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Geschrieben von fiammetta am 28.04.2011, 23:07 Uhr

Zweimal Top und zweimal Flop

Hi,

vor zig Jahren war ich auf dem Klassentreffen meiner 1. Klasse und langweilte mich bestialisch, weil ich mich nur an drei Leute erinnern konnte, die ich aber als nette Langweiler empfand. Lange bin ich jedenfalls nicht geblieben.

Das erste Abi-Treffen war nach zehn Jahren und war toll. Jeder hatte das Gefühl, es sei seither kein Tag vergangen, alles war entspannt und jeder amüsierte sich prächtig. Es war sogar ein so schöner Abend, dass der Knabe (Arzt, attraktiver Kerl, den ich dereinst schon recht mochte), der mich drei Stunden lang auf Schritt und Tritt überall hin verfolgte, um mir ausführlich und unbeirrt über Nahtoderlebnisse zu erzählen, mich nicht einmal nerven konnte.

Letztes Jahr war nach 20 Jahren das zweite Abi-Treffen und es war eine einzige Katastrophe. 3/4 der Anwesenden gaben nur noch die Variante "Mein Haus-Mein Auto-Mein Boot" zum Besten und bemühten sich um gequälte Selbstdarstellung. Nahezu alle hatten studiert, die wenigsten waren verheiratet und hatten Kinder, aber nahezu jeder hatte ein bequemes Leben mit `ner Menge Kies. Nachdem ich noch so schön im Pflegehorror steckte, hatte ich - wieder einmal - das Gefühl, vom normalen Leben so richtig ausgeschlossen zu sein... Meine Realität war ja statt dessen "Meine angeheiratete Psychopathen-Sippe - Mein Job - SMs vollgeschissene Windeln bei Vollservice im Hotel Sohnemann & Deppen". Hätte ich an dem Abend nicht Autofahren müssen, dann hätte ich wahrscheinlich in Prosecco regelrecht gebadet. So bin ich einfach relativ bald wieder gegangen und habe mir geschworen, mir die Bande erst in weiteren 20 Jahren wieder anzusehen, nämlich dann, wenn sie die Realität eingeholt hat.

Vier Wochen vor diesem Desaster hatte ich das Klassentreffen meiner anderen Grundschulklasse (wir waren damals in einen anderen Stadtteil gezogen). Jedes vorhergehende Treffen mit ihnen hatte ich gemieden, weil meine Grundschulzeit die Hölle gewesen war. Ich hatte also keinen Anlass, mich mit den von mir nur als Mobbing-Beauftragte in Erinnerung behaltenen Mitschülern treffen. Irgendwie war aber jetzt der Moment gekommen, dass ich mir - quasi heilsam - die Bande noch einmal zu Gemüte führen wollte. Ich tusste mich also à la Audrey Hepburn auf, hatte meinen großen Auftritt, amüsierte mich an dem Abend blendend, traf ausgesprochen nette Leute (die Vollpfosten von einst kam nicht - warum wohl?) und erfuhr, dass damals nicht nur ich die Hölle erlebt hatte, die anderen aber wohl weniger augenfällig empfindlich damit umgehen konnten. Nur einmal wäre ich fast in Tränen ausgebrochen - als alte Schulfotos von Ausflügen gezeigt wurden und ich auf jedem, auf dem ich zu sehen war, abseits und verloren mit einem den Tränen nahen Gesichtsausdruck stand und begriff, dass dieses Kind ich gewesen war.
Der Abend war allerdings so nett gewesen, dass ich heute mit der Schulzeit von damals weitgehend abgeschlossen habe.
Das nächste Mal bin ich hoffentlich wieder dabei!

LG

Fiammetta

 
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