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Geschrieben von luko1311 am 02.01.2006, 15:54 Uhr

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Unterschätzte Gefahr – Warum Behörden nichts gegen Chemikalien in Babyflaschen unternehmen
Sendung vom 22. Dezember 2005, Autor: Angelika Wörthmüller


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Babyflaschen aus Kunststoff – unzerbrechlich und unentbehrlich. Doch aus dem Kunststoff entweicht eine Chemikalie, die krebserregend und zugleich schädlich für die Entwicklung der Säuglinge ist. Mehr als 100 Studien belegen inzwischen die Gefahr in der Babyflasche. Doch die zuständige Behörde, das Institut für Risikobewertung, hat die Verarbeitung dieser schädlichen Substanz bis heute nicht verboten. Dabei enthüllte KONTRASTE bereits vor drei Jahren das Risikopotenzial. Angelika Wörthmüller hat die Verantwortlichen zur Rede gestellt.

Die nächste Geschichte ist überhaupt nicht neu. Und genau das ist der Skandal: Babys, die aus Kunststofffläschchen gefüttert werden, riskieren, krebserregende Stoffe mit zu trinken. Darüber hatte KONTRASTE schon vor drei Jahren berichtet. Neu ist, dass der Verdacht jetzt mit noch mehr wissenschaftlichen Studien belegt werden kann. Und nicht nur Angelika Wörthmüller fragt sich jetzt, wann die Behörden endlich aufwachen.

Fast jedes Kind wächst damit auf: Plastikflaschen. Und die meisten Eltern ahnen nicht, dass Plastikflaschen ein Problem sein könnten.

Denise Schmidt, Mutter
„Plastikflaschen sind leicht, die Babys können sie selber halten, wenn sie runter fallen, sind sie nicht gleich kaputt. Also es gibt viele Vorteile. Ich glaube, dass viele Eltern dazu tendieren, solche Flaschen zu kaufen und denken, naja, wird schon nicht so schlimm sein, ist ja schließlich für Babys.“

Aber: Babys, die aus den herkömmlichen Polycarbonat-Flaschen trinken, können damit ihre Gesundheit schädigen. Denn die Flaschen enthalten Bisphenol A – eine Chemikalie, die wie ein Hormon wirkt. Schon in kleinsten Mengen kann sie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, das Erbgut und die Gehirnfunktion schädigen.

Schon vor drei Jahren enthüllte KONTRASTE: Die Chemikalie kann sich aus den Flaschen lösen. In einer ersten Testreihe hatten Ärzte des Berliner Universitätsklinikum Charité beobachtet, dass der Stoff verstärkt beim Erhitzen heraussickern kann. Doch der wissenschaftliche Beweis stand damals noch aus. Jetzt steht fest: die Ärzte lagen mit ihrer Warnung richtig.

Prof. Dr. Gilbert Schönfelder, Uni-Klinikum Charité Berlin, Campus Benjamin-Franklin
„Unsere Testergebnisse vor drei Jahren haben sich durch nationale aber auch durch internationale Publikationen bestätigt. Diese zeigen, eine Freisetzung von Bisphenol A aus Lebensmittelverpackungen wie zum Beispiel Babyflaschen auf.“

Man weiß sogar, wie viel Bisphenol A ins Baby gelangen kann. Wird die Flaschennahrung in der Mikrowelle erhitzt, länger warm gehalten und werden zerkratzte Flaschen benutzt, dann können bedenkliche Mengen in Blut gelangen. Nach einer Studie der Europäischen Kommission sind es bei Babys im frühen Säuglingsalter bis zu zehn Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Derart geringe Mengen reichen aber aus, um bei Mäusen Fruchtbarkeitsstörungen auszulösen. Seit drei Jahren weisen zahlreiche Studien darauf hin, dass zehn Mikrogramm pro Kilogramm zu Gesundheitsschäden führen können.

Prof. Dr. Gilbert Schönfelder, Uni-Klinikum Charité Berlin, Campus Benjamin-Franklin
„Die zeigen, dass eben die Mengen, die momentan reguliert sind, anscheinend doch zu Effekten geführt haben. Und zwar konkret gesagt, wir haben Veränderungen im Wachstum der Prostata, der Brustdrüse und auch der Gebärmutter geführt.“

Leander ist acht Monate alt. Seine Eltern machen sich Sorgen um die Gesundheit ihres Sohnes.

Michael Komoran, Vater
„Ich als Vater finde es, ich will nicht sagen unverschämt, aber unverständlich, warum eigentlich nicht darauf reagiert. Man weiß, dass es schädlich ist, und lässt die Flaschen trotzdem auf dem Markt, warum auch immer.“

Fast alle Babyflaschen, die es im üblichen Handel zu kaufen gibt, enthalten die Chemikalie. Ob neu oder alt – der schädliche Stoff kann heraussickern. Nur in Marktnischen oder übers Internet zu finden: Alternativen aus anderen Kunststoffen.

Das Umweltbundesamt forderte schon seit den ersten Enthüllungen von KONTRASTE den Verzicht auf Polycarbonat-Babyflaschen. Hier weiß man auch, wie einfach eine Umstellung auf andere Plastikstoffe wäre.

Andreas Gies, Umweltbundesamt
„Babyflaschen müssen nicht aus Polycarbonat sein, es gibt genug Alternativen zur Herstellung dieser Waren. Es gibt gerade in dem Bereich von lebensmittelnahen Stoffen, haben wir eine Fülle von Kunststoffen, die inert sind, die keine Stoffe in die Babynahrung abgeben.“

Doch das Umweltbundesamt kann nichts ändern. Zuständig ist eine andere Behörde, das Bundesinstitut für Risikobewertung. Doch hier will man keinen Druck auf die Industrie ausüben.

KONTRASTE
„Haben Sie die Hersteller von Babyflaschen dazu aufgefordert, Alternativstoffe zu suchen?“
Thomas Platzeck, Bundesinstitut für Risikobewertung
„Wir sind im Kontakt mit den Herstellern, selbstverständlich, wir haben alle Informationen der Hersteller erhalten. Die Hersteller sind sich der Problematik, der Risiken durchaus bewusst und sind auch aktiv an dem Prozess der Klärung beteiligt.“

Größter Hersteller in Deutschland ist die Firma Mapa mit der Marke NUK. Wir fragen nach:

KONTRASTE
„Hat das Bundesinstitut für Risikobewertung versucht, Sie davon zu überzeugen nach Alternativstoffen zu suchen?“
Günter Marr, Firma Mapa
„Das Bundesinstitut für Risikoanalyse hat die Ungefährlichkeit dieses Stoffes uns gegenüber in öffentlichen Berichten dargestellt. Die Ungefährlichkeit.“
KONTRASTE
„Das heißt, Sie haben sozusagen einen Persilschein bekommen?“
Günter Marr, Firma Mapa
„Wir haben von den Herrschaften in Berichtsform einen Persilschein bekommen.“

Persilschein? Ungefährlich? Tatsächlich hat das Bundesinstitut die Risiken von Bisphenol A heruntergespielt. In einer Stellungnahme wird lediglich eine einzige kritische Studie zitiert. Im Resumee heißt es beschwichtigend:
Zitat:
„Nach einer ersten Bewertung…gelangt das BfR zu der Einschätzung, dass die neuen Untersuchungsergebnisse… als singulär angesehen werden müssen.“

Singulär, nur ein kritischer Befund, also keine Gefahr, meint das Bundesinstitut für Risikobewertung. Doch es gibt mehr kritische Untersuchungsergebnisse: Inzwischen liegen 104 Studien vor, die auf Gesundheitsgefahr durch Bisphenol A hinweisen. 104 Studien, die die schädliche Wirkung belegen – für das Bundesinstitut dennoch kein Grund, auf alternative Kunststoffe bei Babyflaschen zu drängen.

Thomas Platzeck, Bundesinstitut für Risikobewertung
„Inwieweit Alternativprodukte entwickelt werden, das ist nicht unsere Aufgabe.“
KONTRASTE
„Sie könnten aber darauf hinwirken oder drängen.“
Thomas Platzeck, Bundesinstitut für Risikobewertung
„Wenn ich der Meinung wäre, dass hier ein unakzeptables Risiko existiert, dann würde ich als BfR natürlich drängen, dass hier sehr schnell und sehr viel passiert. Solange die Bewertung aber nicht in dieser Weise erfolgt, habe ich keinen Anlass, hier Druck auszuüben.“

Ganz anders in Japan: hier verwendet man schon seit zwei Jahren andere Plastikstoffe für Babyflaschen, weil man Bisphenol A für zu gefährlich hält.
Doch in Deutschland bekommen Babys weiterhin kontaminierte Nahrung.

Hinzu kommt: Gerade Erhitzen in der Mikrowelle oder längeres Warmhalten setzt den Stoff frei – von den Belastungen durch Bisphenol A ist nirgendwo die Rede, nicht einmal in der Gebrauchsanweisung.

Das wäre das Mindeste: Das Bundesinstitut für Risikobewertung müsste die Hersteller zu einem Warnhinweis bezüglich der Chemikalie verpflichten. Stattdessen schiebt die deutsche Behörde den schwarzen Peter Europa zu. Die Europäische Kommission will Bisphenol A neu bewerten, bis dahin warte man ab. Das kann aber noch Jahre dauern - viel zu lange, meint das Umweltbundesamt. Doch das darf nur mahnen, nicht entscheiden.

Andreas Gies, Umweltbundesamt
„Ich denke man hätte frühzeitig, schon vor drei Jahren sich zusammensetzen müssen und gucken müssen, dass man aus der Bisphenol-A-Technologie rauskommt, einer Risiko beinhaltenden Technologie. Wir müssen schauen, dass wir rauskommen aus der Verarbeitung dieses Stoffes, gerade in den Bereichen, wo es der Umwelt und den Menschen nahe ist.“

Bei der Herstellung von Babyflaschen hat Bisphenol A jedenfalls nichts zu suchen. Sollten die Behörden endlich ein Verbot durchsetzen – für die Hersteller wäre das gar kein großes Problem.

Günter Marr, Firma Mapa
„Ich muss nur eben sagen, dass eine solche Umstellung gewisse Zeit erfordert, um das dann zu realisieren. Vielleicht sind wir ja auch schon so weit, dass wir relativ schnell auf einen solchen Beschluss reagieren könnten.“

Die Industrie wüsste mit einem Verbot umzugehen, nur die zuständige Behörde schläft. So wird Leander und anderen Babys immer noch ein Risiko zugemutet, vor dem Ärzte seit drei Jahren warnen. Ein Risiko, das längst aus der Welt sein könnte.

Die Behörde schläft – aber was hindert eigentlich die Hersteller daran, freiwillig auf die gefährlichen Stoffe zu verzichten? Oder machen deutsche Unternehmer immer nur gerade das, was eine Behörde anweist?



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Our Stolen Future
Englischsprachige Website zum Thema

www.ourstolenfuture.org

Kontakt: Dr. Gilbert Schönfelder
telefonisch am Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie:
Tel.: 030 - 8445 1701
gilbert.schoenfelder@charite.de

 
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