Meine persönliche Kurzgeschichte: Windelfrei!

Heute bin ich müde. Sehr müde.
Meine Tochter hatte beschlossen, die Nacht ohne Windel zu verbringen. Okay, schließlich wird sie bald vier Jahre und da hat das dann auch seine Berechtigung. Irgendwann mitten in der Nacht, wann auch sonst, stand sie vor unserem Bett und bemerkte weinerlich daß ihr Schlafan-zug naß sei und ich ihr jetzt helfen solle. Meinetwegen. Aber spätestens mit achtzehn muß sie das dann aber alleine machen. Also Schlafanzug und Bettlaken wechseln und .. da beschloß die Kleine bei uns zu schlafen, aber nicht ohne ein Kuscheltier. Wieso - bin ich nicht Kuscheltier genug? Nein, der große Tiger muß es sein. Der weiße mit den schwarzen Streifen, denn sonst kann sie un-mö-glich einschlafen. Wegen den schlechten Träumen und so.
Im Leben nicht - nicht in diesem. Aus meinem Munde quält sich ein verschlafenes und doch eindeutiges NEIN. Mama klettert jetzt nicht auf den Stuhl um an das Regal dranzukommen auf dem der weiße Tiger liegt. Nein, tut sie nicht. Kind heult - Mama ist genervt und außerdem hun-demüde. Gehts noch?! Mein stets besonnener Ehemann bot ihr dann in seiner verblüffender-weise morgens um vier vorhandenen diplomatische Art ihren kleinen Kuschelvogel an, der dann auch akzeptiert wurde. Puh! Wie macht er das nur? Egal, nur noch schlafen. Scheiß Vollmond.
Papa schläft, Mama schließt selig die Augen und Kind kratzt sich permanent am Arm. Scheiß Vollmond, scheiß Neurodermitis, die gerade leicht zutage tritt. Kind, höre ich mich von ferne sagen, hör auf zu kratzen, sonst wird’s schlimmer. Rabenmutter! Armes Kind! Müde. Blick auf die Uhr. In einer halben Stunde klingelt mein Wecker. Mama schließt selig und endlich ent-spannt die Augen. Kind beschließt, Mama als Einschlafhilfe zu benutzen und ihr das Ohrläpp-chen zu knubbeln. Kind - ich hab dich lieb -aber hör auf am Ohrläppchen zu knubbeln. Endlich Ruhe, nichts bewegt sich. Der Wecker klingelt in 15 Minuten.
Mama? Hm? Ich hab dich lieb! Ich dich auch. Schlaf jetzt.
Der Wecker klingelt. Ich schalte ihn aus. Nur noch 5 Minuten. Schnarch. Eine halbe Stunde zu spät stehe ich auf. Eigentlich müßte ich jetzt sofort ins Büro fliegen um noch pünktlich zu kom-men. Egal. Ich brauch jetzt erst nen Kaffee. Morgens um sechs ist sowieso nur der Wachdienst da und kein Schwein interessiert sich dafür ob ich um sechs oder um halb sieben in die heiligen Hallen schwebe.
Scheiß Vollmond. Ich beschließe: Bei allen meinen zukünftigen Kindern wird die nächtliche Windelenthaltsamkeit nicht bei Vollmond realisiert.
Dann laufe ich los im sicheren Bewußtsein, daß mich ein Spaziergang von lächerlichen fünf-zehn Minuten wach machen wird. Fünfunddreißig Minuten später sitze ich am PC, habe schon zwei Kaffee in mich reingeschüttet und gähne immer noch. Kurz: Ich bin müde und das wird sich heute aller Voraussicht nach auch nicht ändern.
Mit roten Augen arbeite ich meine Mails ab und einzig die große Kaffeetasse vor der Tastatur verhindert, daß sich mein Kopf auf dieselbige senkt.
Dann kommt meine Kollegin und meinte: Scheiß Vollmond. Ich bin hundemüde.
Wie sehr ich sie verstehe.