Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Mama Heike am 09.10.2006, 22:49 Uhr

@leena (und alle) - wegen Erziehung

Hallo Leena,

leider konnte ich mich nicht eher an der Diskussion beteiligen, weil ich zwei Tage nicht zu Hause war.

Ich fand deinen Beitrag sehr interessant. Wenn du so von deiner Familiengeschichte erzählst, fällt mir eins besonders auf. Deine Urgroßmutter war Lehrerin. Gerade diese Frauen waren etwas ganz Besonderes, denn sie haben noch nach den traditionellen, meist christlichen Werten (wie Nächstenliebe und Achtung anderer Menschen) unterrichtet und erzogen.

Während die männlichen Vertreter dieses Berufes überwiegende mit dem Rohrstock die Kinder züchtigten (hat mein Vater noch erlebt!), pflegten die Lehrerinnen einen ausgesprochen respektvollen Umgang mit den Kindern. Sie waren streng und gerecht, aber sie verletzten nicht die Würde der Kinder. Und das war ganz sicher auch in eurer Familie der Grundtenor im Umgang miteinander. Das war aber eine große Ausnahme, denn die Frauen hatten lange nichts zu "melden".

Du schreibst aus der Erinnerung an deine Kindheit, dass die Strafen deines Vaters „wichtiger“ waren. Einprägsamer also? Die Frage ist warum?

Wenn du an die Strafen von deinem Vater und deiner Mutter denkst, solltest du schon entscheiden, ob deine Würde angekatzt wurde (du also total zornig und wütend auf Mutter oder Vater warst) oder ob du keine Ohnmacht gespürt hast und dagegen die gute Gesinnung dahinter akzeptieren konntest. Strafe ist nicht gleich Strafe.

So wie es "unwürdige" Strafen gibt, gibt es Strafen, die eben nicht die Würde des Kindes verletzen. Das ist der Fall, wenn Kinder die Erziehungsmaßnahme ohne „Wutgeheule“ annehmen und dadurch etwas wichtiges Lernen können. Zum Beispiel bestraft Phi zur Zeit ihren Sohn (schon Schulkind) mit Abschreibearbeiten. Diese Strafe ist nur eine Krücke, um ihn auf den „besseren“ Weg zu führen, aber erfreulicher Weise nimmt ihr Sohn die Strafe momentan an. Er heult und bockt nicht, er macht, was die Eltern verlangen.

Das Kind allein entscheidet, ob eine Erziehungsmaßnahme richtig ist oder seine menschliche Würde verletzt wird und sie damit reine Willkür ist. Kinder flippen bei "falscher Erziehung" aus und werden mega stinkig auf uns. Da ist völlig unrelevant, was ich für richtig halte würde, oder irgendein Experte empfiehlt oder Oma oder der Vater. Das Kind alleine darf und kann entscheiden, ob wir es richtig machen.

Ich denke, dass du genau so erziehst, bis auf das Schimpfen. Deine Erziehung schilderst du an dem DVD-Beispiel sehr anschaulich:

1. Du orientierst dich sehr an der Individualität deines Kindes, denn jedes Kind empfindet einen Angriff auf seinen Stolz und seine Würde anders.
2. Du bist sicher, mit dem was du tust. Deine Kinder scheinen deine Autorität soweit zu akzeptieren und wachsen dadurch „geschützt“ auf.

Du bist also weder unsicher, noch hast du übermäßig ein schlechtes Gewissen. Ein bischen schon, denn du tröstest deine Kinder, wenn sie wegen deinem Schimpfen traurig sind.

Aber dass dir die Aussage deines ältesten Kindes generell nicht zu denken gibt, kann ich nicht nachvollziehen. Du schreibst: „wenn das Schimpfen durch ist, ist es nicht schlimm, wie mein ältester Nachwuchs letztens sagte.“

Er erträgt das Schimpfen also nur und ist froh, wenn die „Predigt“ gelesen ist, ansonsten vertraut er dir. Meinst du nicht, dass euer Umgang viel schöner sein könnte, wenn er auf diese (tägliche?) Erfahrung verzichten könnte und du statt dessen nur mit ihm „redest“ oder ihn etwas eigenständig tun lässt, woraus er lernen kann? Dein Urgroßmutter hätte das mit großer Sicherheit noch getan. Sie hätte sich für einen respekt- und würdevollen Umgang eingesetzt. Und deine Oma auch noch, aber vielleicht nicht immer, denn die Zeiten ohne Mann an der Seite waren bestimmt hart…

Stück für Stück ist (gesamgesellschaftlich gesehen) der würdevolle Umgang mit den Kindern aus dem Blickwinkel verschwunden.

Liebe Grüße
Heike

 
6 Antworten:

partieller Einspruch

Antwort von mamaselio am 10.10.2006, 5:12 Uhr

Hallo Heike,

eine der wenigen Male in denen ich dir widersprechen muss.

Natuerlich handelt es sich bei den Aussagen um Erzaehlungen meiner Mutter, ich kann es also nicht beweisen, aber trotzdem...

Meine Mutter (Jahrgang 32) stammt aus einer der wenigen evangelischen Familien unserer kleinen dt Stadt mitten im Muensterland. Sie besuchte dort die Mittelschule und ich erinnere mich, dass sie immer wieder von den fuerchterlich gemeinen LehrerINNEN sprach, die physisch und psychisch quaelten. Sie sagt, man habe sie gequaelt, weil sie evangelisch war...Besser wurde es erst nach dem Krieg als die Fluechtlinge kamen, die zum grossen Teil ebenfalls Protestanten waren.

In ihrer eigenen Familie war die Mutter (also meine Grossmutter) die boese....Sie hatte nie Zeit (es gab Dientsmaedchen), keine Lust und wenn die Kinder krank wurden, liess sie die Schwester kommen (meine Mutter hatte ein sehr enges Verhaeltnis zu ihrer Tante). Meine Oma lass viel und ass dabei Schokolade, die sie vor den Kinder versteckte. Die Kriegsjahre ueber hat sie die Kinder zu ihrer Schwester geschickt, sie selbst ging zu Freunden auf ein Schloss...Mein Grossvater soll angeblich ein sehr liebevoller Vater gewesen sein, der seine Frau gefuerchtet hat...In unserem Fall waren dort also die Rollen vertauscht.

Meine Mutter wurde darueber eine recht verbitterte Frau. Sie heiratete einen sehr autoritaeren Mann, meinen Vater. Komisch eigentlich....
Die beiden verband eine lebeneslange Hassliebe.
Mein Vater war fuer die koerperliche Strafe zustaendig....Meist machte er das abends nach der Arbeit. Nicht wirklich schlimm, aber ich erinnere mich mit Horror an seine Willkuer. Ich habe ihn gehasst, fuer das was er mir antat (nicht der Schmerz, das war ok...der Rest halt).
Viele Jahre spaeter hat sich mein Hass in Mitleid gewandelt, aber das ist eine andere Geschichte.

Seine Mutter war uebrigens sehr sehr dominant, einen Vater gab es praktisch nicht. Mein Grossvater starb als mein Vater ein Baby war. Diese Grossmutter erinnere ich mit Wehmut. Irgendwie eine tolle Frau. Sie hat ihre beiden Jungs allein ernaehrt, hatte viele Freunde und war allseits beliebt. Man sagt ich sei ihr sehr sehr aehnlich....keine Ahnung, dominante bin ich sicher nicht. Zu uns Enkelkindern war sie sehr lieb, bei ihren beiden Jungs gab es leider auch viel Schlaege.
Uberhaupt hat auch mein Vater viel Schlaege bekommen. Von der Mutter, von diversen Onkeln...als Erwachsener sagte er immer voll Stolz wie verdient diese Schlaege waren...wieder ein anderes Kapitel.
Saein Standardspruch zu Hause war uebrigens "wenn du mal Vater bist, darfst du das auch..."

Zurueck zu meiner Mutter. Sie strafte durch nicht beachten. Wir bekamen es also doppelt. Sie guckte uns tagsueber nicht an und abends dann die Ohrfeige vom Vater (Mutter sprang dabei rum wie Rumpelstilzchen und jaulte "nicht an den Kopf")...

Du wirst also verstehen, weshalb ich mich mit Strafe ganz besonders schwer tue...Schon allein bei dem Wort dreht sich mir der Magen, obwohl das was du in deinen letzten Postings ueber Strafe schriebst voellig angemessen und korrekt ist.
Ich tue mich nur mit deiner Analyse der letzten Jahrzehnte schwer. Es gab auch sehr, sehr, sehr viele kalte emotionslose Frauen.

Ich gebe dir allerdings Recht, wenn du sagst, dass du viele Eltern als fuehrerlos erlebst. Ich selbst muss das lernen (du hilfst mir uebrigens sehr dabei...), ich bin dabei zu begreifen, dass es nichts schlimmes ist Grenzen zu zeigen und liebevoll zu strafen, im Gegenteil.

Elio macht sich uebrigens praechtig, es gibt keine nenneswerten Episoden im Kiga und auch ich kann inzwischen wieder relaxter auf einer Bank sitzen, wenn sich ein Kind naehert.

Stichwort Osteuropa. Mein Eindruck ist, dass dort die Frauen sowohl den maennlichen als auch den weiblichen Part uebernehmen. Was die Maenner eigentlich machen, ist mir unklar. Hauptsaechlich saufen sie und verprassen Kohle. Das ist jetzt sehr pauschal, aber ich habe in Parma so viele Moldavierinnen kennengelern vor denen ich allesamt den Hut ziehe....Die Ehemaenner (lustlos und dauer voll) fand ich alle unmoeglich.

Gruss
Christiane

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@mamaselio

Antwort von Mama Heike am 10.10.2006, 12:02 Uhr

Hallo Christiane,

die Probleme die wir heute als Mütter mit uns selber haben, also dass wir nicht zu dem stehen können, was wir in der Erziehung tun, reichen weit in die Geschichte unserer Ur-Urgroßmütter zurück. (Mit diesen Phänomenen hat sich besonders gründlich Alice Miller auseinandergesetzt.)

Aber schon, dass du jetzt so gründlich darüber nachdenkst, hilft dir entscheidend, diese alten "Fesseln" abzulegen und zu einem neuen Selbstverständnis in deiner Rolle als Mutter zu kommen. Und darum geht es mir!

Ich weiß auch nicht ganz genau, wann die deutschen Mütter aufgehört haben, ihre Kinder so zu lieben wie es sein sollte oder ob es überhaupt jemals gesamtgesellschaftlich üblich war. Meine "Analyse" ist eine grobe Verallgemeinerung zum Nachdenken (ähnlich pauschal wie die deutsche Nachkriegs-Protofamilie Tezlaff aus der Fernsehserie "Ein Herz und eine Seele").

Auch wenn einzelne Mütter hier im Forum kein so schwieriges Kind haben, werden es immer mehr Kinder, die mit ihrem auffäligen Verhalten eine Änderung unserer Ansichten in der Erziehung drastisch einfordern.
Wie diese Erziehung sein könnte, haben uns Vordenker schon längst erzählt, das kannst du bei jedem großen Pädagogen nachlesen wie Fröbel, Montessori, auch beim "merkwürdigen" Steiner und "sexualorientierten" Freud, bei Emmi Pikler, sogar bei Makarenko (der für Rußlands Erziehung die Basis war) und wie sie alle hießen. Besonders schön ist es auch im Continuum Concept beschrieben.

Für ausnahmslos ALLE steht die Einsicht des "sich selbst erziehenden" Kindes im Mittelpunkt der Erziehung. Erziehung ist bei allen diesen schlauen Leuten auschließlich eine Hilfe zum LERNEN, damit die Kinder „gewaltfrei“ in unsere Welt hinein wachsen können und unsere Regeln lernen.

Und daran sollten wir uns jeden Tag erinnern (Es ist dabei unerheblich, welche pädagogische Strömung man persönlich bevorzugt.). Warum die Weisheiten von den schlauen Pädagogen heute aus der Öffentlichkeit verschwunden sind, ist eigentlich unbegreiflich.

Heute haben Kinder zu funktionieren und den gesellschaflichen und politischen Interessen zu dienen. Da braucht man bloß mal einen Blick in den aktuellen Familienbericht der Bundesregierung zu werfen. Was aber Kinder wirklich brauchen, wird nicht beantwortet. Aber wir Mütter haben es hoffentlich nicht ganz vergessen.
Und du schreibst es ganz ausfühlich aus deiner eigenen Erfahrung: ein liebloser Umgang, der die Würde des Kindes mit Füßen tritt, ist es definitiv nicht.
Und was ist mit dem Schimpfen? Ich lass doch dabei nur meinen Ärger am Kind aus, hinterher tut es mir leid und ich tröste es.

In solchen Situationen, wo ich mich ärgere, es aber aus gutem Grund nicht an den Kindern auslassen will, erinnere ich mich gern daran:

Ich glaube auf Emmi Pikler (1902-1984) geht die Ansicht zurück, dass eine Mutter wie eine Sonne sein soll, die nichts will, aber immer Wärme und Licht spendet.
Und das schenke ich meinen Kindern (und natürlich helfe ich ihnen, sich selbst zu erziehen).

Liebe Grüße
Heike

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Re: @leena (und alle) - wegen Erziehung

Antwort von Leena am 10.10.2006, 21:50 Uhr

Hallo Heike,

Du hast völlig recht – teilweise. Meine Urgroßmutter war als Lehrerin und ganz bestimmt eine besondere Frau, die in vielen Punkten sehr „moderne“ Ansichten hatte, ihre Kinder dabei aber (als Pfarrersfrau) sehr wohl nach christlichen Werten wie Nächstenliebe und Achtung vor anderen Menschen erzogen hat. Aber die eine oder andere Ohrfeige haben ihre Kinder sehr wohl von ihr bekommen, und geschimpft hat sie teilweise auch – aber ihre Kinder haben es angenommen, weil sie wussten, wenn ihre Mutter „drastisch“ wurde, dann hatten sie einen echten Fehler gemacht, und sie haben die Strafe der Mutter als „gerecht“ angenommen. Mit einem Rohrstock hat meine Urgroßmutter nicht erzogen, hätte sie auch nie, so, wie ich sie aus Erzählungen kennen gelernt habe, aber eine direkte Reaktion konnte bei ihr schon „körperlich“ sein. Aber ihre Kinder fühlten sich (seltenst) ungerecht behandelt – und es war auf jeden Fall ein sehr vertrauens- und respektvoller Umgang innerhalb der Familie. Aber in der Familie gab es schon immer „starke“, selbstbewusste Frauen, die in besonderer Weise die Familie zusammengehalten haben – oder selbst Karriere gemacht haben. Die Schwester meines Urgroßvaters (Jahrgang ca. 1880) war beispielsweise als Abgeordnete Mitglied im Landtag, die anderen beiden Schwestern Lehrerinnen, eine Tochter wurde Professorin... Frauen hatten also in dieser Familie schon immer etwas „zu melden“.

Was meine eigene Kindheit betrifft – ich empfand die seltenen Liebesbezeugungen meines Vaters als „wertvoller“, einfach weil sie etwas besonderes waren, selten, und nur aus einem ganz besonderen Gefühl heraus, und an manches Kopfstreicheln oder Handdrücken erinnere ich mich heute noch ganz genau... Entsprechend war es auch mit seinen Strafen. Sie waren seltener und nicht wegen irgendwelcher „Alltäglichkeiten“, sondern hatten einen ganz besonderen Grund, und ich hatte wirklich massiv etwas falsch gemacht... deshalb waren sie für mich „einprägsamer“. Aber bei Strafen meines Vaters habe ich keine Ohnmacht gefühlt – bei meiner Mutter manchmal schon, weil ich die Strafe als „unverdient“ empfand, oder eben „unangemessen hoch“. Hatte aber nie mit der Strafe als solcher zu tun, sondern mit dem jeweiligen „Vergehen“.


Was nun meine eigene Erziehungsversuche bei meinen drei Kindern betrifft – ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich merke, ich schimpfe schneller, weil ich eh schon gereizt bin etc., und unter „besseren“ Umständen würde ich nicht schimpfen. Grundsätzlich habe ich aber kein schlechtes Gewissen, allerdings sollte man „Schimpfen“ etwas genauer definieren – manchmal ist „Schimpfen“ schon, wenn ich ich einmal streng das jeweilige Kind anschaue, manchmal ist es der Name des Kindes, in einem entsprechenden Tonfall, und manchmal ist es auch ein „Jetzt hör endlich auf!“ oder „Was hast Du Dir dabei gedacht?!?“, eben in einem entsprechenden Tonfall. „Predigen“ tue ich allerdings nicht, einmal kurz und energisch (und ggf. laut) werden, und dann ruhig, sachlich und kurz erklären, warum das jeweilige Verhalten falsch ist bzw. gefährlich, bzw. auf mögliche Konsequenzen hinweisen – bzw. beim ältesten Kind es selbst dazu auffordern, die Konsequenzen zu nennen. Es reicht, einmal laut den Vornamen zu nennen, und dann kullern auch schon einmal die Tränen, und natürlich tröste ich dann – aber nicht, weil ich wegen meines Schimpfens ein schlechtes Gewissen hätte, sondern weil ich ihnen zeigen will, dass ich sie immer liebe, auch wenn sie den größten Bockmist bauen, und weil ich ihre Traurigkeit verstehe und die Gefühle des Kindes quasi „annehme“ oder „respektiere“. Durch „Missachtung“ will ich nicht strafen, das finde ich persönlich nicht schön.

Im übrigen gibt mir die Aussage meines ältesten Kind nicht generell zu denken, weil ich es so von mir selbst als Kind kenne – ich wusste genau, wenn ich irgendeinen Mist gebaut hatte, und habe mich dann immer beeilt, es meinen Eltern zu erzählen, damit die Strafe durch war und das Thema „gegessen“ und erledigt und abgeschlossen. Unangenehmes bringe ich auch heute noch lieber schnell hinter mich – und Mist gebaut hatte ich ja dann nun einmal. Ich denke eigentlich, meinem eigenen Nachwuchs geht es da auch so. Ich glaube nicht, dass unser Umgang viel schöner sein könnte, wenn ich weniger oder gar nicht schimpfen würde, und ich glaube auch nicht, dass ich allzu oft „respektlos“ mit meinen Kindern umgehe. Für mich ist Schimpfen ein Aufzeigen von Grenzen (mit Erklärung), und im Grunde wissen meine Kinder sehr genau, welches Verhalten „richtig“ und welches „falsch“ ist, so dass drastische Maßnahmen gar nicht nötig sind, ein gestrenger Blick reicht schon. Natürlich könnte man sagen, ich trainiere damit meine Kinder, und sie wollen meinen strengen Blick einfach vermeiden, ohne den Hintergrund wirklich verstanden zu haben – aber ich glaube, die Grundregeln einen respektvollen Miteinanders verstehen sie schon, vor allem je älter sie werden.

Oder wieso siehst Du das anders?


Gruß, Leena

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Bei meinen Eltern waren die Rollen vertauscht...

Antwort von krueml am 10.10.2006, 22:11 Uhr

Meine Eltern waren beide berufstätig, ich schon als Baby bei einer lieben Tagesmutter (die ich auch Oma nannte). Ich hatte eine schöne Kindheit bei ihr.

Bei meinen Eltern war meine Mutter die "strafende" Person, die durchgriff. Mein Vater ist in Bezug auf mich schon immer ein "Weichei" gewesen (zuständig für die bedinungslose Liebe). Ist er mal ausgeflippt und brüllte "ich hau Dir gleich eine runter" (was er noch NIE gemacht hat), musste ich nur lachen und dann lachte er auch. Er sagt selbst, dass er von seinem Stiefvater immer ganz schlimm geprügelt wurde und mich deshalb nie hätte hauen können.

Als ich in die Schule kam, war meine Mutter schon krank und nicht mehr fähig mich "zu erziehen" weil sie immer wieder lange im Krankenhaus sein musste und körperlich und psychisch sehr angegriffen war. Mein Vater war immer mein "Kumpel". Ich wurde so früh selbstständig und habe gelernt mich durchzuschlagen, was auf der einen Seite sehr gut war aber mir hat immer dieser Stamm gefehlt an den ich mich anlehnen konnte.

Ich versuche für meine Kinder dieser Stamm zu sein an den sie sich lehnen können und der sie immer hält, dem sie 100% vertrauen und der mit seinen Ästen den rechten Weg weist. Es ist manchmal sehr schwer wie gerade wo beide wieder eine schwierige Phase haben aber ich lerne täglich dazu.

Viele Grüsse,
Chrissie

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Re: @leena (und alle) - wegen Erziehung

Antwort von wassermann63 am 11.10.2006, 7:38 Uhr

Hi,

auch ich komme nicht umhin, mir ein paar Gedanken über die Erziehung meiner Vorfahren und die Nachwirkungen bis heute zu machen - im Mikrokosmos unserer Familie ;-)

Vor längerer Zeit hatte ich mal ne Frage im Oma-Forum gestellt, um zu erkennen, ob und welche Auswirkungen die jeweils epochenmäßig "modernen" Erziehungsstile hatten. Leider kamen so gut wie keine Antworten.

Deshalb muss ich jetzt mal in unserer eigenen family recherchieren (garnicht so einfach, denn meine Großeltern leben allesamt nicht mehr). Von meiner Mutter weiß ich, dass sie als Älteste von 3 Geschwistern oftmals die Erziehungs- bzw. Betreuungsrolle ihrer Geschwister übernommen hat. Da meine Mutter eine sehr einfühlsame Person ist, die prinzipiell die Schwächeren verteidigt, kann ich mir gut vorstellen, dass es ihre Geschwister gut bei ihr hatten. Auch auf mich hat ihr einfühlsamer und beschützender Erziehungsstil m.E. gute Auswirkungen gehabt. Laut ihrer Angabe wurde ich zwar ab und an geklapst (könnte mich aber garnicht daran erinnern), es wurde auch ab und an gekrischen (daran kann ich mich erinnern und die hohe Tonlage missfiel mir sehr... Wahrscheinlich habe ich deshalb die tiefe Tonlage des GEbrülls meines Vaters übernommen. Na ja.)
Mein Vater hingegen (6 Geschwister) genoss sozusagen eine sehr autoritäre Erziehung vonseiten seines Vaters, die allerdings auch mit viel Freiheit verbunden war (sie lebten in einem Haus am Waldrand, sozusagen größtenteils autark, weil sein Dad als Agraring. zwar ne Firma in der STadt hatte, parallel aber versuchte, sein Agrarwissen im kleinen Rahmen umzusetzen. So kam es, dass Dad stets in Wald und Feld rumtobte bzw. der Motorradleidenschaft seines Vater mitfrönte, allerlei Unfug anstellte und zu Hause dann in klassischer Manier bestraft wurde. Allerdings nicht nur er, sondern auch verschiedene seiner Brüder. Anscheinend bekamen alle was ab, weil man nie wusste, wer was gemacht hat ..)

Kurz: er wurde geprügelt und hat mich NIE geschlagen. Aber gebrüllt.

Meine Oma hat nach dem Tod ihres Mannes die 6 Kinder eine zeitlang alleine aufgezogen und dann später durch äußerste Selbstdisziplin, Beharrlichkeit und Fleiß ein kleines Familienimperium aufgebaut. Sie hatte offensichtlich Visionen, die sie nach und nach umgesetzt hat. Ihr Stil war - soweit ich mich erinnern kann - warm, aber reserviert, seehr reserviert (zumindest mir gegenüber). Aber sie konnte auch sehr warm und präsent sein. Allerdings nie "betüddelnd".

Die Mutter meiner Mutter war ebenfalls weichherzig und mit Sicherheit nicht aggressiv. Der Vater meiner Mutter ist schon sehr früh verstorben. Wie es dort mit Bestrafungen aussah, kann ich nicht beurteilen. Ich kann mir aber vorstellen, dass wohl eher der Vater hierfür zuständig war. Meine Mutter mit Sicherheit nicht (trotz ihrer Betreuer-Rolle), denn sie hat auch mich nie bestraft. Wenn, dann läuft bei ihr alles auf der Belohnungsschiene, im Stile von: wenn...., dann.... U.a. auch auf der monetären Belohnungsschiene, was für mich absolut o.k. war und ist.

Tatsächlich gilt auch für mich, dass ich wohl hin und hergerissen bin zwischen empathischen Verhalten meinen Kindern gegenüber, bis hin zu absolut autoritärem. Aber im Grunde genommen muss ich an mir selbst arbeiten, denn eine ausgeglichene und mit sich selbst zufriedene Jacky geht ganz anders mit ihren Kids um, als eine gestresste und genervte. Meine Kids belohnen mich sozusagen umgehend, wenn ich mal gut drauf bin (was es durchaus auch mal geben soll ;-)

Na ja, jedenfalls habe ich mir jetzt mal Baldriantropfen zugelegt und arbeite parallel in jeder gedanklich freien Minute daran, verschiedene Dinge auf die Reihe zu bekommen, um auch mit mir selbst wieder in Harmonie zu kommen. Die Tröplis sind nur so ne Art Rescuetropfen (an Krüml, falls du mitliest: die Bachblüten habe ich dann doch nicht gekauft udn weißt du warum? WEil der "Erfinder" der Tropfen mit nur 50 Jahren einem Herzstillstand erlegen ist. Das hat mir irgendwie zu denken gegeben..)

So, jetzt muss ich wieder los.
Habe nix Korrektur gelesen, also schon mal sorry im Voraus für alle textlichen und inhaltlichen Unzulänglichkeiten ;-)

LG
JAcky

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@wassermann63

Antwort von Mama Heike am 11.10.2006, 23:20 Uhr

Hallo Jacky,

sehr interessant dein Bericht. Ich hatte mal vor Jahren ein paar Regeln bezüglich Selbstmotivation aus irgendeiner Managerzeitschrift abgepinselt. Diese Regeln hatten (mit etwas Dauer) ein Aha-Erlebnis, dass ich gar nichts mehr MUSS.

Ich krame mal rum und dann stelle ich es dir ins Forum.

Ich denke, dass du damit die Baldriantropfen bald ersetzen kannst, willst doch nicht etwa auf deinem Mann einschlafen, wäre doch schade. :-)))

Liebe Grüße
Heike

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