ADHS - ADS

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Geschrieben von Dezemberbaby2012 am 24.01.2024, 23:31 Uhr

Philosophie

Ja klar, an manchen (vielen?) Stellen haben ADHSler beruflich große Probleme, jedenfalls wenn sie ihre „Berufung/Nische“ nicht gefunden haben.

So wie du in deinem Beispiel auch sagst: es ist wohl eher nicht der ideale Job für die Kollegin, von der Struktur und den Anforderungen her.

Vielleicht müsste man als Vorgesetzter aber auch von der anderen Seite her denken: was kann sie gut, u.U. sogar besser als andere Kollegen? Wie kann man das gewinnbringend für die Firma einsetzen? Kann sie von für sie schwierigen Aufgaben vielleicht entlastet werden (durch einen Assistenten o.ä.) und mehr konzeptionelle oder schöpferische Aufgaben übernehmen? Das ist natürlich immer vom jeweiligen Berufsbereich abhängig, das geht nicht immer. Vielleicht ist es auch wirklich der komplett falsche Bereich. Aber oft kann man als Führungskraft da schon aktiv Strukturen schaffen, damit jeder seine Stärken einbringen kann und Schwächen Einzelner abgemildert werden. Muss man allerdings auch wollen. Macht Arbeit, bevor man die Früchte ernten kann.

Und - ganz klar: Es erfordert beim betroffenen ADHSler auch immer Selbst-Reflexion. Wo sind meine Stärken, wo meine Schwächen. Was kann ich mit etwas Unterstützung (z.B. auch technischer Art) verbessern, was kann ich gar nicht leisten. Falls sie nicht mal weiß, dass sie wohl ADHS hat, ist das schwer.

Vielleicht ist das auch etwas, was wir wirklich unbedingt unseren Kindern mitgeben sollten: die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung und selbst zu erkennen, wo ihre individuellen Stärken und Schwächen liegen. Und wie sie selbst langfristig ihre Stärken stärken können und ihre Schwächen abschwächen.
Machen die meisten von uns schon, ich weiß, ist nur nochmal eine Bestärkung, finde ich.

Zu dem Thema übrigens noch einen Spiegel-Artikel von heute:

https://www.spiegel.de/sport/handball/handball-em-bjoergvin-pall-gustavsson-mit-adhs-ich-habe-so-kontrolle-ueber-mich-selbst-bekommen-a-bb0930c5-f0ed-4e5d-8146-060156b15413?nlid=die-lage-am-abend&sara_ecid=nl_upd_1jtzCCtmxpVo9GAZr2b4X8GquyeAc9

Weil ich nicht weiß, ob er hinter der Bezahlschranke ist (hab Abo), hier das Wichtigste kopiert:
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„Isländischer Handballstar Gústavsson:
Mit ADHS im Tor

Björgvin Páll Gústavsson trat gegen den Pfosten, klopfte seinen Mitspielern auf die Brust, deutete einem leicht hingefallenen Gegner höhnisch eine imaginäre Trage an. Kurzum: Der Torhüter der isländischen Handball-Nationalmannschaft zeigte beim 35:30-Sieg gegen Kroatien am Montag die gesamte Klaviatur an Emotionen – wie das die ohnehin oft schrulligen Männer zwischen den Pfosten gern machen.

Doch Gústavsson zeigte auch die gesamte Klaviatur seines Könnens: Mit zwölf Paraden brachte er die Kroaten zur Verzweiflung und wurde zum »Spieler des Spiels« gekürt. Teilweise wehrte er die Bälle mit den Beinen in der Luft ab. »Björgvin, Björgvin«, skandierten die mitgereisten isländischen Fans. Schon gegen Deutschland hatte er zwei Siebenmeter von Juri Knorr pariert und danach den Ball geküsst. Dabei war der 38-Jährige nur als Nummer zwei auf die Platte gekommen.
»Wahnsinn, der alte Mann kommt rein und macht zu«, lobte der isländische Star Aron Pálmarsson, selbst mittlerweile 33, hinterher in der Interview-Zone. »Wenn die Kroaten doch mal eine Lücke unserer Defensive gefunden haben, war er immer da.«

Dies wäre an sich schon eine nette Geschichte über einen Oldie bei seinem letzten großen Hurra. Gústavsson kommt auf mehr als 250 Länderspiele, holte schon 2008 die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen. Doch er muss mit den typischen Emotionen eines Torwarts aufpassen, sich immer wieder selbst zur Ruhe bringen.

Gústavsson zeichnet sich derzeit nicht nur als besonderer Handballtorwart aus, er will mit seiner Biografie inspirieren. Als Kind litt er an Angstzuständen, konnte seine Wutanfälle nicht kontrollieren und musste schon im Alter von acht Jahren in psychiatrische Behandlung.

Heute würde man sagen: Gústavsson litt und leidet an ADHS. Das benennt er auch so offen. Teilweise zeigen Betroffene bei dieser Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung eine erhöhte, schwer kontrollierbare Impulsivität.
Er habe früher einen Lehrer gebissen, seine Mutter getreten, ein Messer mit in die Schule genommen und keine Freunde gehabt, schreibt er in seinem Buch.

In einem Porträt der EHF sagt Gústavsson : »Ich fühlte mich schrecklich, habe Menschen schlimm behandelt, weil ich nicht wusste, wohin mit meinen Gefühlen.« Einen Weg der Aufarbeitung fand er mit seiner Autobiografie »Ohne Filter«. Nach einem mentalen Zusammenbruch im Jahr 2019 schrieb er zudem ein Buch für Kinder mit den gleichen Problemen. »A child becomes President« ist nun auf Englisch und kostenlos in Teilen auf Gústavssons sozialen Kanälen abrufbar.

Als er am Montag in den Katakomben stand, als »Spieler des Spiels« gegen Kroatien, sprach Gústavsson über die Beweggründe: »Ich will den Kindern Hoffnung geben, dass es immer eine Chance für Träume gibt. Sei es durch Handball oder einen anderen Sport.«
Das Buch richte sich nicht nur an Kinder mit ADHS, sondern auch mit jeglichen anderen Problemen oder Ängsten. Und: »Heute ist die Diagnostik zwar besser als bei mir früher. Aber es geht auch um Aufmerksamkeit. Verständnis ist das Allerwichtigste für solche Kinder, wie ich es war. Du musst ihnen gerade in Momenten mit Liebe begegnen, wenn sie es augenscheinlich nicht verdient haben.«

Heute habe er seine Probleme mit Frustrationen durch guten Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und spezielle Atemtechniken besser in den Griff bekommen. »Ich habe so Kontrolle über mich selbst bekommen.«

Wenn er nun gegen den Pfosten tritt oder wie angestochen herumspringt, kann er sich im nächsten Moment gleich wieder auf die neue Situation konzentrieren.….“
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Liebe Grüße
Dezemberbaby

 
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