Rund um die Erziehung

Rund um die Erziehung

Fotogalerie

Redaktion

 
Ansicht der Antworten wählen:

Geschrieben von barb31 am 15.10.2006, 22:14 Uhr

Vor Kindern weinen

Ich schau mal wieder vorbei, denn mir geht wieder was durch den Kopf, wozu mich Eure Meinung interessieren würde.

Vor kurzem war ein wildfremder Mensch grundlos unfreundlich zu mir. Eine eigentlich längere Geschichte bei einer Zugfahrt mit drei kleinen Kinder, Gepäck und Kinderwagen. Ich war also leicht überfordert und außerdem hormonell angeschlagen wegen Stillen. Das Verhalten dieser Person hat mich fix und fertig gemacht. Ich hab vor meinen Kindern geheult wie ein Schloßhund. Als ich mich wieder gefangen hatte, sah ich in völlig verdatterte Kindergesichter.

Ist Euch so was auch schon passiert? Wie hättet ihr reagiert, es den Kindern 3 und 6 (und 1/2) erklärt?

Es war ein ganz komisches Gefühl offensichtlich hilflos gegenüber der Welt vor den Kindern zu stehen und ich spürte ihre Angst vor meiner Hilflosigkeit. Ich habe dann gesagt, daß mich das Verhalten des Mannes so traurig gemacht hat. Die 3jährige hat gefragt, ob das ein Böser Mann gewesen ist? Wollte ich so natürlich auch nicht. Wir haben die ganze Zugfahrt darüber geredet. Am Schluß haben wir uns überlegt, was wir mit dem Mann machen oder ihm das nächste Mal sagen. Am Schluß waren alle aufgestauten Gefühle abgebaut, aber ich fand es ganz schön schwierig. Ich hab sie außerdem abwechselnd auf den Schoß genommen, damit sie "mich trösten und weil es mir gut tut". Deshalb wüsste ich gerne von euch, darf man/ soll man weinen vor Kindern und was macht man danach am Besten?

Ich würde mich über eure Ideen und Antworten freuen auch wenn ich selbst nur sehr sporadisch schaffe hier vorbei zu schauen.

Gruß Barbara

 
7 Antworten:

Re: Vor Kindern weinen

Antwort von SusanneZ am 15.10.2006, 22:25 Uhr

Also ich finde, man kann vor seinen Kindern weinen - so können sie Gefühle bei anderen Personen zunehmend besser deuten. Anschließend ist man natürlich irgendwie eine Erklärung schuldig, weil - wie du festgestellt hast - die Kinder das noch nicht einordnen können und "auf die Gefühle mit einschwingen". Aber ich denke, du hast die Situation sehr gut gemeistert. Du hast nachgedacht, erklärt, getröstet (ihre Gefühle abgefangen) und Lösungsstrategien entwickelt. Finde ich super.

LG

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Ganz schön rum geeiert

Antwort von barb31 am 16.10.2006, 0:15 Uhr

Hallo,

Von wegen sehr gut gemacht, ich bin ganz schön rumgeeiert.
- Dann sagen wir dem, daß er blöd ist!
- Nein wir wollen ja selber nicht unfreundlich sein.
- Dem machen wir ihm was kaputt.
- Nein das darf man nicht.
Insgesamt kamen wir uns dann wieder ganz hilflos vor. Und ich merkte,daß man gegen Unfreundlichkeit wirklich hilflos ist.

Ich musste anfangs ernsthaft eigene Rachegedanken unter Kontrolle halten, an denen ich mich alleine bestimmt im Geiste abreagieren hätte können, bis ich wieder klar denken konnte. Das sind zumindest solche Gefühle die Kinder nicht miterleben sollten, oder?

Ich hab (mußte) den ganzen Prozeß dann irgendwie mit den Kindern abgewickelt. Auch wie wir uns rächen könnten, daß man das aber eigentlich nicht darf, daß es nichts bringt und so weiter. Es war eine arge Berg- und Talfahrt und so emotionsgeladen, dass ich nicht absehen konnte, ob ich die Sache zu einem positiven Abschluß bringen würde. Ich hatte da schon irgendwann Angst meine Kinder fehl zu leiten. Zwischen meinem und damit ihrem Gefühl der Schutzlosigkeit (ihrer offensichtlichen Verunsicherung auch)und den negativen Gefühlen, die so mächtig kommen wollten. Es war also eine absolut unreflektierte Situation. Ich musste noch zwei Stunden danach schluchzen, brauchte meine Kinder wirklich auf dem Schoß und habe versucht, sie nicht weiter zu belasten.

(Ich bin leider auf Kriegsfuß mit meinen Hormonen. In meiner ersten Schwangerschaft musste ich sogar vor Rührung heulen, weil in der Bedienungsanleitung des Handmixers was von Zubereitung von Babybreien stand. Sehr peinlich *g*)

Vielleicht hätte ich sagen sollen:
Vor Kindern zeigen, daß man sich hilflos fühlt
Das hätte das Problem vielleicht besser beschrieben. Findet ihr wirklich Kinder sollen mitbekommen, wenn ihre Eltern mit einer Situation nicht klar kommen? Daß man weint, weil man nicht mehr kann? Daß es uns schmerzt, wenn wir aufgeben müssen, weil wir nicht mehr können? Dürfen Kinder spüren, daß wir auf weiten Strecken unseres Lebens machtlos sind? Wir vielleicht hier und da etwas bewegen können, vor dem meisten aber die Augen verschließen und auch selber etwas erdulden müssen. Das waren vor meinen Augen so die Abgründe, an denen ich meine Kinder vorbei leiten wollte. Wobei ich ehrlich nicht weiß, was sinnvoll und was schädlich ist.

Gewiß steckt da in mir selbst eine gewisse Angst und Depression und Angst vor Depression, aber würdet ihr nicht auch eure Kinder vor so schweren Gedanken und Gefühlen (eine Weile noch) bewahren wollen?

Gruß Barbara

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Ja, Übung würde den Meister machen... aber

Antwort von SusanneZ am 16.10.2006, 0:36 Uhr

Ok, "Hilflosigkeit" des Beschützers ist sicherlich nicht das, was man absichtlich provozieren sollte. Aber wenn es denn passiert, dann würde ich so vorgehen wie du. Die Lösung an sich ist sicher nicht die allerfeinste Art, aber allein schon zu zeigen, dass es auch wieder aufwärts geht, wenn man anschließend nach Lösungen "gegen die Hilflosigkeit" (!) sucht, finde ich vom Ansatz vollkommen richtig.

Langfristig kannst du aber drüber nachdenken wie du es vermeiden kannst in solche Situationen zu geraten. Also wie kannst du deine Gefühlswelt stabiler gestalten. Ist dir irgendwas zuviel? Würde es dir besser gehen, wenn du mal mehr ohne Kinder machen kannst? Brauchst du mehr Glücksmomente? Musst du generell die Welt positiver betrachten lernen? ... solche Dinge meine ich - wissen kannst letztlich nur du, ob es "nur" die Hormone sind oder ob du gerade stark belastet bist ;-) (Oder beides - dann kombinieren) Bei letzteren kannst du auf jeden Fall strategisch etwas unternehmen und bei ersten dir Gedanken über kurzfristige Wege machen.

Also, wie gesagt: so lange die Kleinen noch selbst stark abhängig von ihrem "Beschützer" sind, ist Hilflosigkeit des "Beschützers" natürlich ungünstig - aber nicht generell schädlich, wenn man 1. die Situation klären und "lösen" kann (alles wieder gut = mit das Entscheidende), 2. die Kinder mit den abgefärbten Gefühlen nicht allein zurück lässt, 3. die Kinder keine Schuldgefühle entwickeln,... (habe sicher jetzt nicht alles berücksichtigt) Ich denke etwas postives können sie auch auf jeden Fall mitnehmen: Sie waren an der Lösung des Problems "deine Hilflosigkeit" beteiligt! (nicht selbst für die Lösung verantwortlich!) und haben dabei sicher auch ein wenig Stolz empfunden als sie gemerkt haben, dass es dir durch ihr Mitwirken wieder besser ging. ABER: Es sollte eine Ausnahmesituation bleiben. Sonst passiert es natürlich schnell, dass sie "ihre Schutzhülle" verlieren und entsprechend selber an Größe verlieren. Und ich denke, das bis nach der Pubertät.

LG, hoffe es ist jetzt auch von meiner Seite deutlicher geworden ;-)

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

warum nicht?

Antwort von wassermann63 am 16.10.2006, 7:45 Uhr

Hallole,

sag einmal, warum solltest du keine Emotionen zeigen dürfen, vor deinen Kindern? Natürlich sind sie verdattert, denn offensichtlich ist das noch nicht so oft passiert. Vielmehr würde ich mir aber Gedanken machen, warum ich das Bild einer Supernannymami aufrechterhalten sollte/wollte oder gar muss??

Ist doch vollkommen o.k., über die ganze Palette menschlicher Gefühle zu verfügen und diese auch - wo erforderlich - zum Ausdruck zu bringen. Hauptsache ist doch, dass niemand zu Schaden kommt.

Ansonsten gilt: erlaubt ist, was gefällt bzw. erlaubt ist, was befreit - wenn es denn niemandem schadet.

Ich habe jetzt dein 2. posting nicht gelesen, möchte dir aber nach dem Lesen deines ersten postings sagen: absolut o.k., den Tränen freien Lauf zu lassen, wenn man grundlos angegriffen wird.

Mir hätte das auch zu schaffen gemacht und ich hätte auch - je nach momentaner Stimmungslage - sicherlich sehr emotional reagiert - entweder durch Plärren oder extrem wort-aggressiv.

Wie jesacht: ich glaube, deine Kinder erstaunt es zwar, aber erfreut sie auch, wenn sie sehen, dass sie eine Mama mit Herz, Verstand und Gefühl haben :-)

LG
JAcky

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

An Barbara...

Antwort von Mama Heike am 16.10.2006, 9:36 Uhr

Hallo Barbara,

ich kann dich schon sehr gut verstehen und so „durchlässig“ zu sein, ist auf einer Seite total nervend, für deine Kinder aber schlicht und ergreifend erfreulich.
Denn sie kommen mit allem ganz schnell zu dir durch. Ihr Lachen, ihr Weinen, ihre Freude am Leben… es kann in reiner Form sofort von dir beantwortet werden.

In meinen beiden Schwangerschaften und im ersten Jahr nach der Geburt hat mich auch alles zum Heulen gebracht, mir fehlte einfach die „Hülle“. Und so geht es sicherlich den meisten Müttern. Beim ersten Kind war das nicht belastend, aber beim zweiten schon.
Ich konnte nicht mal das Kinderbuch „Ronja Räubertochter“ vorlesen, ohne Taschentücher griffbereit zu haben. Es ist einfach so aus mir rausgepurzelt. Meiner Tochter (war damals zwischen 8 und 9) ging das ziemlich auf die Nerven, aber sie hat nur verständig mit den Augen gerollert. Aber nicht wegen meinem Weinen an sich, sondern weil sie dadurch selber leiser und stiller geworden ist.
Kinder passen sich an und das ist es vielleicht, was dir Sorgen macht.

Kinder wollen und sollen fröhlich sein, damit sie die Welt um sich entdecken können. Also habe ich lieber über mich selber gelacht und mich um das Lachen sehr bemüht, trotz Tränen in den Augen. So habe ich wieder die Füße auf den „Boden“ bekommen und wir hatten wirklich eine lustige Vorlesezeit

Ich hatte auch das Glück, dass mein Mann vorübergehend die „Hülle“ war. Ich bin (solange ich noch so durchlässig war) selten allein unter Menschen gegangen und so eine Situation wie von dir beschrieben, ist mir zum Glück erspart geblieben. Aber auch zu Hause, wenn Besuch da ist, kann schnell das Gleichgewicht kippen. Wenn der Mann die „Hülle“ ist, stärkt das die Partnerschaft ungemein. Man muss da schon sein Recht als Mutter einfordern, denn von alleine sehen es die wenigsten „Mannsbilder“.

Ich finde auch, dass Kinder nicht unsere „Last“ tragen sollten. Also wie am Besten umgehen mit deiner derzeitigen Durchlässigkeit? Nimm die Durchlässigkeit nicht als Last an sondern als Geschenk. Für die Familie bringt sie sehr viel Gutes, auch wenn du nach außen verletztbarer bist.

Als Notfallplan: Nicht die Traurigkeit bekämpfen und darüber nachsinnen, sondern etwas Tun, was dich voll in Anspruch nimmt: essen, singen, laut lesen, mit den Kinder sprechen und lachen (trotz Tränen in den Augen), alles kommentieren, was du tust…Ablenkung ist erstmal das Wichtigste, damit du wieder Stabilität schaffst.

Erst dann die Situation überdenken und der Hilflosigkeit etwas entgegen setzen.
„Hülle“ gibt auch ein zusätzliches Kleidungstück: Halstuch, zusätzliche Jacke, fester Gürtel, „festere“ Frisur. Wenn du merkst, dass du „kippst“, kannst du auch über deinen Körper arbeiten: aufrechter Stehen (Aufrichten, als ob du wie ein Marionette an einer Schnur hängst, der Aufhängepunkt ist der letzte Halswirbel) und Zilgrei-Atmen (Einatmen, Anhalten und innerlich bis 5 zählen, dann erst Ausatmen, wieder 5 Sekunden anhalten, dann Ausatmen – etwa 5 Atemzüge insgesamt, du findest bestimmt über google noch Infos).

Und noch eins: Die Verletzlichkeit deiner Seele ist kein Ausdruck von Depressionen. Die klassischen Maler haben um die „Madonna mit dem Kind“ immer eine Unmenge kleiner Engelchen gemalt. Sie umhüllen die Einheit Mutter-Kind und geben Schutz. Das Ur-Bild einer liebenden Mutter und die lebenslange Sehnsucht des Menschen nach einem „Schutz“ und dem Paradis auf Erden (was die mütterlichen Arme einmal waren) spiegelt sich in diesen Bildern wider. Leider haben wir die Engel in unserer Gedankenwelt abgeschafft.

Liebe Grüße
Heike

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Vor Kindern weinen

Antwort von Frosch am 16.10.2006, 10:04 Uhr

Hallo!

Ich bin von Natur aus manchmal nah am Wasser gebaut. Das ist ein Charakterzug, und wenn man es den Kindern (in einer entsprechenden Situation) erklärt, werden sie auch keinen Schaden nehmen ;-)

Es ist ja nicht so, daß ich meinem Sohn andauernd was vorheule, das ist äußerst selten der Fall! Aber manchmal, gegen Ende des Jahres, kommen mir zwischendurch einfach die Tränen. Ich erkläre meinem Sohn warum, und er versteht es auch.

Wichtig ist: Immer erklären und den Kindern sagen, daß sie NICHT schuld sind, weil Kinder schnell die Schuld bei sich suchen. Ich sag dann lächelnd unter Tränen, daß ich eine kleine Heulboje bin, und es mir schon wieder besser geht. Das mit der Heulboje findet er recht lustig, und mir geht es dann auch besser *G*

Sich selber ablenken ist gut, klappt nicht immer, aber oft!

PS: Ich bewundere Dich, drei Kinder sind sehr anstrengend, und daß Du dann einfach mal fertig bist, ist doch klar. Bist halt sensibel, und das ist OK, solange es nicht "überbordende" Ausmaße annimmt.

LG Antje

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Re: Vor Kindern weinen

Antwort von stetibi am 16.10.2006, 21:14 Uhr

Hallo,

du hast zwar "Schwäche" gezeigt vor deinen Kindern und was haben sie gesehen? Die Mama ist auch nicht perfekt, aber sie steht dazu und das ist menschlich. Und das war doch toll, dass du dich mit ihnen zusammen damit auseinander gesetzt hast!
Weniger gut wäre gewesen, wenn du ausgerastet wärst oder dich wütend oder grübelnd verschlossen hättest, so dass sie gar nicht mehr gewusst hätten woran sie sind bzw. was eigentlich los ist.

So ist doch alles trotz der miesen Situation gut gelaufen und du warst ein gutes Vorbild.
Weinen vor den Kindern finde ich o.k., solange man sich nicht selbstmitleidig gehen lässt.

LG, Stefanie

Beitrag beantworten Beitrag beantworten

Die letzten 10 Beiträge
Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.