albern" zugeht!
Sie kam noch so zweimal an dem Tag zum Deckel und zeigte stolz, wie groß sie ist und dann wurde der Deckel energisch zugeschmissen. Sie hat sich also erinnert! Das Lernen hat also geklappt!

An einem anderen Tag setzte sie sich drauf und grinste mich schelmisch an, sie hat mich also auf die Probe gestellt. Also, die ganze Leier von vorn (wohlgemerkt erst die 2. Leier)!

Am nächsten Tag wollte sie sich wieder setzen, da reichte der Hinweis „Wie groß und wie stark bist du?“ Arme hoch und rumms, sie machte den Deckel zu und ging spielen. An ihrem Blick habe ich dann gesehen, dass ihr das jetzt zu kindisch ist und sie sich nicht mehr draufsetzen WILL. Und das hat sie auch nicht mehr gemacht.

Mit der Straße ist mir noch nichts „Albernes“ eingefallen. Bei uns in Berlin gibt es genügend verkehrsreiche Straßen. Wenn Autos, LKWs und Busse vorbeidonnern und hautnah vom Kind erlebt werden, reicht die „Wucht“, um Kindern zu lehren, dass sie nichts auf der Straße verloren haben. Lebensmüde sind die Zwerge ja nicht.
Wir machen das „Schauen vor dem Überqueren“ vorbildlich, aber das ist bei den parkenden Autos ohne eine gewisse Körpergröße vergeblich. Deshalb dauert es auch lange, ehe wir hier unsere Kinder „frei“ lassen. Bei gemeinsamen Spaziergängen hat die Große nie alleine die Straße überquert, das war einfach die Regel und es reizte auch nichts, dagegen zu rebellieren. So ein Bus und LKW sind schon mächtig beeindruckend. Da braucht es keine vielen Worte.

Liebe Grüße
Heike

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qwassermann: Zu den gefährlichen Sachen

Antwort von barb31 am 19.09.2006, 23:28 Uhr

Hallo,
Also meinen Kindern habe ich gesagt, dies und das dürfen Sie nicht machen, denn das ist gefährlich, da kann man sterben und ich bekomme schreckliche Angst, wenn sie das machen/dahin gehen. Wenn Sie das machen wollen, sollen sie mir immer rufen und ich komm dann auch mit. Dann können wir das üben und wenn ich denke sie können es alleine, dann erlaube ich es auch. Vorher bitte nicht machen.

Dann gibt es noch ein paar Sachen, die wir miteinander immer mal wieder durchgehen, da darf man hauen, schlagen beißen kratzen schreien, wenn das ein anderes Kind machen will. Z.B. kein Strick um den Hals, keine Plastiktüte über den Kopf, nicht in die Steckdose, mit Fremden weggehen. Die Vorstellung, daß das etwas so SCHRECKLICHES ist, daß man alles darf, was sonst verboten ist, reicht um Sie in diesen Sachen vorsichtig zu machen.

"Wenn man sonst was macht, was man nicht darf, das gibt halt ein bißchen Ärger, aber das geht vorbei. Die Sachen(siehe oben), die sind wirklich schlimm."

Ich weiß, da fahr ich voll auf der Angst, Mitleid, Strafe und Autoritätsschiene, aber wenn mir jemand noch was an die Hand gibt um dies zu verbieten, nehm ich es auch noch. Und absolut kindersicher kann man diese Welt nicht machen.

Ansonsten steh ich voll dahinter im Umgang mit Kindern und in ihrer Erziehung kreativ zu sein, aber die Kinder sind oft noch kreativer um Aufmerksamkeit zu bekommen. Kaum denkt man jetzt läuft alles ruhig, kommt die nächste Situation, die einen zwingt sich auf die Kinder voll einzulassen und was anderes wollen sie im Prinzip ja auch nicht.

LG Barbara

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Zum Stichwort "Deeskalation" :-)

Antwort von krueml am 19.09.2006, 23:45 Uhr

Genau das was Heike beschreibt, trifft bei meinen Sturköpfen auch zu. Das Zauberwort heisst Deeskalation!

Je mehr Druck ich ausübe, desto mehr Widerstand wird mir entgegengesetzt. Ich gebe meiner Tochter logische (oder manchmal auch einfach kindgerechte) Begründungen und akzeptiere, dass sie wütend oder traurig ist weil sie etwas nicht haben darf oder machen kann. Ich sage und zeige ihr, dass ich ihren Frust verstehe (ich bin ja manchmal auch gefrustet wenn ich etwas nicht haben kann), dann ist sie zwar erst traurig, tröstet sich aber relativ schnell selbst. Früher war ich sauer auf sie weil sie mein "nein" nicht akzeptieren will und hätte erst recht geschimpft, heute sehe ich die Welt aus ihren Augen und weiss, dass man manchmal einfach wütend oder traurig ist, selbst wenn man den Grund eigentlich versteht. Sie weiss, dass sie ihren Frust ausdrücken darf und ich habe das Gefühl, dass sie mir seitdem viel näher ist.

Ich bin trotzdem nicht weniger "streng" als vorher, d.h. ich verlange dasselbe Benehmen von meinen Kindern aber ich muss nun nicht mehr den Druck von oben ausüben (Ankündigung und Durchsetzen von "Konsequenzen") damit meine Regeln eingehalten werden. Und DAS ist für mich das Schönste überhaupt. Meine Kinder befolgen meine Regeln OHNE diesen Druck und trotzdem akzeptieren sie mich als Autorität. Das Familienleben ist ausgesprochen harmonisch geworden und meine Tochter gibt meine "Erklärungen" mittlerweile sogar an ihren kleinen Bruder weiter. :-)

Übrigens habe ich immer wieder Diskussionen mit meinem Mann, der unheimliche Schwierigkeiten hat seiner Tochter zu vertrauen (seine Eltern haben erziehungstechnisch leider komplett versagt - sagt er selber). Er ist mit reinem Druck und Bestrafung gross geworden. Er ist oft gefrustet weil unsere Tochter auf ihn nicht hört. Also bin ich dabei ihm nach und zu zeigen wie er richtig mit ihr umgehen muss. Er ist selbst begeistert, wie gut er nun mit ihr klarkommt. Ich bin sehr stolz auf ihn, denn normalerweise lässt er sich überhaupt nichts sagen (typisch Mann).

Viele Grüsse,
Chrissie

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@barb31

Antwort von krueml am 19.09.2006, 23:54 Uhr

Hallo!

Ich mache das bei gefährlichen Sachen auch so. Wenn ich meiner Tochter sage, dass etwas gefährlich ist, dann interessiert sie das null. Wenn ich aber sage, "Wenn Du auf die Strasse läufst ist das ganz gefährlich. Da fahren viele Autos und wenn Dich ein Auto anfährt, tut das ganz arg weh und da kann man sogar sterben. Das macht mir grosse Angst, denn ich will meine Dari nicht verlieren. Ich möchte Dich bei mir behalten und deswegen bleib bitte bei mir hier auf der Seite". So in etwas erkläre ich ihr das und dann ist sie sehr beeindruckt, dass Mama Angst um sie hat. Lustigerweise findet sie es schlimmer, dass ich Angst um sie habe als dass ihr etwas passieren könnte. Wenn ich von meinen Gefühlen spreche, reagiert sie immer sehr einfühlsam und respektiert das auch indem sie das tut was ich sage.

Das funktioniert übrigens auch bei anderen Dingen. Verbieten bringt gar nichts aber wenn ich sage, dass sie z.B. nicht an Papas Laptop rangehen soll weil der ganz schnell kaputt gehen kann und der Papa dann traurig ist weil er keinen Laptop mehr hat, dann wird respektiert. Sag ich einfach "Ich will nicht, dass Du an den Laptop gehst", dann ist der Reiz viel grösser.

Viele Grüsse,
Chrissie

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