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Geschrieben von charty am 07.03.2021, 16:05 Uhr

Besuche auf der Intensivstation

Zur Intensivstation kann ich leider nichts sagen, aber ich möchte dir folgendes mit auf den Weg geben, gerade auch, weil Du geschrieben hast, dass Du "jetzt gefühlsmäßig doch mittendrin" steckst.

Ich denke, dass ich mich sehr gut in Dich hinein versetzen kann, denn mein Ex-Mann ist vor 3 Wochen an den Folgen seiner Alkoholkrankheit verstorben.
Getrennt habe ich mich vor gut 16 Jahren u.a. aufgrund der Alkoholthematik. 2019 haben meine Tochter (mittlerweile fast 18 Jahre) und ich den Kontakt komplett zu ihm abgebrochen und er lebte seit dem bei seiner Mutter in Frankreich.
Bei unserem letzten Mailkontakt 2019 habe ich ihm auch noch eine ganz persönliche Nachricht geschickt und quasi mit mir und ihm "aufgeräumt", auch alles Positive und Negative hineingelegt und ihm dennoch ein Türchen offen gelassen, um zumindest zu seiner Tochter unter bestimmten Voraussetzungen wieder Kontakt aufzunehmen zu können. Ich war und bin mit mir im Reinen.

Seit Herbst 2018 war uns immer bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er noch den Ausstieg findet, extremst gering ist und wir mit allem rechnen müssen.

Dennoch hat uns die Nachricht von seinem Tod mehr als getroffen.
Unabhängig von meiner Tochter, die auch sauer auf ihn ist, dass er ihnen keine Chance mehr auf einen Neuanfang eingeräumt hat, trauert sie auch dem quasi selten vorhandenen Vater-Tochter-Verhältnis hinter her, aber auch den wenigen schönen Momenten, die sie mit ihm hatte.
Und, obwohl ich mit mir im Reinen bin, hat mich die Nachricht etwas aus der Bahn geworfen. Es ist diese Endgültigkeit, die mir so zu schaffen macht. Ganz plötzlich kamen all die wunderbaren Momente wieder hoch, das was ich an ihm geliebt habe und gleichzeitig all die Probleme, die durch den Alkohol entstanden sind. Jegliche Hilfestellung, die ich ihm in all den gemeinsamen Jahren, auch noch darüber hinaus gegeben habe, waren für die Katz. Wobei das ja das Prinzip der Sucht ist.
Irgendwie hatte ich ja die stille Hoffnung, dass wenn wir den Kontakt abbrechen, dass er ggf. aufwacht. Nein.

Wenn ich es jetzt rückblickend betrachte, hätte ich mir zumindest gewünscht, dass er zumindest mich im Januar, als er komplett gelb in die Klinik eingeliefert wurde, informiert hätte, so dass ggf. wenigstens noch ein Telefonat oder ein Mailverkehr mit meiner Tochter hätte stattfinden können, also die Möglichkeit eines Abschieds.
Insofern sehe ich die Kontaktaufnahme Deines Ex als positiv an. Ihr hattet nochmal die Möglichkeit zu reden und Gefühle zu äußern und so ggf. Euren Frieden miteinander zu machen. Das ist viel Wert aus meiner Sicht, auch wenn es für Dich belastend ist.

Die Wahrscheinlichkeit, dass er es in diesem Zustand noch schafft, ist sehr gering. Leider.
Aber dieser Tatsache solltest Du Dir bewusst sein, auch wenn es schmerzt. Und alles andere wird sich anschließend zeigen. Fakt ist, Du bist nicht schuld an seinem Werdegang, denn das ist er ganz alleine, so bitter es auch ist. Versuche Dich an die schönen Zeiten zu erinnern, aber idealisiere ihn nicht.

Wie Du siehst, stecke ich selbst noch zu tief drin, um einen wirklichen Ratschlag zu erteilen, aber vielleicht helfen Dir ja meine Gedanken ein wenig ...

Ich wünsche Dir viel Kraft.

Vg Charty

 
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