Für alle mit Langeweile mal ein ganz anderes Thema

Seit einer Woche nehme ich mir schon vor, einen Thread zu einem bestimmten Thema aufzumachen, und nun kommt wir was anderes dazwischen, was mich genauso interessiert.
Also los:

Angefangen hat es vor 10 Jahren, als meine Schulfreundinnen und ich 40 wurden. Bis dahin hatten fast alle ihre Naturhaarfarbe, natürlich mit mehr oder weniger grauen Haaren. Nach dem 40. Geburtstag war ich plötzlich die einzige – und bin es bis heute, obwohl schon ziemlich ergraut -, die ihre Haare nicht färbte.

Vor ca. 3-4 Jahren hatten wir dann bei einem unserer regelmäßigen Essen eine sehr lebhafte Diskussion über Schönheitsoperationen. Zu meinem grenzenlosen Erstaunen wäre JEDE meiner Freundinnen bereit dazu, wenn sie das Geld dafür hätte! Der Hammer war für mich diejenige, die zwar nicht magersüchtig ist, aber fast so aussieht – sie treibt sehr viel Sport – und sich darüber beschwerte, dass sie so gut wie keinen Busen hatte. Als ich in meiner gewohnt pragmatischen Art sagte: „Nimm doch mal 10 kg zu, dann hast zu mit ziemlicher Sicherheit genau den Busen, den zu deiner Figur passt!“ erntete ich entsetzte Blicke von allen.

Ich bin nun wirklich die einzige von uns, die echtes Übergewicht hat mit einer Kleidergröße 50/52. Ich war aber auch die einzige, die sich um kein Geld der Welt unters Messer legen würde oder Fett absaugen lassen würde.

Meine Meinung dazu steht fest: Wenn ich jetzt an einem Spiegel oder Schaufenster vorbeikomme sage ich: „Ach du Scheiße!“ und habe es drei Schritte weiter schon wieder vergessen. Wäre ich jetzt plötzlich schlank, würde ich beim Vorbeigehen an einem Spiegel sagen „Wow, Klasse!“ und hätte es ebenso drei Schritte weiter schon wieder vergessen.
An meiner inneren Zufriedenheit würde es nicht das Geringste ändern, die hängt von ganz anderen Dingen ab.

Zum Thema Haare: Ich gehe etwa alle 2 Jahre zum Friseur. Dann lasse ich meine Haare in Kinnlänge schneiden. Von einer gewissen Länge an werden sie dann einfach hochgesteckt. Der Pony wird zwischendurch selbst geschnitten. Der Gang zum Friseur ist für mich ein notwendiges Übel, das ich mir so selten wie irgend möglich antue.
Im Fernsehen sah ich mal einen Mann, der darüber weinte, dass sein Haarschnitt nicht so war, wie er sich das vorgestellt hat. Ich bin erst vor Lachen fast vom Sessel gefallen, bis ich merkte: Der meint das ERNST! Da war ich dann fassungslos. Mann, das sind doch nur Haare, die wachsen doch wieder!

Nun kann es bezüglich der Haare einen Grund geben, warum ich da so extrem lässig mit umgehe. Ich hatte ca. 1992 Alopecia areata, besser bekannt als kreisrunder Haarausfall. Eine Immunerkrankung. Ich hatte eine sehr heftige Form davon mit letztlich 36 haarlosen Stellen auf dem Kopf in der Größe zwischen 2 Pfennig und 5 Mark. Die Ärzte waren der Meinung, dass ich mich auf einen Totalverlust meiner Haare einstellen solle, weil das in der Regel bei einer so starken Form so endet. Ist übrigens bei Frauen – von der Chemotherapie abgesehen – die einzige Form der Glatzenbildung.

Mit Hilfe eines Heilpraktikers habe ich das überwunden. Ich glaube, ihr könnt euch alle vorstellen, dass es keine schöne Zeit war. Nachdem die Haare wieder wuchsen, teilweise erst in weißen Strähnen, war ich so glücklich darüber, dass mir völlig egal waren, wie sie aussahen, Hauptsache, ich hatte wieder Haare. Chemie in Form von Farbe oder Dauerwellen kommt für mich aber nicht mehr in Frage, obwohl das definitiv nichts damit zu tun hatte. Einfach nur vorsichtshalber.

Das mag zum Teil dazu beitragen, dass ich auf das Haar an sich mehr Wert lege als auf dessen Styling. Ganz überzeugt bin ich aber selber nicht davon.

An meinem Gewicht könnte ich definitiv etwas ändern, wenn es mir wichtig genug wäre. Bei mir liegt es nicht am Essen, sondern an mangelnder Bewegung. Da das jeder weiß, werde ich natürlich von meinen Freundinnen ständig animiert, mit ihnen Sport zu machen. Aber ich mag mich einfach nicht bewegen – von Spazierengehen mal abgesehen. Ich wollte schon als Kind nie raus zum Spielen, sondern mit einem Buch in der Ecke sitzen.
Als Erwachsene habe ich meine Freizeit immer lesend verbracht, heute halt vor dem PC, wo ich ja auch lese. Was meine Freundinnen nicht verstehen ist: Der Zwang, mich gegen meinen Willen bewegen zu müssen, würde meine Lebensqualität viel mehr beeinträchtigen als es jetzt mein Übergewicht tut. Die letzten 12 kg kamen übrigens dazu, als ich vor 8 Jahren das Rauchen aufgab. Und das Leben ohne Qualm ist mir diese Kilos auf alle Fälle wert.

Ob es meinem Rücken wirklich gut tun würde, abzunehmen, glaube ich nicht unbesehen. Denn ich sagte ja schon, als die Beschwerden so richtig anfingen war ich jung und schlank. Und damals waren die Schmerzen größer als heute. Meine Blutwerte sind übrigens völlig okay.

Irgendwann ist mir halt klar geworden, dass ich offensichtlich komplett anders ticke als alle anderen Frauen, die ich kenne. Ich bin sehr intensiv in mich gegangen, ob ich eine Art Selbstschutz aufgebaut habe, indem ich mir nur einrede, dass mir mein Aussehen so egal ist. Aber das ist wirklich nicht der Fall. Ich WILL nicht über mein Aussehen definiert werden. Soweit bin ich in meiner Selbstanalyse schon mal gekommen.

Und nun meine Fragen an euch:
Wie sehr ist euer Selbstwertgefühl, euer Wohlbefinden von eurem Aussehen abhängig?
Ist eine verschnittene Frisur ein Alptraum für euch?
Bringt euch ein Speckröllchen zur Verzweiflung?
Geht ihr nur aufgebrezelt zur Mülltonne *ggg*?
Sucht ihr ständig nach grauen Haaren und neuen Falten?
Wärt ihr bereit, euch für eine minimale Verbesserung unters Messer zu legen?
Und dann mal weitergedacht: Ist das Leben dann weniger lebenswert, wenn der Lack erst mal unwiderruflich ab ist?

Und wenn ihr das alles mit Ja beantwortet habt: WIESO ist das so??? Ist das wirklich der Einfluss der Medien, die uns immerwährende Jugend und Schönheit vorschreiben, wie meine Freundinnen mir das immer erklären?
Ist es denn tatsächlich nachahmenswert, jenseits der 50 dann mit einem maskenhaften Gesichtsausdruck ohne jede Mimik geschlagen zu sein, weil gelebtes Leben nicht mehr im Gesicht zu sehen sein darf?
Ich habe Probleme, das zu akzeptieren. Ich lasse mir doch auch von keinem Menschen aus meinem Umfeld diktieren, dass ich meine Haare blau färben und rosa Kontaktlinsen tragen soll. Warum sollten mich dann wildfremde Menschen in den Medien beeinflussen können?

Was genau macht denn nun den Menschen aus?

Ich meine übrigens nicht das ganz normale Gepflegtsein. Das ist ja selbstverständlich. Fettige Haare z.B. sehen bei schlanken genauso übel aus wie bei Dicken. Und schlechte Zähne und schwarze Fingernägel sind abstoßend.

Ich würde gern verstehen, ob ich da irgendein Defizit habe, ob es einfach nur Wurschtigkeit meinerseits ist oder warum mich das so wenig tangiert.

Weia, ist das wieder lang geworden! Aber das gehört anscheinend zu mir wie meine Pfunde *ggg*.

Bin gespannt auf eure Meinung. Aber bitte ganz ehrlich, nicht nur das übliche „natürlich zählen die inneren Werte“. Dass man die auf den ersten Blick nicht erkennt, weiß selbst ich.

LG Marion