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Geschrieben von cube am 10.01.2019, 11:16 Uhr

An die Lehrerinnen unter euch

Kind 1. Klasse lernt schreiben mit der Methode "Schreiben nach Gehör". So zumindest ja der umgangsprachliche Name und ich kann bestätigen, der ist sehr zutreffend .... leider (was jetzt übrigens nicht heißt, ich würde diese Methode grundsätzlich nicht gut heißen - ich war im Gegenteil sehr offen dem gegenüber und eher gespannt auf die Ergebnisse).

Kind schreibt also - schön. Leider aber derart kryptisch, das man teilweise wirklich raten muss bzw. echt nicht weiß, was es eigentlich schreiben wollte.
Teilweise aber eben auch zumindest lesbar, aber eben falsch, nach Gehör eben ("Fert","Farat" etc).
Nun möchte er natürlich gelobt werden. Tu ich auch. Problem: ich kann natürlich die Motivation, selbst zu schreiben loben - aber doch wohl kaum so tun, als wenn alles Geschriebene super (= richtig) wäre. Teils fragt Kind ja auch explizit, ob das so richtig ist. Vorsichtig versuche ich dann mitzuteilen, dass es fast richtig ist - prompt ist Kind beleidigt/verweigert alles weitere, garniert mit "das dürfen die Eltern nicht sagen" oder "du darfst das nicht anders schreiben" (also richtig hinschreiben).
Und nun?
Noch schlimmer ist es, wenn ich es gar nicht erst entziffern kann und dann ausweiche auf "toll, lies mir doch mal vor ..." oä. Antwort: "nein, du sollst lesen - ich hab´s doch geschrieben". Und wenn ich dann rate und es ist falsch geraten - große Enttäuschung. Lese ich es so vor, wie es da steht - große Enttäuschung bzw. als wenn ich ihn ärgern wollte/mich lustig machen. Ok, für ihn ist es ja richtig geschrieben.
Was also nun tun?

 
30 Antworten:

Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Shanalou am 10.01.2019, 11:54 Uhr

Bin zwar keine Lehrerin, aber ich schreib dir mal, wie das hier gehandhabt wird. Es gab ein Heft mit Bildern und die Kinder sollten das entsprechende Wort dahinter schreiben. Es gab dazu allerdings ein Lösungsheft, wo die Kinder nachschauen sollten, ob es richtig ist, was sie geschrieben haben. Ich selber lasse meine Tochter immer nochmal das lesen, was sie geschrieben hat. Vielleicht solltest du mal mit der Lehrerin reden, dass sie eine entsprechende Anweisung an die Kinder gibt ,das Geschriebene selber zu lesen. Da fällt dem Kind dann sicher der ein oder andere Fehler selber auf.
Grundsätzlich würde ich aber an deiner Stelle schon korrigieren (es muss ja nicht jeder Buchstabe sein), denn gleich von Anfang an halbwegs richtig zu schreiben macht dem Kind das Leben einfacher.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Miolilo am 10.01.2019, 12:16 Uhr

Du kannst ihn loben, denn Farat ist nach dem Stand, den er gerade hat völlig richtig.
Er hat jeden Laut, den man hört in einen Graphem, also Buchstaben verschriftet.

Und natürlich kannst du nun sagen: Es gibt ein paar Regeln beim Schreiben und beim Fahrrad sind es leider recht viele und daher schreibt man es Fahrrad. Du kannst es über sein Wort schreiben, damit machst du "sein" Wort nicht falsch.

Es ist ein wenig so wie beim mündlichen Sprachgebrauch. Dein Kind hat vielleicht mal gesagt "Nane!" (und auf die Banane gedeutet). Und du hast gesagt "Ach, du möchstest eine Banane! Schau mal, hier ist deine Banane...!" Und das hast du ganz oft so gemacht. Und nicht etwa gesagt: Echt jetzt? Ich habe dir schon zig mal gesagt, das heißt "Ich möchte eine BANANE!"

Den Erstklässlern ist sehr schnell bewusst, dass die Schriftsprache bestimmte Regeln hat und oft können sie diese auch gut verinnerlichen und auf andere Sachen übertragen (ist dann zwar manchmal falsch, zeigt aber, dass sie nachgedacht haben. (Beispiel hier aus dem mündl. Sprachgebrauch: das "ge" bei der Perfektbildung. ich male - (habe) gemalt/ ich lache- (habe) gelacht .... und dann kommt natürlich ich esse - (habe) geesst )

Sie erkennen zum Beispiel sehr schnell, dass manche Buchstaben doppelt vorkommen.
nicht Sone, sondern Son-ne (kann man mit Silbenklatschen sehr gut verdeutlichen), und dann übertragen sie es oft recht rasch: Wet-ter, Ket-te, etc.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von cube am 10.01.2019, 12:48 Uhr

Vielen Dank schon mal für eure Antworten :-)
Leider dürfen die Kinder nichts mit nach Hause nehmen, man soll keine Hefte oder irgendetwas zum üben haben, um die Kinder nicht zu verwirren bzw. zu überfordern. Es ist eine Montessori-Schule. Und offenbar sind die Kids so darauf geeicht worden, dass sie es ja nicht anders machen sollen als in der Schule, dass ich schon ein Problem habe wenn Kind fragt, ob ich nicht mit ihm schreiben könne - das muss dann nämlich genau so sein, wie in der Schule sonst "dürfen wir das nicht".Das wird vermutlich keiner genau so gesagt haben - Kind hat es aber so verinnerlicht.
Ich gebe zu, das macht das ganze (so sehr ich das Monte-Konzept auch mag) schon schwierig, dem üben-Wunsch daheim ohne Stress/Diskussionen/Enttäuschungen nachzukommen

Andere Frage bzw. nochmal nachgefragt:
Farat ist vollkommen ok - finde ich auch.
Bleibt aber dennoch die Problematik, dass er die richtige Schreibweise (er fragt ja, ob alles richtig geschrieben ist) dann jedoch ablehnt weil "die Eltern dürfen das nicht sagen"?

Und was mache ich, wenn ich es eben gar nicht lesen/erraten kann? Ich habe offenbar noch nicht die richtige Formulierung gefunden, um Kind nicht in große Enttäuschung bzw. Unwillen, den Stift auch nur noch mal anzufassen zu stürzen. Wie kann ich da vorgehen, ohne dass er das Gefühl hat, alles falsch zu machen?

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Anna3Mama am 10.01.2019, 14:17 Uhr

... auch keine Lehrerin, ich hoffe, es ist trotzdem ok.

Du hast ihn in eine Schule mit diesem Konzept gegeben. Da gibts ja auch für Dich/ Dein Kind viele Vorteile, sonst hättest Du es ja nicht gemacht. Also würde ich auch hinter dem Konzept stehen. Dann ist “FARAT“ nicht nur “vollkommen ok“ sondern “Richtig“!

Nur wenn man es nicht sinngebend Lesen kann wäre es falsch . “FRAT“ ,wäre also falsch.

Wenn er es so schreibt, dass Du es nicht lesen kannst, kannst Du das auch sagen, oder? “Du, da hast Du jetzt noch viel Zeit, das so zu lernen, dass andere Leute das auch lesen können“. Oder “ui, frag mal den Papa, die Oma, den ... , ob der das lesen kann... ich kann das nicht.“
Oder, wenn er bewusst schmiert:
“Guck, meine Schrift kannst Du auch nicht lesen, wenn ich mir keine Mühe gebe“ ...und schreibst einen Text in Schreibhandschrift....

Also ich bin für loben - aber nur bis zu einem gewissem Grad und Kritik kommt oft mit Humor besser an.

Das mit dem Schreiben nach Gehör ist für mich nach dem dritten Kind durch die erste Klasse inzwischen ok, ich war anfangs auch skeptisch. Sehr skeptisch.
Wichtig ist nur, dass man in Klasse 3/4 die Rechtschreibung paukt.
Hier wird die Fresch-Methode angewandt und das scheint zu funktionieren. Im.Gymi alle Diagnosediktate in Klasse fünf quasi fehlerfrei, nicht nur mein Kind sondern die anderen aus der Klasse auch...
Beim Großen war es eine Katastrophe, bei allen Kindern am Gymi aus unserer Schule, da wurde noch nicht nach der Methode gelernt.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Shanalou am 10.01.2019, 14:38 Uhr

Wie schon geschrieben, du musst ihn dazu bringen es selber vorzulesen! Wenn du es selber nicht lesen kannst, kannst du nichts anderes machen.
Letztendlich ist jetzt wahrscheinlich der Zeitpunkt, an dem er lernen muss, dass er nicht alles richtig macht und dass das aber nicht wirklich schlimm ist.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von cube am 10.01.2019, 15:04 Uhr

Für ihn gerade ganz dramatisch :-) oder auch eher .-(
Aber es wird schon werden.
Ich danke euch jedenfalls für euren Input!
Ist einfach auch manchmal schon hilfreich von anderen zu hören, dass es schon wird und man sich nicht so stressen sollte (und Kind gleich mit).

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von niccolleen am 10.01.2019, 15:33 Uhr

Ich bin auch keine Lehrerin, aber schreib mal trotzdem, was mir dazu einfaellt.
Meine Mutter hat mir als Kind in einer aehnlichen Gelegenheit (da gings aber nicht um die Rechtschreibung sondern um die richtige Benennung) gesagt: Klar, du kannst natuerlich zu einem Sessel jederzeit Tisch sagen, wenn dir das besser gefaellt. Nur: Die anderen werden dich nicht verstehen! Denn man hat sich darauf geeinigt, dass dieses Ding fuer alle Sessel heisst.
Das hat mir damals echt gut eingeleuchtet.
ich denke, wenn du deinem Kind vermittelst, klar kann er es trotzdem so schreiben, wie er moechte, nur du und andere werden es halt nicht so einfach lesen koennen. Weil man sich eben darauf geeinigt hat, dass man Fahrrad so schreibt und nicht farat. Dass es doch trotzdem super ist, dass er schon lange und komplizierte Woerter schreiben kann, obwohl er noch gar kein Woerterbuch hat, weil er gelernt hast, nach Gehoer zu schreiben. Aber das ist halt erst der Anfang, und wenn er wissen willst, wie es richtig gehoert, dann zeigst du es ihm gern.

lg
niki

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Miolilo am 10.01.2019, 15:35 Uhr

"Bleibt aber dennoch die Problematik, dass er die richtige Schreibweise (er fragt ja, ob alles richtig geschrieben ist) dann jedoch ablehnt weil "die Eltern dürfen das nicht sagen"?"

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es genau so den Kindern in der Schule kommuniziert wird. Bei Gelegenheit kannst du das ja mal mit dem Lehrer klären.

Um deinem Kind zu "beweisen" dass es durchaus Regeln gibt und dass Farat von ihm zwar schon super "erhört" wurde, leider trotzdem falsch ist, kannst du es ihm ja in einem Kinderwörterbuch zeigen. Man sollte es bei den Erstklässlern zwar nicht übertreiben, aber du kannst schon versuchen ihm zu erklären, warum es Fahrrad geschrieben wird (doppel r, weil da zwei Wörter zusammenkommen, das h ist ein ganz heimlicher Buchstaben, den hört man oft nicht... sowas in der Art.)
Dann lass ihn Tomate schreiben und er wird es sehr wahrscheinlich richtig schreiben und erkennen, dass nicht alle Wörter so "gemein" sind

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von cube am 10.01.2019, 16:39 Uhr

Dummerweise sucht er sich die gemeinen Wörter selbst aus :-)

Es kann tatsächlich sein, dass die Lehrerin sich so ähnlich geäußert hat. Ich kenne mindestens eine Monte-Lehrerin, die das genau so sieht: die Eltern sollen sich gar nicht einmischen, nichts korrigieren etc. weswegen Hefte gar nicht erst mit nach Hause gegeben werden.

Aber ich denke, ich werde - sofern sich das nicht eh von selbst ein bisschen entkrampft - mal mit der KL reden. Ich will ihr nicht reinpfuschen - möchte meinem Kind aber eben auch gut helfen können, wenn es denn schon freiwillig zu Hause üben möchte.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von cube am 10.01.2019, 16:40 Uhr

Sehr guter Tipp! Danke. Ich musste gerade echt schmunzeln ob des Beispiels :-)

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von IngeA am 10.01.2019, 19:53 Uhr

An der Monte in unserer Stadt fangen die Kinder recht früh an mit dem Wörterbuch zu arbeiten. Dann sehen sie sehr schnell, dass es halt gewisse Regeln gibt.

Die Lehrerinnen meiner beiden jüngeren Kinder (nicht Monte) haben unter diese anfänglichen Schreibversuche einfach die Korrektur darunter geschrieben ohne irgend etwas vom Kunstwerk des Kindes zu verbessern.

So schwierige Wörter wie Fahrrad würde ich auch noch gar nicht verbessern, nur die einfachen Wörter. Das Kind kann sich ohnehin nicht alle Rechtschreibregeln und Ausnahmen gleichzeitig merken. Ich würde bei den lautgetreuen Wörtern korrigieren (deutlich sprechen), ev. noch bei den sehr häufigen kurzen Wörtern, das wars.

LG Inge

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ich halte davon ehrlich gesagt nicht viel

Antwort von Milia80 am 10.01.2019, 23:39 Uhr

es soll Kinder motivieren zum schreiben um dann im 2.Schuljahr gesagt zu bekommen was falsch ist....

Bzw Kind hat auch immer gefragt ob alles richtig ist. Bei uns haben sie das in der ersten Klasse auch so gehandhabt aber zu Hause habe ich immer erklärt wie es richtig ist. Ich bin froh drum. Kind schreibt trotzdem gerne

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Ich finde die Methode richtig schlimm...(bin keine Lehrerin)

Antwort von blessed2011 am 11.01.2019, 11:44 Uhr

Am Anfang mag das niedlich sein udn zu schnellen Pseudo-Erfolgen führen, aber Ende der Grundschule kommt dann die Panik, weil sie schreiben wie die Legastheniker (nicht böse gemeint)...ganz ehrlich: ganz großer Mist!
Bei usn in der Klasse haben sie einfach die Kurve nicht gekriegt nach der zweiten Klasse richtig zu üben.

Bei meinem zweiten Kind klappt es besser trotz der gleichen Methode, sie korrigieren sanft. Aber immerhin.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Oktaevlein am 11.01.2019, 14:45 Uhr

Du könntest ihm ja zwischendurch ein paar Regeln erklären, quasi nebenbei. Z.B. dass mein eine Endung leicht erkennen kann, in dem man die Mehrzahl bildet.

Rad - Räder
Hand - Hände
Land - Länder

Aber
Hüt -hüte
Brot - Brote usw.....

Ich halte ehrlich gesagt gar nichts davon, die Kinder einfach gewähren zu lassen. Die falsche Schreibweise prägt sich doch auch ein.

Mir hat mal eine Musiklehrerin gesagt " falsch geübt ist auch geübt"

Das gilt meiner Meinung auch für das schreiben.

Die Methode heißt ja lesen durch schreiben. Dafür finde ich es vertretbar, aber sobald die Kinder halbwegs lesen können, haben sie das System verstanden und dann schadet es meiner Meinung nach mehr als es nützt.

Fazit: Versuch deinen Sohn am besten davon zu überzeugen, dass es doch besser ist, wenn du zumindest hin und wieder mal ein Wort korrigiert.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Schniesenase am 11.01.2019, 22:35 Uhr

Es gibt dabei mehrere Aspekte, die mir auffallen. Ich bin Lehrerin, und meine Tochter ist auch gerade dabei, mit dieser Methode lesen und schreiben zu lernen.

Woran ich mich bei einigen Antworten hier störe, ist die Fokussierung auf Fehler. Das sind wir gewohnt, so haben wir gelernt. Lerntechnisch ist das aber, obwohl noch immer an den meisten Schulen so gehandhabt, im Wesentlichen ein Ansatz, der die Kinder in ihrem Potenzial einschränkt. Ich versuche es an einem Beispiel zu erklären:

Dein Sohn lernt gerade, die Laute den Buchstaben bzw. Graphemen zuzuordnen, also die Selbstlaute (a e i o u, und der Einfachheit halber zähle ich die Umlaute und Doppelvokale dazu: ä ö ü au ei eu ie und Ausnahmefall qu) und die Mitlaute (alle anderen und Grapheme sch, ch, ck, ng, st usw.). Er lernt, dass ein h hinter einem Selbstlaut (Silbenkönig) den Selbstlaut lang macht, also z.B. ah - aaaaaaa gesprochen wird. Er lernt, dass das verflixte E sich immer versteckt, als kurzes ä (Welt, lernen), als kurzes i (Laute, ), als eee oder in ie macht es das i lang (iiii). Beim ei ist es sogar ein a, beim eu ein kurzes o, und manchmal hört man es überhaupt nicht (lachen [lachn]). Ich habe nicht alles aufgezählt. Auch andere Buchstaben verstecken sich, z.B. die verschiedene Aussprache von ch (ich, Macht) usw. Er lernt sie zu erkennen und zu lautieren, er lernt auch, sie motorisch korrekt nachzumalen (schreiben) und er lernt, daraus Wörter zu bilden und Silben zusammenzuschleifen.

Das ist eine unheimlich vielschichtige Aufgabe, sehr mühsam und eine Wahnsinnsleistung, wenn er nun "Farat" schreibt, für die Kinder extrem anstrengend, aber auch lustbringend, wenn man es schafft, dass jemand das Wort richtig lesen kann. Und genau dieser Hormonschub, wenn Mama das Wort richtig lautiert, bringt dann eine enorme Lernmotivation und dopt quasi das Gehirn zum besseren Lernen. Lautschriftlich ist darin, nach dem Stand des Wissens, auf dem er aktuell ist, absolut kein Fehler. Es ist also "richtig", aber eben nicht im Sinne, wie wir es gelernt haben - immer Fehler in der Rechtschreibung zu suchen und zu verbessern. Wenn man nun das Wort als "falsch geschrieben" deklariert, dann würdigt man seine Riesenleistung nicht, sondern spricht einen Bereich an, den er aktuell noch überhaupt nicht kennen kann, aber kennenlernen wird, optimalerweise, sobald seine Lehrerinnen erkennen, dass seine oben aufgezählten Fähigkeit komplett sind. Dann nämlich kommt der Teil, in dem er lernt: Super! Du kannst lautgetreu schreiben und Wörter erlesen. Jetzt lernst Du, dass es dabei noch andere Regeln gibt, auf die man sich geeinigt hat, damit alle gleich schreiben und verstehen, was die anderen schreiben.

Wann dieser zweite Teil kommt, der wieder eine irre Leistung ist, das ist genau der Punkt, der allzu häufig missverstanden wurde und wird. Keinesfalls für alle Kinder ab Klasse drei! Die Kinder sind unterschiedlich weit in der Schreibentwicklung. Wer also Teil eins erfolgreich absolviert hat und beherrscht, der fängt, auch ggf. schon mit Teil 2 an. Da aber diese Methode sehr häufig auch von Lehrerinnen oft falsch verstanden oder eben auch nicht ausreichend gelernt wurde, passiert es noch immer, dass den Eltern gesagt wird, dass sie bis inklusive Klasse 2 nicht verbessern dürfen. Das ist definitiv nicht hilfreich, denn bis dahin haben die meisten Kinder sich falsche Wortbilder eingeprägt bzw. ihrem Gehirn beigebracht, dass Schreibweise unwichtig ist, Hauptsache, man hört es richtig, wenn man es liest.

Die Frage nach Richtig und Falsch kann also unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen gestellt werden. "Farat" ist für Deinen Jungen eine super Leistung und aus seiner Sicht richtig. Er hat das Wort lautgetreu geschrieben. Ich versuche hier das immer so zu machen, dass ich meiner Tochter das Wort vorlese, lautierend, also F-a= Fa, Fa-r= Far, Far - a=Fara, Fara-t=Farat. Meine Tochter ist so weit, dass ich ihr schon rechtschriftliche Hinweise erklären kann, die sie sich selbst ableiten könnte. Man muss schauen, ob die Kinder das kognitiv können. Also würde ich ihr sagen: Du hast alle richtigen Laute gefunden und man liest Fahrrad. Wie heißt das eigentlich, wenn es mehrere sind? Sie würde "Fahrräder" antworten und ich würde mit ihr darüber sprechen, dass man das d hört, wenn man die Mehrzahl bildet. Darum schreibt man es in der Einzahl auch mit d. So sieht man, dass das Wort mit dem anderen verwandt ist. Fährräder ist quasi die Oma von Fahrrad.

Aber das erfordert wieder eine heftige kognitive Leistung, die an diesem Punkt viele Kinder noch nicht schaffen. Man muss damit behutsam sein. Am Anfang merken sie sich die Wörter noch nicht, weil sie noch kein Wortbildgedächtnis entwickeln, zu schwierig ist die Lautiererei noch, und ein Wort als Ganzes wird noch nicht erkannt. Hier ist also gar keine Gefahr, dass sich was falsch einprägt.

Nur eben rechtzeitig muss man erkennen, wenn das anfängt und man Schritt 2 einführen muss. Aber eben - es geht hier überhaupt nicht um Fehler, sondern um eine ganz erstaunliche, komplexe Leistung beim Schriftspracherwerb.

Kann ich nicht lesen, was sie geschrieben hat (sie ist Linkshänderin, und da sind spiegelverkehrte Buchstaben noch häufiger als bei Rechtshändern, aber auch die verdrehen schon noch mal), dann bitte ich sie, das vorzulesen, weil ich es nicht lesen kann oder mir einen Tipp zu geben, so in der Art eines Rätsels, z.B. Hat zwei Räder usw. Das klappt eigentlich ganz gut.

Ich hoffe, das war nicht zu kompliziert.

Ein anderer Punkt ist, ich erlebe das jetzt auch mal von der anderen Seite, dass Eltern eigentlich gar nichts wissen. Was die Lehrerin sagt (oder Kind glaubt, das sie gesagt hat), das ist Gesetz. Da kann kein Elternteil gegenangehen, man kann nur verlieren. Das ist auch gut so, denn die Lehrerinnen motivieren die Kinder sehr, auch als ein Stück Lehrvorbild außerhalb von zu Hause. Das ist mal Kind-Lehrer-Metier. Insofern würde ich damit gelassen umgehen.

Lernen funktioniert am besten, wenn die Kinder Erfolg dabei haben. Da müssen wir Erwachsenen noch unheimlich dran arbeiten, den Fokus vom Fehlerfinden zu nehmen und die Gesamtleistung im Blick zu behalten. Erst viel später geht es um Lernwörter und Rechtschreib-, Grammatikregeln usw., und selbst da gibt es ganz unterschiedliche Lerner. Manche brauchen die Wortbilder mehr, lernen schon allein durchs Viellesen, richtig zu schreiben, andere sind super mit Regeln aufgehoben und brauchen nur die Wörter zu lernen, für die es keine Regeln gibt, wieder andere müssen durch Trial and Error lernen, indem sie es versuchen und dann erkennen, auf welche Schreibweise man sich aber geeinigt hat. Wörterbucharbeit usw., und dann gibt es welche, die müssen immer und immer wieder die Wörter richtig anwenden, im Vergleich richtig schreiben, nach Diktat schreiben und mit Vorlage korrigieren. Alle haben aber eins gemeinsam: Wenn sie Erfolg haben, trauen sie sich mehr zu und lernen erwiesenermaßen nur deswegen besser.

Vielleicht nützt Dir das ein bisschen. Ich finde das unheimlich spannend.

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Re: Ich finde die Methode richtig schlimm...(bin keine Lehrerin)

Antwort von As am 11.01.2019, 22:55 Uhr

Ich schließe mich hier an...

Ich war richtig froh, dass sich diese Methode hier im Osten bei den altgedienten Grundschullehrerinnen noch nicht durchgesetzt hatte, als meine Kinder zur Schule kamen.

Lehrer an den weiterführenden Schulen kämpfen dann mit den Folgen.

Ich muss aber zugeben, dass einige mir bekannte Kinder, die nach dieser Methode gelernt haben, am Ende (in der Oberstufe) trotzdem ziemlich fehlerfrei schreiben, was man vor ein paar Jahren nicht geglaubt hätte.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von As am 11.01.2019, 23:20 Uhr

Ehrlich gesagt finde ich, dass durch diese meiner Meinung nach umständliche Methode das Schreibenlernen zu einer irrsinnig kognitiven Herausforderung hochstilisiert wird.
Geht es nicht viel einfacher und schneller mit der Fibelmethode?

Man kann sich den Zwischenschritt des lautgetreuen Schreibens und die damit verbundenen Probleme (dass niemand es lesen kann, dass das Kind dadurch Enttäuschung erfahren muss, dass man die " Leistung" des Kindes nicht genug würdigt, dass man das Kind durch Kritik entmutigt...) doch auch sparen.

Das mit dem verflixten e klingt ja schon irgendwie niedlich und kindgerecht, aber genau so könnte man dem Kind doch auch sagen: Pass auf, wenn du ein langes i hörst, schreibst du ie. Man kann sich in diesem "Lernen muss Spaß machen" und Motivationsgedöns auch verzetteln. Zumal es leider schlussendlich nicht dazu führt, dass die Kinder am Ende besser oder lieber lernen.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Schniesenase am 12.01.2019, 9:08 Uhr

Aber das macht man doch. Die Kinder lernen, dass ein langes i oft ie geschrieben wird, das h nach Vokalen nicht gesprochen wird, sondern den Vokal davor lang macht.

Außerdem nützt die Diskussion Cube nichts. An der Schule ihres Kindes wird damit gelernt. Sie braucht Antworten, die ihr helfen, das zu unterstützen.

Man kann über die Methode natürlich kontrovers diskutieren. Aber man sollte sie eben auch richtig kennen. Mich ärgern dabei immer wie bei allem laute Aufschreie ohne wirkliche Kenntnis der Sache.

Auch die "Fibelmethode", die so nicht heißt, bringt lautgetreue Buchstaben/Grapheme bei. Hier werden die Buchstaben nach und nach eingeführt, und es ist dieselbe kognitive Leistung, die die Kinder bewältigen müssen. Lesen heißt, Zeichen in Laute zu transkribieren, obwohl die Schriftsprache nicht durchgehend lautgetreu ist, allgemeine Regeln zur Lautierung immer lauter Ausnahmen haben. Was insbesondere anders ist, das ist, dass früh kurze Wörter gelesen werden und den Kindern eben erst mal nicht alle Laute/Buchstaben zum Schreiben zur Verfügung stehen.

Ich kenne keine verantwortungsvolle Lehrerin, die "Lesen durch Schreiben" sklavisch nach der ursprünglichen Idee unterrichtet. Fast alle haben sämtliche Methoden und Materialien nach ihren Erfahrungen weiterentwickelt, und das ist auch gut so.

Meine eigene Erfahrung: Lesen durch Schreiben ist super für sehr pfiffige Schülerinnen, die sich langweilen, wenn sie den normalen Schritt folgen müssten. Sie können sich mit wenig Hilfe alles selbst erarbeiten. Schüler, die eher weniger begabt im sprachlichen Bereich sind, können diese Selbstständigkeit nicht leisten. Für sie eignen sich andere Methoden.

Und am Ende wieder das Plädoyer für Vielfalt: Keine Methode ist die alleinige Weisheit für alle. Die Kinder (und Lehrkräfte) sind so verschieden. Am weitesten kommen wir, wenn wir im Rahmen der Differenzierung verschiedene Methoden in den Unterricht einbeziehen.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von memory am 12.01.2019, 9:29 Uhr

Hier zB. 29 Kindern , davon 3 aus der DAZ Klasse...Die Realität an vielen Schulen und die Möglichkeiten vieler Lehrer da groß zu differenzieren sind wohl recht ernüchternd. @ cube : meiner lernt mit Fibel und schreibt seine eigenen Kreationen genauso;) Es wird allgemein in Klasse 1 noch keine Rechtschreibregeln angewendet , egal welche Methode. Ich finde das hat Schniesenase gut erklärt, auch wie man den Kindern das " unterschwellig" vermittelt und man aufpasst, das sie sich die Wörter nicht einprägen . Ab der 2 würde ich trotzdem mehr darauf achten und fordern , dass die Schulsachen mit heim kommen. Wir haben das damals beim 1. Kind verpasst ( war ja neu und das wusste so auch kein Schwein ) das endete nat. in einer Katastrophe . Heute würde ich mir die Umstände genau ansehen und auch ob die Lehrerin weiss was sie tut.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von niccolleen am 12.01.2019, 18:56 Uhr

Hallo Schniesenase,

Ich finde deinen Beitrag hochinteressant, danke fuer die lange Ausfuehrung.
Trotzdem finde ich, dass genau deine Argumente die Schwaechen dieses Systems (des Lautschreibens) aufzeigen.
Zum Beispiel, wenn du schreibst, bei Fahrrad weiss es den Endbuchstaben erst, wenn es muehsam und kognitiv die Mehrzahl gebildet hat, und das stumme h ist bei weitem nicht in allen Woertern vorhanden, wo der vorangegangene Laut lang ist. Es gibt ein paar Regeln, aber mehr Ausnahmen und somit muss trotz allem im Deutschen sehr viel auswendig gelernt werden. Es zahlt sich fast nicht aus, so viel Energie schon so frueh in Regeln zu investieren, die gar nicht so dominant sind wie die Ausnahmen.
DAs naechste ist, dass Kinder vom Besonderen ins Allgemeine schliessen. Sie lernen nach Mustern und nach vielen Wiederholungen. Die FAehigkeit, vom Allgemeinen ins Besondere zu schliessen, also von der Regel mit dem langen und kurzen Laut etc. kommt erst viel spaeter. Viel kindgerechter ist es also von diesem Standpunkt, viele Woerter zu lernen, und irgendwann die Regel dahinter zu begreifen, wieso die eben so geschrieben werden, und nicht umgekehrt. Du sagst selbst, dass eine enorme kognitive Arbeit dahintersteckt, die eigentlich recht mit Undank bezahlt wird.
Weiters gehst du davon aus, dass von den Eltern ein grosser Teil der Arbeit kommt, die richtige Aussprache, das "Schubsen" in die richtige Richtung, etc. Das ist aber in einem kleinen Prozentsatz der Familien so moeglich, das muss ich nicht weiter ausfuehren.

Abgesehen davon, dass dieses System auch nur in Teilen Deutschlands funktionieren kann, in anderen, oder gar bei uns in Oesterreich ginge das gar nicht. z.B. gibt es in Oesterreich in der Aussprache keinen Unterschied zwischen b und p, d und t und oft auch zwischen g und k. Also z.B. Beppo hat nur einen Konsonanten, naemlcih ein Laut, der zwischen b und p liegt.

Ausserdem:
"Am Anfang merken sie sich die Wörter noch nicht, weil sie noch kein Wortbildgedächtnis entwickeln, zu schwierig ist die Lautiererei noch, und ein Wort als Ganzes wird noch nicht erkannt. Hier ist also gar keine Gefahr, dass sich was falsch einprägt. "

Das ist einfach nicht richtig. Vielmehr ist es so, dass je kleiner Kinder sind, desto hoeher ist der Prozentsatz eines fotografischen Gedaechtnisses, anfangs sogar nach einigen Studien bei fast 90%. Mein Sohn hat in der ersten bereits die Woerter sehr bald *gesehen*, nicht mehr *gelesen*, und ich weiss, dass das bei sehr vielen Kindern schon im Kindergarten so ist, dass sie ihren eigenen Namen und den der anderen allein am Wortbild erkennen, ohne lesen zu koennen. In meinen Augen ist genau da die ganz grosse Gefahr, sich etwas falsch einzupraegen. Bewegungsmuster koennen noch sehr flexibel ausgebessert werden, Schwimmen, radfahren, Eislaufen, Turnen, etc. da kann man besonders als Kind noch hundertmal umlernen, entgegen der Befuerchtungen von vielen Eltern. Aber Bilder gehen sehr schnell ins Langzeitgedaechtnis und bleiben da.


Nichtsdestotrotz bin ich sehr froh, dass du einen Punkt gleich angesprochen hast, der mir auch immer sehr am Herzen liegt: Dass unser Schulsystem sich nur nach Fehlern orientiert, und ich hoffe auch, dass sich das irgendwann aendern wird. Ein paar Grundsteine wurden seit meiner Schulzeit bereits gelegt, ich hoffe, die Tendenz geht in die richtige Richtung weiter!

Ich bin von deinen Posts zu schliessen aber echt ueberzeugt, dass du eine tolle und einfuehlsame Lehrerin und Mutter bist.

lg
niki

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Pamphlet

Antwort von Schniesenase am 12.01.2019, 23:31 Uhr

Hallo Niki, und wer immer Muße hat, dieses Pamphlet jetzt zu lesen,

danke für Deinen Beitrag und Dein großartiges Kompliment. Ich mag kontroverse Diskussionen, und das am Ende ging runter wie Butter. :-)

Ich verstehe bei Deiner Argumentation am Anfang ein paar Zusammenhänge, die Du herstellst, nicht bzw. sehe es anders:

- Warum sollen Rechtschreibregeln (wie z.B. die Methode, Endlaute durch Verlängerung zu hören [Der Hund - die Hunde = d statt t am Ende]) nur der Methode "Lesen durch Schreiben" zugeordnet werden? Sie werden in allen drei in der Studie untersuchten Methoden unterrichtet und begleiten quasi alle konventionell unterrichteten Schüler ihr ganzes Schulleben lang. Rechtschreibung KANN nicht nur durch das Erlernen von Wortbildern geschafft werden. Glaubst Du das wirklich? Kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen. Und auch mit der Lesen-durch-Schreiben-Methode zum Lesetechnikerwerb werden Wörter gelernt, Ausnahmen gelernt. Da unterscheiden sich die Methoden nicht, da "Lesen durch Schreiben" eben nur der ANFANG ist. Danach machen fast konventionellen Schulen den üblichen Unterricht mit Lernwörtern, Rechtschreib- und Grammatikregellernen, Lauterkennungsschulung usw., also alles, was Du als viel zu kompliziert benennst, weil es so viele Ausnahmen gibt. Keine Methode kommt darum herum.

- Im Übrigen ist das Dehnungs-h in den meisten Lehrgängen, egal welcher Methode, als zusammenhängendes Graphem vorhanden, also man lernt nicht, dass Vokale lang gesprochen werden, wenn ein h dahinter steht, sondern es wird vermittelt, dass das h nicht gesprochen wird, den Vokal vorher aber lang macht, wobei eben letzteres, das ist der Trick, keinen Schwerpunkt am Anfang hat. Hier kommt es auf das Fingerspitzengefühl der Lehrkräfte an: Überfrachtet man das ohnehin schon am Anschlag stehende Kind damit oder macht es Sinn, das an dieser Stelle schon mal zu erwähnen?

- Die von mir genannten Regeln sind "sichere Regeln": Verlängerung des Wortes lässt sicher den Endbuchstaben hören (b/p, d/t, g/k, g/ch), ein Dehnungs-h wird nie gesprochen, ebenso das e hinter dem i (ie). Nicht sichere Regeln (also solche mit Ausnahmen) führt kein Mensch direkt am Anfang des Schriftspracherwerbs ein, das wäre absurd. Und ich würde auch nie mit der ganzen Klasse 1 besprechen, dass man das Wort verlängern kann, um den Endbuchstaben zu hören. Das würde ich mit einer kleinen Gruppe von Schülern ansprechen, die das offensichtlich wechseln können, auch an dieser Stelle.

- "DAs naechste ist, dass Kinder vom Besonderen ins Allgemeine schliessen. Sie lernen nach Mustern und nach vielen Wiederholungen."
Hier widerspreche ich Dir. Ich stimme insofern zu, dass das bei der Mehrzahl der Kinder so ist, keinesfalls aber bei allen. Das ist wie in allem, wenn wir es mit Menschen zu tun haben: Alle sind verschieden voneinander, nehmen verschieden wahr, lernen auf unterschiedliche Weise. Ich habe schon viele solche Behauptungen gehört und viel mehr Beispiele von Kindern erlebt, die sie widerlegten, bei meiner Tochter, schon als sie sehr klein war, bei meinen Nichten und anderen Kindern im Umfeld, aber auch bei einer großen Anzahl der von mir in 21 Jahren Schule erlebten SchülerInnen.
Und selbst wenn man diese Behauptung absolut sieht: Sie bekommen doch bei der "Lesen durch Schreiben-Methode" genauso viele Muster und Wiederholungen. Es werden Wörter immer wieder wiederholt, gelesen, geschrieben. Und ALLE Methoden vermeiden das außerlautliche Verbessern am Anfang, als das Verbessern nach Rechtschreibregelverständnis, weil eben die Kinder diese kognitive Leistung an dieser Stelle noch nicht leisten können. Deine Aussage spricht gar nicht gegen die Methode.

- "Viel kindgerechter ist es also von diesem Standpunkt, viele Woerter zu lernen, und irgendwann die Regel dahinter zu begreifen, wieso die eben so geschrieben werden, und nicht umgekehrt."
Das sehe ich für eine Mehrheit der Kinder genauso. Wenn ab Klasse 2/3, je nach Stand des Schriftspracherwerbs mit den RS- Und Grammatikregeln begonnen wird, lässt man die Kinder z.B. lauter Wörter mit Dehnungs-h schreiben, lesen, lernen, Reime bilden, als Schleichdiktat schreiben usw. Es wird das Dehnungs-h mit dem vorangehenden Vokal in diversen Listen und Texten detektivisch genau entdeckt, um die Kinder aus dieser Menge der Übungswörter und immer wieder richtig dargestellten Wörter heraus zu befähigen, den richtigen Schluss zu ziehen: Alle Vokale davor sind lang. Lautübungen werden gemacht, damit Kinder, die das nicht hören können (langer/kurzer Vokal), hier geschult werden, denn längst nicht alle können es hören. Es werden zu der entsprechenden RS-Regel Lernwörter immer wieder auf vielfältige Weise gelernt, so dass sich das hoffentlich einschleift, ein Wortbildgedächtnis angelegt wird, insbesondere bei denen, die eben überhaupt gar nicht nach solchen Regeln lernen können. Und auch da gibt es eine kleine Gruppe von Kindern, die das gähnend langweilig finden, weil man es ihnen einmal erklärt, einmal am Beispiel zeigt, ggf. noch ein, zweimal übt, und dann können sie es umsetzen, und dann ist für diese Kinder die ganze Übung Unsinn, Überfrachtung mit langweiligem, nutzlosen Kram.

- "Du sagst selbst, dass eine enorme kognitive Arbeit dahintersteckt, die eigentlich recht mit Undank bezahlt wird." Genau das ist Teil des anfänglichen Schriftspracherwerbs. Ich habe damit den Schriftspracherwerb im Allgemeinen beschrieben, nicht die Methode, die so sehr kritisiert wird. Unsere Sprache IST eine Lautsprache, das heißt, das Erlernen der Schriftsprache geht anfangs zwangsweise über die Dekodierung der Zeichen in Laute und anderes herum. Egal, mit welcher Methode, diese kognitive, visuell (sehtechnisch), motorisch und auditiv (hörtechnisch) höchst anspruchsvolle Leistung müssen ALLE Kinder erbringen, die in unseren Breiten Schriftsprache erlernen. Im Gegensatz zu z.B. Chinesisch, bei dem ein Zeichen ganze Begriffe beschreibt, und bei dem man weitgehend alle Zeichen nur wissen kann, indem man das Zeichen auswendig lernt. Das beschreibt die Mühen des Schriftspracherwerbs allgemein, nicht die Leistung, die ein Kind nur bei Anwendung der "Lesen durch Schreiben"-Methode erbringen muss. Wir kommen nicht drum herum: Schriftspracherwerb IST sehr mühsam.

- "Weiters gehst du davon aus, dass von den Eltern ein grosser Teil der Arbeit kommt, die richtige Aussprache, das "Schubsen" in die richtige Richtung, etc. Das ist aber in einem kleinen Prozentsatz der Familien so moeglich, das muss ich nicht weiter ausfuehren."

Das ist ein Missverständnis. Davon gehe ich nicht aus. Ich leiste aber, weil ich es kann und mein Kind es möchte, entsprechende Zusatzarbeit. Auch das ist von der Methode unabhängig. Die Frage von Cube war ja, wie bzw. ob sie ihr Kind da richtig unterstützen kann, das in der Schule so lernt.

Zu glauben, dass soziale Vorteile beim Lernen (durch die Herkunft) in Schule komplett ausgeschaltet werden können, halte ich für eine Utopie. Das geht ja schon damit los, wie viel und wie in der frühesten Kindheit mit den Kindern gesprochen wird. Die Kinder aus entsprechenden Elternhäusern haben per se da einen Vorteil, den Schule nicht auflösen kann. Vielleicht werde ich jetzt gesteinigt, aber diese politische Diskussion, so wichtig sie grundsätzlich ist, findet oft in schwindeligen Ideologiehöhen statt, bei denen es um Prestige und Populismus geht. Haarsträubend wird es dann, wenn Kinder am besten fast gleich nach der Geburt in die frühkindliche Bildung geschickt werden sollen, damit alle gleiche Chancen haben. So lange unsere Gesellschaft so ungleich und ungerecht gestaltet ist und die Ressourcen, auch die intellektuellen, so ungleich verteilt sind, wird das alles nicht über eben diese Ungerechtigkeit hinwegtäuschen.

- "Abgesehen davon, dass dieses System auch nur in Teilen Deutschlands funktionieren kann, in anderen, oder gar bei uns in Oesterreich ginge das gar nicht. z.B. gibt es in Oesterreich in der Aussprache keinen Unterschied zwischen b und p, d und t und oft auch zwischen g und k. Also z.B. Beppo hat nur einen Konsonanten, naemlcih ein Laut, der zwischen b und p liegt."
Das ist spannend: Wie wird denn dann in Österreich Schriftsprache gelehrt? Lernen die Kinder andere Lautregeln? Oder gibt es "Hochsprache" und "Österreichische Aussprache" als Vergleich? Das ist eine ernst gemeinte Frage.
Das Problem, das Du hier ansprichst, haben viele Menschen in vielen Bereichen Deutschlands. Ich kenne mich besser im norddeutschen Raum aus. Beispiel: Im Bremer Raum spricht man Endungen auf -er eher wie ein "or" aus, also weiter [waito] (offenes O wie bei Tor), statt [waitöa] und im Schleswig-Holsteinischen und auch im Mecklenburger Raum heißt das dann eher [waitä:], also langes ä. Ich muss also den Holsteinischen Schülern beibringen, dass der Laut tä: am Ende eines Wortes meist -er geschrieben wird, den Bremern muss ich dasselbe für einen to-Laut mit offenem O beibringen. Noch schlimmer: Oft sprechen sie dann "weidäh", und das heißt "weiter", als das d ist im Schreiben ein t.
Man merkt, das Ganze ist wirklich kompliziert, aber wieder: Das ist es bei jeder Methode, denn es IST eine Lautsprache.

- Du zitierst: "Am Anfang merken sie sich die Wörter noch nicht, weil sie noch kein Wortbildgedächtnis entwickeln, zu schwierig ist die Lautiererei noch, und ein Wort als Ganzes wird noch nicht erkannt. Hier ist also gar keine Gefahr, dass sich was falsch einprägt."

... und schreibst daraufhin: "Das ist einfach nicht richtig. Vielmehr ist es so, dass je kleiner Kinder sind, desto hoeher ist der Prozentsatz eines fotografischen Gedaechtnisses, anfangs sogar nach einigen Studien bei fast 90%. Mein Sohn hat in der ersten bereits die Woerter sehr bald *gesehen*, nicht mehr *gelesen*, und ich weiss, dass das bei sehr vielen Kindern schon im Kindergarten so ist, dass sie ihren eigenen Namen und den der anderen allein am Wortbild erkennen, ohne lesen zu koennen. In meinen Augen ist genau da die ganz grosse Gefahr, sich etwas falsch einzupraegen. Bewegungsmuster koennen noch sehr flexibel ausgebessert werden, Schwimmen, radfahren, Eislaufen, Turnen, etc. da kann man besonders als Kind noch hundertmal umlernen, entgegen der Befuerchtungen von vielen Eltern. Aber Bilder gehen sehr schnell ins Langzeitgedaechtnis und bleiben da."
Du weist auf einen wichtigen Aspekt hin, der für junge Kinder oft richtig ist. Anfang des 20. Jahrhunderts hat man das für Schulkinder auch noch so gesehen. Mein Stand ist der, dass neuere Studien hier vorsichtiger und differenzierter werden. Sicher ist: Im kindlichen Gehirn sind noch sehr viel mehr Synapsen und Verbindungen vorhanden, die die Fähigkeit geben, sich Bilder zu merken. Viele davon werden im Laufe der Zeit wieder zurückgebildet. Aber das Wortbildgedächtnis ist zunächst einmal ein sehr kurz andauerndes Gedächtnis, da geht es um unter zehn Minuten, bevor das Bild wieder vergessen wird. Es hält also nur mit Übung länger an, manifestiert sich dann allerdings wirklich schnell und gründlich. Außerdem scheint sich diese Fähigkeit des Bilderlernens immer mehr abzuschwächen, je weiter das Kind im Sprachlernprozess ist (eben durch die Rückbildung der Hirnverbindungen, weil komplexer gelernt wird), d.h. (mit wenigen Ausnahmen) Kinder, die sprachlich sehr weit sind, scheinen ein schlechteres Wortbildgedächtnis zu haben. Auch hier finde ich es schwierig, allgemeingültige Behauptungen aufzustellen, weil die Vielfalt so groß ist. Und, wenn man ehrlich ist, weiß man es doch auch nicht sicher genug, um eine für alle gültige Aussage zu treffen. Zu unterschiedlich ist da die Entwicklung in den ersten ca. 4-7 Jahren. Ich sehe das Problem mehr darin, dass durch zu spätes Verbessern und Regelverstehen dem Gehirn signalisiert wird, dass es egal ist, wie ein Wort aussieht. Dieses Phänomen hat sich nach meiner Erfahrung sehr verstärkt, seit es SMS und Whatsapp & Co gibt, da die Menschen immer nachlässiger werden, was das korrekte Schreiben angeht. Sie bringen dem Gehirn im Laufe der großen Verbindungsbahnbildung bei, dass die Schreibweise unwichtig ist, also werden entsprechende Bahnen zurückgebildet, das Gehirn hat die richtige Schreibweise also für so unwichtig gehalten, dass es die Verbindungen, die dafür notwendig sind, teilweise zurückgebildet hat. Das ist eine Beobachtung von mir, keine wissenschaftlich belegbare Aussage.

Dein Sohn konnte/kann(?) gut in Wortbildern lernen. Das wäre also für ihn eine gute Möglichkeit. Für manche andere sind andere Möglichkeiten besser. Meine Tochter lernt gar nicht gut in Wortbildern, hat aber sehr schnell Laute zusammenschleifen, hört die Laute sehr gut und kann auch sichere Regeln trotz ihres noch anfänglichen Schreiblernprozesses schnell umsetzen. Sie kann auf diese Weise definitiv besser lernen. Ich hab das tatsächlich mal getestet, weil ich das eher selten in der Schule so hatte. Wie gesagt, die Vielfalt ist riesig.

Zum Schluss noch einmal meine persönliche Einstellung zur Methode "Lesen durch Schreiben", eigentlich zu jeder der drei in der aktuell so viel diskutierten Studie untersucht wurden: Ich bin überzeugt, dass jede einzelne Methode streng durchgeführt große Schwächen hat, weil sie alle, sklavisch ausgelegt, die Möglichkeit, verschiedene Lernwege anzusprechen sehr begrenzen. Das gilt auch für "Lesen durch Schreiben". Wie schon vorher erwähnt, kenne ich keine Lehrerin, die eine dieser Methoden streng nach uralter Definition verwendet, und das ist gut so. Die Mischung der Methoden macht es. Klar, dass bei 29er Klassen, wie oben erwähnt, jede Lehrerin da an Grenzen stößt, aber sie kann dennoch ANBIETEN. Den Rest schreibe ich an anderer Stelle, damit er noch gelesen wird, finde ich nämlich wichtig.

Bis hierher geschafft? Glückwunsch!;-) Sorry für die Länge, das beschäftigt mich so sehr, weil ich mich schon so viel damit herumgequält habe, den Kindern den Schreiblernprozess leichter zu machen und Ursachen für die Probleme zu finden, die dabei bestehen.

Ich mag Deine Beiträge immer sehr. Sie zeigen, wie sehr Du die Kinder für voll nimmst, sie auf ihrem Weg unterstützen, aber nicht manipulieren und gängeln oder dressieren möchtest! Außerdem schwimmst Du nicht immer mit, sondern äußerst auch mal unbequeme oder unpopuläre Überzeugungen.

Liebe Grüße

Sileick

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Schniesenase am 12.01.2019, 23:34 Uhr

Da hast Du komplett Recht. Das ist ein Dilemma, das man mit Methoden nicht ändert. Hier gibt es noch Klassen mit teilweise unter 20 Kindern, wenn der Migrantenanteil hoch ist. Das kriegen die Schulen irgendwie hin, und so geht Differenzierung dann auch.

Und auch dass es hilfreich ist, ab spätestens Klasse 2 doch einen Blick drauf zu haben - ja, Kinder mit Eltern, die das tun und können, sind dadurch im Vorteil - sehe ich genauso.

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Studie zu Schreiblernmethoden

Antwort von Schniesenase am 12.01.2019, 23:48 Uhr

Die Studie, die so viel Staub aufgewirbelt hat und zu so erstaunlich absoluten und fast militanten Meinungen geführt hat, muss im Übrigen mit Vorsicht genossen werden. Es wurden drei Methoden "verglichen". Begonnen durchaus repräsentativ mit über 3000 Grundschulkindern in NRW, weitergeführt mit allen Ergebnissen aber nur mit knapp 250 Kindern. Sie ist daher gar nicht wirklich repräsentativ.

Außerdem ist schwammig, wie genau, die Lehrkräfte wirklich die besagte Methode ("Lesen durch Schreiben", "Rechtschreibwerkstatt" oder der sogenannten "systematischen Methode" (landläufig Fibelmethode genannt) durchgeführt haben. In Grundschulen, das hab ich ja schon mal geschrieben, führt eigentlich so gut wie niemand eine dieser genannten Methoden (es gibt noch mehr) sklavisch so aus, wie sie mal erfunden wurde. Das hat sich nicht bewährt. Und gerade die "Fibelmethode" (ich nenne sie jetzt mal so, weil das jeder versteht) wird mit einer sehr großen Vielzahl an unterschiedlichen Materialien, die auch z.T. aus anderen Methoden stammen durchgeführt und ergänzt, es wird auch hier u.a. mit Anlauttabellen gearbeitet, die allgemein der verwerflichen "Lesen durch Schreiben-Methode" zugeordnet werden.

Die Studie testete also nur sehr wenige Viertklässler bezüglich ihrer Rechtschreibfähigkeit. Länger wurde sie nicht durchgeführt. In wieweit Klassengrößen und allgemeine Kompetenz und Bedingungen der Lehrkräfte berücksichtigt wurden, dazu fand ich keine aussagekräftigen Hinweise.

Dazu kommt: Die Studie ist von einem Doktoranden erstellt worden, der, zumindest Mitte Oktober letzten Jahres, als das so hochgekocht wurde, sie noch gar nicht richtig veröffentlicht hatte. Ich weiß gar nicht, ob er seine Arbeit jetzt endlich fertig und endgültig vorgestellt hat.

Was daraus gemacht wird, finde ich sehr unseriös und entbehrt auch jeder Grundlage.

Wie schon gesagt, ich favorisiere gar keine der genannten Methoden, sondern bin überzeugt, dass eine Kombination aus verschiedenen Ansätzen in qualifizierten, differenzierenden Unterricht der bestmögliche Weg ist, abgesehen davon, dass alle Kinder und Lehrkräfte davon profitieren, wenn ihnen gute Bedingungen für ihre wichtige Arbeit geschaffen werden (Klassengrößen, Klassenzusammensetzungen, sozialpädagogische und weitere Unterstützung usw.).

Das musste ich noch mal loswerden. Es wird einfach so viel unausgegorener Mist geschrieben, und das plappern dann viele nach.

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Korrektur: mit knapp 300 Kindern statt 250

Antwort von Schniesenase am 13.01.2019, 0:11 Uhr

s.o.

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Re: Pamphlet

Antwort von niccolleen am 13.01.2019, 21:47 Uhr

Liebe Sileick,

wow, danke fuer den langen Text und die netten Schlussworte!

Ok, bei einigen Anmerkungen hab ich dich offenbar nicht richtig verstanden, und ja, natuerlich bin ich genau deiner Meinung, dass Kinder verschieden sind, Menschen verschieden sind und unterschiedliche Denkweisen innehaben. Entsprechend gibt es nciht eine richtige und eine falsche Methode. Man versucht ja meistens nach der beruehmten "Norm" zu gehen, also dem Grossteil, und ja, bei meinen Kindern sehe ich natuerlich auch, dass die verschiedenen Gegenstaende mit Uebungen aus ganz verschiedenen Richtungen gelehrt udn geuebt werden.

Und um Gottes Willen, ich bin ein dezidierter Gegner der fruehkindlichen Verschulung und das Vorziehen der sogenannten wirtschaftlichen Faecher um Jahre, anstatt den Kindern Raum und Zeit fuer viel wichtigere Facetten der Entwicklung im fruehen Alter zu lassen.
Aber wahrscheinlich hast du damit auch nicht mit konkret gemeint.

Ja es gibt in Oesterreich eine HOchsprache und besonders durch die Berge sehr viele regionale Dialekte. Ich bin aus einem Gebiet in Wien, in dem nur Hochsprache gesprochen wird. Am Land ist das teilweise sehr viel extremer und hat im Laufe der Jahrzehnte zu viel Kontroverse gefuehrt. Jahrzehntelang mussten Kinder in der Schule mehr oder weniger ihrer Muttersprache abschwoeren und nur Hochsprache sprechen und lernen, und Dialekt galt als nicht salonfaehig, besonders in der Oeffentlichkeit, bei Praesentationen, etc. Gottseidank hat sich das geaendert und inzwischen wird die Regionalsprache sogar sehr unterstuetzt. Hochsprache wird natuelrich auch gelehrt, wie im Schweizerischen, weil das ja die Schriftsprache ist. Wobei wie gesagt, viele der Laute bei uns anders ausgesprochen werden. Lustig, dass du das Beispiel mit -er am Schluss bringst. Die oestereichische Variante ist das -a als Aussprachevokal. Wobei hier auch viel -erl gebildet wird, aehnlich dem schweizerischen -li, denke ich, auch wenn es sich nicht um eine Kleinversion handelt. Zum Beispiel heisst es bei uns das Einkaufswagerl, und dabei geht es nicht um eine Kinderversion. Aber jetzt schweife ich schon sehr vom Thema ab.

" Ich sehe das Problem mehr darin, dass durch zu spätes Verbessern und Regelverstehen dem Gehirn signalisiert wird, dass es egal ist, wie ein Wort aussieht. Dieses Phänomen hat sich nach meiner Erfahrung sehr verstärkt, seit es SMS und Whatsapp & Co gibt, da die Menschen immer nachlässiger werden, was das korrekte Schreiben angeht. "

Interessanter Aspekt.
Also zu zweiteren kann ich nur leidvoll mit dem Kopf nicken, sogar in unserem staatlichen Nachrichtensender ist es ein Graus, was sich da oft grammatikalisch und orthographisch tut.. Aber mir ist der Zusammenhang mit dem spaeten Regelverstehen und Verbessern nicht ganz klar. Oder beziehst du dich hier doch noch auf die Methode "Schreiben nach Gehoer"?

lg
niki

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@ niki

Antwort von Schniesenase am 13.01.2019, 23:21 Uhr

Danke für Deine interessanten Ausführungen! Nein, Du warst natürlich nicht gemeint. ;-)

Zur Frage: Auch wer heutzutage nach der systematische Fibelmethode lehrt, korrigiert normalerweise nicht vom ersten Wort an - Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber man kann damit eben nicht allzu lange warten, und die systematische Fibelmethode hat, was das angeht, den Vorteil, dass die Kinder zu Beginn durch die Begrenzung der zur Verfügung stehenden Buchstaben (Es wird einer nach dem anderen eingeführt und umfangreich geübt.) nur kurze, übersichtliche Wörter schreiben, die auch intensiv im Material gelesen, gesprochen und wiederholt werden, ein Wortbild kann hier schon leichter entstehen und gespeichert werden. Beispiel: Erste Buchstaben sind M A I L O F U N G R E: Über mehrere Wochen/Monate gibt es nur Wörter, die daraus bestehen: Mo mag Fu. Mama malt Fara. Mo mag Regen. Usw. Das ist natürlich überschaubar und gut merkbar. Eine Woche - ein Buchstabe bzw. Graphem und Übungen mit Wörtern, die nur aus den bisher gelernten Buchstaben bestehen. Das sitzt dann ziemlich gut, und Lernwörter werden gleich zu Beginn gelernt bzw. als Wortbild aufgenommen. Für viele Schüler ist das sicher ein sehr guter Weg. Es gibt aber Schüler, die das wahnsinnig macht und sehr im Fortkommen hemmt bzw. andere, die dafür noch viel länger Zeit bräuchten. Das geht hier schlecht, denn die Einführung passiert doch eher frontal mit allen - und kann durchaus richtig viel Spaß machen (Tafeltheater usw.). Ich finde es schwer, das korrekt differenziert hinzubekommen und kenne eigentlich niemanden, dem das in einer Klasse mit +/- 25 Kindern wirklich gelingt. Klar, die Übung geht differenziert, aber was machst Du, wenn einer schon weiter will? Genau! Du drückst ihm eine Anlauttabelle in die Hand und zeigst ihm, wie er damit umgehen muss. :-)

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Schniesenase am 13.01.2019, 23:34 Uhr

Spätes Regelverstehen:

Wenn ich nur Fu Fara, Mo, Mara, Mama usw. kenne, brauche ich noch keine Regeln.

Wenn ich aber "Papa baut mit mia (mir) eine Eisnbahn mit Damflok." oder "Miriam sak Lulu kom spil müt mia." schreiben will, wird es zu komplex für Rechtschreibregeln. Das KANN ich nicht alles korrigieren, ohne die ganze Mühe des Kindes zu über den Haufen zu werfen. Hier geht es darum, altersgemäße Fragen, Erlebnisse usw. zu verschriftlichen. Ich muss die "Fehler" erst mal aushalten und Lernwörter anders aufbauen. Regeln kommen, wenn das Kind sicherer datin wird, Laute richtig zu codieren und Sicherheit auch mit den verschiedenen Formen (auch motorisch) hat.

Bei der anderen Methode sind die "Texte" auf Kleinkindniveau. Die Kindrr brauchen sehr lange, um "richtige" Texte zu schreiben, die sie auch interessieren. Regeln kommen darum naturgemäß spät. Sie werden vorher schlicht noch nicht gebraucht. Also an vielen Stellen ziemlich genial. Für begabte Kinder aber eben auch sehr dämpfend, langweilig.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Zwerg1511 am 14.01.2019, 13:24 Uhr

Also uns erklärte es die Klassenlehrerin (die im übrigen ein Jahr vor der Rente stand und sicher schon unzählige Methoden hinter sich hatte) so:

Kinder lernen nach Gehör schreiben, so wie sie nach Gehör sprechen lernen. Auch hier freut man sich über jedes Wort, welches gesprochen wird, mag es auch noch so kryptisch klingen. Mit der Zeit sagt man seinen Kindern einfach die richtige Ausdrucksweise.

Kind sagt: die Haus
Eltern wiederholen ohne viel Aufhebens: das Haus

Genauso wurde es bei uns beim Schreiben gemacht. Die Lehrerin gab uns den Tipp, das Kind zu loben und dann anzumerken, dass man das Wort in der Erwachsenensprache "so und so" schreibt. Das haben wir gemacht. Nach kurzer Zeit kam mein Sohn und fragte, wie man das in der Erwachsenensprache schreibt. Ab der 2. Klassen wurde dann bei uns auch in der Schule auf Rechtschreibung geachtet.

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von Schniesenase am 15.01.2019, 20:28 Uhr

Das ist eine tolle Erklärung! Die merke ich mir! :-)

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Re: An die Lehrerinnen unter euch

Antwort von platschi am 18.01.2019, 15:44 Uhr

Wie alles, hat auch Schreiben nach Gehör seine Vor- und Nachteile. Vor allem kommt es auch darauf an, wie man es auslegt. Eine Freundin aus Studienzeiten erzählte mir, dass Sie mal einen Schulleiter hatte, der verboten hat, dass in der ersten Klasse die Schreibleistungen in irgendeiner Weise korrigiert werden. Da frage ich mich dann natürlich auch, wie die Kinder richtiges Schreiben lernen sollen.
Ich selbst habe ein Jahr lang auch nach dieser Methode unterrichten müssen, da ich eine Klasse übernommen hatte, wo die nullte Elternversammlung gelaufen war und die Eltern schon die Materiallisten hatten. Aber ich habe von Anfang an immer korrigiert. Natürlich habe ich die Kinder vorher für ihre Schreibversuche gelobt auch dann erklärt warum etwas falsch war. Die meisten von ihnen haben schnell richtig Schreiben gelernt. Vom Lesen will ich mal garnicht reden, denn im Vergleich zu anderen Klassen die mit der Fibel und entsprechenden Materialien von mir an den Schriftspracherwerb herangeführt wurden und werden, war diese Klasse sehr schnell und hat bereits kleine Texte gelesen, wo andere Kinder sich noch mit Sätzen abmühen. Natürlich gibt es immer wieder Kinder, denen es besonders schwer fällt. Solche hatte ich in dieser Klasse auch, aber das hat meist nichts mit der Methode zu tun, sondern mit den individuellen Voraussetzungen jedes Kindes.
Von daher denke ich, man sollte nicht die Methode an sich verteufeln, sondern eher die Art und Weise, wie ihre Umsetzung ausgelegt wird.

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