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Geschrieben von +emfut+ am 09.11.2009, 0:41 Uhr

Kulturell bedingt

Ich schrieb ja oben schon: Meine Schwiegerfamilie spricht auch immer von "my children" - allerdings eben von "my" und nicht von "our".

In Westafrika "gehört" ein Kind nicht den leiblichen Eltern, sondern dem Dorf bzw. dem "Compound" - was man am ehestens als "Hof" oder - nach europäischer Auffassung - auch als "Großfamilie" bezeichnen kann. Die meisten Familien leben polygam, das Baby wächst also mit vielen Müttern auf. Zum "Compound" gehören dann meistens auch noch weitläufigere Verwandte, die noch unverheiratet sind oder aus anderen Gründen keinen eigenen "Compound" haben, und "Bedienstete" (auch das oft jüngere und/oder unverheiratete Verwandte).
Obwohl einem Kind in dieser Gemeinschaft immer bewußt ist, wer die leibliche Mutter ist, hat es doch zu allen Frauen und vielen Männern in dieser Gemeinschaft ein enges Verhältnis. Und da alle an diesem Kind irgendwie "beteiligt" sind, betrachten es auch alle als ihres.

Ich finde das durchaus schön, sehe aber auch die Nachteile und würde eine solche Lebensform für mich nicht haben wollen. Insofern kann ich die Bedenken gegen das "unsere Kinder", die m.E. für Europa durchaus typisch sind, durchaus nachvollziehen.

Das Problem bei so einer Gemeinschaft ist, daß man sich schon stark einpassen muß. Ich konnte das gut aushalten, solange es um ein paar Tage oder auch Wochen ging - wobei ich schon nach einer Woche deutlich merkte, daß meine europäisch-individuelle Erziehung da an ihre Grenzen stößt und das auf Dauer nichts für mich wäre. Ich bin meinem Ex heute noch dankbar, daß er meine Grenzen an der Stelle akzeptierte, mir Rückzugsmöglichkeiten bereitstellte und meine Rückzüge vor seinen verständnislosen Verwandten verteidigte.

Man hat als "jüngere" Frau halt keine Rechte, man wird durchaus auch mal niedergebügelt. "Das war schon immer so!" - den Spruch gibt es da auch - man hat aber in so einer Gemeinschaft keine Chance, dagegen auch mal anzugehen. Solange das, was "die anderen" da mit meinem Baby anstellen, für mich in Ordnung ist, solange geht das prima. Aber wenn nicht - dann kommt man da auch nur schwer raus.

Ich bin in 99% aller Fälle durchaus einverstanden mit dem, was meine Eltern mit meinen Kindern machen. Aber ich bin froh, daß ich für die 1%, wo ich nicht einverstanden bin, meine Meinung vertreten darf und dabei ernst genommen werde - weil es MEINE Kinder sind.

Natürlich kommt es mehr auf das Drumherum an als auf ein einzelnes Wort. Wenn sonst nix ist, dann würde ein "unser Kind" wahrscheinlich im allgemeinen Harmonierauschen untergehen. Daß es auffällt, zeigt m.M.n., daß es nicht in Ordnung ist.

WAS nicht in Ordnung ist - tja....
Es gibt definitiv junge Mütter, die schon einen "nimm die Flossen von meinem Baby"-Anfall bekommen, wenn Oma mal mit ungewaschenen Händen das Baby streichelt.
Aber es gibt auch Mütter/Schwiegermütter, die von ihren Enkelkindern die neue Erfüllung erwarten, nachdem der Wegzug der eigenen Kinder ein unausfüllbares Riesenloch in ihr Leben gerissen hat.

Meine Schwiegermutter hat ihre Kinder ihrer eigenen Schwiegermutter halblegal entreißen müssen. Der Mann hatte sich von ihr getrennt, aber weil die Kinder "dem Dorf" gehören, sollten sie in der Obhut der Schwiegermutter und der anderen Frauen bleiben. Sie hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um ihre Kinder zu sich nehmen zu können. Sowas "tut man nicht". Schließlich sind es "unsere Kinder".

Ach ja, wie immer auf der Suche nach dem Mittelweg.....

Gruß,
Elisabeth.

 
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