Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Feelix am 18.11.2007, 21:05 Uhr

@Oma

Liebe „Oma“!

Schön, Dich kennengelernt zu haben. Abgesehen davon, daß Du ein wandelndes Zitatenlexikon zu sein scheinst („Man kann das Leben nur rückwärts verstehen. Leben muss man es vorwärts.“ ist übrigens eines, das mir ausgesprochen gut gefällt … magst Du mir den Urheber nennen? Ich hab’ ihn mal gewußt und leider vergessen ;-), tut Deine Anwesenheit in diesem Forum gut. Mit Sicherheit kann ich das natürlich nur von mir sagen, mutmaßlich aber nicht nur von mir ;-)

Nur hoffe ich zugleich ein wenig, liebe „Oma“, Du bist gerade nicht dabei, hier zur Erziehungsforums-Kultfigur hochgejazzt und als solche vereinnahmt zu werden. Wenn Du mich fragst: nicht das Beste, was Dir passieren könnte ;-) Ich weiß nicht, ob ich richtig liege, aber nach meiner Beobachtung sind Kultfiguren meist eher in der Bring- als in der Holschuld, und da stell’ ich mir die persönliche Ausbeute irgendwie geringer vor … arme Kultfigur, denke ich dann gerne ;-)
Eigentlich schnurz, "Oma", egal … nicht so wichtig, es fiel mir nur so ein und ich wollt’s Dir gerne sagen, vielleicht: damit wir beide das klar haben, und ich Dich auch in Zukunft einfach spannend finden darf und nicht „kultig“ finden muß ;-)

Ansonsten: es macht mir ungeheuer Spaß, Deine Schilderungen und Beschreibungen von „damals“ zu lesen. Ich bin so schön entspannt dabei … und möcht’ fast sagen: „Wir“ (gedacht als Mütter-„Wir“ in diesem Erziehungsforum) können dabei so nett entspannen. Interessante Sache, eigentlich … Ich vermute, es liegt zum einen an der unambitiösen Art, in der Du es erzählst, aber vielleicht auch an dem Hintergrund, vor dem Du es erzählst. Was meinst Du? Hat es etwas vielleicht mit dem zu tun, was man Zeitenthobenheit nennen könnte?

Durch sie bist Du hier in diesem Erziehungsforum/Erziehungs-„Sparring“ gewissermaßen außer Konkurrenz. Du willst hier nix - nicht von uns und nichts für uns und schon gar nichts gegen uns. Du hast Deinen Job sozusagen schon erledigt :-) Und offenbar nicht schlecht erledigt, wie hier nicht wenige meinen, anerkennend beurteilen zu können. Weil das, was Du uns vom Leben Deines Sohnes als Deinen Sohn und als der Vater seiner eigenen Kinder (quasi als „Verlängerung“ Deiner Erziehungsvorstellungen) erzählst, gut und stimmig klingt. Die Beschreibung Deines Sohnes hat was von einem (mehr oder weniger … wer weiß das schon genau? Schließlich kommt Dein Sohn hier ja nicht zu Wort ;-) geglückten und glücklichen Leben. Und wer von uns Müttern in diesem Forum wollte nicht genau das? Unsere Kinder in eine glückliches Leben begleiten/führen/hineinorientieren/beim Sowieso-irgendwie-auch-von-alleine-Hineingleiten in ein glückliches Leben zusehen -- wie immer die Erziehungsansätze umschrieben werden wollen …

Aber ich schweife ab ... reiß’ mich jetzt zusammen und komme zu meiner eigentlichen „ersten Frage“ - bei der ich sehr hoffe, daß Du in ihr ein ehrlichgemeintes Interesse und keinen persönlichen Angriff witterst ;-)

Wenn ich Deine Rückschau lese, lese ich einen gewissen Anspruch von Dir heraus, nämlich den: „bewußt gegen den Strom geschwommen!“ zu sein. Es ist Dein privates Gefühl, Deine Wahrnahme, wenn Du an Deine Mutterposition von „damals“ denkst. Sie ist also solche nicht kritisierbar (wie es Wahrnehmungen, Gefühle nie (!!) sind). Und ich will sie Dir auch nicht nehmen.

Trotzdem bleibt bei mir eine Ungereimtheit … Du schriebst: 1977ff. sei die für Dich als Mutter relevante Zeitspanne. Liege ich falsch, wenn ich sage: es war dies (auch) die Zeit, in der Erziehungsstile wie „antiautoritär“ oder „selbstregulativ“

(im Sinne Neills … dessen „Summerhill“-Buch ich übrigens zufällig (die Umstände, unter denen ich als Kind an Bücher kam, waren meist eher unorthodox und hatten selten mit meiner Mutter zu tun) als etwa 10-Jährige las. Und ich war bei der Lektüre bis ins Mark getroffen, weil alles, was dort beschrieben stand, Galaxien von dem entfernt war, was ich täglich erlebte … es war mein dreitägiges Paradies sozusagen. :-) Am besten gefielen mir als Kind übrigens jene Passagen, in denen Neill beschreibt, wie ständig irgendwelche Kinder auf seinem Schreibtisch (Wow!) saßen, um mit ihm zu diskutieren (Doppel-Wow!) )

etc. gewissermaßen in der Luft lagen und mithin eine Zeit, in der jene „neue“ Ideologie in einer Art Politisierung der privaten Lebensumstände zum Ausdruck kam, was dann in gesellschaftlichen Neukonstrukten wie „Kinderläden“ (vs. konfessionelle Kindergärten) oder Hausgemeinschaften, in denen mehrere Familien nach „antiautoritären“ Erziehungsidealen zusammenlebten (vs. partriarchale Familientraditionen), seine äußere Gestalt fand?

Mein erster Reflex also, als ich Deine Rückschau las, war eher ein irritiertes: „Nanu?! Wieso empfand sich ‚Oma’ denn als so ungeheuer mutig, wo ihr doch eine ganze ‚Bewegung’ zur Seite stand?! Oder lebte ‚Oma’ mit 21 irgendwo auf’m hinterletzten Dorf, wohin die Parolen und Symbole der ‚neuen Zeit’ halt noch nicht vorgedrungen waren?! … Wobei: schließlich kam ‚Oma’ an so zeitgeisttypische Bücher wie das von Neill … doch sicher nicht auf konspirativen Wegen, sondern eher über die Auslage einer öffentlichen Buchhandlung? Oder auf Empfehlung? … ?!?“

Erkennst Du den Widerspruch? - und magst Du mir helfen, ihn zu aufzulösen?

(Jetzt wo ich dies schreibe, fällt mir ein … vielleicht steht dahinter ja eher die viel grundsätzlichere Frage: Was meint es eigentlich, wenn man von „den 68ern“ spricht? Als einer Zeit der „Befreiung“: Befreiung der Sexualität, - der Kindheit - von geschlechtsspezifischen Zuschreibungen - in hierarchischen Ordnungssystemen - in akademischen Zirkeln - von patriarchalen Familienstrukturen … usw.

Bedeutet die Etikettierung eines Zeitgeistes schon automatisch die konkrete Beschreibung damaligen Lebens? Gab es überhaupt eine solche zusammenhängende Bewegung/Ideologie? Im aktuellen „Spiegel“ steht dazu im übrigen manch Nachdenkenswertes. Z.B.: „Die 68er […] waren autoritär, antiautoritär […] karrieregeil, hedonistisch, kinderfeindlich, kinderfreundlich […] staatsgläubig, anarchistisch; sie waren alles und nichts, und das gleichzeitig. […] Erst im Rückblick wurden sie zu einer einheitlichen Bewegung. Die Macht der 68er ist eine Projektion in den Köpfen ihrer Kritiker, die eingebildete Herrschaft einer Kaste von Gleichgesinnten.“

Hast Du Gedanken auch zu dieser Frage? Ich weiß, sie hat strenggenommen nichts mehr unter den Themenstellungen dieses Erziehungsforums zu suchen (mal sehen, wann erste Proteste kommen ;-) und ist sicher ein wenig abseitig, aber für mich persönlich – und da ich ja gerade eine 1956-Geborene an der Angel habe ;-) – hochspannend.)


… Meine „zweite Frage“, die Dein Rückschau-Posting während des Lesens bei mir aufwarf -- merke ich gerade aus Zeit- und Textumfanggründen -- stelle ich Dir besser ein andermal … natürlich nur, wenn Du noch Lust auf weitere Fragen hast :-)

Liebe Grüße, Feelix

p.s.: Übrigens angenehm, daß ich mich bei Dir nicht wirklich für die Länge meines Postings entschuldigen muß, Du ziehst locker gleich, "Oma" ;-). Man könnte auch sagen: wir „geschehen uns recht“ :-))

pp.s.: Danke auch für Deine geduldige und liebevolle Einweisung ins Musizieren per Explorer!

 
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