Matschebedürfnis aber auch berücksichtigen! (Achtung lang)

Hallo,

wenn ein Kind gern mit seinen Fäkalien oder der nassen Windel spielt, hat dies ja eine Ursache. Meist ist es so, dass das Kind im Alltag zu wenig Gelegenheit bekommt, zu matschen und sich schmutzig zu machen. Babies und Kleinkinder brauchen das aber - es ist ein elementares Bedürfnis, was unserem anerzogenen Sauberkeitsfimmel leider total zuwiderläuft.

Bei uns in der Familienbildungsstätte gibt es deshalb einen wunderbaren Kurs: Er heißt eigentlich "rhythmische Spielgymnastik", inoffiziell nennen ihn wir Mütter aber nur "Matschekurs". Geleitet wird er von einer sehr fitten Pädagogin, die den Kindern dort das ermöglicht, was sie zu Hause meist nicht dürfen: Es wird eine riesige Plane ausgebreitet. In jeder Woche gibt es darauf ein anderes lustvolles Gematsche, mal mit Fingerfarben, mal mit Tapetenkleister, mit Mehl, Wasser, Reis, Zucker, Rasierschaum, Sand etc. Die Kinder haben nur Windeln an und sind ansonsten nackt. Hinterher wird geduscht.

Wenn man sieht, wie die Kinder den Umgang mit den verschiedenen Matsche-Materialien genießen, und wie auch zuerst zögerliche Kinder sich nach einigen Kursstunden irgendwann am ganzen Körper mit dem Zeugs einschmieren, versteht man, wie wichtig das für sie ist. Da man natürlich zu Hause ein solches Projekt nicht realisieren kann ;-), sollte man wenigstens in kleinerem Rahmen das Matschen ermöglichen. Zum Beispiel in der Badewanne (Fingerfarben, Badefarben für den Körper) oder - in Matschehosen gesteckt - draußen im Wald oder auf Spazierwegen mit herrlichen Pfützen. Es lassen sich sogar wunderbare Matschburgen bauen... Wegen der Bazillen braucht man sich nicht zu fürchten. Was Kinder krank macht, ist ein unterentwickeltes Immunsystem, das zu wenig Kontakt mit Schmutz hat, nicht ein trainiertes.

Vielleicht kannst Du einiges von diesem Plädoyer für genussvolles Matschen umsetzen - dann wird für Deinen Sohn der Windelinhalt sehr bald ganz uninteressant werden. :-) Ihn jedoch durch Anzieh-Tricks nur an seiner Beschäftigung zu hindern, ohne ihm eine Alternative zu bieten, würde heißen, sein offenkundiges Bedürfnis unbefriedigt zu lassen und ihn zu zwingen, es zu unterdrücken, was schade wäre.

Liebe Grüße

Miji