zurück| Geschrieben von Freak2 am 23.01.2024, 19:59 Uhr |
ADHS und Selbstwertgefühl
Hallo
Mein Sohn (7 Jahre in der 1. Klasse) hat letzten Sommer die Diagnose ADHS bekommen. Bisher bekommt er keine Medikamente. Es ist eine Diagnose im Grenzbereich, laut IQ ist er überall überdurchschnittlich gut, nur in der Konzentration rutscht er ab auf 85.
Die schulischen Leistungen sind bisher in Ordnung.
Schwierig ist es ihn zu Dingen zu bewegen, zu welchen er keine Lust hat (zb Hausaufgaben oder Aufräumen). Wenn ihn der Ergeiz packt, gibt er aber nicht so schnell auf und denkt sehr lösungsorientiert.
Unser großes Problem ist sein Selbstwertgefühl. Er macht sich selbst schlecht, beschimpft sich, haut sich (nicht andere zum Glück)
Auch kleinste Kritik (zb. "Bitt iss über deinem Teller) kann solch heftiges Verhalten auslösen.
Hat jemand ähnliche Erfahrungen?
Standard in der Medikation wäre ja Methylphenidat. Hat das bei jemandem bei einer solchen Symptomatik geholfen???
Ich bin für alle Ideen und Vorschläge dankbar.
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Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von Mucksilia am 24.01.2024, 8:51 Uhr
Unser hat keine Probleme mit dem Selbstwertgefühl, eher in die andere Richtung, ist aber auch 0,00000 % kritikfähig.
Das hat nach meiner Meinung nichts mit mangelndem Selbstbewusstsein zu tun sondern eher mit Impusivität.
Du kritisierst -> das löst in mir schlechte Gefühle aus -> die lasse ich raus.
Und: ein hoher IQ hilft nichts. Weder in der Schule noch sonst, wenn man sich nicht sortiert kriegt. Weiß ich sehr genau, weil ich es täglich sehe.
Und dazu gehört auch Hausaufgaben machen, Zimmer aufräumen etc.
Deshalb ist meiner auch nicht auf dem Gymi, obwohl er sicherlich mindestens so intelligent ist wie seine Schwester, die gerade Abi macht.
Und jetzt, 8. Klasse, geht es langsam bergauf. Gestern sagte er, dass er viel schneller fertig ist mit den Matheaufgaben als der Rest der Klasse.
Diese Kinder passen nicht ins Schulsystem und das ist das Problem. Lehrer wollen keine Ausreißer aus dem System, sie haben oft weder Zeit noch Muße, sich damit zu beschäftigen.
Mein Sohn hat zur 7.Klasse die Schule gewechselt weil man in der alten Schule nicht bereit war, einen Nachteilsausgleich vorzunehmen (zB Klassenarbeiten in einem anderen Raum schreiben). Da kämpft man täglich gegen Windmühlen.
Und bis heute macht er selbständig nichts, was er soll.
Keine Hausaufgaben, kein Zimmer aufräumen, kein Zähneputzen, kein Duschen. Nichts.
Jeden Tag diskutiert man, immer um das gleiche.
Aber (ich kann jetzt nur von meinem Sohn sprechen): Er ist etwas ganz besonderes, er lernt (freiwillig) viele Dinge, die ihn interessieren. Er ist kreativ und in vielen Sachen seinem Alter weit voraus.
Er hat sich in Geschichte, Politik, Technik, Kochen, Backen usw so viel angeeignet, dass er seine Schwester übertrumpft.
Der Weg ist steinig, aber ich bin sicher, dass ADHSler etwas ganz besonderes sind - wie Leonardo da Vinci, Albert Einstein und vielleicht auch Julius Caesar.
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von SunnyGirl!75 am 24.01.2024, 18:12 Uhr
Mein Sohn hat zur 7.Klasse die Schule gewechselt weil man in der alten Schule nicht bereit war, einen Nachteilsausgleich vorzunehmen (zB Klassenarbeiten in einem anderen Raum schreiben). Da kämpft man täglich gegen Windmühlen.
oh toll, bei uns gibt es das selbst in der Grundschule nicht... geht das dann bis Ende der Schulzeit?
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von Freak2 am 24.01.2024, 18:45 Uhr
Ja, was ihn interessiert, da weiß er wirklich sehr viel.
Im Kindergarten haben sie ihn immer Professor genannt, weil er so ein unglaublich großes Wissen hat. Merkt man auch in der Schule, er mag HSU am liebsten und auch die Kreativität passt, er mag Maken und Werken und kann sich mit solchen Dingen auch stundenlang zu Hause gut beschäftigen.
Bekommt dein Sohn denn Medikamente? Ich wäre aktuell dazu durchaus bereit, aber ich habe die Befürchtung, dass Methylphenidat und Co. Vielleicht nicht die richtige Wahl sind.
Wir machen auch Ergotherapie. Hattet ihr das auch?
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von Maca am 24.01.2024, 22:21 Uhr
“Hat das bei jemandem bei einer solchen Symptomatik geholfen???“
Es fühlt sich so an, als würden der stetige Durchzug im Hirn mit Watte ausgepolstert. 
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von Maca am 24.01.2024, 22:24 Uhr
würde, nicht würden
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von Mucksilia am 25.01.2024, 9:14 Uhr
Nachteilsausgleich? Jap.
Bei meinem Sohn ist es so, dass er Geräusche nicht filtern kann. Da muss nur einer in seinem Mäppchen kramen und dann war es das mit der Klassenarbeit.
Deshalb extra Raum.
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von Mucksilia am 25.01.2024, 9:16 Uhr
Ergo hatten wir auch, ja. Hat aber nicht viel gebracht.
Zweimal die Woche Kampfsport (wobei da im Vordergrund Respekt etc steht) hat viel gebracht.
Er nimmt Elvanse, hilft bei uns besser als Ritalin.
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von SunnyGirl!75 am 26.01.2024, 23:11 Uhr
Blöd das es das nicht überall gibt, aber Schriftl. ist es auch nicht mehr das Problem bei meiner Tochter, sondern die mündliche Mitarbeit... Dabei plappert sie am liebsten den ganzen Tag lang von morgens bis abends!
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von ganzgut am 29.01.2024, 8:51 Uhr
Ja hier! Einer der wichtigsten Gründe für die Medikation war das Thema Selbstwertgefühl (AdS ohne Hyperaktivität). Schulisch war er aufgrund des Begabungsprofils laut Lehrer unauffällig (zu Hause, Hausaufgabensituation etc. natürlich schon). Sozial war er als ADS Kind eher immer das überangepasste Kind und dadurch unauffällig. Seine Impulsivität zeigte sich eher in Form von Meltdowns zu Hause nach Innen gerichtet, nie auf andere bezogen. Das Selbstbewusstsein war gefühlt kaum vorhanden und das ist inzwischen ganz anders. Er ist ein selbstbewusster, resilienter Junge, der auch z.B. es absolut entspannt sieht, dass er nicht sportlich ist oder nicht schön schreiben/ malen kann u.s.w. Nur ein halbes Jahr nach Beginn der Medikation war mein bis dahin schüchternes Kind, Klassensprecher, sozial gut integriert und einfach zufrieden. Schulisch ist er gerade aufgrund seines unkonventionellen Denkstills sehr erfolgreich, was seinem Selbstbewusstsein auch gut tut. Wir haben das Thema zu Hause nie als Krankheit behandelt, sondern eher stärkenorientiert gearbeitet. Ebenso haben wir bewusst davon abgesehen die Schule zu informieren.
Re: ADHS und Selbstwertgefühl
Antwort von Freak2 am 29.01.2024, 9:27 Uhr
Wow
Vielen Dank für deinen Beitrag!
Das gibt mir gerade viel Hoffnung.
Wie schön auch, dass das bei euch jetzt so toll klappt!
Wir behandeln das auch nicht als Krankheit. Er merkt schon, dass er in manchen Dingen anders ist und sich schlecht konzentrieren kann, aber ich sage halt immer, dass jeder Mensch andere Stärken und Schwächen hat. Und das versteht er ganz gut.
Wir kommunizieren alles sehr offen mit der Schule. Gerade momentan, weil es wirklich richtig akut ist.
Und ich wollte auch von der Lehrerin einfach wissen, ob etwas in der Schule vorgefallen ist. Denn ich kann gerade keinen Auslöser finden...
Im Gegenteil, wir hatten im November auf Grund von Baustelle und im Dezember auf Grund von Erkrankungen (Scharlach, Corna, Magen-Darm...) Recht viel Stress.
Jetzt ist es ruhiger und entspannter und er dreht vollkommen durch. (Sorry für die Formulierung aber ich kann es nicht anders beschreiben)
Ich hoffe wir rutschen vielleicht etwas bei unserem Psychologen vor. Termin haben wir erst Ende Februar, also in 4 Wochen... Aber bri uns sind fie alle so überlastet, dass das schon richtig schnell ist.
Eine Freundin von mir hat mit ihrer Tochter erst in über einem Jahr einen Termin zur Untersuchung, weilbsie auch Anzeichen für ADHS zeigt... wirklich schlimm....
