Februar 2018 Mamis

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Geschrieben von Glaseule am 09.11.2017, 1:27 Uhr

Ich möchte mich endlich freuen können

Vielen lieben Dank Euch! Ein Gespräch mit der Hebamme wäre wahrscheinlich wirklich nicht schlecht. Allerdings habe ich mir meine Hebamme an unserem neuen Wohnort gesucht und kenne sie immer noch nicht persönlich, weil sie immer unterwegs war, wenn wir in den letzten Monaten mal dort waren. Begegnen werde ich ihr vermutlich zum ersten Mal im Januar, nach unserem Umzug und den ganzen Feiertagen.

Meinem Mann habe ich das mit der Hölle gerade vor ein paar Tagen mal erzählt. Er meinte erst, dass es schon anstrengend sei, aber soo schlimm ja nun auch nicht. Das hat mich voll umgehauen, da fing die Erinnerungsflut erst so richtig an, ich stand für die nächsten 24 Stunden total neben mir. Hab ich ihm auch erzählt. Er meinte, er fände ja eine Therapie zur Aufarbeitung gut. Hab ich auch schon versucht (also bevor wir jetzt nochmal drüber gesprochen haben), hat aber bisher nicht so richtig geholfen.

Vieles vom ersten Mal wird sich hoffentlich nicht so wiederholen. Ich schaffe es nur leider nicht, mich davon freizumachen. Und es ist so ein Berg an Kleinigkeiten, die jede für sich wahrscheinlich gut aushaltbar gewesen wären, aber mich in der Masse einfach überfordert haben. Dazu vermute ich (ist nie offiziell diagnostiziert worden), dass ich durch eine posttraumatische Belastungsreaktion nach der Entbindung und eine postpartale Depression einfach noch labiler war als normal und es halt dann noch mehr reingehauen hat.

Neben diesem psychisch ohnehin schon eher schlechten Zustand habe ich mich einfach körperlich über Monate so unendlich elend gefühlt, sicher zum Teil durch die lange unerkannte Streptokokkeninfektion in der Brust, die mir ja wochenlang mörderische Schmerzen beim Stillen bereitet hat und durch die ich mich auch so einfach krank und schwach und schwindelig gefühlt habe. Die ständige Angst, dass das Kind aufwachen und wieder trinken wollen könnte (weil es halt so weh tat und auch durch die Ansaug- und Trinkprobleme enorm nervenaufreibend war). Dann durch das ausgerenkte Iliosakralgelenk, durch das ich mich fast ein Jahr lang nur unter Schmerzen bewegen und oft kaum auftreten konnte. Die wöchentlich ein bis zwei Milchstaus und/oder Brustentzündungen während der ersten fünf Monate. Die Tage, an denen ich da schmerzfrei und nicht mit der Behandlung der Brust beschäftigt und nicht von Krankheitsgefühl eben durch beginnende Brustentzündungen geplättet war, waren deutlich in der Unterzahl.
Die bescheuerten Hormone, die mich daran gehindert haben, das blöde Stillen einfach sein zu lassen, als es noch ging und meine Tochter das Fläschchen noch nicht verweigert hat. Die Folgen des Kaiserschnitts (u. a. auch hier sehr starke Schmerzen). Die Sorgen um meine Tochter, die anfangs sehr schwach war und v. a. große Probleme bei der Nahrungsaufnahme hatte. Diese ständige, furchtbare Erschöpfung, der Schlafentzug, das stressanfällige, sehr sensible und durch ausgeprägte Blockaden vermutlich selbst schmerzgeplagte Baby. Die nervenzerfetzenden (und schmerzhaften!) wochenlangen massiven Ansaugprobleme beim Stillen (im Schnitt je 50 Fehlversuche, bevor das Ansaugen einmal geklappt hat. Jedes einzelne Mal. Auch nach jedem kurzen Abdocken während der Stillmahlzeit).

Dazu die Ratlosigkeit, weil meine Suche nach Hilfe immer wieder ins Leere lief, sei es

- bei der Brustinfektion ("Es ist normal, dass das Stillen anfangs wehtut. Sie sind/du bist halt einfach besonders empfindlich". War ich nicht; nach zwei Tagen Antibiotikum waren die Schmerzen am Ende weg. Hebamme: "Nein, eine Brustinfektion wirst Du wohl nicht haben, das ist so selten, danach brauchen wir gar nicht zu schauen, aber das allgemeine Krankheitsgefühl macht mir Sorgen, geh mal zum Hausarzt." Hausarzt: "Naja, momentan sind ja alle erkältet, da werden Sie wohl einen Infekt haben, da brauchen wir gar nicht weiter zu schauen"),

- bei den Rücken- und Fußschmerzen ("Nein, da machen wir nichts. Es ist normal, Rückenschmerzen zu haben, wenn man ein Baby hat." Erst nach einem Jahr bekam ich von anderer Seite den Hinweis, dass es am Iliosakralgelenk liegen könne und dass man das wieder einrenken könnte. Nach fünf Minuten Behandlung war ich schmerzfrei, konnte wieder aufrecht laufen und normal auftreten),

- bei den sich langsam abzeichnenden Trinkproblemen unserer Tochter ("Die will nur gestillt werden. Wenn sie genug Durst hat, wird sie schon auch was anderes trinken" Nein, konnte sie nicht. Sie hat von der Bewegungsplanung her nichts anderes als das gewohnte Stillen hinbekommen, nachdem sie es mal raus hatte).

- bei den motorischen Auffälligkeiten unserer Tochter (Kinderarzt mit Schwerpunkt Neuropädiatrie (!), nachdem ich zigmal um eine Abklärung gebettelt hatte: "Gut, wenn Sie unbedingt wollen, gebe ich Ihnen eine Physio-Verordnung zur Abklärung. Aber ich sage Ihnen, das ist medizinisch NICHT notwendig". Physiotherapeutin: "Sie hätten viel früher kommen müssen. Hat Ihnen denn keiner gesagt, dass Sie das mal abklären lassen sollten?")

Das sind nur einige Beispiele.
Alternativ gab es noch Leute wie eine LLL-Stillberaterin, die ich anfangs wegen der Schmerzen kontaktiert hatte. Sie konnte mir zwar nicht weiterhelfen, rief mich aber alle paar Tage an, "um mal zu hören, wie es mir jetzt mit dem Stillen geht" und mich unter Druck zu setzen: "Ich möchte Ihnen nur nochmal sagen, dass es GRAVIERENDE Folgen für Ihr Kind hätte, wenn Sie jetzt abstillen würden. Das soll ich Ihnen auch von einer Kollegin ausrichten, mit der ich über den Fall gesprochen habe". Wie die gravierenden Folgen ausgesehen hätten, hat sie übrigens nie ausgeführt.

Ich hab mich neben dem ganzen körperlichen und psychischen Mist auch einfach so hilflos gefühlt, weil mir von zig Seiten vermittelt wurde, dass es doch einfach gar keine echten Probleme gibt und ich mich einfach nur anstelle und vielleicht ein bisschen zu doof bin. Ich war allen Ernstes mehrfach kurz davor, beim Jugendamt anzurufen und darum zu bitten, dass sie mein Kind in Obhut nehmen, weil ich ja offensichtlich nicht in der Lage war, mich so um es zu kümmern, dass es genug Nahrung aufnahm, diese anständig verdaute, schlief, von selbst die motorischen Meilensteine erreichte, obwohl doch "alles normal" war.

Die Baby-Kuschelzeit fand darüber hinaus nicht nur durch den ganzen Stress mit den genannten Problemen kaum statt, sondern auch, weil erstens das Baby kaum kuscheln mochte (ich nehme an, dass sie Schmerzen hatte; richtig angefangen zu kuscheln hat sie erst, nachdem ihr mit anderthalb Jahren diverse Stellen am Rücken eingerenkt worden waren) und sich zweitens mit der Zeit herausgestellt hat, dass meine Brust so druckempfindlich war, dass schon das anliegende Tragetuch oder der an meiner Brust ruhende Babykopf zuverlässig den nächsten Milchstau ausgelöst hat. Das habe ich aber erst herausgefunden, als Abstillen nicht mehr ging, weil die Kleine alles andere konsequent verweigert hat.

Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, erinnere ich mich nur noch an Schmerzen, Ratlosigkeit, Hilflosigkeit und Verzweiflung. Ich weiß noch, dass die Hebamme im GVK uns vorgewarnt hatte, wir würden sicher die größten Glücksgefühle erleben, wenn wir neben der Wiege stehen und unser Kind anschauen, aber wir müssten uns klarmachen, dass Erschöpfung genauso dazugehöre und wir auch an unsere Grenzen stoßen würden. Ich hab mich immer gefragt, wann denn mal wenigstens ein Anflug von diesem Glücksgefühl käme. Kam aber nie.

Puh, das ist jetzt lang geworden. Und dabei immer noch nur ein Ausschnitt. Aber ich wusste einfach gar nicht, wo ich anfangen und wo aufhören sollte bei der Frage danach, was ich so schlimm fand.

 
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