Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Feelix am 18.11.2007, 21:05 Uhr

@Oma

Liebe „Oma“!

Schön, Dich kennengelernt zu haben. Abgesehen davon, daß Du ein wandelndes Zitatenlexikon zu sein scheinst („Man kann das Leben nur rückwärts verstehen. Leben muss man es vorwärts.“ ist übrigens eines, das mir ausgesprochen gut gefällt … magst Du mir den Urheber nennen? Ich hab’ ihn mal gewußt und leider vergessen ;-), tut Deine Anwesenheit in diesem Forum gut. Mit Sicherheit kann ich das natürlich nur von mir sagen, mutmaßlich aber nicht nur von mir ;-)

Nur hoffe ich zugleich ein wenig, liebe „Oma“, Du bist gerade nicht dabei, hier zur Erziehungsforums-Kultfigur hochgejazzt und als solche vereinnahmt zu werden. Wenn Du mich fragst: nicht das Beste, was Dir passieren könnte ;-) Ich weiß nicht, ob ich richtig liege, aber nach meiner Beobachtung sind Kultfiguren meist eher in der Bring- als in der Holschuld, und da stell’ ich mir die persönliche Ausbeute irgendwie geringer vor … arme Kultfigur, denke ich dann gerne ;-)
Eigentlich schnurz, "Oma", egal … nicht so wichtig, es fiel mir nur so ein und ich wollt’s Dir gerne sagen, vielleicht: damit wir beide das klar haben, und ich Dich auch in Zukunft einfach spannend finden darf und nicht „kultig“ finden muß ;-)

Ansonsten: es macht mir ungeheuer Spaß, Deine Schilderungen und Beschreibungen von „damals“ zu lesen. Ich bin so schön entspannt dabei … und möcht’ fast sagen: „Wir“ (gedacht als Mütter-„Wir“ in diesem Erziehungsforum) können dabei so nett entspannen. Interessante Sache, eigentlich … Ich vermute, es liegt zum einen an der unambitiösen Art, in der Du es erzählst, aber vielleicht auch an dem Hintergrund, vor dem Du es erzählst. Was meinst Du? Hat es etwas vielleicht mit dem zu tun, was man Zeitenthobenheit nennen könnte?

Durch sie bist Du hier in diesem Erziehungsforum/Erziehungs-„Sparring“ gewissermaßen außer Konkurrenz. Du willst hier nix - nicht von uns und nichts für uns und schon gar nichts gegen uns. Du hast Deinen Job sozusagen schon erledigt :-) Und offenbar nicht schlecht erledigt, wie hier nicht wenige meinen, anerkennend beurteilen zu können. Weil das, was Du uns vom Leben Deines Sohnes als Deinen Sohn und als der Vater seiner eigenen Kinder (quasi als „Verlängerung“ Deiner Erziehungsvorstellungen) erzählst, gut und stimmig klingt. Die Beschreibung Deines Sohnes hat was von einem (mehr oder weniger … wer weiß das schon genau? Schließlich kommt Dein Sohn hier ja nicht zu Wort ;-) geglückten und glücklichen Leben. Und wer von uns Müttern in diesem Forum wollte nicht genau das? Unsere Kinder in eine glückliches Leben begleiten/führen/hineinorientieren/beim Sowieso-irgendwie-auch-von-alleine-Hineingleiten in ein glückliches Leben zusehen -- wie immer die Erziehungsansätze umschrieben werden wollen …

Aber ich schweife ab ... reiß’ mich jetzt zusammen und komme zu meiner eigentlichen „ersten Frage“ - bei der ich sehr hoffe, daß Du in ihr ein ehrlichgemeintes Interesse und keinen persönlichen Angriff witterst ;-)

Wenn ich Deine Rückschau lese, lese ich einen gewissen Anspruch von Dir heraus, nämlich den: „bewußt gegen den Strom geschwommen!“ zu sein. Es ist Dein privates Gefühl, Deine Wahrnahme, wenn Du an Deine Mutterposition von „damals“ denkst. Sie ist also solche nicht kritisierbar (wie es Wahrnehmungen, Gefühle nie (!!) sind). Und ich will sie Dir auch nicht nehmen.

Trotzdem bleibt bei mir eine Ungereimtheit … Du schriebst: 1977ff. sei die für Dich als Mutter relevante Zeitspanne. Liege ich falsch, wenn ich sage: es war dies (auch) die Zeit, in der Erziehungsstile wie „antiautoritär“ oder „selbstregulativ“

(im Sinne Neills … dessen „Summerhill“-Buch ich übrigens zufällig (die Umstände, unter denen ich als Kind an Bücher kam, waren meist eher unorthodox und hatten selten mit meiner Mutter zu tun) als etwa 10-Jährige las. Und ich war bei der Lektüre bis ins Mark getroffen, weil alles, was dort beschrieben stand, Galaxien von dem entfernt war, was ich täglich erlebte … es war mein dreitägiges Paradies sozusagen. :-) Am besten gefielen mir als Kind übrigens jene Passagen, in denen Neill beschreibt, wie ständig irgendwelche Kinder auf seinem Schreibtisch (Wow!) saßen, um mit ihm zu diskutieren (Doppel-Wow!) )

etc. gewissermaßen in der Luft lagen und mithin eine Zeit, in der jene „neue“ Ideologie in einer Art Politisierung der privaten Lebensumstände zum Ausdruck kam, was dann in gesellschaftlichen Neukonstrukten wie „Kinderläden“ (vs. konfessionelle Kindergärten) oder Hausgemeinschaften, in denen mehrere Familien nach „antiautoritären“ Erziehungsidealen zusammenlebten (vs. partriarchale Familientraditionen), seine äußere Gestalt fand?

Mein erster Reflex also, als ich Deine Rückschau las, war eher ein irritiertes: „Nanu?! Wieso empfand sich ‚Oma’ denn als so ungeheuer mutig, wo ihr doch eine ganze ‚Bewegung’ zur Seite stand?! Oder lebte ‚Oma’ mit 21 irgendwo auf’m hinterletzten Dorf, wohin die Parolen und Symbole der ‚neuen Zeit’ halt noch nicht vorgedrungen waren?! … Wobei: schließlich kam ‚Oma’ an so zeitgeisttypische Bücher wie das von Neill … doch sicher nicht auf konspirativen Wegen, sondern eher über die Auslage einer öffentlichen Buchhandlung? Oder auf Empfehlung? … ?!?“

Erkennst Du den Widerspruch? - und magst Du mir helfen, ihn zu aufzulösen?

(Jetzt wo ich dies schreibe, fällt mir ein … vielleicht steht dahinter ja eher die viel grundsätzlichere Frage: Was meint es eigentlich, wenn man von „den 68ern“ spricht? Als einer Zeit der „Befreiung“: Befreiung der Sexualität, - der Kindheit - von geschlechtsspezifischen Zuschreibungen - in hierarchischen Ordnungssystemen - in akademischen Zirkeln - von patriarchalen Familienstrukturen … usw.

Bedeutet die Etikettierung eines Zeitgeistes schon automatisch die konkrete Beschreibung damaligen Lebens? Gab es überhaupt eine solche zusammenhängende Bewegung/Ideologie? Im aktuellen „Spiegel“ steht dazu im übrigen manch Nachdenkenswertes. Z.B.: „Die 68er […] waren autoritär, antiautoritär […] karrieregeil, hedonistisch, kinderfeindlich, kinderfreundlich […] staatsgläubig, anarchistisch; sie waren alles und nichts, und das gleichzeitig. […] Erst im Rückblick wurden sie zu einer einheitlichen Bewegung. Die Macht der 68er ist eine Projektion in den Köpfen ihrer Kritiker, die eingebildete Herrschaft einer Kaste von Gleichgesinnten.“

Hast Du Gedanken auch zu dieser Frage? Ich weiß, sie hat strenggenommen nichts mehr unter den Themenstellungen dieses Erziehungsforums zu suchen (mal sehen, wann erste Proteste kommen ;-) und ist sicher ein wenig abseitig, aber für mich persönlich – und da ich ja gerade eine 1956-Geborene an der Angel habe ;-) – hochspannend.)


… Meine „zweite Frage“, die Dein Rückschau-Posting während des Lesens bei mir aufwarf -- merke ich gerade aus Zeit- und Textumfanggründen -- stelle ich Dir besser ein andermal … natürlich nur, wenn Du noch Lust auf weitere Fragen hast :-)

Liebe Grüße, Feelix

p.s.: Übrigens angenehm, daß ich mich bei Dir nicht wirklich für die Länge meines Postings entschuldigen muß, Du ziehst locker gleich, "Oma" ;-). Man könnte auch sagen: wir „geschehen uns recht“ :-))

pp.s.: Danke auch für Deine geduldige und liebevolle Einweisung ins Musizieren per Explorer!

 
15 Antworten:

Re: @Feelix

Antwort von Oma am 18.11.2007, 23:11 Uhr

Zuerst mal bin und werde ich keine regelmäßige Userin in diesem Forum. Ich lese zwar oft, aber geschrieben hab ich – soweit ich mich erinnere – hier vorher noch nicht.

Wie sich unschwer erraten lässt, bin ich im Oma-Forum „zuhause“. ;o)

Das Zitat ist von Sören Kierkegaard. Das wusste ich auch nicht, hab’s aber ergoogelt und bin dabei mal wieder auf eine wunderbare Aphorismen-Sammlung gestoßen, die ich gleich genauer inspizieren muss, ob ich davon noch was „gebrauchen“ kann. Ich sammle seit Jahren Aphorismen, aber die dazugehörigen Namen kann ich mir beim besten Willen nicht merken.

Zum nächsten Punkt: Ja, die Oma lebt tatsächlich in einem Dorf. Und ist da noch nie rausgekommen ;o).

Wie ich ja schrieb, hatte ich keine wirklichen Ansprechpartner, wenn es um Kinder ging. Und auch keine eigene Erfahrung. Wir wohnten damals im Haus der Schwiegereltern. D.h. wir wohnen noch dort, aber meine Schwiegereltern sind leider 1988 und 1989 verstorben. Meine Schwiegereltern waren allerdings schon ziemlich alt. Lass mich rechnen. Ich lernte sie mit 15 kennen, da war die Mama 58 und der Papa 56. Somit waren sie, als mein Sohn geboren wurde, 62 und 60. Unglaublich lieb, aber stockkonservativ und streng katholisch. Und natürlich absolut nicht zu vergleichen mit den heutigen „jungen“ 60-Jährigen! Klar, dass ich mich an ihrem Erziehungsstil nicht orientieren konnte, zumal ich von meinem Mann wusste, dass sie, obwohl sie ihre Kinder liebten, sie nie in den Arm genommen oder gesagt haben, dass sie sie lieb haben.

Mit ca. 17 lernte ich die einzige Schwester meines Mannes kennen (er hatte noch 3 Brüder). Diese Schwester lebte weit weg, nämlich in Berlin. Sie hatte eine damals ca 3,5-Jährige Tochter, die tatsächlich in einen von dir auch erwähnten Kinderladen ging ;o). Meine Schwiegermutter war deswegen in größter Sorge, denn Berlin und vor allem die Kinderläden waren für sie den Inbegriff von Sodom und Gomorrha *ggg*.

Meine Schwägerin hat mir viel erzählt von der dort praktizierten antiautoritären Erziehung. Das Prinzip schien seltsam, aber das Kind war so wunderbar, dass ich mich für dieses Thema zu interessieren begann. Die Kleine war das genau Gegenteil von dem, was ich bis dahin eher am Rande von antiautoritärer Erziehung und ihren Produkten gehört hatte. Sie war ein sehr selbständiges, selbstbewusstes kleines Mädchen, mit dem man sich wunderbar unterhalten konnte. Es gab nichts an ihr, was ich mir anders gewünscht hätte.

Zu der Schwägerin und ihrer Tochter gab es später keinen Kontakt mehr, aber die Saat war gelegt.
Ich hab lange gegrübelt, wie ich an das Buch von A.S. Neill gekommen bin. Aber es ist mir nicht eingefallen. Ich war mein Lebtag ein Bücherwurm und Stammgast im Bücherbus, der damals durch die Dörfer fuhr (das waren noch Zeiten!). Vermutlich bin ich dort auf das Buch gestoßen.

Nein, mir fällt gerade ein, das kann nicht sein, es lag ja ein paar Jahre noch bei mir im Schrank. Hmmm…
Vielleicht wurde ja in der Zeitschrift ELTERN von dem Buch berichtet, ich weiß es wirklich nicht mehr. Damals war es nebenbei gesagt auch nicht so einfach wie heute, wo man mal eben Google aufmacht und eintippt, was man sucht. Ich bin oft mit ellenlangen Wunschlisten in die Leihbücherei gegangen.

Auf jeden Fall deckte sich vieles von dem, was ich bei ihm las, mit den Erzählungen meiner Schwägerin.
Ich hab noch nicht mal mehr so konkrete Erinnerungen an den Inhalt des Buches wie du. Aber ich weiß, dass mich am meisten fasziniert hat, mit wie viel Respekt die Kinder in Summerhill behandelt wurden.

Wahrscheinlich hatte ich noch nicht mal ein wirkliches Erziehungskonzept, sondern nur eine Idee davon. Ist wahrscheinlich wie bei meinem Glauben. Auf dem Papier bin ich katholisch, aber in Wahrheit bin ich Synkretist. Und so hab ich mir wahrscheinlich auch in der Erziehung das zusammengeklaubt, was ich für mich für umsetzbar hielt.
Auf keinen Fall habe ich mich für antiautoritär gehalten, ich kann nämlich sogar sehr autoritär sein. Aber nur ganz, ganz selten musste ich das anwenden. Dann allerdings auch sehr wirkungsvoll.

Mein Grundgedanke war der Respekt vor dem Kind. Die Menschenwürde ist unantastbar. Das gilt auch und vor allem für Kinder, dachte ich.

Und mit all dem, was ich unten beschrieben habe, war ich wirklich ein Exot in unserem Dorf, in unseren Familien und in unserem Freundeskreis. Selbst die jungen Frauen, die ihre Kinder nach mir bekamen, schüttelten nur den Kopf über meine Methoden. Witzig war nur, dass sich immer alle einig waren, wie toll mein Sohn geraten war. Wahrscheinlich dachten sie, er sei es TROTZ meiner Erziehung, nicht DESWEGEN ;o). Oder ihnen war der Widerspruch gar nicht bewusst, dass sie zwar meinen Sohn lobten, meine Erziehung aber kritisierten.

Weißt du, was ich erstaunlich finde? Ich habe mich ja tatsächlich 3 Jahre vor der Geburt meines Sohnes schon mit Erziehungsfragen befasst.
Meine Schwiegertochter dagegen wollte weder heiraten geschweige denn Kinder, bevor sie meinen Sohn kennenlernte.

Sie waren 2 Jahre verheiratet und sich noch gar nicht einig, ob sie Kinder bekommen werden – die Tendenz ging bei Schwiegertochter eher gegen NEIN -, da passierte der „Unfall“, und sie bekamen ihren Sohn. 14 Monate später – diesmal allerdings geplant – die Tochter.

Und obwohl sie sich nie für Kinder interessiert oder sich mit Erziehungsfragen beschäftigt hat, und sie auch noch vom Typ her nichts, aber auch überhaupt nichts mit mir gemeinsam hat, erzieht sie ihre Kinder fast identisch *staun*. Ich habe dafür Anleitung gebraucht, sie macht es anscheinend aus dem Bauch heraus. Es gab übrigens auch keine Gespräche zwischen uns vor oder nach de Geburt der Kinder über Erziehung. Aber da sie die ersten 3 Jahre nach der Geburt des Großen noch bei uns im Haus lebten, hab ich natürlich sehr viel mitbekommen.

Ich sehe es noch vor mir, wie sie die Babies immer auf eine ganz bestimmte Art und Weise hochgenommen hat. Sie hat sie nicht, wie man das sonst sieht, unter den Armen angefasst, sondern irgendwie seitwärts am Körper, und das ganz langsam und vorsichtig. Es hat mich immer sehr berührt, das zu sehen, weil es immer aussah, als entschuldige sie sich bei den Kindern dafür, dass sie so über ihre Lageveränderung bestimmt. Blöd beschrieben, ich weiß nicht, wie ich es sonst erklären soll.

Irgendjemand hatte gefragt, wie ich denn mit den Einmischungen und der Kritik von außen umgegangen wäre. Ich hatte leider vergessen, das zu beantworten. Vielleicht liest sie ja hier noch mal. Also ich hatte nie ein Problem damit. Jede Schwangere weiß, dass ein Berg von unerwünschten Ratschlägen auf sie zukommt. Beim ersten Kind erst recht, und je jünger sie ist, um so mehr.
Ich stand – und stehe noch – auf dem Standpunkt, dass wir in einer Demokratie leben und Meinungsfreiheit haben. Jeder darf also seine Meinung offenbaren. Das gilt sogar für Schwiegermütter ;o). Ich hab nicht das Recht, irgendjemandem den Mund zu verbieten.

Was ich mit den Weisheiten allerdings anfange, liegt doch dann an mir. Meistens hab ich nur unverbindlich gelächelt, das meiste ging ohne Umwege übers Gehirn zum einen Ohr rein und zum anderen raus, aber hin und wieder gab es auch eine Perle dazwischen.
Sehr selten war ich auch mal patzig. Da war mal eine alte Dame auf dem Friedhof, die mich entsetzt ansprach, ob mein damals etwa dreijähriger und sehr großer Sohn etwa noch Windeln trüge. Ihre Tochter sei schon mit 9 Monaten trocken gewesen. Da hab ich nur gesagt: „Ach Gott, das arme Kind!“ und bin weitergegangen. Aber wirklich aufgeregt habe ich mich über so etwas nicht.
Das gab es sicher zu allen Zeiten und wird es immer geben. Und mal ehrlich: Wenn wir alle uns weigern würden, die Erfahrungen und Ratschläge unserer Mitmenschen anzunehmen, säßen wir heute noch auf Bäumen ;o))

Übrigens hatte ich mit meiner Schwiegermama trotz des riesigen Altersunterschiedes wunderbare Gespräche. Auch und gerade über die konfliktbeladenen Themen wie Erziehung oder Religion. Und wir haben beide wechselseitig ganz viel Toleranz voneinander gelernt. Ich vermisse sie heute noch…

Mir ist immer ein Rätsel, wieso junge Mütter sich so einen Kopf machen über die unerbetenen Ratschläge. Am merkwürdigsten finde ich den hier in den Foren schon hundertfach gelesenen Satz „Ich bin schließlich die Mutter!“
Öhm, ja, das impliziert ja dann wohl, dass der Ratgeber Zweifel daran hat, oder? Ich finde das einfach unglaublich albern.

Eben weil sie die Mutter ist und sie (und höchstens noch ihr Mann *ggg*) das Kind erziehen, kann sie doch jeden Spruch an sich abprallen lassen…

Egal, ich schweife mal wieder ab, sorry…

Kinderläden gab es übrigens in unserer näheren und weiteren Umgebung nie. Auch nicht die von dir beschriebenen Hausgemeinschaften.

Und von den revolutionären 68ern hab ich herzlich wenig mitbekommen. Ich war schwer damit beschäftigt, meinen permanent alkoholisierten Eltern aus dem Wege zu gehen. Geld für Unternehmungen war nur insofern ein Thema, als es nicht vorhanden war ;o)

Mit 14 kam ich in die Lehre und gab mir Mühe, die erfolgreich hinter mich zu bringen. Mit 17, noch vor Ende der Lehre, bin ich zuhause ausgezogen und hatte mit dem Beruf, dem ersten eigenen Haushalt (und meinem Mann *ggg*) genug zu tun. Und du glaubst gar nicht, was das 1974 noch für ein Skandal war, dass wir unverheiratet zusammengezogen sind…
Von gesellschaftlichen Veränderungen oder gar Umbrüchen hab ich rein gar nichts mitbekommen.
Huch, ich lese gerade bei dir: Befreiung der Sexualität *grins*. Du interviews wahrlich die Falsche, ich hab meinen „ersten Mann“ geheiratet ;o)))

Ansonsten bliebe noch zu sagen, politisch bin ich peinlicherweise gänzlich unbeleckt. Irgendwie hab ich nie den Dreh gekriegt, mich dafür zu interessieren.

Und jetzt geh ich in Aphorismen schwelgen ;o).

LG Marion

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@"Oma"

Antwort von Feelix am 20.11.2007, 10:16 Uhr

Liebe „Oma“!

Vielen Dank für Deine nochmalige Erklärung, die für mich tatsächlich Manches klärte!

Besonders gut gefallen hat mir noch folgendes - sogar so gut, daß ich’s hier nochmal ausbreite (schließlich muß ich mein Posting ja lang kriegen ;-)):

Du schriebst:

„Ich stand – und stehe noch – auf dem Standpunkt, dass wir in einer Demokratie leben und Meinungsfreiheit haben. Jeder darf also seine Meinung offenbaren. Das gilt sogar für Schwiegermütter ;o). Ich hab nicht das Recht, irgendjemandem den Mund zu verbieten.

Was ich mit den Weisheiten allerdings anfange, liegt doch dann an mir. Meistens hab ich nur unverbindlich gelächelt, das meiste ging ohne Umwege übers Gehirn zum einen Ohr rein und zum anderen raus, aber hin und wieder gab es auch eine Perle dazwischen.
Sehr selten war ich auch mal patzig. Da war mal eine alte Dame auf dem Friedhof, die mich entsetzt ansprach, ob mein damals etwa dreijähriger und sehr großer Sohn etwa noch Windeln trüge. Ihre Tochter sei schon mit 9 Monaten trocken gewesen. Da hab ich nur gesagt: „Ach Gott, das arme Kind!“ und bin weitergegangen. Aber wirklich aufgeregt habe ich mich über so etwas nicht.
Das gab es sicher zu allen Zeiten und wird es immer geben. Und mal ehrlich: Wenn wir alle uns weigern würden, die Erfahrungen und Ratschläge unserer Mitmenschen anzunehmen, säßen wir heute noch auf Bäumen ;o))

Übrigens hatte ich mit meiner Schwiegermama trotz des riesigen Altersunterschiedes wunderbare Gespräche. Auch und gerade über die konfliktbeladenen Themen wie Erziehung oder Religion. Und wir haben beide wechselseitig ganz viel Toleranz voneinander gelernt. Ich vermisse sie heute noch…

Mir ist immer ein Rätsel, wieso junge Mütter sich so einen Kopf machen über die unerbetenen Ratschläge. Am merkwürdigsten finde ich den hier in den Foren schon hundertfach gelesenen Satz „Ich bin schließlich die Mutter!“
Öhm, ja, das impliziert ja dann wohl, dass der Ratgeber Zweifel daran hat, oder? Ich finde das einfach unglaublich albern.

Eben weil sie die Mutter ist und sie (und höchstens noch ihr Mann *ggg*) das Kind erziehen, kann sie doch jeden Spruch an sich abprallen lassen…“


Du sprichst mir aus dem Herzen, „Oma“ – auch und vor allem, wenn ich daran denke, was Generationen in Hinblick auf den Umgang mit unseren Kindern einander bedeuten könnten und heute leider immer weniger tun :-( (Hmm, weil wir einander auch umständehalber so „fern“ geworden sind …?!) Man hört so oft von dem "ganzen Dorf“, daß es braucht, um ein Kind großzukriegen. Ich meine, wie wär's zur Abwechslung mit der eigenen Familie? Von der Urgroßoma bis zum Urenkel ... (lustig, dieses "Ur" an sich hat mich schon immer fasziniert: sooviel gelebtes Leben/Lebensabstand in so einem winzigen Wort!)

Was meinst Du? Sind diese Zeiten vorbei, oder kommen sie gerade (in leicht abgewandelter Form: "Mehrgenerationenhäuser" ...) wieder?


Wie auch immer: schon wegen Deiner obigen Zeilen würd' ich mich freuen, wenn Du hier öfter mal reinschauen würdest (ich wußte übrigens gar nicht, daß es bei RUB ein "Extra"-Oma-Forum gibt ;-) und dieses Erziehungsforum immer mal wieder von Deiner „Zeit- und Aufgabenenthobenheit“ profitieren dürfte …

Liebe Grüße, Feelix

p.s.: Ich find’s übrigens nicht die Spur „peinlich“, daß Du „politisch unbeleckt“ bist. Wenn Du wüßtest, wieviel Land bei mir noch unbeackert brachliegt :-)) Da unterscheidet uns wohl nur eins, "Oma": die paar Jährchen, die ich mehr habe, auch diese Felder noch zu bestellen. Aber so wie ich Dich hier kennenlernen durfte, gönnst Du mir die von Herzen … ;-)

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... "voraussichtlich"! ...

Antwort von Feelix am 20.11.2007, 11:46 Uhr

... gehört in mein "p.s."!

Nicht diskurs-, aber durchaus gottesfürchtig: Feelix

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Re: @ Feelix und Oma

Antwort von MartaHH am 20.11.2007, 12:34 Uhr

Da muss ich mich mal einzumischen:

Zitat: "was Generationen in Hinblick auf den Umgang mit unseren Kindern einander bedeuten könnten und heute leider immer weniger tun" - das stimmt so nicht. Das ist erst seit vielleicht 50 Jahren so, aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung, dass Kinder häufig nicht nur Eltern, sondern auch Großeltern und sogar Urgroßeltern haben. Die vielgerühmte Großfamilie unter einem Dach war immer schon eine Ausnahme. Soziologisch aber interessant, dass es zu dieser Verklärung kam, vielleicht weil es immer schon als Idealzustand angesehen wurde - aber eben nicht existierte. Eine leicht greifbare Quelle dazu: Spiegel Special Heft, Thema Familie.

LG, Marta

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Re: -zu

Antwort von MartaHH am 20.11.2007, 12:35 Uhr

.

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Extreme

Antwort von AyLe am 20.11.2007, 13:17 Uhr

Hallo, Marta, ich kann Dir nur beipflichten, was die Verklärung betrifft. Aber das ist wohl die Krankheit der Zivilisation.... So extrem war es mit der Kindzentrierung noch nie. Das Kind war da, es lief mit und fügte sich in das bestehende Leben ein. Da war weder bei den Indigenen, noch bei den Menschen Anfang des letzten Jahrhunderts Zeit oder Raum für Spezialförderung und und und. Ist es so, dass die Eltern die Kindphase verwissenschaftlicht haben, damit sie sich auch in dieser Kindheit mit ihren Ideologien und -Ismen wiederfinden?


Ich persönlich gehe einen Schritt zurück. Ich mache meine Fehler in bester Absicht. Und ich muss mit den Menschen, d.h. auch mit meinem Kind, zu Recht kommen, weil es keine anderen gibt, wie auch andersherum!

Oder will jemand allen Eltern der Vor-Kindzentrierung unterstellen, ihren Kindern etwas Böses gewollt zu haben? Wohl kaum.... Möchte gerne wissen, was die sog. Experten und unsere Kinder über unsere ach so wundervoll Kindorienterite Flow-Nicht-Erziehungs-Suppe sagen werden...

In diesem Sinne mein letzter "eigenverliebter", d.h. erwachsener Beitrag zu diesem Themenkomplex.

Es grüßt ernsthaft herzlich
AyLe

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Re: @ MarthaHH

Antwort von Feelix am 20.11.2007, 13:29 Uhr

Liebe MarthaHH!

Vielen Dank für Deinen Hinweis, auch wenn mich natürlich ein wenig wurmt, daß man mich (schon wieder! Ayle ;-) der Verklärung überführt.

Nichtsdestoweniger: Du hast Recht. Nicht nur zeitlich, sondern ich glaube sogar in Hinblick auf "Raumstrukturen" hast Du Recht. Denn abgesehen davon, daß die Zusammensetzung einer "Großfamilie" naturgemäß etwas mit der Lebenserwartung zu tun hatte und hat, würde ich auch vermuten, daß "Großfamilien" in großstädtischen Strukturen von jeher eine andere Bedeutung zukam als etwa in ländlichen Räumen, in denen Großfamilien mithin Wirtschaftsgemeinschaften (etwa Argarwirtschaftsgemeinschaften) waren ... hmm, und wenn ich's recht bedenke (zusammengeführte Ehen, Vorstellung von "Kind"heit/"Kind"sein?!? etc.), ist sicher auch hier jede Verklärung fehl am Platze ...

Und trotzdem!! ;-) Ich denke, unsere derzeitigen Versuche, "Großfamilie" wieder erlebbar zu machen ("Mehrgenerationenhäuser" ...) haben etwas mit der Einsicht zu tun, daß Generationen enger zusammengehörten, als sie es -- umständehalber? ideologisch begründet? demographisch bedingt? ... -- heute sind.

Liebe Grüße, Feelix

p.s.: Danke für den "Spiegel Special"-Hinweis. Aber vielleicht kannst Du ja auch selbst noch ein wenig ausführen, was Du meinst ... Hast Du Lust? :-)

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Ayle ... wie immer auf der Überholspur! ;-)

Antwort von Feelix am 20.11.2007, 13:31 Uhr

...

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Re: -h :-))

Antwort von Feelix am 20.11.2007, 14:04 Uhr

...

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Re: @ Feelix - meine Meinung zu Erziehung in früheren Zeiten

Antwort von MartaHH am 20.11.2007, 16:22 Uhr

Hallo,
das eine oder andere aus dem Bereich Familiensoziologie erinnere ich noch, und nichts davon leistet einer Verklärung Vorschub. Ganz platt meine Stichwörter hierzu:

- Müttersterblichkeit, (die berüchtigte Stiefmutter aus so vielen Märchen hat da ihren Ursprung, denn der Mann brauchte Ersatz für die verstorbene Mutter),
- Kindersterblichkeit (wenige Menschen brachten es fertig, viel Gefühl in ein Baby, das vermutlich nicht das erste Jahr, und wenn doch, dann mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht das 5. Jahr vollenden konnte, zu investieren. Das ist niemandem vorzuwerfen, denn wie viel Trauer erträgt ein Elternpaar, dem vielleicht 5 von 8 geliebten Kindern sterben….
- In dörflichen Gemeinschaften, wie von Dir angesprochen, lebten die Alten auf ihrem Altenteil (da waren sie dann manchmal noch in ihren 40ern!), das junge Bauernpaar (der älteste Sohn mit seiner Frau) bewirtschaftete den Hof mit Knechten und Mägden, letztere fingen oft mit 14 Jahren an zu arbeiten. Wenn man sich nun vorstellt, dass es keine Einzelzimmer gab, hat man auch gleich eine Erklärung dafür, warum im ländlichen Raum in vielen Gebieten Deutschlands jedes 2. Kind unehelich zur Welt kam. Das lag u.a. auch daran, dass das Heiraten einer Erlaubnis bedurfte.
- In den Volksschulen, die in Deutschland eingerichtet wurden, waren zumindest bei den etwas älteren Kindern die Zustände erbärmlich. Ich erinnere – weil so unvorstellbar für mich – eine Zeitzeugendarstellung aus dem 19. Jhdt., in der u.a. geschildert wurde, wie die Jungs in der letzten Bankreihe beim Masturbieren beobachtet wurden. Die Verhältnisse waren von sozialer Verwahrlosung geprägt, gerade in dörflichen und wenig später proletarischen Gegenden. Du kennst doch sicher das Wort Lumpenproletariat…
- Die Bedingungen für Kinder der Bessergestellten, die dem Adel nacheiferten und sich aus der Mittelschicht schon erhoben hatten, waren selbstverständlich auch besser. Aber diese Kinder wurden häufig von Ammen aufgezogen, von Kindermädchen betreut, die Jungen zur schulischen Erziehung früh außer Haus gegeben, Gouvernanten für die Mädchen eingestellt. Wer nicht selbst für sein Brot arbeiten musste, konnte delegieren und hat es auch getan. Wenn man nun noch überlegt, welche Art der Ausbildung es z.B. für die Ammen, Kindermädchen etc. gab, dann war das doch eine klägliche Geschichte.
- Eine verhältnismäßig neuere Untersuchung hier aus dem norddeutschen Raum ergab, dass in den (wie gesagt, nicht allzu häufig vorkommenden) Familien, in denen die Großmutter väterlicherseits mit im Haushalt lebte, die Säuglingssterblichkeit wie auch die Sterberate der Mütter signifikant erhöht war. Über die Ursachen kann man vermuten, dass die Großmütter sich bei den Frauen ihrer Söhne nicht sicher sein konnten, dass die Enkel wirklich von ihrem Blut waren…und dann und wann ein wenig nachhalfen oder einfach weniger sorgfältig mit der Säuglingspflege waren.

Das alles meine ich, wenn ich sage, dass die guten alten Zeiten nur alt waren. In anderen Ländern war die Situation nicht unbedingt besser, denk nur mal an die Schilderungen von Charles Dickens.

Zu "Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind", der zwangsläufig die 68er folgen mussten (diese Generation bestand aus ca. 2000 Menschen :-)) komm ich dann heute nicht mehr... schade eigentlich.

LG, M.

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Re: @ Feelix - meine Meinung zu Erziehung in früheren Zeiten

Antwort von Feelix am 20.11.2007, 16:40 Uhr

... dann möchte ich einfach gerne gespannt (!) auf "morgen" warten. :-)

Auch wenn umsonst: Danke!

Und liebe Grüße, Feelix

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Kurze Einführung in die Weltgeschichte in 3 Zeilen

Antwort von MartaHH am 20.11.2007, 16:54 Uhr

Der letzte Satz war eigentlich als Scherz gemeint, aber nicht als solcher gekennzeichnet. Du, da kommt nix mehr in absehbarer Zeit :-)
LG, M.

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Re: @ AyLe: hol ' di stief! Alles Liebe, M.

Antwort von MartaHH am 20.11.2007, 17:05 Uhr

dummdiedeldumm

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Eben. Nur keinen Stress :-) Dein Scherz kam an, deshalb ja: "auch ...

Antwort von Feelix am 20.11.2007, 17:12 Uhr

... wenn umsonst: Danke!"

Für Deine substantielle (!)Schnellübersicht der Kindheitsgeschichte - in nur ein klein wenig mehr als "3 Zeilen". *vor Neid erblass* ;-)

Servus, Feelix

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Re: buchtipp

Antwort von ny152 am 20.11.2007, 19:48 Uhr

ich lese gerade das buch "wenn du lächelst bist du schöner" - kindheit in den 50-er und 60-er jahren. sehr erhellend, wenn man etwas lernen will über die art und weise, wie unsere eltern erzogen wurden und welche erziehungsphilosophie unsere großeltern verinnerlicht hatten.

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