Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Mama Heike am 11.10.2006, 23:12 Uhr

@Leena - wegen Schimpfen

Hallo Leena,

schön, dass wir miteinander ins Gespräch gekommen sind. Zu deiner Frage, wieso ich das mit dem Schimpfen anders sehe, will ich noch vorweg schicken, dass ich mal genauso dachte und erzogen habe, wie du.
Ich habe das Schimpfen nur einfach im Alltag „abgeschafft“, was am Anfang sicher etwas Mühe gemacht hat. Meine Große ist heute fast 10 Jahre alt und ich habe seit Jahren nicht mehr geschimpft und ich kann mir auch nicht mehr vorstellen, meine zweijährige Maus auszuschimpfen, obwohl ich mir auch gelegentlich auf die Lippe beißen muss.

Wichtig ist natürlich, was für mich Schimpfen ist, damit wir nicht aneinander vorbei reden. Ich schimpfe, wenn ich in ärgerlicher, gereizter Stimmung mit meinem Kind (oder jedem anderen Menschen) rede! (Die Anzahl der Worte ist unerheblich.)

Die Große „nervt“ manchmal ganz bewusst, zum Bsp. bringt mich auf die Palme, wenn sie in meinem Zimmer steht und mir über die Schulter schaut, wenn ich am Rechner schreibe. Je nach Laune würde ich über meiner Tastatur zusammen „brechen“ und vor mich hinheulen: „Ich will alleine seeeeeinn.“
Wir würden beide einen entspannenden Lachanfall bekommen und ich könnte sie ansehen und ganz normal und interessiert fragen, warum sie eigentlich zu mir gekommen ist.

Noch ein Beispiel: Wenn meine Kleine mal wieder ihr Mittagessen im Trinkglas versenkt (neues Hobby *stöhn*), dann ärgere ich mich auch, aber nicht über sie (Sie macht ja nur ihre Experimente, die süße Kleine!). Ich ärgere mich ja bei genauer Betrachtung nur über den „Dreck“, den ich dann wegmachen muss (Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte!). Also rege ich mich über den „Dreck“ auf und rege mich dabei ab. Dann wende ich mich lachend an meine Maus und lass mir zeigen, wo das Essen hingehört. Das Trinkglas hat sie für diese Mahlzeit nicht mehr zur freien Verfügung und sie lernt daraus. Sie will ja groß sein und auch alles alleine haben. Geschrei gab es deswegen nicht.

Ich bemühe mich bei solchen „schweißtreibenden“ Situationen, den Ärger über eine Sache auch bei der Sache zu belassen (denn dort gehört der Ärger hin). Ich achte also darauf, dass der Ärger nicht seine Richtung ändert und ich ärgerlich auf mein Kind werde.
Warum der Ärger so gern auf den Verursacher abdriftet, kann ich leider auch nicht erklären, aber dort richtet er nur Schaden an!

Ach, noch ein Beispiel: Mein Mann hat die Angewohnheit, seine Socken am Abend unter dem Wohnzimmertisch abzustellen. Ich könnte mich, (rein theoretisch) unendlich darüber aufregen, was ich auch lange gemacht habe. Aber (bei genauer Betrachtung) ist es nicht seine Schuld, dass ich mich ärgere. Es ist seine Schuld, dass die Socken dort stehen, das ist richtig.
Aber für meinen Ärger bin ich doch ganz allein zuständig. Es liegt doch in mir „drin“, worüber ich mich ärgere. Ein andere Frau würde vielleicht einfach ihre Socken dazustellen und gut wär´s.

Wer oder was gibt mir das Recht, meinen Ärger (für den ich allein die Verantwortung trage) an anderen auszulassen? Dass ich mich ärgere, ist menschlich, auch dass es Mühen kostet, dieses Gefühl zu kompensieren. Aber es ist nicht menschlich, nur wegen dem Ärger unangemessen mit anderen Menschen zu reden. Das ist dann einfach nur respektlos! Und es ist es auch (oder gerade), wenn es sich „nur“ um Kinder handelt.

Nicht zu Schimpfen hat mit „Kuschelpädgogik“ nichts zu tun (weiß nicht mehr genau, wer das behauptet hat), es ist einfach nur eine grundsätzliche Einstellung, wie man mit anderen Menschen umgeht.

Weißt du, was mir aufgefallen ist? In deinem ersten Posting hast du beim Nachsinnen zum Thema „Mutterliebe“ gleich an das Schimpfen gedacht. Du hast dort geschrieben: „…bin ich auch diejenige, die nicht nur liebt, sondern auch schimpft.“ Du hast damit das „Schimpfen“ erst ins Gespräch gebracht, ohne das vorher ein Wort davon fiel. Und was für mich erstaunlich war: Du hast es dann noch ganz energisch verteidigt, obwohl auch du in der Erziehung deiner Kinder das Schimpfen (unbewusst?) Stück für Stück abschaffst.
Dein letztes Posting hat das noch deutlicher gemacht. Du versuchst mit energischen Blicken oder kurzen Sätzen die „Sache“ schon mal abzukürzen.

Und du schreibst auch: „…und im Grunde wissen meine Kinder sehr genau, welches Verhalten „richtig“ und welches „falsch“ ist, so dass drastische Maßnahmen gar nicht nötig sind, ein gestrenger Blick reicht schon.“
Deine Kinder sind wie alle Kinder „sich selbst erziehende Kinder“. Sie nehmen deinen Ärger sofort war und schätzen ihr Verhalten (falsch/richtig) anhand deiner Reaktion „Ärger“ von ganz allein daran. Man muss dem Ärger nicht noch zusätzlich Luft machen, in dem man ärgerlich mit ihnen redet/kommuniziert (wegen Blickkontakt). Dass sie was falsch gemacht haben, haben sie längst verstanden (auch die ganz kleinen).

Und so gehst du eigentlich im Alltag mit deinen Kindern um. Du schaffst das Schimpfen ab!

Und trotzdem verteidigst du das Schimpfen und andere klatschen Beifall! Schimpfen ist normal und gut und richtig! Woher dann der Widerspruch zwischen deiner Einstellung und dem, was du eigentlich mit deinen Kindern tust?

Wenn wir auf unsere Erfahrungen aus der eigenen Kindheit zurückgreifen, vergessen wir, dass wir uns nur ab ca. dem sechsten Lebensjahr erinnern können und das man als Kind viele Fehler der Eltern „schön“ denkt. Gnädig liegt auch der „Mantel des Vergessens“ auf vielen Erfahrungen, gerade von 0 bis 6 Jahre. Vieles von der Kindheit ist ins Unbewusste abgerutscht, hat aber nach wie vor seine Auswirkungen auf uns und insbesondere auf den Umgang mit unseren eigenen Kindern. (Wer da genauer lesen will, den verweise ich nochmal auf Alice Miller. Ist keine leichte Lektüre, aber aufschlussreich, wenn man noch ein großes Säcklein „Kindheit“ zu schleppen hat.)

Auch wenn es dir als Schulkind anscheinend nicht geschadet hat (wie du dich erinnerst), hast du dich jemals gefragt, ob dir das Verhalten deiner Eltern von Nutzen war und ob es heute deinen Kindern nützt, mal hin und wieder ein „wenig“ respektlos zu sein?

Ich finde Schimpfen so was von überflüssig und unnütz (Denn ein Kind lernt aus einem ärgerlichen Reden kein besseres Verhalten!), und sogar schädlich (wenn es übermäßig auf das Kind einprasselt), dass ich froh bin, diesen „Unsinn“ hinter mich gebracht zu haben.

Liebe Grüße
Heike

 
20 Antworten:

Heike, ich muss gerade lachen...

Antwort von krueml am 12.10.2006, 8:10 Uhr

... wir haben auch das leidige "Sockenthema". Mein Mann lässt die alten Socken überall liegen wo er sie gerade auszieht und ich finde unter dem Sofa/Wohnzimmertisch und neben dem Bett immer ein Sockenhäufchen. Einmal kam eine neue Babysitterin zu uns nach Hause um sich vorzustellen und der Kleine zog neben ihr ein paar alte Socken unter dem Sofa vor. Das war soooo peinlich :-D

Die Idee bzgl. der Situation am PC ist sehr gut. Das werde ich mir merken!

Liebe Grüsse,
Chrissie

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jetzt mal ganz im Ernst: kann es sein, dass

Antwort von wassermann63 am 12.10.2006, 8:14 Uhr

gewisse Gögas Duftmarken setzen wollen? So in der Art eines noch im limbischen System verankerter Instinkt zur Markierung des Territoriums?

;-)))

LG
JAcky

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Re: @Leena - wegen Schimpfen

Antwort von mamaselio am 12.10.2006, 9:07 Uhr

Hallo Heike,

wieder ein bemerkenswerter Beitrag.

Um zu reagieren, wie von dir vorgeschlagen braucht es allerdings ein gehoeriges Mass an Selbstkontrolle, die man einfach nicht immer hat/haben kann.
Das aendert allerdings nichts an der Richtigkeit deiner Theorie.

Wie hast du es selbst geschafft dich zu veraendern? Und hast du Ausrutscher?

Ich habe uebrigens die Buecher von A. Miller bei einer Freundin auf der Toilette entdeckt und nach und nach alle gelesen, dann eine Therapie gemacht und dann ein Kind bekommen. Gott sei Dank war die Reihenfolge so und nicht andersrum.

LG
Christiane

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@Jacky!

Antwort von krueml am 12.10.2006, 10:22 Uhr

DAS wäre dann endlich eine Erklärung! *lach*

Mein Sohn mit 13 Monaten fängt nämlich auch schon an seine Socken auszuziehen und zu verteilen.

LG,
Chrissie

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Re: bei uns wird auch nicht geschimpft

Antwort von mini99 am 12.10.2006, 10:42 Uhr

Hallo!
Ich habe von Haus aus viel Geduld und wenn mal wo ein Problem ist, lösen wir es auch in Ruhe. Ich finde es schrecklich, wenn mit Kindern herumgebrüllt wird, es geht auch anders.
Liebe Grüße
Traude

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ich hab 3 Männers hier im Haus - das bedeutet nach Adam Riese

Antwort von wassermann63 am 12.10.2006, 11:05 Uhr

circa 6 Socken, die überall rumfahren *augenroll*

Ich werde jetzt verschiedenen Familienmitgliedern vorschlagen, STrumpfhosen anzuziehen - allen voran meinem Mann ;-)))

Lg
JAcky

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Re: bei uns wird auch nicht geschimpft

Antwort von ny152 am 12.10.2006, 12:01 Uhr

alles richtig, aber nicht immer hat man sich unter kontrolle. ich halte mich für einen starken, in sich ruhenden menschen, aber selbst mir läuft manchmal die galle über und dann polter ich los. ich brülle nicht, schreie nicht, nein, ich rede in einem gereizten, etwas lauter als normal werdenden ton. das kommt nicht oft vor, aber es kommt vor.

wie kann ein mensch es schaffen, ohne diese stimmungsschwankungen auszukommen? ich strebe nicht danach, weil ich merke, dass diese wenigen abweichungen von meiner ansonsten ruhigen und freundlichen linie keinerlei auswirkungen negativer art auf meine kinder haben. ich will auch nicht perfekt sein. und bisher hielt es nicht für möglich, dass ein mensch über jahre 100% ruhig bleibt und sie niemals aus der fassung bringen lässt.

ich glaube dir, dass es bei dir so ist. aber es ist mir fast ein wenig unheimlich und auch ich frage mich, welche "schule" du hinter dir hast.

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Re: @ny152 - schimpfen und schreien ist ein Unterschied

Antwort von mini99 am 12.10.2006, 12:35 Uhr

Hallo!
Schimpfen kann ja auch ganz unterschiedlich sein, und jeder muß sein Kind mal zurecht weisen, gar keine Frage. Was ich halt nicht mag, ist wenn jemand herumschreit. Niemand macht alles richtig, das ist eh klar. Ich selbst habe auch mal mit meinem Sohn geschrien, weil ich mich über was geärgert habe, aber dann hat mein Sohn zu weinen begonnen (er ist seeeehr sensibel) und dann habe ich gleich mitgeheult und seit dem halte ich mich sehr zurück was den Tonfall betrifft. Ich atme zuerst durch, und sehe einiges sehr gelassen.
Es ist oft bei einem doch so, dass man wegen einigen Dingen gereizt ist, die mit der Familie garnichts zu tun haben und dann irgendwann explodiert und dass versuche ich jedenfalls nicht bei meiner Familie zu tun, dann doch lieber dort von dort der Zorn kommt. Bei mir in der Arbeit z.B. könnte ich oft in die Luft gehen vor Zorn über meine Chefin. Deshalb habe ich mir angewohnt, in solchen Situationen an die schönen Dinge die der Tag noch bringt zu denken und ruhig wieder ihr Büro zu verlassen, obwohl ich auszucken könnte. Ich bin auch schon mal mit ihr zusammengekracht, aber das hat auch nicht viel gebracht, außer mir Luft und wenn ich das brauche, erledige ich das im Büro.
Aber solange ich noch zu beruhigen bin mache ich es so, dass ich in schwierigen Situationen an mein Kind denke, und dass ich in ein paar Stunden nach Hause gehe und ihn abhole und wie schön der Nachmittag wird.
Ich möchte mir bzw. uns nicht das Leben schwer machen mit Sachen, die sich vermeiden lassen.
Liebe Grüße
Traude

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Und wo..

Antwort von Hinze am 12.10.2006, 12:38 Uhr

lasst Ihr Euren Ärger ab ?? Kann man denn lernen so damit umzugehen, das einen der Ärger nichts mehr ausmacht ?? Oft genug hört und liest man, man soll doch auch mal seinem Ärger Luft machen und nicht alles in sich hineinfressen. Also ich muss getshen, ich bin z.Z leider nicht der geduldigste Mensch. Wir haben rings herum leider eine Menge Dinge, die mich ärgern, aber ich muss auch gestehen, das ich mir manches wie es geschrieben wird einfach nicht erklären kann, das ich nicht wüsste, wie ich das machen soll.
LG

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Re: Und wo.. Nachtrag

Antwort von Hinze am 12.10.2006, 12:40 Uhr

Wollte nur noch schreiben, das ich es unmöglich finde, wenn ich mein Kind anschreie (vermeide es auch so weit es geht, kommt aber manchmal vor, LEIDER), aber leider weiß ich wie gesagt, nicht wie ich es kompensieren soll. Bin schon immer eher impulsiv.

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Re: @Hinze

Antwort von mini99 am 12.10.2006, 13:39 Uhr

Hallo!
Wie schon in meinem oberen Posting gesagt, niemand ist perfekt. Wie ich schon geschrieben habe, versuche ich zumindest immer meinen Ärger dort abzulassen, von wo er kommt - bei mir häufig im Büro - oder ich denke an schöne Dinge in meinem Leben, Famlie, Freunde etc. um mich damit wieder zu beruhigen. Wenn ich mich über meine Chefin ärgere, denke ich an die schönen Dinge die mir der Nachmittag bringen wird, schau auf die Uhr wann ich nach Hause gehen kann und stelle mir vor wie ich dann mein Kind vom Hort hole, wir uns ev. mit Freunden treffen und dass ich mir am Abend in die Badewann lege. Ich denke mir über meine Chefin - rutsch mir den Bucken runter du blöde Kuh! Mach den Dreck selbst wenn du ihn besser kannst!
Wenn es mir zu bunt wird, sage ich ihr auch schon mal ins Gesicht dass mir der Umgang so nicht passt.
Was ich damit sagen möchte: Ich schleppe den Ärger vom Büro sogut es geht nicht mit nach Hause, es gibt so viele schöne Dinge, dass man sich nicht wegen solchen Ärgernissen den Tag versauen lassen darf!
Was meine Familie betrifft:
Mein Sohn und ich vertragen uns sehr gut und wenn mal Unstimmigkeiten bestehen, reden wir darüber. Wenn ich denke, dass wir in den Moment kein Gespräch führen können, weil Thomas sehr schlecht drauf ist, dann geht er in sein Zimmer und wir sprechen später darüber wenn er sich wieder beruhigt hat. Das ist viel effizienter, als ein Gespräch zu führen wenn jemand gereizt ist, das bringt nämlich nur Streit.
Liebe Grüße
Traude

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Re: @ny152 - schimpfen und schreien ist ein Unterschied

Antwort von ny152 am 12.10.2006, 15:32 Uhr

ach so, am ende schimpfe ich dann vermutlich gar nicht...

aber es kann schon sein, dass das schlicht eine definitionsfrage ist. was für mich schimpfen bedeutet, ist für jemand anders vielleicht nur ein ermahnen. das halte ich für möglich.

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zusatz

Antwort von ny152 am 12.10.2006, 15:34 Uhr

dann wäre meine frage an heike obsolet, warum sie immer die fassung bewahrt. das tue ich dann auch und das fällt mir gar nicht schwer.

angeschrien habe ich meine kinder nämlich noch nie. und ja, darauf bin ich stolz. vor allem aber sehr froh, denn man kriegt dadurch von den kindern unendlich viel zurück. allerdings ist es es, wie mamaselio schrieb: es verlangt sehr viel innere stärke, über die nicht jeder verfügt. ohne jahrelange harte, professionelle arbeit an mir selbst hätte ich die auch nicht.

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Re: Antwort an Heike (leider arg lang)

Antwort von Leena am 12.10.2006, 16:30 Uhr

Hallo Heike,

erst mal vorneweg zur Klarstellung – ich habe in meinem ersten Posting zum Thema „Mutterliebe“ das Schimpfen aufgeführt, weil Du vorher in einem Posting (sinngemäß) geschrieben hattest, dass vor zwei Generation die Mutter in der Erziehung nur die Aufgabe gehabt habe, das Kind zu versorgen und es bedingungslos geliebt habe, während der Vater für die Bestrafung zuständig war. Meine Antwort darauf war im Grunde – bei uns bin ich als Mutter auch (genauso wie der Vater) sowohl für Liebe als auch für die Bestrafung zuständig, und „Bestrafung“ ist – bei uns – nun einmal insbesondere das Schimpfen. Daher meine Bezug von „Mutterliebe“ und „Schimpfen“, also im Grunde nur ein Rück-Bezug auf die von Dir erwähnte „Bestrafung“.

Wobei „Schimpfen“ sicherlich sehr individuell definiert ist – für Dich ist es schimpfen, wenn Du „in ärgerlicher, gereizter Stimmung“ mit jemandem redest (würde ich eher unter „nörgeln“ subsumieren), bei anderen wird schnell ein „Anbrüllen“ daraus, während für mich Anbrüllen eben lautes Brüllen ist, und Lautstärke hat für mich nichts mit „Schimpfen“ oder „nicht Schimpfen“ zu tun). Wenn bei uns drei Kinder durchs Haus toben, dazu vielleicht noch ein oder zwei Freunde der Kinder und vielleicht auch noch der Nachbarkater, der mal wieder ausgebüxt ist, ist es oft laut, Lautstärke ist für mich nicht automatisch etwas negatives, und Schimpfen kann man auch sehr leise. Und das, was für andere nur „ermahnen“ wäre, wäre für mich wahrscheinlich schon „schimpfen“...

Was ich gar nicht mag an mir selbst – wenn ich in mieser Stimmung bin, mich bei der Arbeit die „Kunden“ oder Kollegen geärgert haben, irgendjemand mich mal wieder als seelischer Mülleimer missbraucht hat (irgendwie ziehe ich Leute an, die sich bei mir ausweinen und mir hinterher sagen, dass es ihnen nun besser ginge – während ich eigentlich nur zuhöre, ein teilnahmsvolles Gesicht mache und mich eigentlich sehr hilflos fühle, seufz!), wenn auf dem Weg zur Arbeit mir gleich drei Schnösel vors Fahrrad gehüpft sind, weil sie vor lauter Walkman (äh – wie sagt man heute dazu?) auf den Ohren nichts vom Verkehr um sie herum mitbekommen, wenn im Laden die Milch nicht mehr haltbar und das Brot ausverkauft war – dann merke ich, dass ich „nörgele“, weil die Kinder irgendetwas machen, und genau dieser Tropfen mein Fass zum Überlaufen bringt. Das stört mich selbst!

Schimpfen ist für mich dagegen etwas anderes, nämlich ganz konkret situationsbezogen und an ein konkretes Kind gerichtet, weil es irgendetwas gemacht hat, von dem es – eigentlich zumindest – ganz genau weiß, dass es das nicht tun soll. Schimpfen ist für mich keine „Predigt“, wo ein Wortschwall auf den Beschimpfen niederprasselt (das Wort „Predigt“ hast Du, in Bezug aufs Schimpfen, in einem früheren Posting verwandt). Für mich ist es wichtig, dass „Schimpfen“ kurz und prägnant ist und eine kurze, eindeutige Botschaft hat, auf die das Kind reagieren kann. Von daher ist für mich beim Schimpfen die Anzahl der Wort schon erheblich, anders als für Dich, weil ich der Meinung bin, eine ganze Predigt kann niemand aufnehmen, aber eine kurze, eindeutige Ansage sehr wohl.

Was nun Dein Beispiel von Deiner Tochter, ihrem Mittagessen und dem Trinkglas betrifft – ich sehe sehr wohl ein, dass Kinder in dem Alter ihre Experimente machen wollen und auch machen müssen – aber ich bin der Meinung, auch ein- oder zweijährige Kinder müssen lernen, dass man solche Experimente eben nicht mit dem Essen und Trinken veranstaltet, es gibt genügend Alltagsgegenstände, mit denen sich genau dieses Experiment wunderbar durchführen lässt – Büroklammern in eine alte Zigarrenschachtel sammeln o.ä. Mit Essen und Trinken spielt man nicht – sicher, einerseits ein blöder Satz, andererseits ist für mich auch eine Frage des Respekts dem Essen gegenüber. Natürlich probieren Kinder es trotzdem immer wieder aus, und sie können meinetwegen gerne mit dem Essen spielen, solange man hinterher noch alles essen und trinken kann, ohne dass es verschütt gegangen oder verschmutzt ist – so rigide bin ich ja gar nicht. Aber wenn das Essen dabei verdorben wird, mag ich das nicht – und deswegen lache ich dann auch nicht. Ich reagiere in so einer Situation so, dass ich einmal in neutralem Ton androhe, wenn das Kind das noch einmal macht, nehme ich z.B. das Trinkglas weg, und falls das Kind es trotzdem noch mal macht, ist das Glas eben weg – Punkt. Ich weiß, Du bist kein Freund von solchen „angekündigten Strafen“ – ich schon. Ich finde, man sollte jedem Menschen die Konsequenzen erst ankündigen, ihm die Chance geben, selbst darauf zu reagieren (das entspricht meiner Vorstellung von Fairness), und wenn nicht, dann die Konsequenzen durchziehen. Mache ich bei der Arbeit, im Umgang mit erwachsenen Menschen, ja genau so – ich arbeite beim Finanzamt, und wenn ein Steuerpflichtiger seine Steuererklärung nicht fristgerecht abgibt, bekommt er eine Erinnerung mit Zwangsgeldandrohung oder eine Schätzungsandrohung, und wenn er dann immer noch nicht mit der Steuererklärung beikommt, folgt eben die entsprechende Konsequenz. Es wäre nicht zulässig, wenn ich all diese „Zwischenschritte“ überspringen würde, und bei bekannten Fällen gleich zum Ende der ersten Frist den Gerichtsvollzieher mit dem Haftbefehl hinschicken würde – meinst Du nicht?

Was Deinen Mann und seine Socken unter dem Tisch betrifft – so was sammle ich abends mein Ins-Bett-Gehen relativ automatisch ein und stopfe es mir in die Hosentasche – kann natürlich vorkommen, dass ich dann am nächsten Morgen Socken in der Tasche finde – damit kann ich leben. Mein „schwacher Punkt“ ist, dass mich die „Bierdeckelsammlung“ meines Mannes neben dem Flaschenöffner im Wohnzimmerregal stört, weniger wegen der Unordnung (da bin ich großzügig), sondern eher, weil ich Alkohol generell nicht mag und deswegen ungern mit Bierdeckeln (und damit konsumiertem Alkohol) konfrontiert werde. Ich erwarte von meinem Mann, dass er meine Gefühl diesbezüglich auch akzeptiert und eben regelmäßig seine Deckel entsorgt (ist eh nicht viel, über den Sommer haben sich vielleicht 10 oder 12 Deckel angesammlt – aber ich mag’s halt nicht!). Ich denke, mein Mann weiß, dass ich das nicht mag – ich habe nun einmal ein Problem mit Alkoholkonsum, weil mein Ex-Partner im – ganz leicht – alkoholisierten Zustand regelmäßig, na ja, „extrem“ wurde. Deswegen ist es mir existenziell wichtig, dass diese elenden Bierdeckel nicht rumliegen, sondern dass mein Mann sie regelmäßig entsorgt. Ich denke, es ist auch eine Frage seines Respekts mir gegenüber, auf diese „Befindlichkeit“ meinerseits Rücksicht zu nehmen. Ich denke, jeder Mensch hat das Recht auf solche „Befindlichkeiten“, nicht viele, aber ein ganz paar Dinge, die einem wirklich wichtig sind, wenn auch irrational – auf die paar Dinge sollte der Partner dann auch Rücksicht nehmen. Dinge, die einem weniger wichtig sind, fallen dabei hinten runter und werden nicht berücksichtigt – ist für mich aber auch nicht schlimm, eben weil sie (mir) nicht wirklich wichtig sind.

Ich finde es wichtig, im Umgang mit anderen Menschen Grenzen aufzuzeigen, und auch meine Grenzen. Ich finde es wichtig, meinen Ärger nicht an anderen auszulassen, indem ich herumnörgele, wenn ich eigentlich nur generell schlecht gelaunt bin – ja, auf jeden Fall. Aber ich finde es auch wichtig, meine Grenzen deutlich zu machen. Das bedeutet für mich nicht, anderen gegenüber respektlos zu sein. Schimpfen ist für mich auch nicht automatisch respektlos – wenn ich zu meinem Kind in entsprechendem Tonfall nachdrücklich „Hör auf!“ sage, fällt das für mich unter Schimpfen – aber ich finde es trotzdem nicht generell respektlos. Es ist für mich eher wie ein Stop-Schild im Straßenverkehr – es bedeutet nun einmal noch etwas anderes als ein „Vorfahrt gewähren“-Schild. Und ich finde Schimpfen nicht generell unnütz, denn damit soll das Kind ja lernen, dass sein Verhalt, das zum Schimpfen der Mutter geführt hat, falsch war, und als „Vermeidungsstrategie“ dieses Verhalt in Zukunft vermeiden. Sicher, es wäre optimaler, wenn das Kind den Grund hinter dem Schimpfen verstünde und deswegen das Verhalten vermeiden würde – aber je nach Kind und Situation sind komplexere Sachverhalte noch nicht wirklich verständlich, das echte Verständnis entwickelt sich öfter erst später, denke ich.

An einem Punkt hat mich Dein Posting zum Nachdenken gebracht – sowohl mein Mann als auch irgendwelche „Kunden“ oder Kollegen überschreiten manchmal meine Grenzen, nicht nur meine Kinder. Und ich denke, ich reagiere schon unterschiedlich, wenn ein Kind oder ein Erwachsener meine Grenzen übertritt. Ich denke aber auch, das liegt auch daran, wie dann die jeweilige Gegen-Reaktion aussieht.

Blödes Beispiel – mein Kollege (und guter Freund) kleckert in der Mittagspause mit dem Essen auf den Boden, oder mein Kind kleckert beim Mittagessen mit dem Essen. Bei meinem Kollegen sage ich irgendetwas wie „ein Glück, dass es hier im Amt Putzfrauen gibt“, und meistens versteht er schon, was ich sagen will, und macht selber wieder sauber. Wenn ich in derselben Situation zu meinem Kind sagen würde „ein Glück, dass ich morgen hier groß putzen will!“, würde es mich nur groß angucken und bestätigen, dass das wirklich ein Glück ist, dass ich den Dreck dann morgen beseitigen werde. Da muss ich dann schon deutlich die Ansage machen „räum das wieder auf!“ (Kommt natürlich auch auf das Alter des Kindes an – mein ältester Nachwuchs mit seinen 7 Jahren würde die Kollegenversion mittlerweile auch verstehen und mit schiefem Grinsen zum Wischtuch greifen.)

Wenn ich dagegen mit meinen Kinder schimpfe, tue ich das in Situation, in die ich mit einem Erwachsenen nicht käme – wenn ich meinem Mann seine ungeliebte Medizin hinterher trage, nimmt er sie (vergleichsweise) freiwillig, da er ja weiß, wozu sie nützt. Bei meinem 3-Jährigen funktioniert das nicht so leicht, da artet Medikamentenverabreichung manchmal schon aus. Da finde ich dann schon eine kurze, deutliche Ansage angebracht – mein Mann fängt nun einmal nicht an zu schreien und um sich zu treten, wenn er den Hustensaft sieht...

Wenn mein Mann z.B. irgendetwas getan hat, wodurch ich mich verletzt gefühlt habe, kann ich ihm das genau so auch sagen – eben: Du hast mir weh getan. Ich finde es unfair, einem Kind das so zu sagen – ich finde, es lädt ihm zuviel Verantwortung für mich als Mutter auf. Ich denke, man kann Verhalten gegenüber Erwachsenen nicht 1 : 1 auf das Verhalten gegenüber Kindern übertragen.

Ach, und noch eine Sache – ich finde es wichtig, dass meine Kinder auch erleben, dass ich Gefühle habe, dass ich mich freue, aber auch, dass ich wütend bin oder verärgert oder traurig. Ich finde es wichtig, meine eigenen Gefühle auch authentisch auszudrücken. Zum einen (und vor allem), damit meine Kinder auch sehen, nicht nur sie haben (positive und negative) Gefühle, sondern wir als Eltern auch, damit sie ihre eigenen Gefühle eher annehmen können (bzw. lernen, die Gefühle anderer Menschen einzuschätzen). Zum anderen aber auch, damit sie auch den Umgang in einem „Konfliktfall“ lernen. Ich finde „Schimpfen“ im Sinne von Grenzen aufzeigen (nicht: mich abreagieren) nicht unnütz, und manchmal wirkt es einfach eher, wenn ich laut den Namen des jeweiligen Kindes rufe und dabei streng schaue, als wenn ich gleichbleibend freundlich erkläre, während es in mir brodelt... zumal dann „Innen“ und „Außen“ bei mir nicht zusammen passen würde, und ich denke, so etwas kann (insbesondere Kinder) sehr nachhaltig verunsichern.

Meiner Erfahrung nach ändert es sich, was das Schimpfen betrifft, sowieso mit zunehmendem Alter des Kindes. Mit meinem 7-Jährigen schimpfe ich immer weniger, weil es schon viel mehr versteht und selbst erkennt und die Umgangsebene einfach eine andere ist als mit einem 3-jährigen Kind. Mit dem 1-Jährigen schimpfe ich (noch) weniger, da gibt es eigentlich nur ein energisches „Nein!“, damit er lernt, dass er z.B. nicht an den CD-Spieler darf oder im Bücherregal nur an das Brett mit den Kinderbüchern, aber nicht an die anderen Bretter. Am meisten schimpfe ich im Moment mit meinem 3-Jährigen, weil er einfach am meisten derzeit seine (und meine) Grenzen austestet. Früher war es auch bei ihm weniger, und es wird auch weniger werden, wenn er wieder älter wird und sich die Umgangsebene immer weiter verändern wird. War bei meinem jetzt 7-jährigen Nachwuchs übrigens auch so ähnlich...

Was ich nicht mag – und auch für unkonstruktiv halte – ist anhaltendes Nörgeln. Ein kurzes, kräftiges Donnerwetter finde ich dagegen, je nach Situation, als „Strafe“ durchaus für legitim.


So, jetzt ist meine Antwort an Dich, Heike, leider schrecklich lang geworden – und ich kann sie mir noch nicht einmal gescheit durchlesen und die gröbsten Fehler korrigieren, weil der Nachwuchs ruft – ich hoffe, es sind nicht zu arge Fehler darin...


Viele Grüße,
Leena

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Re: Antwort an Heike (leider arg lang)

Antwort von Astrosternle am 12.10.2006, 17:00 Uhr

Hallo!

@leena: Also ich finde Deine Einstellung völlig in Ordnung.

@heike: Es ist fast bewunderndswert, wie Du Dich unter Kontrolle hast. Für mich wäre das nix, da würde ich kaputt gehen.

@alle:

ich denke, ein gewisses Maß an Schimpfen, je nach Verständnis, gehört irgendwie zur Erziehung dazu. Ich habe nicht die Phantasie und auch nicht ständig die Kraft meinem Kind auf andere abstrakte Weise zu sagen, was nun gut oder falsch ist/war.

Auch denke ich, daß ab und an ein "nein" oder "hör auf damit" mehr bringt, als mit dem Kind über alles zu diskutieren. Natürlich versuche ich auch auf mein Kind einzugehen, was mir oft schwer fällt. Mein Sohn, jetzt 5 Jahre reizt mich gerne und manchmal komme ich schnell auf die Palme, obwohl es im Nachhinein gesehen eigentlich Kleinigkeiten waren. Ein gutes Bsp. hierfür ist die Sache mit dem Dreckigmachen, was hier auch schon erwähnt wurde.

Man, als Mutter oder Vater regt sich über den Nachwuchs auf, der nix besseres zu tun hat, als einem mehr arbeit aufzuhalsen. Mittlerweile bin ich diesbzgl. viel ruhiger geworden, denn den Lumpen kann ich ja hinterher wieder in die Maschine stecken, oder im ein neues T-Shirt anziehen (auch wenn es das dann nicht mag).

Ich schimpfe auch, vielleicht bin ich auch viel zu oft laut, was mich selber stört, da ich gerne gelassener wäre.
Oft versuche ich Dinge, die mich dann stören zu ignorieren, um ihnen keine Gewichtigkeit zu geben und meinem Kind zu zeigen, daß mich das nicht weiter berührt, denn oft wissen die Kleinen noch nicht wirklich den Sinn, was sie eigentlich von sich geben.

Ich versuche es meist im Guten, auch ihm eine Wahl zu geben. Z.B. ich kann ihm beim Anziehen helfen oder er kann es alleine machen (er kann schon, will aber nicht immer), aber er weiß, wenn die Zeit gekommen ist (sag ich ihm vorher), dann gehen wir bzw. ich. Das funktioniert meist gut, auch wenn hier das einige als übertrieben sehen werden.

Auch versuche ich, wenn etwas geplant ist vorher "Regeln" festzulegen. Also wenn wir einkaufen, dann kann er mit dem Auto fahren, nachdem wir einkaufen waren und nicht vorher. Oder es wird heute nix Süßes oder ne Kleinigkeit gekauft. Er ist dann zwar nicht besonders glücklich drüber, aber er akzeptiert es.

@Heike:
Was machst Du, wenn Dein Kind bockig ist? Es Dich anschreit, Dich mit Schimpfwörtern beleidigt oder Dich gar körperlich angreifen würde? Es muß ja nicht bewußt geschehen, aber was tust Du dann in einer solchen Situation? Kannst Du da so gelassen bleiben?

Auch an alle anderen: Was macht ihr, wenn Eure Kinder "austicken", aus welchen Gründen auch immer (Willen nicht bekommen, usw.)?

Danke und Sorry, bischen lang!

Astrosternle

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zum Thema "sich unter Kontrolle haben"

Antwort von koesti am 12.10.2006, 20:42 Uhr

Ich habe eine Mutter, die sich immer unter Kontrolle hatte. Sie hat nicht geschimpft, war immer freundlich, hat nie Gefühle gezeigt.
Ich habe es gehasst. Und noch heute habe ich ein sehr distanziertes Verhältnis zu ihr. Damals habe ich mich oft allein gelassen gefühlt.

Entsprechend zeige ich vielleicht manchmal zu deutlich meine Gefühle...

LG, koesti

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@all - Ich noch mal.

Antwort von Mama Heike am 12.10.2006, 22:49 Uhr

Nun sind doch so viele Meinungen zusammen gekommen.

Ganz wichtig ist mir folgendes: Ich habe genau wie ihr Stimmungsschwankungen. Und ich halte meine Gefühle NICHT unter Kontrolle, wie Koesti schreibt. Diese Annahme ist falsch.

Ich ärgere mich genauso darüber, wenn meine Jüngste (2) den Topfinhalt (1 ltr. Wasser und dazu geschälte Kartoffeln) über den Küchenschrank ergießt oder wenn meine Große hopps-galopp ihre Hände nur schnell unter den Wasserhahn hält (statt ausgiebig Seife zu benutzen) und dann der halbe Garten am Handtuch hängt!

Meine Kinder bekommen dann natürlich mit, was mich ärgert. Völlig richtig wie ihr schreibt, sie MÜSSEN es mitbekommen, sonst könnten sie ja ihr falsches Verhalten gar nicht bemerken. Sie wären "haltlos" ohne solche Grenzen und würden sich ja "ausgestoßen" fühlen. Ich reagiere also durchaus auf ihr Fehlverhalten.

Um bei meinen Besipieln zu bleiben: Bei der Kleinen kommt dann ein Ausruf von mir wie „Ohhh, so viel Wasser… schnelle schnell schnell, wo ist der Lappen?“ Sie hält sofort inne und bemerkt, was „falsch“ war. (Wie es weiter geht, erspar ich mir jetzt hier.).
Bei der Großen (10) nehme ich das schmutzige Handtuch und halte es ihr vor die Nase. Wenn sich unsere Augen treffen, rolle ich mit den Augen nach dem Motto: „Na, wie alt sind wir denn?“ Wir müssen beide lachen, aber sie hat durchaus begriffen, zieht samt Handtuch ab und erledigt das Notwendige.

So zieht sich das durch unseren Alltag und es sehr wenig, worüber ich mich ärgern müsste, was also die Kinder falsch gemacht haben. Ich erfasse eigentlich sofort, ob die Kinder das falsche Verhalten erkannt haben. Dafür muss man nur aufmerksam sein.

Die Kleine stockt sofort in ihrer Aktivität und schaut mich meist fragend an, oder sie weiß "Bescheid", schaut mich an und rennt „trallerie-trallera“ erstmal weg, um gleich darauf wieder zu kommen und die Bescherung zu heilen.
Bei der Großen huscht eine Röte übers Gesicht (ertapp!) oder ich bekomme erstaunte Blicke (Das wusste ich noch gar nicht.).

Was ich mache ist Folgendes: Ich versuche für einen Moment die Situation als Ganzes WAHRZUNEHMEN. Mein Ärger (den ich nicht unterdrücke) ist wie ein Signal für mich: Kinder angucken und nicht die „Bescherung“.
Fragt mich jetzt nicht, wie man so eine Vorgehensweise lernen kann. Am besten ausprobieren: Auf das Wahrnehmen des Kindes konzentrieren und die Situation anschließend überdenken. (Das Wahrnehmen der Kinder druchzieht unseren ganzen Alltag, besonders wenn ich mit ihnen etwas tue wie Reden, Pflege, Lernen.)

Wenn man erstmal seine Kinder in der betreffenden Situation wahrgenommen hat, fällt es wirklich schwer, noch quasi von oben herab für „Ordnung“ zu sorgen. Ich brauche mich da nicht verstellen. Ausrutscher sind möglich, wenn ich mir keine Zeit lassen würden, die Situation wahrzunehmen, wäre dann Meckern aus dem Affekt heraus. Kann mich nicht mehr erinnern. Manchmal habe ich das Gefühl wie die italienischen Mamas einfach mal zu Lärmen um des Lärmens willen. Das mach ich dann auch und ich gacker mit meiner Großen um die Wette, wie saumäßig ihr Schreibtisch aussieht. Es ist ein Spßa und doch nicht, denn an den Augen meiner Großen sehe ich, dass sie froh ist, dass ich nicht mit ihr schimpfe. Sie begreift auf so und es geht viel lustiger zu.

Aus der Reaktion meiner Kinder heraus entscheide ich immer neu, was ich auf ein "Fehlverhalten" für angemessen halte. Aber sie sollen nie "Schuld" spüren.

Die Selbstkontrolle braucht man also nur für das „Wahrnehmen“ aufbringen,wenn man darin ncith geübt ist. Am Anfang muss man schon seinen Willen aktivieren und auch üben, bevor es zur Gewohnheit wird. Alles andere (also auch das Nicht-Schimpfen und ein schöneres Familienleben) ergibt sich von selbst.

Der energische Namens-Ruf oder „Jetzt ist aber Schluss.“ als Stop-Schild (wie Leena schreibt) ist für mich nicht unbedingt schimpfen; bei mehreren Kindern muss man sich schon anderes Gehör verschaffen, völlig richtig.
Bei uns ist nur üblich, ganz normal den Namen zu sagen (außer bei Gefahr) und ich bitte dann einfach die Kinder, mich anzuschauen. Am Blick sehe ich dann schon, ob sie verstanden haben oder ob ich sie an die Regel erinnern muss.

Die Frage nach der „Gedankenschule“ ist leicht zu beantworten: Meine älteste Tochter hat mir einfach keine andere Wahl gelassen. Sie hat mit ihrem widerspenstigen, überaus störrischem Verhalten erst aufgehört, als ich endlich begriffen habe, dass es völlig ausreicht, sie als Mensch wahrzunehmen.

Ich schimpfe halt nur mit den Socken und das macht mir richtig Spaß: "Diese blöden Socken! Seht zu, dass ihr hier verschwindet." Mein Mann sagt dann: "Genau, ich kann die auch nicht leiden." Er bekommt einen "Puff" in die Rippen und ich einen Kuss.

Liebe Grüße
Heike

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@Astrosternle

Antwort von Mama Heike am 13.10.2006, 0:38 Uhr

Lieder habe ich nicht geschafft dir zu antworten. Kommt aber noch die Tage.

Liebe Grüße
Heike

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@Mama Heike

Antwort von abb am 13.10.2006, 10:16 Uhr

Liebe Heike, ich lese schon länger Deine wirklich sehr differenzierten Beiträge und oute mich als ein Fan von Dir. Als begeisterte "Millerianerin" sprichst Du mir mit Deinen Beiträgen voll aus der Seele. Natürlich ist es schwieriger, sich selbst und seine eigenen Reaktionen ständig in Frage zu stellen, aber es funktioniert zumindest bei uns schon seit Jahren. Bitte mach weiter so:-)

Viele Grüße Susi

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@abb - Schön zu wissen und vielen Dank. (o.T.)

Antwort von Mama Heike am 13.10.2006, 20:44 Uhr

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