Schwanger - wer noch?

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Geschrieben von Selastica. am 24.07.2003, 0:44 Uhr

Eine kleine Geschichte

Die Zeit wird knapp für meine Freundin. Wir sitzen beim Mittagessen, als sie erwähnt, daß sie und ihr Mann darüber nachdenken, eine Familie zu gründen. Was sie meint, ist, ihre biologische Uhr hat zu ticken begonnen und zwingt sie, über Mutterschaft nachzudenken.

Wir machen eine Umfrage, sagt sie halb im Spaß. Denkst du, ich sollte ein Baby bekommen? Es wird dein Leben verändern, sage ich vorsichtig und versuche, meinen Ton neutral zu halten. Ich weiß, sagt sie. Kein langes Ausschlafen mehr an Samstagen, keine spontanen Reisen mehr ….

Aber das ist es nicht, was ich meine. Ich schaue meine Freundin an und überlege, was ich ihr sagen soll.

Ich möchte, daß sie weiß, was sie niemals in Geburtsvorbereitungskursen lernen wird. Ich möchte ihr sagen, daß die physischen Wunden heilen, aber daß das Mutterwerden sie mit einer solchen offenen gefühlsmäßigen Wunde zurückläßt, daß sie für immer verletzbar bleibt.

Ich überlege, sie zu warnen, daß sie nie wieder die Zeitung lesen kann ohne zu sagen: Was, wenn das mein Kind gewesen wäre? Daß jeder Flugzeugabsturz, jedes Feuer sie verfolgen wird. Daß, wenn sie Bilder von hungernden Kindern sieht, sie die Mütter ansieht und überlegt, ob es Schlimmeres geben kann als sein Kind sterben zu sehen.

Ich schaue auf ihre perfekten Fingernägel und ihr schickes Outfit und denke, sie sollte wissen, daß ganz gleich wie kultiviert sie auch ist, Mutter zu werden wird sie umgehend auf den Level einer Bärin reduzieren, die ihr Junges beschützt. Daß ein schwacher Ruf "Mama!!" sie dazu bringt, das Essen anbrennen zu lassen. Daß der Ärger, den sie empfindet, wenn es nur wegen eines fallengelassenen Spielzeugs ist, eine Freude sein wird, die sie niemals zuvor empfunden hat.


Ich habe das Gefühl, ich sollte sie warnen, daß egal, wie viele Jahre sie in ihre Kariere investiert hat, das Mutter-Sein wird sie beruflich zum Entgleisen bringen. Sie kann möglicherweise erfolgreich eine Kinderbetreuung arrangieren, aber eines Tages wird sie auf ein wichtiges Business-Meeting warten, und sie wird an den süßen Duft ihres Babys denken. Sie muß all ihre Disziplin zusammennehmen, um nicht nach Hause zu rennen, nur um sicherzugehen, daß es ihm gut geht.

Ich möchte, daß meine Freundin weiß, daß tägliche Routineentscheidungen nicht mehr länger Routine sind. Daß ein Besuch bei McDonald's und der verständliche Wunsch eines Fünfjährigen lieber auf die Herrentoilette als auf die Damentoilette zu gehen, ein Riesenproblem werden wird. Daß dort, inmitten klappernder Tabletts und schreienden Kindern, Unabhängigkeit und Geschlechtsidentität abgewogen werden will gegen die Sorge, ein Triebtäter möge auf der Toilette lauern. Ich möchte, daß sie weiß, daß egal wie entscheidungsfreudig sie bei der Arbeit sein möge, als Mutter wird sie immer zwei mal überlegen.

Ich sehe meine attraktive Freundin an, ich möchte ihr versichern, daß sie irgendwann die Pfunde der Schwangerschaft wieder los wird, aber sie wird sich niemals mehr wie vorher fühlen. Daß ihr Leben, im Moment so wichtig, weniger wertvoll wird, wenn sie ein Kind hat. Daß sie sofort ihr Leben geben würde, um ihren Nachwuchs zu beschützen, aber auch sich mehr Lebensjahre wünscht, nicht so sehr um ihre eigenen Träume zu verwirklichen, sondern um ihr Kind zu sehen, wie es seine verwirklicht. Ich möchte, daß sie weiß, daß eine Kaiserschnittnarbe oder Schwangerschaftsstreifen zu Ehrenabzeichen werden.

Die Beziehung meiner Freundin zu ihrem Ehemann wird sich verändern, ich weiß, aber nicht so wie sie denkt. Ich wünschte, sie könnte verstehen, wie viel mehr man einen Mann lieben kann, der vorsichtig das Baby pudert oder nie zögert, mit dem Sohn zu spielen. Ich denke, sie sollte wissen, daß sie sich noch mal in ihren Mann verlieben wird, aus Gründen, die ihr jetzt vielleicht völlig unromantisch vorkommen.

Ich wünschte, meine moderne Freundin könnte die Verbundenheit fühlen, die sie mit Frauen aus allen Zeiten verbindet, welche verzweifelt versucht haben, Kriege zu stoppen und gegen Vorurteile und betrunkene Autofahrer gekämpft haben. Ich hoffe, sie versteht, daß ich rationell über die meisten Dinge denke, aber daß ich vorübergehend wahnsinnig werde, wenn ich über die Bedrohung der Zukunft meiner Kinder durch Atomkraft nachdenke.

Ich möchte meiner Freundin die Freude beschreiben, wenn du siehst, wie dein Sohn lernt, einen Baseball zu schlagen. Ich möchte für sie das Bauchlachen eines Babys einfangen, daß zum ersten Mal das sanfte Fell eines Hundes streichelt. Ich möchte sie das Glück fühlen lassen, das so wirklich ist, daß es weh tut.

Der fragende Blick meiner Freundin läßt mich bemerken, daß ich Tränen in den Augen habe. Schließlich sage ich, du wirst es niemals bereuen. Ich beuge mich über den Tisch und drücke meiner Freundin die Hand. Ich bete ein Gebet für sie und mich und all die Frauen, die in die schönste Berufung von allen gestolpert sind.

 
11 Antworten:

Re: Eine kleine Geschichte

Antwort von mialia, 9. SSW am 24.07.2003, 9:49 Uhr

Das ist so schön, das ich weinen muß :)
Lieben Gruß
Melle

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Re: SCHNIEF SCHNIEF schöööön LG + o.T.

Antwort von freumichdrauf, 38. SSW am 24.07.2003, 10:14 Uhr

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Re: Eine kleine Geschichte

Antwort von masha, 20. SSW am 24.07.2003, 10:19 Uhr

Schöne Geschichte - zeugt von Talent zum Schreiben!

Abgesehen davon kamen mir auch die Tränen...

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Re: Eine kleine Geschichte

Antwort von pothi, 37. SSW am 24.07.2003, 10:29 Uhr

schöööööön!!!!!!!!!!!!!!!!!

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Gänsehaut

Antwort von ruegenkind, noch nicht. SSW am 24.07.2003, 10:35 Uhr

Diese Geschichte ist ja wirklich wunderschön! Gänsehaut pur. DANKE!!!

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Re: Eine kleine Geschichte

Antwort von Schwester S., ?. SSW am 24.07.2003, 11:02 Uhr

Danke, das ist wunderschön, ich sitze hier und kämpfe mit den Tränen.

Schwester S.

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Re: Eine kleine Geschichte

Antwort von Andrea30, 14+5. SSW am 24.07.2003, 11:14 Uhr

Wunderwunderwunderschön....ich hab auch feuchte Augen bekommen!!! Vielen Dank!

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Re: Eine kleine Geschichte

Antwort von manuelab69, 15. SSW am 24.07.2003, 11:40 Uhr

da heul ich doch gleich mit.....

sooooo schön!!
Manu

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schööööööön! schnief ot, lg Tina

Antwort von tina_1, 20. SSW am 24.07.2003, 15:38 Uhr

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Re: Eine kleine Geschichte

Antwort von *martina*, 20. SSW am 25.07.2003, 9:12 Uhr

Du hast wunderbar geschrieben!
Ich sitze gerade bei der Arbeit und muss wirklich mit den Tränen kämpfen.
Zur Zeit plagen mich einige Zweifel. Ich gebe meinen Job auf, muss mich finanziell ganz auf meinen Freund verlassen usw....
Aber nach dem ich deiner Geschichte habe ich wieder Hoffnung, das alles gut wird.
Danke.

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Re: Eine kleine Geschichte

Antwort von DilekC-E, 21. SSW am 25.07.2003, 23:52 Uhr

Unbeschreiblich schön!!! Ich habe NICHT mit den Tränen gekämpft --- ich hab Ihnen einfach freien Lauf gelassen!!

Ich freu mich jetzt noch mehr - wenn das überhaupt noch geht - auf unseren kleinen Schatz!!!

Lg und süsse Träume,
Dilek

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