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Geschrieben von Oma am 20.04.2007, 19:10 Uhr

dass du keine oder nur sehr wenige

Das ist ja das paradoxe an meiner Situation, dass meine Schwiegertochter tatsächlich die einzige Person in meinem ganzen Leben ist – nachdem ich mit 17 zuhause ausgezogen bin – die mit mir nicht klar gekommen ist!

Ich hab ja kein Problem damit, freundlich mit Menschen umzugehen, im Gegenteil, wenn ich spazieren gehe, kommt es häufiger vor, dass ich Menschen anlächle, die mir entgegenkommen. Und sie lächeln immer zurück. Gestern hab ich einer Verkäuferin am Wurststand, die sehr flott gearbeitet habe, gesagt, dass es eine Freude ist, ihr zuzusehen. Oder unvergesslich, als ich mal einer Kollegin von ihr sagte: „Ich muss Ihnen mal was sagen. Obwohl Ihre Schürze so was von unvorteilhaft ist, haben sie von allen Seiten eine sagenhafte Figur!“ Und was sagt sie? „Ach, meine Kollegin da hinten ist noch schlanker als ich.“ Typisch Frau, gelle? Dabei ging es mir gar nicht um das Schlanksein an sich, sondern sie war einfach toll proportioniert.
Ich mache gern Komplimente, allerdings nur ganz ehrlich gemeinte, versinke aber im Erdboden, wenn ich welche kriege.

Ne, mit so was hab ich kein Problem. Aber setz mich mal auf einer Feier oder Party irgendwo zu. Da bin ich stumm wie ein Fisch und die absolute Spaßbremse. Ich bin überhaupt kein smalltalker. Dazu kommt, dass ich Antialkoholiker bin. Und auf Fremde zugehen und ein Gespräch anfangen geht gar nicht. Ich fühle mich in solchen Situationen so unwohl, dass ich immer so schnell wie möglich nach Hause will.

Natürlich kann diese Unsicherheit auch arrogant rüberkommen. Meine beste Freundin sagt immer, als sie mich kennenlernte habe sie gedacht: Was für eine blöde Zicke! Aber nur, bis wir die ersten Sätze getauscht hatten *ggg*. Wir lachen heute noch darüber.

Wenn ich es zulassen würde, hätte ich einen riesigen Freundeskreis. Ich habe den aber bewusst immer ganz klein gehalten, dafür umso intensiver. Freundschaften halten bei mir lebenslänglich.
Und 6 Patenkinder sprechen wohl auch eine deutliche Sprache. Das 7. habe ich nur mit Händen und Füßen abwehren können.

Wir haben z.B. solange wir hier wohnen – 32 Jahre – total liebe Nachbar. Ein Ehepaar, etwas älter als wir mit einem Sohn und die Mutter der Frau. Die feiern gern und ausgiebig, und ich bin immer eingeladen. Weil es mich so tierische Überwindung kostet, geh ich aber nur in ganz wenigen Fällen hin, z.B. als die Oma 80 wurde. Und dann bin ich total beschämt darüber, dass sie sich alle ein Bein ausfreuen, wenn ich meinen Mann begleite, und ich frage mich dann: Wieso freuen die sich über so einen Langweiler wie mich? Ich versau denen doch bestimmt die Stimmung, weil ich nicht tanzen will, nicht trinken will, nicht singen will und und und…

Ich erfahre also wirklich von allen außer meiner Schwiegertochter nur Positives und Zuneigung. Mein Problem ist eben, das anzunehmen.

Ich denke, dass es eine reine Kopfgeschichte ist bei mir. So nach dem Motto, wenn ich für meine Eltern nichts wert war, wieso soll ich anderen Menschen wichtig sein? Ich erlebe ja tatsächlich nur Freundlichkeiten von den Menschen um mich rum, alle akzeptieren meine Eigenheiten, ich bin auch noch nie wegen meines Übergewichts in irgendeiner Form blöd angemacht worden oder sonst was. Und ich hab ja schon geschrieben, dass ich während meiner Berufstätigkeit auch bei den Kunden sehr beliebt war. Ich meine, wer von uns kommt schon auf die Idee, einfach mal ohne Grund bei seiner Versicherungsagentur vorbeizuschauen, um der Sachbearbeiterin mal Hallo zu sagen? Ich zumindest nicht *ggg*.


Mag sein, dass sich das durch eine Therapie ganz leicht hätte behandeln lassen. Nur war ich ja nie unglücklich darüber, kein extrovertierter Mensch zu sein. Ich war schon als Kind gern allein und bin es heute noch. Einsam fühle ich mich seltsamerweise nur dann, wenn ich inmitten alkoholisierter, fröhlicher Menschen sitze und so laute Musik dröhnt, dass eine Unterhaltung selbst dann nicht mehr möglich wäre, wenn es noch jemanden gäbe, der einen deutlichen Satz sprechen könnte. Also dann, wenn es für alle anderen gerade richtig toll ist *ggg*.

Ich sagte ja auch schon mal, dass ich den Menschen, der ich geworden bin, durchaus sehr mag. Ich weiß ja, warum ich bin, wie ich bin. Wenn ich mich wenden lassen könnte, wäre ich richtig schön *giggel*.

Nein, mal ernsthaft: Interessieren würde mich wirklich, warum ich mich so mühelos von meinen Eltern und ihrer Lebensführung distanzieren konnte. Wie du geschrieben hast, übernehmen ja tatsächlich die meisten das Verhalten, das ihnen vorgelebt wurde. Möglicherweise, ich bin da selbst nicht sicher, hat das einen religiösen Hintergrund.

Beim katholischen Religionsunterricht in der Schule hatte ich schon mit ca. 8 Jahren ein Riesenproblem, der Lehrerin die Geschichte mit Adam und Eva zu glauben. Anscheinend war ich da schon total kopfgesteuert. Nichts an der Geschichte erschien mir logisch.
Später kam dann im Biologieunterricht die Darwin´sche Evolutionstheorie, und ich hatte ein Aha-Erlebnis. Jaaaa, so konnte ich mir die Entwicklungsgeschichte der Menschheit schon eher vorstellen!

Meine Einstellung Bibel und Kirche gegenüber blieb extrem kritisch. Mit 14 bin ich, wie gesetzlich auch erlaubt, dem Religionsunterricht ferngeblieben. Der Kirche sowieso. Womit ich überhaupt gar nicht leben konnte, war die Beichte, die den Katholiken abverlangt wurde.

Nun hab ich ja mit 18 geheiratet. Und wie schon geschrieben, war meine Schwiemu streng katholisch und ex-konservativ. Kirchliche Trauung musste unbedingt sein. Ich wollte ihr ja auch gern den Gefallen tun – obwohl mir an Brautkleid und Schleppe nun gar nichts lag -, konnte aber nicht gegen meine innere Überzeugung vorher zur Beichte gehen. Und das war nun mal Voraussetzung für die Trauung.

Mein Mann hatte die tolle Idee, es mal bei den Franziskaner-Mönchen zu versuchen, ob die mir die Absolution auch ohne Beichte erteilen würden.
Einem dieser sehr netten Menschen erzählte ich dann, dass ich mit 14 den Entschluss gefasst habe, so zu leben, dass ich mich jederzeit im Spiegel anschauen kann. D.h. konkret: Ich werde niemals jemanden töten, absichtlich verletzen, niemals stehlen, fremdgehen, lügen (von den kleinen Notlügen abgesehen, die man braucht, um jemanden nicht zu verletzen), missgünstig sein usw. Und sollte mir doch mal etwas davon passieren – und da ich nicht Gott bin, wird mir selbstverständlich auch mal was danebengehen – hilft es keinem, wenn ich damit zu einem Priester beichten gehe und der mir dann als Wiedergutmachung 10 Vaterunser aufbrummt. Ich habe dem Franziskaner gesagt, dass meiner Meinung nach die Beichte die Menschen um eine gute Möglichkeit der persönlichen Weiterentwicklung bringt, indem er es ihm mit der Beichte so leicht macht. Wenn ich jemanden verletzte habe, geht das nicht den Priester was an, sondern den Menschen, den ich verletzte habe. Zu dem muss ich gehen und mich von Herzen entschuldigen und mich bemühen, diesen Fehler nie wieder zu machen. DANN habe ich für mein Leben was gelernt und dem anderen ist es auch wohler.

Das ist zwar sehr viel unangenehmer, als es anonym dem Mann mit der schwarzen Kutte zu erzählen, der dann – mit welchem Recht eigentlich? – verzeiht. Aber es macht auch sehr viel mehr Sinn als 10 Vaterunser zu beten.

Ich hatte Glück, der Mönch konnte meinen Gedankengang nachverfolgen und erteilte mir tatsächlich die Absolution. Und wir konnten die Schwiegermama glücklich machen *ggg*.
Du siehst, ein kleiner Revoluzzer war ich immer schon…

Dadurch, dass ich tatsächlich schon so früh angefangen habe, mein Leben bewusst und verantwortungsvoll zu leben, ist es mir natürlich nie schwer gefallen, das zu verinnerlichen und zu einer Lebenseinstellung zu machen. Es macht mir keine Mühe. Und ein Leben nach dem Vorbild meiner Eltern war mit dieser Lebenseinstellung einfach nicht vereinbar.
Das könnte die Erklärung sein, oder?

So, nun habe ich gerade beide Kuchen aus dem Herd geholt, und beide sind gelungen *FREU*. Muss gleich nur noch die Küche wieder vom Chaos befreien.

Und nebenbei läuft „Das perfekte Dinner“. Ich LIEBE es!!!

Übrigens hat morgen nicht nur unsere Kleine Geburtstag, sondern auch meine Mutter und die Tante, von der ich erzählt habe *grummel*. Und ich darf mich nicht mal beschweren, mein Mann und mein Sohn haben nämlich auch am selben Tag Geburtstag! DAS konnte man dann allerdings besser unter einen Hut bringen als die Geschichte morgen.

Drückerchen von Marion

 
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