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Geschrieben von Korya am 14.11.2018, 1:19 Uhr

Ewiges Gedächtnis

Ich bin neulich über die junge Autorin Rebecca Sharrock gestolpert, die als Hauptberuf Objekt verschiedener Alzheimer-Studien ist.
Sie ist eine von etwa 60 Menschen, die nicht vergessen können.

Irgendetwas tickt in ihrem Gehirn anders. Sie kann quasi auf Zuruf jeden Tag ihres Lebens beschreiben, als sei er gestern geschehen: die Leute, die auf der Straße an ihr vorbei huschten. Die Gerüche, die um 2:17 aus dem Laden an der Ecke quollen. Die Staubmäuse unter der Ladentür. Was sie anhatte, dass der Hemdkragen leicht kratzte, als sie die Straße überquerte, und mit welchen exakten Worten ihre Freundin sie begrüßte, als sie sich in der Mitte trafen.

Wenn man sich durch ihre Biographie der Depressionen, Angstzustände und Neurosen liest (die wohl typisch sind für Menschen mit HSAM), wünscht man es nicht seinem schlimmsten Feind.
Aber welch faszinierenden Möglichkeiten, sich mit jemandem auszutauschen, dessen früheste Erinnerung an den 7. Lebenstag zurück reichen: wie denkt, was versteht ein Baby wirklich schon? Wie nimmt es seine Umwelt wahr? Wie erklärt es sich die Welt?

 
6 Antworten:

Re: Ewiges Gedächtnis

Antwort von Susanne.75 am 14.11.2018, 6:03 Uhr

Ich dachte schon am Anfang deines Posts, dass ich das gar nicht möchte.

Es gibt ja viele Dinge, die man vergessen/wegschieben muss, um nicht krank zu werden. Das muss unheimlich belastend sein, sich an alle Dinge, über die sich bei allen anderen Menschen dankbarer Weise irgendwann der Schleier des Vergessens legt, zu erinnern.

Allein der Schmerz, wenn man jemanden verliert. Unangenehme Dinge, Peinliche Dinge … nein, nein, die Schubladen, in die man böse Erinnerungen ganz fest weglegen kann, sind sehr wichtig zum Glücklichsein.

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Re: Ewiges Gedächtnis

Antwort von Falbala am 14.11.2018, 6:44 Uhr

Ich habe vor langer Zeit eine Reportage mit dem gleichen Thema gesehen. Weiß nicht, ob es die gleiche Frau war. Mein mich zu erinnernd, dass es eine Deutsche war.
Was ich furchtbar fand: weil sie sich an jedem Tag einen kann, als wäre er gestern gewesen, sind alle negativen Erlebnisse, die sie hat, genauso präsent. Jede Beleidigung, jedes schlimme Erlebnis ist, als wäre es erst passiert! Das gilt das auch für Positives, aber sie kann, da das negative so nah ist, kaum damit abschliessen oder es verarbeiten, oder verzeihen!
Das muss die Hölle sein.
Die Biographie werde ich mir bestellen.

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Re: Ewiges Gedächtnis

Antwort von Falbala am 14.11.2018, 6:46 Uhr

Sch**** Wortergänzung, sorry.
"...an jeden Tag erinnern"

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Re: Ewiges Gedächtnis

Antwort von lilke am 14.11.2018, 9:16 Uhr

Ich fände es auch faszinierend zu wissen, wie ein Baby fühlt, was es wirklich versteht und wie es langsam lernt. Aber ich würde meinem schlimmsten Feind ehrlich gesagt kein ewiges Gedächtnis wünschen. Es gibt sicherlich tausend Sachen, die ich erlebt habe und freudig vergessen habe - oder die zumindest so weit verblasst sind, dass sie mich nicht mehr belasten können. Und ganz ehrlich... an die schönsten, wichtigsten, einschneidensten Momente erinnere ich mich noch. Vielleicht irgendwann nicht mehr, wenn ich alt und Dement bin... aber ich habe dann trotzdem meinen Frieden damit, denn ich erinnere mich auch nicht an die schlimmen Tage.

Ich würde mich glaube ich gern an mehr erinnern, aber ich zahle diesen Preis auch genauso gern dafür, dass ich mich nicht an jede Beleidigung, jeden Schmerz, jedes Unrecht, das mir jemals widerfahren ist - oder das ich zumindest so empfunden habe.

Mir tut die Frau leid und ich verstehe, dass man bei sowas depressiv werden kann.

LG
Lilly

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Re: Ewiges Gedächtnis

Antwort von Korya am 14.11.2018, 9:29 Uhr

Bin völlig bei dir, es muss die Hölle sein. Sie erzählte, dass es erst dann aufwärts ging, als sie sich ganz bewusst für jeden Tag all das Schöne in Erinnerung ruft, dass passiert ist.
Daran klammert sie sich dann, wenn die bösen Erinnerungen kommen.

Diese treffen sie nie struktiert, dass man sich drauf einstellen könnte, sondern ganz unvermittelt und mitunglaublicher Härte, weil ja alles noch so präsent ist, als sei es vorhin erst passiert.

Mit ihrer Strategie und viel Stärkung durch ihre Eltern und Psychologin hat sie es geschafft, sich ein einigermaßen geordnetes Leben aufzubauen, ohne ständig von einer Emotion in die nächste zu schlittern...
Es liest sich alles schrecklich traurig.

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Re: Ewiges Gedächtnis

Antwort von josefinchen am 14.11.2018, 10:42 Uhr

Faszinierend und furchtbar zugleich. Ich möchte keinen Tag mit ihr tauschen.

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