Naja, ein bissl naiv ist es schon.

Ich gönne jedem sein Glück, ohne Frage. Und ich weiß auch, dass es viiiiiele Paare gibt, die ein Leben lang glücklich sind. Ich selbst bin auch jung mit meinem Mann zusammen gekommen. Wir sind jetzt 10 Jahre zusammen und ich bereue nichts und hoffe auf viele weitere Jahrzehnte mit ihm.

Trotzdem: Ich halte das Ausgangsposting für naiv, weil es einfach viele Facetten des Lebens ausblendet. Es gibt solche Krisen und solche Krisen. Und ich habe als Familienrechtsanwältin schon viele Paare kennen gelernt und die Gründe, warum es auseinander ging.

Was ist mit psychischen Erkrankungen? Klar kann man dem Partner beistehen in guten und in schlechten Zeiten, aber manchmal reicht die Kraft eines Menschen nicht aus, um das auszuhalten.

Was ist, wenn der Partner sich stark verändert? Ich habe eine Freundin, deren Mann ist nach 15 Jahren und 3 Kindern mit Anfang 40 plötzlich zum Gothik mutiert. Mit schwarzen Nägeln, durchfeierten Nächten, Tätovierungen und null Interesse für seine Kinder. Sie hat es zwei Jahre lang mitgemacht, dann konnte sie einfach nicht mehr.

Was ist mit unterschiedlichen Vorstellungen zum Thema Kinderwunsch? Klar kann man drüber reden. Aber halbe Kinder gibt es nun mal nicht. Das kann zu einem echten Problem werden.

Krisen hängen nicht immer nur damit zusammen, dass einer die Haare in der Wanne liegen lässt und der andere die Zahnpastatube nicht zudreht.

Und leider ist das Ausgangsposting nicht ganz frei von einer moralischen Überheblichkeit ("Ich würde für meine Ehe kämpfen" impliziert, dass viele andere das nicht tun und sich leichtfertig trennen). Und moralische Überheblichkeit im Zusammenhang mit Naivität ruft eben bei manchen lebenserfahreneren Menschen Widerspruch hervor.

Meine positive Meinung zu meiner Partnerschaft würde ich eher so formulieren: Ich liebe meinen Mann von ganzem Herzen und möchte mit ihm alt werden. Ich werde alles in meiner Macht stehende dafür tun, damit das funktionieren kann und ich glaube ganz fest daran, dass es mir gelingt.

Und ich bin fest davon überzeugt, dass ich meinen Mann genauso liebe wie die Ausgangsposterin, auch wenn ich um die mögliche Zerbrechlichkeit der Beziehung weiß.

LG,
Stefanie