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Geschrieben von AndreaZ am 04.01.2023, 14:29 Uhr

Kleinkind sagt X und tut Y

Hallo zusammen,

unser Kleiner (2,5 Jahre alt) ist sprachlich recht fit, er kann sich sehr gut verständlich machen und man kann sich auch schon richtig mit ihm unterhalten. In Summe ist er bisher ein relativ ausgeglichenes Kleinkind (wenig "klassisches" Trotzen, aber schon mal starke Gefühle und einen ausgeprägten eigenen Willen, aber wenns drauf ankommt oft auch sehr kooperativ).

Neuerdings vewirrt und irritiert mich ein bestimmtes Verhalten seinerseits. Bei Dingen, von denen er definitiv weiß, dass er sie nicht machen soll (z.B. Wasser beim Trinken zurück ins Glas spucken oder in ein Feuchttuch zum Mund abwischen beißen) - sagt er teilweise vorher extra "Ich spucks nicht aus" oder "Ohne reinbeißen" und tut dann aber genau das und "freut sich" fast, wenn wir uns drüber ärgern oder schimpfen.

Es gibt auch Situationen, da ist es genau andersrum. Beim Puzzlen hat er z.B. mehrfach die Ecken abgeknickt und da haben wir ein paar Mal Puzzlen aufgehört und seitdem sagt er oft während dem ganz brav puzzlen "Ich mach des nichtmehr kaputt". Und tut es aber auch wirklich nicht.

In den oben beschriebenen Situationen wirkt es so, als würde er ganz genau begreifen was er tut und uns damit gezielt ärgern (vielleicht nur meine Wahrnehmung). Und ich frage mich, ob wir hier vielleicht unwissentlich falsch reagieren und damit das Verhalten verstärken / verschlimmern. Als Erwachsener fühlt sich das für mich halt wie ein kleiner Vertrauensbruch an und es fällt mir schwer ihm das nicht übel zu nehmen. Das merkt man mir dann sicher auch kurz an.
Beim Puzzlen wiederum hat vielleicht die negative Folge (Ende mit spaßigem Puzzle) bewirkt dass er hier jetzt "brav" ist, aber bei den anderen Themen nehmen wir halt nur das Glas / Tuch weg und sagen ihm, dass er das nicht soll...bzw. er darf sich halt dann auch nichtmehr wie ein "Großer" selber den Mund abwischen, was er eigentlich sehr gerne mag / mochte...

Hat jemand Tipps / einen Rat oder eine andere Perspektive für mich? Ich würde sein Verhalten gerne besser verstehen und dann idealerweise sinnvoll damit umgehen. Wieviel "Verständnis" kann ich hier schon von ihm erwarten (was macht Sinn zu erklären?) und inwiefern ist das in dem Alter reines ausprobieren...?

Danke für Eure Ideen / Erfahrungen und Tipps!

 
3 Antworten:

Normaler Konflikt zwischen Impuls und Verbot

Antwort von Jorinde17 am 04.01.2023, 14:59 Uhr

Hallo,

Du machst alles richtig, und es liegt auch nicht an Deinen Reaktionen, dass er das macht.
Sondern Du überschätzt vielleicht die Selbstkontrolle eines so kleinen Kindes. In diesem Alter ist die sog. Impulskontrolle erst sehr schwach ausgesprägt. Sogar wenn ein kleines Kind weiß, was verboten ist, kann es oft nicht anders, als es trotzdem zu tun.

Kluge Kinderpsychologen sagen dazu: Sein eigenes Verhalten passiert dem Kind. Es kann es erst wenig steuern. Wenn der Impuls stark genug ist, muss das Kind ihm nachgeben. Sogar wenn es dadurch in einen Konflikt gerät zwischen dem Wissen, was es darf oder nicht darf, und seinem eigenen Handeln.

Wenn ein Kind in so einer Situation lacht, ist das übrigens kein echtes Lachen, und es will seine Eltern auch nicht verhöhnen. Sondern das ist eine sog. Übersprunghandlung. Sie soll die starke Spannung zwischen Verbot und Handlung abbauen. Lachen ist sehr typisch in spannungsgeladenen Situationen, die das Kind gerade etwas überfordern. Zum Beispiel, weil Mama schimpft, das Kind aber nichts an seinem Verhalten ändern kann. Kinder lachen oft auch in anderen spannungsgeladenen oder ungewohnten Situationen, wie z. B. bei Beerdigungen oder in der Kirche. Und Erwachsene kennen zum Beispiel das Verlegenheitslachen, das nicht bedeutet, dass etwas wirklich witzig wäre, sondern ganz im Gegenteil.

Die Impulskontrolle kommt jedenfalls in diesem Alter erst in Anfängen (Euer Beispiel: puzzlen). Mit drei Jahren ist sie schon etwas stärker, sie wächst langsam weiter bis ins Grundschulalter. Bedenke dabei immer, dass sogar Erwachsene oft noch ihren Impulsen nachgeben (Wut, Geschirr zerschmeißen, Prügeleien unter Männern, Schreien und Schimpfen bei starken Gefühlen wie Eifersucht oder Enttäuschung, spontane schnippische Bemerkungen bei Ärger, Weinen bei rührseligen Filmen, ärgerliches Drängeln auf der Autobahn, wenn jemand vor einem schleicht usw.). Es dauert praktisch ein Leben, bis man seine Impulse wirklich unter Kontrolle hat, und viele schaffen das nie.

Mit zweieinhalb ist da erst recht noch nicht viel zu holen. Wichtig ist, dass Du gelassen bleibst. Das ist schwer, ich weiß es von mir selbst und meinen Kindern. Aber wenn Du erwachsene Maßstäbe bei einem Kleinkind anlegst, musst Du zwangsläufig enttäuscht werden, und damit tust Du einem so kleinen Kind Unrecht.

Reagiere entspannt auf die kleinen Manöver. Zeige, dass Du falsches Handeln missbilligst, aber mach kein zu großes Ding daraus. Und ja, gib Fehlverhalten auch nicht zuviel Aufmerksamkeit, damit es nicht zu interessant wird. Keine langen Erklärungen oder Predigten, sondern kurze, knappe Ansagen, ggf. eine sofortige Konsequenz, mehr nicht.

LG

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Re: Normaler Konflikt zwischen Impuls und Verbot

Antwort von AndreaZ am 04.01.2023, 15:05 Uhr

Vielen Dank für diese sehr hilfreiche und ermutigende Antwort. :)

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Re: Normaler Konflikt zwischen Impuls und Verbot

Antwort von Pinguini am 05.01.2023, 21:48 Uhr

Danke für deine tolle Erklärung!!! Ich hab zwar die Frage nicht gestellt, aber wir haben hier eine ähnliche Situation, jetzt verstehe ich meine Kleine wirklich besser.

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